AG Essen
Az: 20 C 617/10
Urteil vom 15.04.2011
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, jedoch darf der Kläger die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beitreibbaren Betrages geleistet hat.
Tatbestand
Zugunsten des Klägers besteht bei der Beklagten für das Fahrzeug Mercedes eine Kraftfahrtversicherung, welche die Haftpflicht-, Teilkasko- und Vollkaskoversicherung einschließt. Das versicherte Fahrzeug wurde am 01.06.05 zum Straßenverkehr zugelassen und war serienmäßig mit einem Navigationssystem „Comand“ ausgestattet.
Am 09.08.10 brachen unbekannte Täter in das Fahrzeug des Klägers ein und entwendeten das Navigationssystem. Der Kläger meldete seinen Schaden der Beklagten, die den Kläger auf das der Anlage zur Klageerwiderung beigefügte Angebot der Firma … GmbH (Firma …) vom 16.08.10 verwies. Das Angebot der Firma B bezieht sich auf ein Navigationssystem „Comand“ APS DVD inkl. Rechnung für 1.600,00 € netto nebst aktueller Navigationssoftware 2010 für 180,00 € netto. Die Firma B bot für das gebrauchte Gerät 1 Jahr Gewährleistung und hielt sich an ihr Angebot für die Dauer von 8 Wochen gebunden.
Der Kläger lehnte das ihm unterbreitete Angebot ab und ließ durch die Fachwerkstatt I ein neues Navigationssystem installieren, wodurch ihm Kosten in Höhe von 3.953,14 € entstanden. Die Beklagte überwies an die Firma I einen Betrag von 3.050,80 €, der sich ausweislich des der Klageerwiderung beigefügten Abrechnungsschreibens vom 28.09.10 aufschlüsselt in Reparaturkosten zum Zwecke der Beseitigung der Einbruchsspuren von 701,22 €, der Reparaturkosten für den Einbau des Navigationssystems von 240,98 €, des Neupreises für die DVD von 204,60 € sowie des Wiederbeschaffungswertes für das Comand-System in Höhe von 1.904,00 €. Die Zahlung weiterer Versicherungsleistungen lehnte sie ab. Der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers forderte die Beklagte mit Schreiben vom 20.10.10 vergeblich unter Fristsetzung bis zum 11.11.10 zur Restzahlung auf.
Der Kläger hat mit seiner am 24.11.10 bei Gericht eingereichten Klage ursprünglich einen Betrag von 1.603,56 € eingeklagt und den Klagebetrag später nach Hinweis durch die Beklagte bis auf einen Betrag von 957,80 € zurückgenommen. Er meint:
Er müsse sich von der Beklagten nicht auf das Angebot der Firma B vom 16.08.10 verweisen lassen. Die Installation eines Gebrauchtgerätes sei ihm nicht zuzumuten, weil – so behauptet er – gegenwärtig kein seriöser Gebrauchtmarkt für Navigationssysteme existiere. Allein der von der Firma .. verwandte Begriff der Generalüberholung sei nicht eindeutig, weil nicht klargestellt sei, welche Arbeiten tatsächlich ausgeführt seien. Darüber hinaus sei zu beachten, dass es sich bei dem angebotenen Objekt um ein sensibles Elektronikteil handele und eine große Wahrscheinlichkeit dafür spreche, dass das Gerät, wenn es denn nicht aus einem Diebstahl stamme, jedenfalls aus einem Unfallwagen der Totalschadenkategorie herrühre.
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 957,80 € sowie die außergerichtlich angefallene Geschäftsgebühr in Höhe von 229,55 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus der Gesamtsumme seit dem 12.11.10 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie meint: Der Kläger habe sich auf das Angebot der Firma … verweisen lassen müssen. Es sei ein gebrauchtes Navigationsgerät entwendet worden, dem Kläger stünde lediglich ein Anspruch auf Versicherungsleistungen in Höhe des Wiederbeschaffungswertes für ein gleichwertiges gebrauchtes Navigationssystem zu. Für Navigationsgeräte gebe es – so behauptet die Beklagte – zwischenzeitlich einen Gebrauchtwarenmarkt. Es müsse gerichtsbekannt sein, dass bei Fahrzeugen vom Typ Mercedes gebrauchte generalüberholte Geräte durch den Vertragshändler angeboten würden. Darüber hinaus bestünde ein solcher Markt auch außerhalb der Internethandels-Plattformen. Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass er für sein mehr als 3 Jahre altes Navigationsgerät ein absolut neuwertiges erhalte. Zumindest aber sei ein Abzug neu für alt erforderlich.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und ihrer Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus dem zwischen den Parteien zustande gekommenen Vertrag über eine Fahrzeugteilversicherung in Verbindung mit den Versicherungsbedingungen kein weitergehender Entschädigungsanspruch zu.
Dass der Versicherungsfall im Sinne von Ziffer A.2.2.2 AKB 2008 (§ 12 Nr. 1 I b AKB) eingetreten ist, steht zwischen den Parteien außer Streit. Es sind unbekannte Täter in das Fahrzeug des Klägers eingedrungen und haben das festinstallierte Navigationsgerät demontiert.
