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Kündigung – Wirksamkeit und Betriebsratsanhörung

ArbG Frankfurt am Main

Az.: 9 Ca 127/02

Teilurteil vom 14.08.2002


In dem Rechtsstreit hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main auf die mündliche Verhandlung vom 14.08.2002 für Recht erkannt:

1) Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 27.12.2001 nicht aufgelöst worden ist.

2) Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger – vorläufig befristet bis 30.06.2003 – zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Niederlassungsleiter weiterzubeschäftigen.

Soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung im Zeitraum 01.07.2002 -14.08.2002 verlangt, wird die Klage abgewiesen.

3) Hinsichtlich des Antrags zu 4) aus dem Schriftsatz vom 05.06.2002 wird die Klage abgewiesen.

4) Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.

5) Der Wert des Streitgegenstandes wird für dieses Teilurteil auf € 57.880,99 festgesetzt.

6) Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Tatbestand:

Die Parteien streiten, soweit es Gegenstand dieses Teilurteils ist, um die Wirksamkeit einer Kündigung der Beklagten vom 27.12.2001, die Pflicht der Beklagten zur Weiterbeschäftigung des Klägers und um Zahlungsforderungen.

Der am 26.06.1949 geborene Kläger ist seit 01.07.2000 bei der Beklagten beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Arbeitsvertrag vom 12.04.2000 zu Grunde, der folgende Regelungen enthält:

„1. Dauer der Tätigkeit

Sie werden befristet vom 01.07.2000 bis zum 30.06.2003 in unserer Niederlassung Frankfurt als leitender Mitarbeiter eingestellt. …

3. Vergütung

Sie erhalten nachträglich ein monatliches Gehalt in Höhe von brutto …

Weiter erhalten Sie bis zu 120.000 DM pro Jahr über ein im Anhang A beschriebenes Provisionsmodell, sodass ihr maximales Jahresgehalt bei DM 360.000 liegen kann. …

8. Kündigung

Eine ordentliche Kündigung des Vertrages ist nicht vorgesehen, ein außerordentliches Kündigungsrecht wird innerhalb der Provisionsvereinbarung geregelt. …

11. Verschiedenes

… Die anhängende Provisionsvereinbarung ist Bestandteil dieses Arbeitsvertrages. …“

Ebenfalls vom 12.04.2000 datiert eine Provisionsvereinbarung, weiche folgendes bestimmt:

„1. Positionierung, allgemeine Vertragsbedingungen

Herr … wird in der … eingestellt.

Er wird als leitender Mitarbeiter gemeinschaftlich mit dem jetzigen Niederlassungsleiter Herrn … die Niederlassung leiten und trägt ebenfalls den Titel Niederlassungsleiter. …

Es ist beabsichtigt, die Niederlassung Frankfurt bis spätestens 30.09.2000 zu einer GmbH mit 100%iger Beteiligung … zu machen.

Herr … soll dann, vorbehaltlich der Zustimmung der Gesellschafterversammlung der … zum Geschäftsführer der … gerufen werden. …

Beim Börsengang der … nimmt Herr … am Beteiligungsmodell für leitende Angestellte in der Kategorie Geschäftsführung teil. …

2. Zieldefinition

Teilziel 1, Gewichtung 30 %

Stärkung der Niederlassung Frankfurt …

Durch die Generierung von Neukunden, die am 01.05.2000 lai‘ und Rechnungswesen noch nicht zum Kundenstamm der … gehören, sollen in den ersten 14 Monaten seiner Tätigkeit ein Umsatzplus von DM 12 Mio. bei einem minimalen Rohgewinn von 5 % erreicht werden.

Teilziel 2, Gewichtung 30 %

Erhöhung des Umsatzes mit Produkten des Herstellers

Die Gruppe hat im Zeitraum 01.07.1999 bis 31.03.2000 einen Umsatz von DM 5.093.439,– mit den Produkten des Herstellers Fujitsu Siemens erzielt. Dies entspricht einem Monatsumsatz von 565 TDM. Herr … erreicht sein Teilziel, wenn im Abrechnungszeitraum 01.05.2000 bis 30.06.2001 mit dem Hersteller Fujitsu Siemens in der … Gruppe ein Umsatz von 45 Mio. DM erzielt wird.

