Landesarbeitsgericht Köln
Az: 13 Sa 881/06
Urteil vom 24.10.2006
1) Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
2) Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.06.2006 – 1 Ca 11155/05 – wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt,
1. an den Kläger 758,54 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 180,38 EUR brutto seit dem 01.09.2005, aus weiteren 192,19 EUR brutto seit dem 01.10.2005, aus weiteren 179,89 EUR brutto seit dem 01.11.2005 und aus weiteren 206,03 EUR brutto seit dem 01.12.2005 zu zahlen;
2. an den Kläger 1.500,54 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 327,90 EUR seit dem 01.09.2005, aus weiteren 520,38 EUR seit dem 01.10.2005, aus weiteren 319,50 EUR seit dem 01.11.2005 und aus weiteren 332,76 EUR seit dem 01.12.2005 zu zahlen.
1) Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 18,5 % und die Beklagte 79,15 %.
2) Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Vergütung von Reisezeiten und Aufwandsentschädigung (Fahrtkosten) aus einem beendeten Leiharbeitsverhältnis.
Der Kläger war bei der Beklagten als Lagerhelfer vom 14.07.2006 bis Ende November 2005 mit einer Mindestarbeitszeit von 152 Stunden/Monat und einem Bruttostundenlohn von 6,15 EUR beschäftigt. Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 13.07.2005 nimmt in § 1 Bezug auf die Tarifverträge der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA und dem Arbeitgeberverband mittelständischer Personaldienstleister (AMP). Der Arbeitsvertrag enthält keine Regelung zur Erstattung von Reisekosten oder Fahrtkosten. Der Manteltarifvertrag der genannten Tarifgemeinschaft (MTV) sieht unter Ziffer 16 (Ersatz von Aufwendungen) vor, dass die durch wechselnde Einsatzorte entstehenden zusätzlichen erstattungsfähigen Aufwendungen des Arbeitnehmers gemäß § 670 BGB auf betrieblicher Ebene geregelt werden. Zur Reisezeitvergütung enthält der MTV keine Regelung. Der Kläger wurde in den Monaten Juli bis November 2005 an verschiedenen Orten in der Region eingesetzt. Er fuhr mit seinem Privat – PKW und nahm auf Anweisung der Beklagten mehrfach Kollegen vom Betriebssitz zum Einsatzort mit. Die Entfernung zwischen seiner Wohnung und der Betriebsstätte beträgt 6 km und die Fahrtzeit dauert ca. 10 Minuten.
Der Kläger hat mit den Schreiben vom 30.10.2005 und 23.11.2005 sowie Klageerweiterung vom 29.12.2005 für die Monate Juli bis November 2005 Reisekostenvergütung in Höhe von 891,75 EUR und Fahrtkostenersatz in Höhe von 1.877,64 EUR geltend gemacht. Die dazu von ihm vorgelegten Aufstellungen enthalten Angaben über den Arbeitstag, den Einsatzort, die Einsatzfirma, die Fahrtzeit, den Arbeitsanfang und das Arbeitsende, die gefahrenen Kilometer, die Fahrtkosten sowie, die Mitnahme von Kollegen von der Betriebsstätte zum Einsatzort. Der Kläger ist bei der Berechnung seiner Klageforderung von folgenden Grundlagen ausgegangen: Aufwandsentschädigung für Fahrtkosten von 0,30 EUR pro km. Vergütung der Fahrtzeiten in Höhe des tariflichen Stundenlohns von 6,15 EUR brutto. Keine Fahrtkostenerstattung und Fahrzeitvergütung für die Hin- und Rückfahrt von seiner Wohnung zum Betriebssitz, mit Ausnahme der Tage, an denen er von der Betriebsstätte Kollegen zum Einsatzort mitgenommen hat. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vom Kläger vorgelegten Aufstellungen verwiesen. Der Kläger hat behauptet, er sei zu den Einsätzen jeweils mit seinem eigenen Pkw gefahren. Es handele sich um einen Mini-Van mit einem Hubraum von 1834 ccm und einer Leistung von 131 PS. Der Verbrauch des Fahrzeugs liege durchschnittlich bei 11 l/100 km.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 891,75 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 133,21 EUR brutto seit dem 01.08.2005, aus weiteren 180,38 EUR brutto seit dem 01.09.2005, aus weiteren 192,19 EUR brutto seit dem 01.10.2005, aus weiteren 179,89 EUR brutto seit dem 01.11.2005 und aus weiteren 206,03 EUR brutto seit dem 01.12.2005 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.877,64 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 377,10 EUR seit dem 01.08.2005, aus weitere 327,90 EUR seit dem 01.09.2005, aus weiteren 520,38 EUR seit dem 01.10.2005, aus weiteren 319,50 EUR seit dem 01.11.2005 und aus weiteren 332,76 EUR seit dem 01.12.2005 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe aus keinem Rechtsgrund die Erstattung von Fahrtkosten und die Vergütung von Reisezeit zu. Sie hat bestritten, dass er mit seinem eignen PKW zu den Einsatzorten gefahren sei und dass er Halter des von ihm angegebenen Fahrzeugs sei, dessen Kosten getragen habe sowie weitere Personen mitgenommen und von diesen keine Gegenleistungen erhalten habe.
