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Lärmbelästigung – fristlose Kündigung Mietvertrag

AG Berlin-Mitte

Az: 25 C 159/09

Urteil vom 07.01.2010


1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Beklagte mietete mit Vertrag aus dem Jahr 2005 eine Wohnung in der …straße in Berlin. Die Klägerin war die Vermieterin.

Die Klägerin hat das Mietverhältnis mit Schreiben vom 24.07.09 (Bl. 46 d.A.) fristlos gekündigt und dies damit begründet, dass der Beklagte seit 2006 den Hausfrieden nachhaltig und nachweislich in einer Art störe, die eine Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar mache.

Dem war Folgendes vorausgegangen: Mit Schreiben vom 09.03.06 (Bl. 49 d.A.) und vom 05.09.06 (Bl. 51 d.A.) teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass Beschwerden aus der Mietergemeinschaft gegen ihn vorliegen würden, da er durch ruhestörenden Lärm – zu laute Musik -, sehr laute Telefonate, Türenknallen etc. gegen die Hausordnung verstoße.

Mit Schreiben vom 27.02.08 (Bl. 55 d.A.) wies die Klägerin den Beklagten auf Beschwerden aus der Nachbarschaft wegen Lärmbelästigungen (Brüllen, Grölen, lautstarkes Zuschlagen von Türen) hin und kündigte eine Abmahnung an. Mit Schreiben vom 16.04.08 (Bl. 57 d.A.) wiederholte die Klägerin diese Androhung einer Abmahnung, da sich erneut andere Mietern an sie gewandt hätten, da der Beklagte randaliere und unter Alkoholeinfluss lautstark gröle.

Der Beklagte antwortete mit Schreiben vom 22.04.08 (Bl. 58 d.A.), in dem er die Behauptungen zurückwies und auf eine baulich unzulängliche Schallisolierung verwies.

Mit Schreiben vom 08.06.09 (Bl. 69 d.A.) nahm die Klägerin Bezug auf ein Schreiben vom 12.12.08 und erteilte den Beklagten eine 2. Abmahnung. Darin heißt es, dass erneut mitgeteilt worden sei, dass der Beklagte fast täglich die Ruhe der Hausgemeinschaft durch laute Musik, Gegröle, Trampeln Klopfen an die Wände etc. störe. Desweiteren grille der Beklagte auf dem Balkon. Zudem habe in der Nacht zum 30.05.09 die Polizei wegen ruhestörenden Lärms die Musikanlage des Beklagten beschlagnahmt.

Der Beklagte ließ mit anwaltlichen Schreiben vom 22.06.09 (Bl. 71 d.A.) antworten. Darin wird die Abmahnung als unbegründet zurückgewiesen, vor allem da nicht mitgeteilt sei, wann genau die angeblichen Vertragsverstöße stattgefunden haben sollten, und daher ein Eingehen darauf nicht möglich sei. Es handele sich vielmehr um eine Privatfehde der Nachbarin, die ihr Ende finden sollte, falls diese ihre Aussage unter Eid aussage, welche sich widerlegen ließe und sie deshalb mit einer Anklage durch die Staatsanwaltschaft erfreuen dürfe.

Nach Erhalt der oben genannten fristlosen Kündigung vom 24.07.09 hat der Beklagte mit Schreiben vom 29.07.09 (Bl. 79 d.A.) seinerseits das Mietverhältnis zum 31.10.09 gekündigt.

In der Klageschrift kündigt die Klägerin dem Beklagten erneut fristlos wegen schuldhafter und erheblicher Vertragsverletzung.

Der Beklagte gab am 30.10.09 einige Schlüssel – mit Ausnahme der Briefkastenschlüssel und des Kellerschlüssels- zurück. Der Keller war zunächst nicht geräumt. In der Wohnung befand sich noch Laminat und einzelne Gegenstände Im November 2009 erhielt der Beklagte nochmals die Schlüssel und ließ das Laminat entfernen und den Keller räumte.

Die Klägerin hat zunächst der am 24.07.09 anhängig gewordenen Klage die Räumung der Wohnung verlangt. Nachdem der Beklagte selbst das Mietverhältnis gekündigt und die Wohnung herausgegeben hat, beantragt sie nun festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet, denn der Rechtsstreit wäre nur dann für erledigt zu erklären, wenn die ursprünglich erhobene Klage begründet und zulässig gewesen wäre und erst durch ein nach Rechtshängigkeit eingetretenes Ereignis unbegründet oder unzulässig geworden wäre. Dies ist hier nicht der Fall, da die Räumungsklage bereits bei Erhebung unbegründet gewesen ist.

Die Klägerin hatte keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Räumung und Herausgabe der Wohnung, denn das Mietverhältnis ist weder aufgrund der Kündigung vom 24.07.09 noch aufgrund der Kündigung in der Klageschrift beendet worden. Die Klägerin hat einen Grund zur fristlosen oder fristgemäßen Kündigung nicht ausreichend dargetan und die Kündigungserklärungen nicht ausreichend begründet.

Ein Grund zur fristlosen Kündigung nach §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB liegt nur vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Nach § 569 Abs. 2 BGB liegt ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 auch vor, wenn eine Vertragspartei den Hausfrieden nachhaltig stört, so dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Besteht der wichtige Grund für die Kündigung in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, dann ist eine Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig, § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB. Nach § 569 Abs. 4 BGB ist der zur Kündigung führende wichtige Grund in dem Kündigungsschreiben anzugeben.