Teilziel 3, Gewichtung 40 %

Gewinnung von Mitarbeitern.

Herr … soll versuchen, Mitarbeiter aus seinem bisherigen Wirkungskreis zur … zu bringen. Für jeden Mitarbeiter, der von den Niederlassungsleitern oder Geschäftsführer der … Gruppe eingestellt wird und die unter Mitwirkung von Herrn … zur … kommen, erhält Herr … eine Provision von 14.000,– DM bis maximal 56.000,– DM bei vier Mitarbeitern.

3. Rahmenbedingungen

Bei 100 % Erfüllung seiner oben beschriebenen Ziele erhält Herr… eine maximale Provision von 140.000,– DM.

Wird das Provisionsziel um 50 % oder mehr unterschritten, besteht ein beidseitiges Kündigungsrecht.

Die Kündigungsfrist beträgt hierbei drei Monate zum Monatsende, Herr … erhält während dieser Frist seine vollen Grundbezüge, wie im Arbeitsvertrag beschrieben, wird nachÜbergabe der laufenden Arbeit frei gestellt, unterliegt aber einem Wettbewerbsverbot bis zu seinem Ausscheiden. …

Diese Provision wird endabgerechnet bis zum 30.07.2001, …

Im Juli 2001 erfolgt eine Neudefinition des Provisionsmodells.

Sollte hierbei keine Einigung zwischen den Parteien erzielt werden können, kann der Arbeitsvertrag zwischen Herrn … und der … mit einer Frist von sechs Monaten zum Monatsende vorzeitig gelöst werden. …“

Auf den vollen Wortlaut des Anstellungsvertrages (Bl. 4-8 d. A.) sowie der Provisionsvereinbarung (Bl. 9-11 d. A.) wird Bezug genommen.

Bis zum März 2001 leitete der Kläger die Niederlassung Frankfurt gemeinsam mit Herrn …, was zu Konflikten führte. Anschließend leitete Herr …, der weder Organ noch Angestellter der Beklagten ist, die Niederlassung. Im Mai 2001 übertrug die Beklagte dem Kläger die Leitung der Niederlassung, in der ca. 59 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt sind.

In der Folgezeit unterzeichnete der Kläger Provisionsvereinbarungen zum Geschäftsjahr 2001 / 2002 (betreffend Anstellungsvertrag von Frau … Bl. 43-47 d. A., betreffend Anstellungsvertrag von Herrn … Bl. 48 – 52 d. A.). Er hörte den in der Niederlassung gebildeten Betriebsrat zu beabsichtigten Versetzungen an (exemplarisch zur Versetzung von Frau … Bl. 53 d. A.). Mit Stellenbewerbern führte er Vorstellungsgespräche, sandte an die Geschäftsleitung der Beklagten Anforderungen zur Erstellung eines Anstellungs-/Arbeitsvertrags (exemplarisch für Herrn … Bl. 54 d. A.). Die Geschäftsführung der Beklagten gab den Anforderungen zur Erstellung eines Anstellungs-/Arbeitsvertrages – jedenfalls in einer größeren Anzahl von Fällen – statt und unterzeichnete die Arbeitsverträge. Ob eine „Organisationsanweisung für den Niederlassungsleiter“ (Bl. 75 d. A.) für den Kläger verbindlich galt, ist zwischen den Parteien streitig.

Vor beabsichtigter Anschaffung von Werbebroschüren, die die Beklagte als verhältnismäßig teuer beurteilte, stellte der Kläger einen „Investitionsantrag“ (Bl. 76 d. A.). Bei der Beschaffung von Ersatzteilen bei ausgefallenen Arbeitsplatzdruckern im Wert von DM 30,– verkehrten die Parteien per Fax (Bl. 77 d. A.).

