Zugesagter Liefertermin für das neue Auto nicht eingehalten? Anspruch auf Schadensersatz?
Diejenigen Personen, die in diesen Tagen einen Neuwagen bei einem Händler erworben haben, werden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Enttäuschungen gefasst machen müssen. Die Lieferzeiten für Neufahrzeuge werden aus den unterschiedlichsten Gründen heraus immer länger. Sei es die Chip-Krise oder die Corona-Pandemie bzw. der Krieg in der Ukraine – kaum ein Händler ist aktuell in der Lage, die gewohnte Produktionskapazität aufrechtzuerhalten. Für die Kunden stellt sich damit auch automatisch auch die Frage, welche Rechte im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag bestehen und wie diese durchgesetzt werden können.
Übersicht:
- Zugesagter Liefertermin für das neue Auto nicht eingehalten? Anspruch auf Schadensersatz?
- Grundsätzliches zum Lieferverzug
- Verzug bei der Lieferung eines Neuwagens
- Verlängerte Lieferzeiten oder auch Lieferungen mit eingeschränkter Ausstattung
- Welche Rechte hat ein Kunde im Fall einer Lieferfristüberschreitung bei einem Neufahrzeug?
- Rücktritt vom Kaufvertrag
- Frist zur Nachbesserung
- Was gilt als „höhere Gewalt“?
- Hat der Kunde bei einem Lieferverzug Schadensersatzansprüche?
- Das Neufahrzeug hat eine anderweitige Ausstattung
- Fazit
Grundsätzliches zum Lieferverzug
Ein Händler bzw. Kaufmann ist verpflichtet, die bestellte Ware fristgerecht zu liefern, andernfalls gerät er unter Umständen gemäß § 286 BGB (Verzug des Schuldners) in Lieferverzug. Ob ein Lieferverzug eintritt, hängt aber grundsätzlich zunächst erst mal davon ab, ob ein unverbindlicher Liefertermin oder ein fixer Liefertermin vereinbart wurde.
Wenn Sie Waren vor Ort beim Händler kaufen, für die nur ein ungefährer Liefer- oder Abholtermin vereinbart wurde, z. B. Lieferung in circa oder ungefähr zwei Wochen, müssen Sie zunächst die gesamte Frist verstreichen lassen und dann den Verkäufer anmahnen und ihm eine Frist zur Nachlieferung setzen. Damit setzen Sie den Verkäufer in Verzug. Ist auch diese Frist verstrichen, können Sie Rechte wie Rücktritt oder Schadensersatz geltend machen.
Im Gegensatz zu der oben genannten „circa“-Angabe sieht es bei konkreteren Angaben anders aus. Bei Einkäufen über das Internet etwa sind Verkäufer dazu verpflichtet, konkrete Angaben zum Zeitraum der Lieferung zu machen. Dies geht aus § 312d BGB i.V.m. Art. 246a EGBGB hervor. Aus Formulierungen wie „Lieferzeit 8 bis 14 Tage“ ergibt sich ein konkreter Zeitraum. Bei solchen konkreten Zeitangaben muss der Verkäufer auch innerhalb dieser Zeit liefern, um nicht in Verzug zu geraten. Erfolgt die Lieferung nicht innerhalb der genannten acht bis vierzehn Tage, kommt er auch ohne Mahnung und Fristsetzung in Verzug.
Es gibt Fälle, in denen der Verkäufer für Lieferverzögerungen nicht verantwortlich ist. Die Juristen sprechen in solchen Fällen von höherer Gewalt (§ 286 Abs. 4 BGB), die unerwartet eintritt und sowohl den Verkäufer als auch den Käufer überrascht. Ein typisches Beispiel ist eine Überschwemmung oder ein Brand im Lager, bei dem auch die Ware vernichtet wird und der Verkäufer die Ware neu bestellen oder produzieren muss. Jedoch gibt es zum Thema höhere Gewalt Grenzen. Lieferverzögerungen aufgrund der Coronapandemie zählen beispielsweise nicht darunter.
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Verzug bei der Lieferung eines Neuwagens
Verlängerte Lieferzeiten oder auch Lieferungen mit eingeschränkter Ausstattung
Unabhängig davon, für welches Automodell oder welche Marke sich ein Kunde aktuell entscheidet, der Halbleiter-Mangel sowie auch die Lieferengpässe im Zusammenhang mit Bauteilen wirken sich aktuell gravierend auf die Kaufverträge aus. Dementsprechend bieten sehr viele Autobauer ihre Neufahrzeuge lediglich mit einer eingeschränkten Ausstattung oder alternativ dazu überhaupt nicht mehr an.