Das Arbeitsgericht Köln hat mit Urteil vom 12.06.2006 der Klage auf Fahrtkostenerstattung mit Ausnahme verfallener Ansprüche für den Monat Juli stattgegeben und die Klage auf Vergütung der Reisezeit zurückgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Das Urteil wurde der Beklagten am 03.07.2006 zugestellt. Sie hat hiergegen am 31.07.2006 Berufung eingelegt und diese am 04.09.2006 (Montag) begründet. Dem Kläger wurde das Urteil am 04.07.2006 zugestellt. Dagegen hat er am 10.08.2006 Berufung eingelegt und diese am selben Tag begründet. Mit am 25.08.2006 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt mit der Begründung, dass die Berufungsschrift von der ansonsten stets zuverlässigen Bürovorsteherin versehentlich an das Landgericht gefaxt worden sei, da sie die Kurzwahltaste für das Landgericht Köln anstelle derjenigen für das Landesarbeitsgericht Köln gedrückt habe.
Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen die Abweisung der Reisezeitvergütung mit Ausnahme des Monats Juli 2005. Er vertritt weiter die Auffassung, dass Reisezeit vergütungspflichtige Arbeitszeit sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des am 12.06.2006 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Köln, Aktenzeichen 1 Ca 11155/05 zu verurteilen,
1. an den Kläger 758,54 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 180,38 EUR brutto seit dem 01.09.2005, aus weiteren 192,19 EUR brutto seit dem 01.10.2005, aus weiteren 179,89 EUR brutto seit dem 01.11.2005 und aus weiteren 206,03 EUR brutto seit dem 01.12.2005 zu zahlen;
2. an den Kläger 1.500,54 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 327,90 EUR seit dem 01.09.2005, aus weiteren 5230,38 EUR seit dem 01.10.2005, aus weiteren 319,50 EUR seit dem 01.11.2005 und aus weiteren 332,76 EUR seit dem 01.12.2005 zu zahlen.
Der Kläger beantragt weiter,
für die Einlegung der Berufung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
1. das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit das erstinstanzliche Gericht die Beklagte verurteilt hat, an den Kläger 1.500,54 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 327,90 EUR seit dem 01.09.2005, aus weiteren 520,38 EUR seit dem 01.10.2005, aus weiteren 319,50 EUR seit dem 01.11.2005 und aus weiteren 332,76 EUR seit dem 01.12.2005 zu zahlen.