Im Herbst 2001 verhandelten der Kläger und Herr … über das Provisionsmodell, welches seit dem 01.08.2001 gelten sollte. Ob hierbei eine Einigung erzielt worden ist, ist zwischen den Parteien streitig.

Am 19.12.2001 sandte die Beklagte ein Anhörschreiben an das Betriebsratsmitglied Zimmer, auf dessen Wortlaut verwiesen wird (Bl. 38 d.A.). Mit Schreiben vom 23.12.2001, unterzeichnet von der Betriebsratsvorsitzenden … widersprach er der beabsichtigten Kündigung und äußerte die Rechtsauffassung, dass der Kläger nicht leitender Angestellter sei (Bl. 42 d. A.).

Am 27.12.2001 sprach die Beklagte die ordentliche Kündigung zum 30.06.2002 aus (Bl. 12 d. A.).

Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 07.01.2002 bei Gericht eingegangenen Klage.

Nach seiner Auffassung ist die von der Beklagten behauptete fehlende Einigung kein Kündigungsgrund. Zum einen sei am 20.11.2001 eine Einigung zu Stande gekommen, indem der Kläger das von Herrn … schriftlich unterbreitete Angebot (Bl. 84 f. d. A.) telefonisch sofort angenommen habe. Das Angebot sei für die Beklagte verbindlich gewesen wegen Anscheinsvollmacht von Herrn …. Abgesehen hiervon habe sich die Beklagte auch nicht ausreichend um eine Einigung bemüht. Mehrfach habe er – der Kläger – Verhandlungen anmahnen müssen, Gespräche seien verlegt worden.

Der Kläger meint, dass Ziff. 2 der Provisionsvereinbarung zu einer Umgehung des KSchG führe und deshalb gemäß § 134 BGB nichtig sei. Der Vorwurf, der Kläger habe keine ausreichenden Leistungen gebracht, sei zum einen pauschal und zum anderen unzutreffend. Überdies sei er erst ab Mai 2001 als alleiniger Niederlassungsleiter verantwortlich gewesen. Eine etwaige Nichterreichung der Vertriebsziele basiere auf der Lage auf dem Markt.

Der Kläger vertritt den Standpunkt, dass er nicht leitender Angestellter gewesen sei, der Betriebsrat demzufolge habe angehört werden müssen und dass die Anhörung, soweit sie durchgeführt worden sei, nicht den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Er selbst habe nur Urlaub genehmigen dürfen. Personalentscheidungen seien der Geschäftsleitung vorbehalten gewesen, wie die Organisationsanweisung belege. Generell würden Personalentscheidungen nur von der Geschäftsleitung durchgeführt (Beweis: Zeugnisvernehmung des Geschäftsführers … als Partei). Beispielsweise habe er mit Herrn … um die Einstellung zweier Arbeitnehmer verhandeln müssen, wobei Herr … beanstandet habe, dass der eine Allergiker und der andere noch sehr jung („Praktikant“) sei. Alle Maßnahmen, die er – der Kläger – getroffen habe, stellten lediglich eine Umsetzung von Beschlüssen der Geschäftsleitung dar. Personalgespräche hätten im Übrigen auch andere Personen geführt, wie z. B. Herr …

Dass er kein leitender Angestellter sei, habe ihm auch der Mitarbeiter der Personalabteilung, Herr … am 07.03.2001 erklärt (Beweis: Zeugnisvernehmung des Klägers als Partei). Hierfür spreche auch, dass der Kläger – unstreitig – im Mai 2002 auf der Wählerliste zur Betriebsratswahl genannt gewesen sei. Die demzufolge durchzuführende Betriebsratsanhörung sei mangelhaft gewesen. Die Beklagte habe dem Betriebsrat nicht mitgeteilt, dass keine Provisionsverhandlungen zwischen Kläger und Beklagter stattgefunden hätten, dass aber trotzdem eine Regelung gefunden worden sei. Der Kläger stellt in Zweifel, dass das Anhörschreiben an dessen Vorsitzende, Frau …, gelangt sei. Überdies sei das Kündigungsschreiben bereits vor der Betriebsratsanhörung unterzeichnet gewesen (Beweis: Zeugnisvernehmung …).