Die Kosten der Beseitigung der Fahrzeugschäden stehen hierbei außer Streit. Der Kläger begehrt im vorliegenden Rechtsstreit die Kaskoentschädigung in Höhe der Kosten für ein absolut neues Navigationsgerät, während die Beklagte den Entschädigungsanspruch unter Hinweis auf das Angebot der Firma B vom 16.08.10 mit dem Betrage von 1.904,00 € abrechnet.
1. Reparaturkosten für den Einbau des Navigationssystems
Aus der Rechnung der Firma I vom 30.08.10 geht hervor, dass die Lohnarbeiten 202,50 € netto betragen haben. Das sind 240,98 € brutto. Diesen Betrag hat die Beklagte ausweislich ihres Abrechnungsschreibens vom 28.09.10 an den Kläger gezahlt (§ 362 Abs. 1 BGB).
2. DVD-ROM
Der Kaufpreis für die DVD-Rom betrug ausweislich der Rechnung der Firma I vom 30.08.10 171,93 € netto. Dies sind 204,60 € brutto. Diesen Betrag hat die Beklagte ebenfalls nach Maßgabe des Abrechnungsschreibens vom 28.09.10 bezahlt (§ 362 Abs. 1 BGB).
3. Steuer- und Bediengerät
Wie sich aus der Rechnung der Firma … vom 30.80.10 ergibt, beträgt der Nettokaufpreis für ein neues Steuergerät 1.702,80 €, der Nettokaufpreis für ein neues Bediengerät 1.244,74 €. Der Bruttogesamtbetrag beläuft sich auf 3.507,57 €. Die Beklagte hat hierauf nur 1.904,00 € gezahlt, so dass noch eine restliche Forderung von 1.603,57 € verbleibt. Zu Unrecht verweist die Beklagte den Kläger in diesem Zusammenhang darauf, dass sie weitere 701,22 € bezahlt hat. Soweit ersichtlich, ist dieser Betrag nicht auf die Rechnung der Firma I vom 30.08.10 geleistet worden, sondern auf eine andere Reparaturkostenrechnung, die sich über die Reparatur des einbruchbeschädigten Fahrzeugs verhält.
Letztlich kommt es aber hierauf nicht an. Denn mit der Zahlung über 1.904,00 € hat die Beklagte die geschuldete Leistung erbracht. Denn nach Ziffer A.2.6.1 AKB 2008 (= § 13 Nr. 1 AKB) ersetzt der Versicherer nur den Schaden bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes. Das Gericht ermittelt den Wiederbeschaffungswert gemäß § 287 Abs. 1 und 2 ZPO unter Berücksichtigung des Angebotes der Firma B vom 28.09.10 mit 1.904,00 €. Dies ist der Betrag, den die Beklagte bereits bezahlt hat (§ 362 Abs. 1 BGB). Die Wertermittlung hat sich daran zu orientieren, ob es Preise für vergleichbare Gegenstände gibt, die sich auf einem „seriösen Markt“ erzielen lassen (LG Essen, Urteil vom 28.01.10 – Az.: 10 S 379/09; AG Essen, SP 2010, 335). Ein solcher seriöser Markt hat sich auch für gebrauchte Navigationsgeräte längst entwickelt. Es gibt ihn auch auf den Internet Plattformen, auf denen zahlreiche gewerbliche Händler gebrauchte Navigationsgeräte anbieten.
(Wenker, JurisPR-VerkR XVI/2010, Anmerkung 5). Diese Händler, die regelmäßig über ein festes Stammhaus verfügen, erweitern ihre Erreichbarkeit, in dem sie sich auch des Internetmediums bedienen. Der Markt für Gebrauchtgeräte wird aber nicht nur durch die Internetplattformen bestimmt, sondern darüber hinaus auch durch die markengebundenen Vertragswerkstätten. Denn es ist gerichtsbekannt, dass auch Fachhändler von Fahrzeugen vom Typ Mercedes und BMW gebrauchte Geräte anbieten. Im vorliegenden Fall hat schließlich die Beklagte selbst ein Abfrage gehalten und ein seriöses Angebot der Firma B über ein gebrauchtes Gerät des Typs „Comand APS“ erhalten.
Für den Kläger bestand kein Grund, das angebotene, als gleichwertig zu erachtende Gerät, das generalüberholt war, abzulehnen. Das entwendete Gerät war bereits älter als 3 Jahre, so dass es keine Gewährleistung hierfür gab. Der von der Beklagten angeführte Händler bot dagegen eine Gewährleistung von einem Jahr an. Den Bedenken des Klägers, es könne sich um ein Gerät aus einem total beschädigten Unfallfahrzeug handeln, ist nicht weiter nachzugehen. Wenn es innerhalb der Gewährleistungsfrist ordnungsgemäß funktionierte, war der Hinweis auf die Überlegung, es handele sich bei dem Navigationsgerät um ein sensibles Elektronikteil, das bei Unfallereignissen stärksten Erschütterungen ausgesetzt gewesen sein könnte, überholt. Fiel es dagegen innerhalb der Gewährleistungsfrist aus, so standen dem Kläger Gewährleistungsansprüche zur Seite, die er bei seinem Altgerät nicht besaß. Die Möglichkeit sodann erneut gegen die Beklagte vorzugehen, blieb dem Kläger darüber hinaus unbenommen.
Nach alledem hat die Beklagte mit der Zahlung eine Entschädigung über den Betrag von 1.904,00 € ihre Einstandspflicht erfüllt.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.