2. die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie vertritt weiter die Auffassung, dass dem Kläger weder eine Vergütung für die Reisezeit, noch eine Fahrtkostenerstattung zustehe. Keinesfalls sei der steuerliche Pauschalbetrag zu erstatten, allenfalls die tatsächlich entstandenen Fahrkosten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die wechselseitigen Schriftsätze sowie die überreichten Anlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufungen des Klägers und der Beklagten sind zulässig, sie sindstatthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) sowie formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
Die nach Ablauf der Berufungsfrist (03.08.2006) erst am 10.08.2006 eingegangene Berufung ist nicht verfristet, da dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist (§§ 233, 234, 236 ZPO). Denn er hat die Berufungsfrist ohne sein Verschulden versäumt (§ 233 ZPO). Die fehlerhafte Eingabe der Faxnummer durch die Bürovorsteherin des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist diesem nicht zuzurechnen. Der Klägervertreter durfte der gelernten Rechtsanwaltsfachangestellten die Übersendung der Berufungsschrift per Fax übertragen (vgl. dazu Zöller/Greger, ZPO, 25. Auflage, § 233 An. 23, Stichwort Büropersonal und -organisation m.w.N.). Dem Prozessbevollmächtigten ist auch kein Sorgfaltspflichtverstoß im Hinblick auf die Auswahl oder Überwachung der Bürovorsteherin bzw. eine mangelhafte Büroorganisation vorzuwerfen. Der am 25.08.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Wiedereinsetzungsantrag des Klägers wurde innerhalb der 2-Wochen-Frist nach Behebung des Hindernisses (§ 234 Abs. 1 und 2 ZPO) gestellt. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers erhielt erst mit Zugang des bei ihm am 18.08.2006 eingegangenem gerichtlichen Schreibens vom 15.08.2006 Kenntnis davon, dass die Berufungsschrift nicht bereits am 03.08.2006 per Fax eingegangen war.
II. Das Rechtsmittel des Klägers hat auch in der Sache Erfolg. Die Berufung der Beklagten war zurückzuweisen. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger sowohl die geltend gemachten Fahrtkosten zu erstatten als auch die Reisezeit zu vergüten.
1. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von 1.500,54 EUR Fahrtkostenerstattung für die Monate August bis November 2005 verurteilt. Dem Kläger steht ein Aufwendungsersatzanspruch auf Fahrtkostenerstattung in dieser Höhe aus § 670 BGB zu. Das Berufungsgericht schließt sich der zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts an.
a. Der Arbeitsvertrag der Parteien sieht keine Erstattung von Fahrkosten vor. Der einschlägige Manteltarifvertrag verweist in Zif.16 darauf, dass „die durch wechselnde Einsatzorte entstehenden zusätzlichen erstattungsfähigen Aufwendungen des Arbeitnehmers gemäß § 670 BGB … auf der betrieblichen Ebene geregelt (werden)“. Eine betriebliche Regelung besteht bei der Beklagten nicht.
b. Der Anspruch auf Fahrtkostenerstattung ergibt sich aus § 670 BGB. Diese Vorschrift findet auf Aufwendungsersatzansprüche im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis entsprechende Anwendung, denn sie enthält einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, der auch für das Arbeitsverhältnis gilt. Danach kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber Ersatz der Aufwendung verlangen, die er in dessen Interesse hatte und die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte (BAG 14.10.2003 – 9 AZR 657/02 – AP § 670 BGB Nr. 32).
c. Der Kläger als Leiharbeitnehmer hat Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Fahrten auf Weisung der Beklagten von deren Betriebssitz zum Einsatzort des Entleihers. Ein Leiharbeitnehmer hat mangels anderweitiger vertraglicher Regelung einen Anspruch auf Erstattung der ihm tatsächlich entstandenen Fahrtkosten, soweit die Reisekosten zu dem Arbeitsort, den der Verleiher ihm zuweist, die Kosten für die Reise von der Wohnung zur Geschäftsstelle des Verleihers übersteigen (LAG Köln 15.11.2002 – 4 Sa 692/02 – LAGE § 670 BGB Nr.14). Die jeweilige Anreise des Leiharbeitnehmers zum Entleiher stellt zwar einen Teil seiner eingegangenen Arbeitspflicht dar, die hiermit verbundenen Aufwendungen sind aber nicht durch den normalen Vergütungsanspruch abgegolten. Vielmehr ist bei den Fahrten zur täglichen Aufnahme der Arbeit bei Entleihern zu berücksichtigten, dass die hiermit verbundenen Fahrkosten ausschließlich auf Veranlassung und im Interesse des Verleihers entstehen und vom Leiharbeitnehmer nicht (z.B. durch Verlegung des Wohnsitzes in die Nähe der Arbeitsstelle) beeinflusst werden können (vgl. Ulber, AÜG 3. Auflage, Rn. 53 a). Die Pflicht zum Aufwendungsersatz umfasst jedoch grundsätzlich nur die Fahrtkosten von der Betriebsstätte zum Einsatzort. Denn die Ausgaben für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gehören zum persönlichen Lebensbedarf, der nach allgemeiner Auffassung zum persönlichen Lebensbedarf gehört, der von der Vergütung zu bestreiten ist (vgl. Küttner/Griese, Personalbuch 2006, Aufwendungsersatz Rn. 2 m.w.N.).