Hier fehlt es an einer Darlegung, dass die Abmahnung erfolglos gewesen ist, d.h. dass das Verhalten des Beklagten nach Zugang der Abmahnung Grund zur Kündigung gewesen sei.

Eine Abmahnung nach § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB muss so bestimmt genug sein, dass der Mieter weiß, welches Verhalten genau beanstandet wird, denn nur dann ist er in der Lage, dieses Verhalten abzustellen oder inhaltlich die Abmahnung zurückzuweisen. Diesen Anforderungen genügt das Schreiben vom 08.06.09 (Bl. 69 d.A.) nur hinsichtlich des Vorfalls aus der Nacht zum 30.05.09. Hier wird konkret auf den Lärm verwiesen, den die Polizei zum Anlass genommen habe, die Musikanlage zu beschlagnahmen. Ansonsten wird in dem Schreiben vom 08.06.09 nur pauschal darauf verwiesen, der Beklagte störe „fast täglich“ die Ruhe der Hausgemeinschaft durch „laute Musik, Gegröle, Trampeln, Klopfen an die Wände und Heizungsrohre, extrem lautes Zuwerfen von Fenstern und Türen, Störung der Nachtruhe, aggressives Verhalten. Insofern fehlt jegliche Konkretisierung, was hinsichtlich des alltäglichen Verhaltens wie das Trampeln oder dem Zuwerfen der Fenster (?) und Türen vielleicht noch entbehrlich wäre, jedoch muss angegeben werden, wann der Beklagte an die Wände und Heizungsrohre geklopft haben solle und vor allem wann er in welcher Situation wem gegenüber ein aggressives Verhalten gezeigt haben soll. Ohne konkrete Angaben hierzu ist eine Abmahnung unzureichend.

Soweit es in der Abmahnung dann noch heißt, der Beklagte grille widerrechtlich auf dem Balkon, fehlt es an einer Darlegung, woraus sich die Widerrechtlichkeit ergeben solle. Im normalen Umfang und bei normaler Bauweise ist dem Mieter durchaus gestattet, gelegentlich auf dem Balkon zu grillen.

Eine Kündigung scheitert hier daran, dass weder in dem Schreiben vom 24.07.09 noch in der Klageschrift angegeben ist, welches konkrete Verhalten des Beklagten nach Zugang dieser Abmahnung Grund zur Kündigung gewesen sei. Es muss sich aus dem Kündigungsschreiben ergeben, dass der Gekündigte nach dem Zugang der Abmahnung eine weitere, gleiche oder gleichartige Vertragsverletzung begangen hat. Die Angaben im Kündigungsschreiben müssen substantiiert sein, d.h. Art, Zeitpunkt und Dauer der Störung angeben.

Dem genügt die Kündigung vom 24.07.09 nicht. Darin wird erneut lediglich pauschal angegeben, der Beklagte setze die Störung der Mitmieter fort, ohne dass ein einziger konkreter Vorfall genannt wird. Soweit darin angegeben wird, der Beklagte falle seit dem Jahr 2006 durch lautstarkes Brüllen etc. und durch Grillen auf dem Balkon auf, wird lediglich der Inhalt der Abmahnung wiederholt.

Allein soweit auf das Schreiben vom 22.06.09 Bezug genommen wird, handelt es sich um einen Umstand, der zeitlich nach Erhalt der Abmahnung fällt. Jedoch stellt dieses Schreiben keinen Kündigungsgrund dar. Soweit es in der Kündigung heißt, der Beklagte habe darin jegliche Vorwürfe zurückweisen lassen, entspricht dies nicht den Tatsachen, da in diesem anwaltlichen Schreiben vor allem – völlig zu Recht – darauf hingewiesen wurde, dass es der Abmahnung an einer ausreichenden Substanziierung zu Ort und Zeit fehle.

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Auch soweit sich die Klägerin jetzt in diesem Prozess darauf bezieht, dass es darin auch heiße, dass die Nachbarn, falls diese unter Eid die Unwahrheit sagen würden, durch die Staatsanwaltschaft wegen Meineids angeklagt würden, genügt dies nicht zur Kündigung, und zwar aus verschiedenen Gründen. In formeller Hinsicht fehlt es bereits daran, dass die Kündigungen selbst darauf keinen Bezug nehmen und sich darauf nicht stützen. Zum anderen ist dieser Hinweis inhaltlich völlig zutreffend. Falls sich durch die Beweisführung ergeben würde, dass die Mitmieter unter Eid falsch ausgesagt hätten, müssten diese in der Tat mit einem Verfahren und ggfs. mit einer Anklage rechnen.

Es liegt auch keine der Voraussetzungen vor, nach denen eine Abmahnung entbehrlich ist, was nach § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BGB dann der Fall ist, wenn eine Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht, oder nach Nr. 2 wenn eine sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung des beiderseitigen Interesses gerechtfertigt ist. Es ist nicht ersichtlich oder seitens der Klägerin dargelegt, warum hier eine konkrete Abmahnung entbehrlich gewesen sein sollte, da sie ohne Erfolg geblieben wäre. Es ist auch nicht aus besonderen Gründen geboten gewesen, das Mietverhältnis fristlos zu kündigen, da die von der Klägerin vorgebrachten Verstöße bereits seit 2006 vorliegen sollen und daher ein Abwarten bis nach einer konkreten Abmahnung zumutbar gewesen wäre.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708, 711 ZPO.

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