Skip to content

Kurzarbeit – Keine einseitige Anordnung – Anspruch auf Arbeitsentgelt

ArbG Berlin – Az.: 82 Ca 16808/03 – Urteil vom 23.10.2003

I. Das Versäumnisurteil vom 11.09.2003 wird aufrechterhalten.

II. Die weiteren Kosten des Rechtsstreits hat die Bekl. zu tragen.

III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.456,82 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger ist im Betrieb der Beklagten seit 1987 als Vorarbeiter mit einem Stundenlohn von 13,56 EUR brutto im Rahmen einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden beschäftigt.

Mit der Klage macht der Kläger Differenzlohnansprüche für den Zeitraum von März 2003 bis Juni 2003 geltend.

Der Kläger begründet seinen Anspruch wie folgt: Die Beklagte habe einseitig für ihn Kurzarbeit angeordnet, mit der er nicht einverstanden gewesen sei. Er vertritt deshalb die Auffassung, dass die Beklagte verpflichtet sei ihm unter Zugrundelegung seines Stundenlohnes von 13,56 EUR brutto unter Anrechnung von erhaltenem Kurzarbeitergeld bzw. erhaltenen Nettoarbeitsentgelt die entsprechenden Lohndifferenzen zu zahlen.

Der Kläger hat gegen die Beklagte das Versäumnisurteil vom 11.09.2003 erwirkt, in dem die Beklagte zur Zahlung der entsprechenden Differenzbeträge verurteilt worden ist (vgl. Versäumnisurteil vom 11.09.2003, Bl. 40, 41 d. A.). Gegen das am 19.09.2003 zugestellte Versäumnisurteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 24.09.2003 – bei Gericht am 25.09.2003 – eingegangen, Einspruch eingelegt.

Der Kläger beantragt, das Versäumnisurteil vom 11.09.2003 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil vom 11.09.2003 aufzuheben und den Kläger mit der Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor: Auf ihren Antrag sei vom Arbeitsamt Berlin Südwest für die Zeit vom 03.03.2003 bis zum 31.08.2003 Kurzarbeitergeld gewährt worden.

Von der Kurzarbeitergeldgewährung seien regelmäßig mehr als die Hälfte der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer betroffen gewesen. Schon unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung habe der Kläger hiervon nicht ausgenommen werden können.

Im Übrigen habe der Kläger weder seine Arbeitskraft angeboten, noch der Anordnung von Kurzarbeit ausdrücklich widersprochen.

Vielmehr habe der Kläger schlicht und einfach mit Geltendmachungsschreiben vom 13.05.2003 seine Ansprüche für März und April 2003 geltend gemacht. Darüber hinaus habe der Kläger auch in der Vergangenheit (z. B. Juli 2001) Kurzarbeit, die von der Beklagten angeordnet worden sei, widerspruchslos akzeptiert.

Wegen des weiteren Parteienvorbringens wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

1.

Der Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 11.09.2003 ist form- und fristgerecht erfolgt.

2.

In der Sache selbst war jedoch das Versäumnisurteil vom 11.09.2003 aufrechtzuerhalten, denn die Klage ist im vollen Umfang begründet.

Die Einführung von Kurzarbeit bedarf einer vertraglichen Grundlage.

Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt die Kurzarbeit einseitig aufgrund seines Direktionsrechts einzuführen.

Die Anmeldung und die Gewährung von Kurzarbeit durch das Arbeitsamt bildet hierfür keine entsprechende Ermächtigungsgrundlage.

Verweigert der Arbeitnehmer die angebotene Kurzarbeitsregelung so führt dies dazu, dass sein Vergütungsanspruch aus Annahmeverzug bestehen bleibt (vgl. hierzu LAG Rheinland-Pfalz, vom 07.10.1996, in BB 1997 Seite 419).

Keineswegs ist allerdings der Arbeitnehmer verpflichtet, ausdrücklich und sofort der angesetzten Kurzarbeit zu widersprechen bzw. seine Arbeitskraft anzubieten, denn der Arbeitgeber, der Kurzarbeit anordnet gibt unmissverständlich zu erkennen, dass er den Arbeitnehmer auf der betroffenen Baustelle nicht erwartet. Ein eventuelles Arbeitskraftangebot eines Arbeitnehmers ist in diesen Fällen überflüssig.

Im Übrigen war der Beklagten spätestens seit dem Geltendmachungsschreiben vom 13.05.2003 bekannt, dass der Kläger mit der Anordnung der Kurzarbeit nicht einverstanden war.

Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Kläger in der Vergangenheit der Anordnung von Kurzarbeit nicht widersprochen hat.

In einem derartigen Verhalten könnte eine konkludente Vertragsänderung (Zustimmung zur Anordnung von Kurzarbeit) nur dann gesehen werden, wenn sich ein derartiges Verhalten des Klägers in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum manifestiert hätte.

Hierfür fehlt es jedoch an einem entsprechenden substantiierten Beklagtenvortrag.

Das keiner der Arbeitnehmer der Beklagten jemals wegen der Notwendigkeit der Kurzarbeit Auseinandersetzungen mit der Beklagten geführt hat, kann zu keiner anderen rechtlichen Bewertung führen.

Gemäß §§ 611 Abs. 1, 615 BGB i.V.m. dem Arbeitsverhältnis war die Beklagte deshalb verpflichtet, an den Kläger folgende Beträge zu zahlen:

für März und April 2003 3.152,70 EUR brutto abzüglich 973,28 EUR netto,

für Mai 2003 2.386,56 EUR brutto abzüglich 1.077,15 EUR netto

und für den Monat Juni 2003 2.347,10 EUR brutto abzüglich 1.370,11 EUR netto.

Der geltend gemachte Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 288 Abs. 1, 247 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. 3 ff. ZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Soforthilfe vom Anwalt!

Jetzt Hilfe vom Anwalt!

Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Beratungsanfrage bzw. Ersteinschätzung.

Ratgeber und hilfreiche Tipps unserer Experten.

Lesen Sie weitere interessante Urteile.

Unsere Kontaktinformationen.

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Hier finden Sie uns!

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

zum Kontaktformular

Ersteinschätzungen nur auf schriftliche Anfrage per Anfrageformular.

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Über uns

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!

Das sagen Kunden über uns
Unsere Social Media Kanäle

 

Termin vereinbaren

02732 791079

Bürozeiten:
Mo-Fr: 08:00 – 18:00 Uhr

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Rechtsanwälte Kotz. Mehr Infos anzeigen.

Ersteinschätzung

Wir analysieren für Sie Ihre aktuelle rechtliche Situation und individuellen Bedürfnisse. Dabei zeigen wir Ihnen auf, wie in Ihren Fall sinnvoll, effizient und möglichst kostengünstig vorzugehen ist.

Fragen Sie jetzt unverbindlich nach unsere Ersteinschätzung und erhalten Sie vorab eine Abschätzung der voraussichtlichen Kosten einer ausführlichen Beratung oder rechtssichere Auskunft.

Aktuelles Jobangebot

Juristische Mitarbeiter (M/W/D)
als Minijob, Midi-Job oder in Vollzeit.

mehr Infos