Da das Arbeitsverhältnis fortbestehe, habe die Beklagte ihn weiter zu beschäftigen.

Der Kläger verlangt über die an ihn unstreitig gezahlte Provision von DM 98.000,– einen weiteren Betrag von DM 42.000,–. Er habe sämtliche Teilziele erfüllt. Das vorausgesetzte Neukundengeschäft und der vorausgesetzte Rohgewinn seien erzielt worden. Er habe eine Vielzahl neuer Adressen und Kunden gewonnen, insbesondere den Kunden …, (Beweis: Zeugnis …).

Er habe vier Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem … überzeugen können, dass die Arbeitsbedingungen bei der Beklagten sehr gut seien, nämlich Herrn … und Herrn …. Dies sei vonder Beklagten entmannt worden und sie habe den Betrag für dieses Teilziel geleistet (Beweis: Zeugnis …).

Er beantragt, soweit es Gegenstand dieses Teilurteils ist,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung vom 27.12.2001, dem Kläger zugegangen am gleichen Tag, aufgelöst worden ist;

2. im Falle des Obsiegens die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Niederlassungsleiter über den 30.06.2002 hinaus weiter zu beschäftigen;

3. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Provision in Höhe von € 21.474,26 brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

das Anstellungsverhältnis zwischen dem Kläger und der … gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zum Ablauf des 30.06.2002 aufzulösen.

Sie behauptet, dass eine Einigung auf ein Provisionsmodell nicht – noch nicht einmal mündlich – zu Stande gekommen sei. Vorschläge von Herrn … habe der Kläger abgelehnt, Gegenvorschläge des Klägers wiederum seien von Herrn … nicht angenommen worden. Es sei aber erforderlich, dass der Kläger mit der Vergütung zufrieden sei, denn ansonsten sei zu befürchten, dass er nicht die mögliche Motivation zur Entfaltung von Aktivitäten habe. Ziff. 2 der Provisionsvereinbarung ist nach ihrer Auffassung nicht zu beanstanden. Der Kläger habe bei der Einsteilung behauptet, hervorragende Kontakte zu besitzen. Er habe als Krisenmanager tätig sein sollen. Bei Einstellung sei ihm der Zusammenhang zwischen dem Bestand des Arbeitsverhältnisses und dem zu erzielenden Erfolg offen gelegt worden. Der Vereinbarung von Kündigungsgründen sei üblich, beispielsweise bei Geschäftsführerverträgen. Tatsächlich habe der Kläger die Ziele um mehr als 50 % unterschritten. Die Leistungen des Klägers seien wirkungslos gewesen. Auf die Ausführungen auf S. 4 f. des Schriftsatzes vom 23.04.2002 (Bl. 25 f. d. A.) nebst Anlagen 11 und 12 (Bl. 55 f. d. A. Bl. 57 d. A.) wird Bezug genommen.

Nach der Bewertung der Beklagten war der Kläger leitender Angestellter. Dies sei bereits vertraglich vereinbart worden. Der Kläger habe unternehmerische Spielräume besessen und Ergebnisverantwortung getragen. Auf die „Unterschriftenregelung Vertrieb“ (Bl. 132 d. A.) wird verwiesen. Die Korrespondenz um die Werbebroschüren betreffe nur einen Ausnahmefall.

Der Kläger habe personelle Angelegenheiten selbstständig entschieden. So habe er selbstständig Provisionsvereinbarungen getroffen. Die Einstellungen habe er selbstständig vorgenommen und sei auch zur Entlassung berechtigt gewesen, was einen wesentlichen Teil seiner Tätigkeit ausgemacht habe (Beweis: Zeugnis …). Die eingestellten Personen, beispielsweise Herr … – habe der Geschäftsführer der Beklagten gar nicht persönlich kennen gelernt. Die von Kläger vorgelegte Organisationsanweisung stelle nur einen unverbindlichen Entwurf dar (Beweis: Zeugnis …), der nie das Einverständnis der hierfür zuständigen Stelle erhalten habe (Beweis: Vernehmung von Herrn … als Partei). Dass die Geschäftsführung die Arbeitsverträge unterschrieben habe, habe lediglich organisatorische Gründe. Jedenfalls aber habe der Kläger die Personalplanung soweit vorbereiten und vorantreiben können und sollen, dass die Entscheidungsträger an seinen Vorschlägen nicht hätten vorbei gehen können.