d. Dem Kläger hat, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, darüber hinaus gegen die Beklagte einen Anspruch auf Fahrtkostenersatz auch für die Strecke von der Wohnung zur Betriebsstätte für die Tage, an denen er auf Anweisung der Beklagten Kollegen zum Einsatzort mitgenommen hat. Denn in diesen Fällen erfolgte die Fahrt zum Betriebssitz allein auf Anordnung und im Interesse der Beklagten und gehörte somit nicht zum privaten Lebensbedarf des Klägers.
e. Die vom Arbeitsgericht festgesetzte Höhe der zu erstattenden Fahrkosten ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat dazu in der Berufung keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen.
aa. Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass der Kläger die Fahrten mit dem eigenen Pkw durchgeführt hat und das Bestreiten der Beklagten insoweit unsubstantiiert (§ 138 Abs. 2 ZPO) und daher unbeachtlich ist. Es ist nicht ersichtlich, wie der Kläger anders als mit dem eigenen Auto zu den unterschiedlichen Einsatzorten, etwa nach St. A , V , E oder K hätte anreisen und zudem noch Mitarbeiter der Beklagten vom Betriebssitz mitnehmen können. Mit Recht stellt das Arbeitsgericht fest, dass es keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Kläger außer Kollegen weitere Personen mitgenommen hat und von diesen eine Entschädigung erhalten haben soll.
bb. Schließlich hat das Arbeitsgericht die Höhe der Aufwendungen zutreffend auf der Grundlage der vom Kläger vorgetragenen tatsächlichen Fahrtkosten auf mindestens 0,30 EUR pro gefahrenen Kilometer geschätzt. Zwar ist mit der Beklagten davon auszugehen, dass Aufwendungsersatz nach § 670 BGB nur Fahrtkostenerstattung gewährt wird, soweit diese tatsächlich im konkreten Einzelfall entstanden sind (vgl. Palandt/Sprau, 66. Auflage, § 670 BGB, An. 3 m.w.N.; so auch LAG Köln 15.11.2002 a.a.O.). Diese Grundsätze hat das Arbeitsgericht auch berücksichtigt. Denn es hat keine pauschalierten Fahrtkosten zugesprochen, sondern auf der Grundlage der im Einzelnen vom Kläger konkret dargelegten Fahrtkosten eine Schätzung der Aufwendungen nach § 287 Abs. 1 und 2 ZPO vorgenommen. Danach kann das Gericht eine Schätzung der Höhe einer Forderung vornehmen, wenn unter den Parteien die Höhe streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen. Der Kläger hat die einzelnen Kostenfaktoren, die bei den Fahrten mit seinem Pkw entstanden sind, im Einzelnen für die konkreten Arbeitstage und die gefahrenen Kilometer vorgetragen und unter Beweis gestellt. Er hat darüber hinaus mitgeteilt, mit welchem Pkw unter Angabe des durchschnittlichen Kraftstoffverbrauchs er gefahren ist. Auf dieser konkreten Schätzungsgrundlage durfte das erstinstanzliche Gericht zur Vermeidung einer weiteren aufwendigen Sachaufklärung davon ausgehen, dass die Fahrtkosten mit jedenfalls mindestens 0,30 EUR pro gefahrener Kilometer anzusetzen sind, weil neben den Kosten für Benzin und Öl noch weitere Kosten, z.B. für die Abnutzung des Fahrzeugs hinzukommen
2. Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung der Fahrtzeit als Arbeitszeit in Höhe von 758,54 EUR brutto für die Monate August bis November 2005.