Es ist für die Hersteller aktuell auch nicht möglich, die vereinbarten Lieferzeiten einzuhalten. Dementsprechend versuchen die Hersteller nur zu häufig, den Kunden mit neuen Lieferterminen zu vertrösten. Problematisch ist dabei der Umstand, dass diese Lieferfristen nicht selten viele Monate oder auch sogar Jahre betragen. In diesem Zusammenhang mehren sich auch Berichte von Kunden, welche die mangelhafte Kommunikation im Zusammenhang mit dieser Problematik zwischen dem Hersteller und dem Kunden beklagen. Dieses Problem ist somit mitnichten eine Einzelfallproblematik, sondern betrifft vielmehr nahezu die gesamte Automobilbranche.
Welche Rechte hat ein Kunde im Fall einer Lieferfristüberschreitung bei einem Neufahrzeug?
Wer ein Neufahrzeug bei einem Händler bestellt, der erhält in der gängigen Praxis vonseiten des Händlers auch eine voraussichtliche Lieferzeit für das Fahrzeug. Den wenigsten Kunden ist dabei jedoch der Umstand bewusst, dass es sich bei dieser Angabe eher um eine unverbindliche Lieferzeit für das Fahrzeug handelt. Dementsprechend ist auch der Liefertermin unverbindlich.
Wenn ein unverbindlicher Liefertermin verstreicht hat der Anbieter zusätzlich noch sechs Wochen Gelegenheit, das vertraglich geschuldete Fahrzeug an den Kunden auszuliefern. Dies ergibt sich aus den NWVB (Neuwagenverkaufsbedingungen, welche von dem VDA (Verband der Automobilindustrie verabschiedet wurde. Diese NWVB sind ein Standardbestandteil von den Kaufverträgen im Zusammenhang mit Neufahrzeugen.
Rücktritt vom Kaufvertrag
Sollten diese sechs Wochen ohne eine Lieferung seitens des Händlers verstrichen sein, so sollte der Kunde bei dem Händler in schriftlicher Form bei dem Händler die Lieferung einfordern und für diese Lieferung auch eine sogenannte Nachfrist festlegen. In der gängigen Praxis wird die Zeitspanne von zwei Wochen Nachfrist als angemessen angesehen. Mit dem Zeitpunkt, an dem der Händler dieses Schreiben von dem Kunden erhält, gerät der Händler in den sogenannten Lieferverzug. Sollte der Händler diese Nachfrist ungenutzt verstreichen lassen, hat der Kunde das Recht, den Rücktritt von dem Kaufvertrag zu erklären.
Frist zur Nachbesserung
Wurde in dem Kaufvertrag ein Liefertermin als verbindlich festgelegt, so kann eine Nachfrist auch direkt einen Tag nach dem verbindlichen Liefertermin festgelegt werden. Sollte ein Kunde jedoch in dem Aufforderungsschreiben keine Nachfrist setzen, so ist ein Rücktritt von dem Kaufvertrag aufgrund einer nicht erfolgten Lieferung erst mit Ablauf von vier Monaten möglich.
Entscheidend mit den Möglichkeiten, die ein Kunde bei einem Autokauf hat, ist letztlich auch die Art des Kaufs. Wer beispielsweise als Kunde telefonisch oder auch online eine Bestellung vorgenommen hat, besitzt ein Widerrufsrecht. Dieses Widerrufsrecht besteht für einen Zeitraum von 14 Tagen. Sollte der Hersteller nicht in der Lage sein, das von dem Kunden bestellte Fahrzeug nicht in der gewünschten Form auszustatten, so besteht für die Kunden das Recht, aufgrund des Vorliegens eines Sachmangels eine Nachbesserung von dem Händler zu verlangen oder aufgrund von einer Vertragsnichterfüllung von dem Kaufvertrag zurückzutreten.
Da für viele Händler die Nachbesserung aufgrund von technischen Einschränkungen oder finanziellen Mehraufwänden überhaupt nicht möglich ist erfolgt in diesen Fällen direkt die Mitteilung, dass der Kunde das Recht des Rücktritts von dem Kaufvertrag hat. Die Händler bieten somit den Kunden in diesen Fällen dem Kunden direkt den Rücktritt an.
Was gilt als „höhere Gewalt“?
Nicht selten berufen sich die Händler in der gängigen Praxis bei Lieferverzögerungen auf das Vorliegen von höherer Gewalt. Der Gesetzgeber besagt, dass im Vorliegen von höherer Gewalt die Lieferfrist sich um eben jene Zeitspanne verlängert, in welcher die höhere Gewalt tatsächlich vorliegt. Als höhere Gewalt gelten dabei Streiks oder auch Naturkatastrophen. Sollten diese Umstände die Lieferungen beeinträchtigen oder gar verursachen, so hat der Kunde bedauerlicherweise keine Alternative zu dem Abwarten auf die Lieferung. Problematisch ist allerdings der Umstand, dass es in Deutschland bedauerlicherweise keinerlei gesetzliche Definition des Begriffs „höherer Gewalt“ gibt. Der Gesetzgeber spricht jedoch im Zusammenhang mit „höherer Gewalt“ von einem „unvorhersehbaren, unbeherrschbaren und von außen kommendem Ereignis, welches sich selbst durch höchste Sorgfalt nicht abwenden oder verhindern lässt“.