Die Verantwortlichkeiten des Klägers sowohl auf unternehmerischem als auch auf personellem Gebiet drücken sich darin aus, dass dieser einen Auftrag an eine Personalvermittlungsagentur gegeben habe, die hierfür € 13.878,51 in Rechnung gestellt habe (Rechnung vom 25.10.2001 Bl. 117 d. A.). Für die Beurteilung des Status des Klägers ist nach Auffassung der Beklagten von Bedeutung, dass er laut Arbeitsvertrag ursprünglich als Geschäftsführer vorgesehen sei.

Da der Kläger leitender Angestellter sei, sei der Betriebsrat nicht zu hören gewesen. Lediglich aus Gründen der vertrauensvollen Zusammenarbeit sei dieser gleichwohl ordnungsgemäß im Sinne des § 102 BetrVG beteiligt worden.

Der Auflösungsantrag findet nach Auffassung der Beklagten seine Rechtsgrundlage in § 14 Abs. 2 Satz 2 KSchG.

Der Kläger beantragt,

den Auflösungsantrag zurückzuweisen.

Er vertritt den Standpunkt, der Auflösungsantrag könne überhaupt nur dann gestellt werden, wenn die Kündigung ausschließlich deshalb nicht wirksam sei, weil sie sozial nicht gerechtfertigt sei. Dies sei jedoch vorliegend nicht der Fall, weil die Kündigung aus weiteren Gründen unwirksam sei.

Entscheidungsgründe:

Die Kündigung vom 27.12.2001 ist unwirksam (I.), der Auflösungsantrag unbegründet (II.), weshalb der Weiterbeschäftigungsantrag im Wesentlichen Erfolg hat (III). Die Zahlungsklage ist unbegründet (IV.).

I.

Die Kündigung ist nicht sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG.

1.

Dass sich die Parteien nicht auf eine Provisionsregelung für die Zeit nach dem 01.07.2001 geeinigt hätten, ist nicht geeignet, einen Kündigungsgrund darzustellen. Absolute Kündigungsgründe sind dem Kündigungsschutzrecht – von § 64 SeemG abgesehen – fremd (GK-Preis, RdN. 2 – 4 zu Grundlagen H). Schon gar nicht können absolute Kündigungsgründe vertraglich vereinbart werden.

Was dem Kläger anlässlich der Verhandlungen über eine Neuregelung vorzuwerfen ist, hat die Beklagte nicht dargelegt. Allein der Umstand, dass die Parteien nach dem Vortrag der Beklagten sich nicht einigen konnten, stellt keine Vertragsverletzung einer der beiden Vertragsparteien dar. Ein etwaiges Fehlverhalten des Klägers – z. B. durch „Mauern“ oder Stören der Vertragsverhandlungen – wäre zunächst abzumahnen gewesen.

2.

Die von der Beklagten behauptete Erfolglosigkeit der Tätigkeit des Klägers stellt keinen Kündigungsgrund dar. Die Parteien befinden sich in einem Arbeitsverhältnis. Innerhalb dieses Vertragstyps hat der Arbeitnehmer gemäß § 611 Abs. 1, 2 BGB lediglich die versprochenen Dienste zu leisten. Der Arbeitnehmer schuldet lediglich das Bemühen, nicht aber dessen Erfolg. Eine Garantie für eine bestimmte Wirkung seines Arbeitens übernimmt der Arbeitnehmer nicht (Koppen DB 2002, 374, unter III c aa). Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Die Bestimmung in Ziff. 2 der Provisionsvereinbarung ist unwirksam, denn sie bezweckt eine Umgehung des § 1 KSchG; dieser legt fest, aus welchen Gründen – personen-, Verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen – eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein kann. Dass einem Geschäftsführer die Verantwortung für ein bestimmtes Betriebsergebnis auferlegt werden kann, steht dem nicht entgegen. Für Geschäftsführer gilt das KSchG nicht. In ihrer Funktion als Organ können sie jederzeit abberufen werden; ein Dienstverhältnis kann jederzeit unter Einhaltung der Fristen des § 621 BGB gekündigt werden.

