Oberlandesgericht München
Az: 10 U 3432/08
Urteil vom 17.10.2008
In dem Rechtsstreit wegen Schadensersatzes erlässt der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München im schriftlichen Verfahren (Frist gemäß § 128 II ZPO: 06.10.2008) folgendes Endurteil:
1. Auf die Berufung der Klägerin vom 04.06.2008 wird das Endurteil des LG Traunstein vom 26.05.2008 (Az. 3 O 3308/07) in Nr. I. und III. abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:
I. Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, an die Klägerin 925,53 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 900 EUR vom 06.10.2007 bis 16.07.2008 und aus weiteren 925,53 EUR seit 31.07.2007 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 77 % und die Beklagten samtverbindlich 23 %.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen
2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 73 % und die Beklagten samtverbindlich 27 %.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird bis zur Teilberufungsrücknahme mit am 07.07.2008 eingegangenem Schriftsatz auf 3.305,39 EUR und von da an auf 900 EUR festgesetzt.
Gründe:
A.
Die Klägerin macht gegen die Beklagten Ansprüche auf Schadensersatz und Feststellung aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 13.07.2007 in W. ereignete, als der Pkw der Klägerin auf dem bevorrechtigten L.weg mit dem vom untergeordneten Z.weg in den L.weg nach rechts einbiegenden Pkw des Beklagten zu 1) kollidierte. Die Klägerin begehrte zunächst Abrechnung des Schadens auf Neuwagenbasis (Anschaffungskosten 20.966,39 EUR abzüglich Restwert 13.155 EUR zuzüglich Sachverständigenkosten 595,53 EUR zuzüglich Unkostenpauschale 30 EUR). Ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten gelangte zu Reparaturkosten von 4.506 EUR netto sowie einem merkantilen Minderwert von 900 EUR. Mit Schriftsatz vom 17.04.2008 (Bl. 54/55 d.A.) ermäßigte die Klägerin die Klage im Hinblick auf die Zahlung ihrer Kaskoversicherung (Reparaturkosten 4506 EUR abzüglich Selbstbeteiligung 300 EUR). Hinsichtlich des Parteivortrags und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil vom 26.05.2008 (Bl. 63/71 d.A.) Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht Traunstein hat nach Beweisaufnahme die Beklagten zur Zahlung der Sachverständigenkosten, der Kosten der Selbstbeteiligung sowie der Unkostenpauschale in Höhe von insgesamt 925,53 EUR nebst Zinsen verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Hinsichtlich der Erwägungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses der Klagepartei am 30.05.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem beim Oberlandesgericht am 06.06.2006 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt (Bl. 77/78 d.A.) und diese mit einem beim Oberlandesgericht am 19.06.2008 eingegangenen Schriftsatz (Bl. 80/84 d.A.) begründet.
Die Klägerin hat zunächst beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach dem zuletzt gestellten Antrag erster Instanz zu erkennen.
Nach Hinweis der Vorsitzenden, dass das Landgericht zutreffend eine Abrechnung auf Neuwagenbasis ablehnte (Verfügung vom 19.06.2008 = Bl. 86/88 d.A.), begehrte die Klägerin noch Ersatz des merkantilen Minderwertes (900 EUR nebst Zinsen), beantragte die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.825,53 EUR nebst Zinsen und nahm die Berufung im Übrigen zurück (Schriftsatz vom 04.07.2008 = Bl. 89/91 d.A.).
Nach Zahlung von 900 EUR seitens der Beklagten am 17.07.2008 erklärten die Parteien die Hauptsache insoweit für erledigt.
Die Klägerin beantragt zuletzt,
Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, an die Klägerin 925,53 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1825,53 EUR vom 31.07.2007 bis 16.07.2008 und aus 925,53 EUR seit 17.07.2008 zu bezahlen
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Ergänzend wird auf die vorgenannte Berufungsbegründungsschrift und die weiteren im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze der Klägerin und der Beklagten, die Verfügung vom 10.07.2008 (Bl. 93 d.A.) sowie den Beschluss vom 08.09.2008 (Bl. 102/104 d.A.) Bezug genommen.
B.
I. Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Die Klagepartei hat zwar in ihren Anträgen jeweils die Verurteilung der Beklagten auch zur Zahlung der in erster Instanz bereits zugesprochenen 925,53 EUR nebst Zinsen beantragt. Bei sachgerechter Auslegung ist davon auszugehen, dass insoweit lediglich nicht realisiert wurde, dass der ausgeurteilte Betrag bereits rechtskräftig zugesprochen ist und deshalb eine Anpassung der Antragstellung versehentlich unterblieb. Die Berufung hat in der Sache, soweit darüber noch zu entscheiden ist, teilweise Erfolg.