Die Corona-Pandemie fällt definitiv in den Bereich der „höheren Gewalt“. Inwieweit sich jedoch aus der Corona-Pandemie heraus eine Lieferverzögerung oder auch Problematiken bei der Ausstattung eines Neufahrzeugs begründet, ist stets als Einzelfallprüfung zu analysieren.
Hat der Kunde bei einem Lieferverzug Schadensersatzansprüche?
Grundsätzlich kann gesagt werden, dass der Kunde aufgrund eines Verzugsschadens durchaus einen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Händler geltend machen kann. Dies setzt allerdings voraus, dass der Lieferverzug durch den Händler aufgrund von leichten Fahrlässigkeiten verschuldet sein muss. Der Schadensersatz kann seitens des Kunden mit einer Höhe von 5 Prozent von dem Kaufpreis in Anspruch genommen werden. Es ist dem Kunden auch möglich, den Schadensersatzanspruch im Zuge eines Rücktritts von dem Kaufvertrag geltend zu machen. Es ist jedoch in der gängigen Praxis meistens erforderlich, dass derartige Schadensersatzansprüche wie beispielsweise die Kosten für ein Leihfahrzeug für die Zeitspanne der Lieferverzögerung oder auch die zwingend erforderlichen Mehrkosten für den Erwerb von einem anderweitigen Fahrzeug mithilfe eines Rechtsanwalts gegenüber dem Händler geltend gemacht werden müssen. Ob dem Händler eine leichte Fahrlässigkeit tatsächlich nachgewiesen werden kann ist dabei die gänzlich andere Frage, die in der Regel gerichtlich geklärt werden muss.
Das Neufahrzeug hat eine anderweitige Ausstattung
Bei Neufahrzeugen, welche von dem Händler nicht in der bestellten Ausstattung geliefert werden, gilt die gesetzliche Sachmängelhaftung des Händlers. Kunden haben in derartigen Fällen das Recht auf eine Nachbesserung. Überdies besteht seitens des Händlers die Verpflichtung, dass der Kunde frühzeitig auf die abweichende Ausstattung hingewiesen wird. Kunden müssen jedoch, wenn sie einen derartigen Hinweis seitens des Händlers erhalten, diese Änderungen nur dann hinnehmen, wenn die Änderungen als unerheblich und auch dem Kunden zumutbar gelten. Sollte der Händler aufgrund von Abweichungen den Kaufpreis eigenständig anpassen, so hat der Kunde lediglich die Möglichkeit des Rücktritts von dem Kaufvertrag. Wer dies nicht möchte, der wird sich mit den Änderungen arrangieren müssen.
Ein Kunde, dessen Fahrzeug aufgrund eines Lieferverzuges auf sich warten lässt, sollte auf jeden Fall in schriftlicher Form mit dem Händler Kontakt aufnehmen. Sollte sich der Händler nicht kooperativ zeigen ist der Gang zu einem erfahrenen Rechtsanwalt nicht selten die einzige Möglichkeit, um die eigenen Ansprüche gegenüber dem Händler schnell und effektiv durchzusetzen.
Fazit
Wenn ein Lieferant in Deutschland einen Lieferverzug verursacht, hat der Kunde das Recht, eine angemessene Nachfrist zu setzen und nach Ablauf dieser Nachfrist vom Vertrag zurückzutreten oder Schadensersatz zu verlangen. Der Kunde hat jedoch kein Recht auf Schadensersatz, wenn der Lieferant nachweist, dass der Lieferverzug auf höhere Gewalt oder auf Umstände zurückzuführen ist, die ihm nicht zuzurechnen sind. Ebenfalls gibt es kein Recht auf einen Preisnachlass aufgrund eines Lieferverzugs. Natürlich kann es im Sinne der Kulanz vorkommen, dass dennoch ein Nachlass auf den Preis vereinbart wird. Es liegt immerhin durchaus im Sinne des Verkäufers, dass der Kunde nicht von seinem Recht aus Rücktritt vom Kaufvertrag Gebrauch macht. Ebenfalls können eventuelle Schadensersatzansprüche den Verkäufer zur Kulanz bewegen, denn ein Preisnachlass kann bereits als Entschädigung für eine verspätete Lieferung angesehen werden. Ein Schadensersatz wegen einer verspäteten Lieferung kann jedoch nur in seltenen Fällen tatsächlich durchgesetzt werden. Lediglich, wenn durch Lieferverzug auch tatsächlich ein nachweisbarer Schaden entstanden ist und der Verkäufer keine höhere Gewalt geltend machen kann, ist unter Umständen ein Schadensersatz möglich.
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