Kündigungsgründe im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG hat die Beklagte nicht vorgetragen. Sie hat die Abweichung der erbrachten von der geschuldeten Arbeitsleistung nicht dargelegt (zur Kündigung wegen Minderleistung GK-Dörner, RdN. 278, 280 f. zu § 1 KSchG). Überdies fehlt es an einer Abmahnung, die vor Ausspruch einer Kündigung wegen Minderleistung regelmäßig ausgesprochen werden muss (hierzu GK-Dörner, a. a. O., RdN. 367).

II.

Der Auflösungsantrag ist unbegründet. Die Arbeitgeberin hat nicht vorgetragen (und wollte dies auch gar nicht), dass und welche Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht mehr erwarten lassen, § 9 Abs. 3 Satz 2 KSchG. Einer Begründung des Auflösungsantrags hätte es aber bedurft. Der Kläger ist nämlich kein Geschäftsführer, Betriebsleiter oder ähnlicher leitender Angestellter im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG, von dem sich der Arbeitgeber durch einen nicht zu begründenden Auflösungsantrag trennen darf.

Maßgeblich für die Beurteilung des Status des Klägers ist die Zeit ab Mai 2001 bis zum Ausspruch der Kündigung (seither ist der Kläger freigestellt). In der Zeit, in welcher der Kläger neben dem etablierten Niederlassungsleiter, Herrn … und später neben Herrn … die Funktion eines Niederlassungsleiters hatte, ist ohnehin nicht denkbar, dass er eigenständig Entscheidungen von einiger Tragweite treffen durfte. Ein Betriebsleiter im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist eine Person, die innerhalb eines Unternehmens einen selbstständigen Betrieb eigenverantwortlich führt, dabei bedeutungsvolle unternehmerische Aufgaben wahrnimmt, Vorgesetzter der im Betrieb Beschäftigten ist, das Weisungsrecht ausübt und bei seiner Tätigkeit einen erheblichen Entscheidungsspielraum hat (GK-Biebl, RdN. 18 zu § 14 KSchG m. N.; Hess. LAG U. v. 25.11.1999 – 5 Sa 684/98, S. 13 f.). Bereits an dieser Voraussetzung fehlt es vorliegend.

Auf die „Unterschriftenregelung Vertrieb“ kann sich die Beklagte nicht berufen. Unterschriftsberechtigungen sagen nicht zwingend etwas darüber aus, dass die unterschriftsberechtigte Person unternehmerische Entscheidungen treffen darf. Gerade im Vertrieb sind häufig Waren / Dienstleistungen dem Gegenstand und dem Preis nach festgelegt. Die Befugnis, beispielsweise Kulanzgutschriften zu erteilen oder Waren zurückzunehmen sagt nichts darüber aus, dass die betreffende Person die Geschicke des Betriebes mitbestimmen kann, dass sie selbstständig wirtschaften darf.