a. Der Arbeitsvertrag der Parteien und der einschlägige Manteltarifvertrag gewähren eine Vergütung lediglich für die beim Kunden tatsächlich geleistete Arbeitszeit. Eine Vergütung der Reisezeit ist nicht vorgesehen. Daher kann die Vergütung der Fahrzeit nicht auf § 611 BGB i.V. mit dem Arbeitsvertrag gestützt werden.
b. Der Vergütungsanspruch ergibt sich aus § 612 Abs. 1 BGB. Danach gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. § 612 Abs. 1 BGB bildet die Rechtsgrundlage in den Fällen, in denen entweder überhaupt keine Vergütungsvereinbarung vorliegt oder aber über die vereinbarte Tätigkeit hinaus Dienste oder Überstunden oder Mehrarbeit geleistet werden (BAG 03.09.1997 – 5 AZR 428/96 – AP Nr. 1 zu § 611 BGB Dienstreise m.w.N.).
c. Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die Fahrtzeit des Klägers als Arbeitszeit anzusehen ist, in der dieser für die Beklagte eine „Dienstleistung“ (Arbeit) erbracht hat. Für die Frage, ob eine Dienstleistung vorliegt, kommt es nicht darauf an, ob die betreffende Tätigkeit „Arbeitszeit“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz ist. Arbeit iSv § 612 BGB ist vielmehr jede Tätigkeit, die der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient (BAG, 11.10.2000 – 5 AZR 122/99 – AP Nr. 20 zu § 611 BGB Arbeitszeit). Demnach ist die Zeit, die ein Arbeitnehmer über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus im Interesse des Arbeitgebers aufwendet, Arbeitszeit (BAG, 03.09.1997 a.a.O.; MüArbR-Blomeyer, a.a.O. Rn. 108, 109 m.w.N.). Auch die Fahrtzeit eines Leiharbeitnehmers, der zur Erfüllung seiner geschuldeten Haupttätigkeit außerhalb der Betriebsstätte seines Arbeitgebers zu den jeweiligen Einsatzorten fährt, ist demzufolge Arbeitszeit. Dabei kann es, da allein auf die Fremdnützigkeit der Tätigkeit abzustellen ist, nicht darauf ankommen, ob der Kläger diese Fahrtzeit mit seinem Pkw zurücklegt, diesen selbst steuert oder andere Verkehrsmittel benutzt. Dies betrifft grundsätzlich nur die Zeit für die Anfahrt von der Betriebsstätte zum Einsatzort, da die Zeit für die Fahrt vom Wohnort zur Betriebsstätte nach allgemeiner Auffassung dem privaten Lebensbereich zuzuordnen ist (vgl. etwa MünchArbR-Blomeyer, 2.Aufl. § 48 Rn. 108). Die Fahrtzeit von der Wohnung zur Betriebsstätte gilt jedoch dann als Arbeitszeit, wenn diese auf Anweisung des Arbeitgebers nur deshalb erfolgt, um andere Mitarbeiter zum Einsatzort mitzunehmen.
d. Diese Fahrtzeit des Klägers stellt auch eine vergütungspflichtige Arbeit im Sinne des § 612 Abs. 1 BGB dar, da sie den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
aa. Da im Streitfall keine arbeitsvertragliche oder tarifvertragliche Regelung besteht, sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Einen Rechtssatz, dass solche Reisezeiten stets oder regelmäßig zu vergüten seien, gibt es nicht (BAG 03.09.1997 a.a.O.). Die Vergütungserwartung ist anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistung und der Stellung der Beteiligten zu einander festzustellen, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankäme (BAG, 11.10.2000 a.a.O.).