1. Der mit der Berufung noch geltend gemachte Zinsanspruch betreffend den Schadensposten merkantile Wertminderung (900 EUR) ergibt sich aus §§ 291, 288 I ZPO seit 06.10.2007 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz.
Der Klagepartei steht ein Anspruch auf Schadensersatz – Abrechnung auf Reparaturkostenbasis – gegen die Beklagten aus dem verfahrensgegenständlichen Verkehrsunfall zu, wie sich aus den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil ergibt. Der Klagepartei stand auch ein Anspruch auf Ersatz des merkantilen Minderwertes zu, nachdem eine Schadensabrechnung auf Neuwagenbasis vorliegend nicht in Betracht kommt (BGHZ 35, 396; BGH VersR 1985, 593; AG Hamburg, SP 2005, 516). Die Höhe (900 EUR, welche von den Beklagten zwischenzeitlich bezahlt wurden) ergibt sich mit der für § 287 ZPO erforderlichen Wahrscheinlichkeit aus dem vorprozessual erholten Gutachten. Dieser – kongruente – Schadensposten wurde von der Vollkaskoversicherung nicht beglichen, im Hinblick auf die Haftung der Beklagten zu 100 % ist der Kläger insoweit auch noch aktivlegitimiert.
Es liegt insoweit keine Klageänderung vor, da die Klagepartei den ihr aus der Beschädigung des Pkw entstandenen Schaden nur anders berechnet (Reparaturkosten plus Minderwert statt Abrechnung auf Neuwagenbasis) und es sich nicht um verschiedene Schadensarten, sondern um unterschiedliche Schadensberechnungsarten handelt; der Minderwert ist ein unselbständiger Schadensposten innerhalb der gleichen Schadensart „Fahrzeugschaden“ (Vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., Einl Rn 73; BGHZ 119, 23). Die Klage wurde am 06.10.2007 zugestellt.
2. Ein weitergehender Zinsanspruch besteht nicht. Das Anspruchsschreiben der Klagepartei vom 20.07.2007 mit Aufforderung, die alleinige Haftung dem Grunde nach unter Fristsetzung bis 30.07.2007 anzuerkennen, vermochte die Beklagten hinsichtlich der 900 EUR merkantiler Minderwert schon deshalb nicht in Verzug zu setzen, weil die Klagepartei mit vorerwähntem Schreiben ausschließlich eine – vorliegend nicht in Betracht kommende – Abrechnung auf Neuwagenbasis begehrte und das Schreiben aus Sicht der Beklagten nicht dahin zu verstehen ist, dass zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung aufgefordert wurde, zumal eine weit übersetzte Forderung als vorläufiger Schaden beziffert wurde. Die weitergehende Berufung war daher zurückzuweisen.
II. Die Kostenentscheidung folgt für die erste Instanz aus § 92 I 1 Alt. 2 ZPO. Der Klagepartei stand bis zur Zahlung der Beklagten auch ein Anspruch in Höhe des merkantilen Minderwertes zu.
Für das Berufungsverfahren folgt die Kostenentscheidung aus §§ 92 I 1 Alt. 2, 97, 516 III, 91 a ZPO.
Soweit die Klagepartei die Berufung zurückgenommen hat, hat sie die Kosten nach § 516 III ZPO zu tragen.
Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 900 EUR übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten gem. § 91 a ZPO zu entscheiden; insoweit waren die Kosten den Beklagten aufzuerlegen, da der Anspruch der Klägerin bis zur Begleichung durch die Beklagten zustand. Das Gutachten, aus dem sich der merkantile Minderwert als unselbständiger Schadensposten innerhalb der gleichen Schadensart „Fahrzeugschaden“ (Vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., Einl Rn 73; BGHZ 119, 23) ergibt, lag bereits vorprozessual vor, so dass für die Heranziehung von § 97 II ZPO entgegen der Ansicht im Schriftsatz vom 13.08.2008 (Bl. 98 d.A.) auch nicht ansatzweise Raum ist.
III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711,713 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
IV. Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren hat sich durch die Teilberufungsrücknahme mit am 07.07.2008 eingegangenem Schriftsatz von da an von 3.305,39 EUR auf 900 EUR ermäßigt, §§ 63 II 1, 47 I 1, 40, 48 I 1 GKG, 3 ff. ZPO. Eine weitere Ermäßigung durch die übereinstimmenden Teilerledigterklärungen im Hinblick auf die Zahlung der Beklagten in Höhe von 900 EUR am 17.07.2008 erfolgte wegen der bereits in erster Instanz entstandenen Kosten und der insoweit sich entsprechend der der Beklagten aufzuerlegenden Kostenquote ergebenden Summe nicht.