Jedenfalls aber spricht die Handhabung der Kompetenzen dagegen, dass der Kläger tatsächlich erhebliche eigene Spielräume auf bedeutenden Gebieten hatte. Gewichtig wiegt in den Augen der Kammer, dass auch wegen ausgesprochener Bagatellbeträge – ca. DM 30,– – noch kurz vor Ausspruch der Kündigung umfangreicher Schriftverkehr geführt werden musste. Zur Entscheidung über einen Investitionsantrag über DM 71,50 wurde unmittelbar vor Ausspruch der Kündigung die Geschäftsleitung bemüht. Eigenständige Entscheidungen unternehmerischer Art durfte der Kläger demnach noch nicht einmal im Kleinen treffen. Dass der Kläger eine Personalvermittlungsagentur eingeschaltet und dieser einen Auftrag mit einer Rechnungssumme von € 13.878,51 erteilt hat, steht für die Kammer nicht fest. Der Kläger ist im Kammertermin vom 14.08.2002 der Behauptung der Beklagten aus dem Schriftsatz vom 06.08.2002 entgegengetreten und hat geschildert, wie es zur Rechnungsstellung durch Ensinger Research gekommen sei. Unstreitig hat die Beklagte die Rechnung vom 25.10.2001 auch gar nicht bezahlt. Läge ein nachvollziehbarer Personalsuchauftrag vor, hätte sie dies innerhalb nahezu eines ganzen Jahres sicherlich getan.

Die Kammer teilt die Auffassung der Beklagten nicht, es reiche für die Betriebsleitereigenschaft im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG aus, dass die betreffende Person unternehmerische Entscheidungen auf eine Weise vorbereite, die es der Unternehmensführung nicht mehr gestatte, an den Vorschlägen vorbei zu gehen (hierzu BAG B. v. 11.01.1995 – 7 ABR 33/94 DB 1995, 1333, unter B I 3 c). Zum einen ist der betriebsverfassungsrechtliche Begriff des leitenden Angestellten nicht identisch mit dem des § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG. Das BetrVG enthält einen erweiterten Begriff der leitenden Angestellten, weil es auf die betriebsverfassungsrechtlichen Interessengegensätze abstellt (BAG U. v. 18.10.2000, a. a. O., unter b aa a. E.; GK-Biebl, RdN. 16 zu § 14 KSchG). Zum anderen hat das Gericht auf Grund der Kammerverhandlung die Überzeugung gewonnen, § 286 Abs. 1 ZPO, dass der Geschäftsführer der Beklagten, … sich selbst über alle wesentlichen und auch weniger wesentlichen Vorgänge im Betrieb informiert und sie steuert. Ein „Spezialwissen“, welchem sich der Geschäftsführer beugen musste, besaß der Kläger nicht.

Zusätzlich zur Wahrnehmung bedeutender unternehmerischer Aufgaben müssen Betriebsleiter im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG Personalkompetenz besitzen (BAG U. v. 18.10.2000 – 2 AZR 465/99 DB 2001, 652). Dass der Kläger zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern berechtigt war, erscheint der Kammer zweifelhaft. Hierbei kann der Stellenwert der „Organisationsanweisung für den Niederlassungsleiter“ dahinstehen. Die Zweifel der Kammer haben ihren Grund u. a. darin, dass vor jeder Einstellung eine „Anforderung zur Erstellung eines Anstellungs- / Arbeitsvertrags“ zu erstellen war und dass der Geschäftsführer diese unterzeichnet hat (betreffend die Herren …, Bl. 80 f. d. A.). Am 20.12.2001 hat der zuständige Geschäftsführer die Einstellungsmeldung an den Betriebsrat betreffend Herrn … erstellt (Bl. 82 d. A.). Unstreitig ist in der mündlichen Verhandlung im Kammertermin geworden, dass der Kläger den Geschäftsführer der Beklagten, Herrn …, in zwei Fällen („Allergiker“, „Praktikant“) überzeugen musste, die Einstellung zu billigen. Entscheidend ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht; dass Herr … die einzustellenden Arbeitnehmer persönlich gar nicht kennen gelernt hatte; entscheidend ist vielmehr, dass er sich – basierend auf den Unterlagen und den Wahrnehmungen des Klägers – die Entscheidung über eine Einstellung vorbehielt.

In Anbetracht dieser Umstände spricht viel dafür, dass der Unterzeichnung der Arbeitsverträge durch den Geschäftsführer nicht nur formale Gründe zu Grunde lagen. Dies kann jedoch letztlich dahinstehen, da es – wie bereits ausgeführt – an einer Kompetenz des Klägers fehlte, bedeutsame unternehmerische Teilaufgaben wahrzunehmen.