bb. Ein gewichtiger Umstand, aus dem eine objektive Vergütungserwartung herzuleiten ist, sind die branchenspezifischen Tarifverträge. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann jedoch aus der fehlenden Vergütungsregelung für Fahrtzeiten in dem von den Parteien in Bezug genommenen Manteltarifvertrag nicht geschlossen werden, dass der Kläger als Leiharbeitnehmer keine objektivierbare Vergütungserwartung haben kann. Die fehlende Regelung dazu im Manteltarifvertrag sagt zunächst nur, dass sich die Tarifvertragsparteien darüber nicht geeinigt haben. Die Vorstellung der am Abschluss dieses Tarifvertrags beteiligten Tarifvertragsparteien geben auch keinen hinreichenden Aufschluss über die Vergütungserwartung der gesamten Zeitarbeitsbranche, da sie nur einen eher kleinen Teil der Arbeitgeber und Arbeitnehmer erfassen. Für eine objektivierbare Vergütungserwartung ist auch der Manteltarifvertrag Zeitarbeit BZA/DGB zu berücksichtigen. Dieser enthält eine tarifliche Regelung zur Vergütung von Reisezeiten. § 8.3 regelt, dass der Mitarbeiter, wenn für den einfachen Weg außerhalb der Arbeitszeit von der Niederlassung/Geschäftsstelle zum Einsatzort beim Kundenbetrieb mehr als 1,5 Stunden bei Benutzung des zeitlich günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels aufgewendet werden müssen, die über 1,5 Stunden hinausgehende Wegezeit je Hin- und Rückweg mit den tariflichen Entgelten bezahlt (erhält), sofern er diese Wegezeit tatsächlich aufgewandt hat.
cc. Aus den Tarifverträgen lassen sich danach weder eindeutige objektive Umstände für, noch gegen eine Vergütungspflicht der Reisezeit ableiten. Ebenso wenig ist eine einheitliche Verkehrssitte feststellbar.
dd. Die Vergütungspflicht ergibt sich im Streitfall jedoch aus den zu berücksichtigenden Umständen des Einzelfalls.
1) Der Kläger konnte die Vergütung der Fahrtzeit aufgrund der besonderen Gestaltung des Arbeitsvertrages erwarten. Danach war er verpflichtet, seine Arbeitsleistung in der gesamten Bundesrepublik Deutschland, auf wechselnden Einsatzstellen zu erbringen (§ 1). Die Beklagte war demnach berechtigt, dem Kläger nicht nur in der Region, sondern bundesweit einzusetzen. Der Kläger hätte demnach auf Anweisung der Beklagten auch beispielsweise nach F oder K zum Einsatzort fahren müssen. Im Hinblick auf diese arbeitsvertraglich geregelte umfassende Weisungsbefugnis der Beklagten konnte der Kläger davon ausgehen, dass die je nach Weisung möglicherweise mehrere Stunden am Tag dauernde Fahrtzeit zum Einsatzort auch vergütet wird.
2) Es kommt hinzu, dass der Kläger aufgrund des ihm gezahlten Tarifstundenlohns der 1. Entgeltgruppe in Höhe von nur 6,15 EUR brutto erwarten konnte, dass die Fahrtzeiten zu den jeweiligen Einsatzorten auch unter Berücksichtigung des umfassenden Direktionsrechts, gesondert vergütet werden.
3) Schließlich ergibt sich im Streitfall noch ein weiterer besonderer Umstand daraus, dass der Kläger nicht nur selbst mit seinem Pkw zum Einsatzort gefahren ist, sondern wiederholt von der Beklagten angewiesen wurde, Kollegen zum Einsatzort mitzunehmen. Dies geschah als zusätzliche Arbeitsleistung allein im Interesse der Beklagten. Der Kläger konnte für seine Bereitschaft und die tatsächliche Inanspruchnahme dieser zusätzlichen „Dienstleistung“ von der Beklagte eine Vergütung erwarten. Dies umso mehr, als diese dadurch eigene Aufwendungen, etwa Fahrtkostenerstattung bzw. das Vorhalten eines betriebseigenen Beförderungsmittels erspart hat.
e. Der Höhe nach schuldet die Beklagte dem Kläger eine Vergütung der Fahrzeiten nach dem Tariflohn von 6,15 EUR brutto pro Stunden. Die Fahrzeit von der Wohnung des Klägers zur Betriebsstätte und zurück, die der Kläger mit insgesamt 20 Minuten angesetzt hat, ist von der Reisezeit abzusetzen, außer für die Tage, an denen er auf Weisung der Beklagten in die Betriebsstätte gefahren ist, um Kollegen mitzunehmen. Die Berechnung der Klageforderung für die Monate August bis November 2005 ergibt sich aus den vom Kläger vorgelegten und von der Beklagten nicht im Einzelnen bestrittenen Aufstellungen.
3. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 BGB.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und entspricht dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens der Parteien.
IV. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG zuzulassen.