III.

Der Antrag des Klägers, soweit er auf Weiterbeschäftigung in der Zeit seit 01.07.2002 bis zum Tag der mündlichen Verhandlung zielt, ist unbegründet. Bei der Erfüllung der Arbeitspflicht handelt es sich um eine Fixschuld. Eine Verurteilung zur rückwirkenden Beschäftigung würde zu einer Leistung verurteilen, die unmöglich ist.

Hingegen steht dem Kläger für die Zukunft ein Anspruch auf Beschäftigung zu. Dieser Beschäftigungsanspruch folgt zum einen aus der Rechtsprechung des BAG, welcher die Kammer folgt. Zum anderen hat der Kläger ein spezifisches Beschäftigungsinteresse: Durch seine Arbeitsleistung kann er nämlich die Höhe seiner Provision beeinflussen.

Die Pflicht der Beklagten zur Weiterbeschäftigung ist zunächst begrenzt auf den 30.06.2003. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der Arbeitsvertrag befristet. Die Wirksamkeit dieser Befristung ist Gegenstand eines weiteren Feststellungsantrages, über den derzeit noch nicht entschieden werden kann.

IV.

Die Zahlungsklage ist unbegründet.

Der für Grund und Höhe seines Anspruches darlegungs- und beweispflichtige Kläger hat nicht schlüssig vorgetragen, dass ihm noch ein Restprovisionsanspruch zusteht. Auf das Bestreiten der Beklagten hin hat er nicht dargelegt, dass und in welcher Weise er sich um die Einstellung der vier von ihm genannten Personen erfolgreich bemüht hat. Da es bereits an einem schlüssigen Vortrag fehlt, konnte die Vernehmung der vom Kläger benannten Zeugen unterbleiben.

Ein schlüssiger Vortrag ist auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die Beklagte den Anspruch bereits anerkannt hätte. Auch hierfür hat der Kläger keinen schlüssigen Vortrag gehalten und keinen Beweis angetreten. Allein der Umstand, dass der gezahlte Provisionsbetrag in Höhe von DM 98.000,– rechnerisch der Begleichung zweier Teilziele à 40 % und à 30 %, bezogen auf die höchstmögliche Provision von DM 140.000,–, entspricht, besagt nicht, dass die Beklagte das Teilziel 3 für erreicht hielt. Die Entgeltabrechnung für Oktober 2001 enthält lediglich die Nennung des Entgeltbestandteils „Provision EZ“ (Bl. 131 d. A.). Eine Leistungsbestimmung hat die Beklagte bei der Erbringung der Zahlung nicht vorgenommen. Die vom Kläger im Kammertermin vom 14.08.2001 zur Akte gereichte Unterlage sagt über einen Provisionsanspruch und über die Gewichtung einzelner Provisionsanteile nichts aus. Allein die Frage speziell nach dem Teilziel 1 und ein Unterbleiben jeglicher Reaktion der Beklagten hierauf bietet noch nicht einmal einen Anhaltspunkt für ein Anerkenntnis.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Den Wert des Streitgegenstandes, der gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen ist, hat die Kammer wie aus dem Urteilstenor ersichtlich bewertet.

Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:

Kündigungsschutzklage: € 30.767,52 (drei Monatseinkommen à DM 20.000,– gemäß § 12 Abs. 7 Satz 1 1. Halbsatz ArbGG);

Weiterbeschäftigungsklage: € 5.127,92 (1/2 Monatsgehalt, weil über den Weiterbeschäftigungsantrag zunächst nur mit Wirkung bis zum 30.06.2002 entschieden wurde);

Zahlung: € 21.985,55 (§ 3 ZPO).

Der Auflösungsantrag hat gemäß § 12 Abs. 7 Satz 1 2. Halbsatz ArbGG keinen eigenen Wert (GK-Biebl, RdN. 97 zu § 9 KSchG).

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