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Mietvertragskündigung wegen schweren Beleidigungen von Handwerkern und Hausbewohnern

AG Hamburg-Blankenese, Az.: 531 C 323/14, Urteil vom 27.05.2015

1. Die Beklagte wird verurteilt, das von ihr genutzte teilmöblierte Zimmer Nr. … im Hause …, … Hamburg geräumt und besenrein an die Klägerin herauszugeben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung wegen der Räumung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.100,– Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in selber Höhe leistet.

Die Vollstreckung wegen der Kosten kann die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in selber Höhe leistet.

4. Der Antrag auf Gewährung einer Räumungsfrist wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Mietvertragskündigung wegen schweren Beleidigungen von Handwerkern und Hausbewohnern
Symbolfoto: Von Andrey_Popov /Shutterstock.com

Die Klägerin als Vermieterin macht gegenüber der Beklagten als Mieterin einen Räumungs- und Herausgabeanspruch geltend. Die Klägerin hat ein großes Interesse daran, die Beklagte als Mieterin los zu werden

Am 26.6.2012 schlossen die Parteien den als Anlage K 1 vorgelegten Mietvertrag über das im Tenor genannte Zimmer (Bl. 7 d.A.).

Mit Schreiben vom 10.12.2014 ließ die Klägerin durch ihren späteren Prozessbevollmächtigten das Mietverhältnis außerordentlich fristlos sowie hilfsweise ordentlich kündigen.

Dies war bereits die zweite Kündigung. Eine frühere Kündigung vom 23.5.2014 war nicht weiterverfolgt worden, weil die Beklagte über die … hatte mitteilen lassen, dass auch mieterseits kein Interesse mehr an einer Fortsetzung des Mietverhältnisses bestand, jedoch mit einer kurzfristigen erfolgreichen Suche nach einer neuen Wohnung nicht gerechnet werden könne.

Anlaß und Begründung der Kündigung vom 10.12.2014 war insbesondere ein Vorfall vom 21.8.2014, um 16.15 Uhr, an dem Beklagte sowie die Zeugen … und … beteiligt waren, sowie ein Vorfall vom 21./22.11.2014 im Zusammenhang mit dem Mieter/Zeugen …. Insoweit wird verwiesen auf die Anlage K 2, Bl. 8 ff d.A.; hinsichtlich der ersten Kündigung vom 23.5.2014 wird verwiesen auf die Anlage K 3, Bl.2 d.A..

Mit Schriftsatz vom 26.3.2015 wurde wegen eines Vorfalls im Dezember 2014 im Zusammenhang mit dem Zeugen … eine erneute fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung ausgesprochen (Bl. 22 d.A.).

Der Zeuge … ist Ende 2014 aus dem Mietobjekt ausgezogen wegen der Auseinandersetzungen mit der Beklagten (Schriftsatz vom 14.4.2015).

Die Klägerin beantragt, wie erkannt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise die Gewährung einer Räumungsfrist.

Die Beklagte behauptet, klägerseits liege ein untauglicher Versuch von konstruierten angeblichen Hausfriedensstörungen, die in der Vergangenheit von der Beklagten ausgegangen sein sollen, vor.

Der Zeuge … sei gegenüber der Beklagten erst verbal ausfällig geworden. Keinesfalls habe die Beklagte daraufhin die in der Klageschrift wiedergegebenen Schimpfworte benutzt. Die Beklagte verweist darauf, dass der Mieter … in dem als Anlage B 1 (Bl. 37d d.A.) vorgelegten Schriftstück unterschrieben habe, dass er von der Beklagten weder geschlagen worden sei noch Lärm in Wohnbereich von ihr gemacht wurde seit 25.4.2015.

Ergänzend bezieht sich die Beklagte auf das Schreiben Mitmieter … und … (Anlage B 2, Bl. 37 e d.A.).

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … und … . Insoweit wird verwiesen auf die Sitzungsniederschrift vom 27.5.2015.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, sowie den PKH-Beschluss vom 23.5.2015.

Entscheidungsgründe

1. Die zulässige Klage ist begründet.

Der Klägerin steht gemäß § 546 BGB ein Räumungs- und Herausgabeanspruch gegenüber der Beklagten aufgrund der ordentlichen Kündigung vom 10.12.2014 gegenüber der Beklagten zu (§ 573 Abs.2 Nr.1 BGB).

Die Beklagte schuldet auch die Rückgabe in besenreinem Zustand, d.h. frei von groben Verschmutzungen (BGH ZMR 2006, 843 ff).

Es kann im vorliegenden Fall auch dahin gestellt bleiben, ob die fristlose Kündigung bereits früher das Mietverhältnis beendet hat. Auf jeden Fall hat die ordentliche Kündigung gemäß § 573c BGB spätestens zum 31.3.2015 das Mietverhältnis beendet.

Es kann auch dahin gestellt bleiben, ob bei einer auf Störung des Hausfriedens/Vertragsverletzungen gestützten ordentlichen Kündigung eine Abmahnung voraus zu gehen hat. Selbst wenn man dies annähme, läge die Abmahnung vor der aktuellen Kündigung vom 10.12.2014 in der vorangegangenen Kündigung vom 23.5.2014.

Die Beklagte hat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ihre Pflichten als Mieterin in massiver Weise schuldhaft verletzt

Die Klägerin kann hier auch nicht auf eine reine Unterlassungsklage verwiesen werden. Die Beklagte ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme total belehrungsresistent.

Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Verhalten der Beklagten umso schwerer ins Gewicht fällt, weil sie es trotz vorangegangener Kündigung fortgesetzt hat.

Auch wenn die Beklagte die Verschuldensvermutung widerlegt hätte, wäre die Kündigung gerechtfertigt, da selbst bei eingeschränkter Schuldfähigkeit oder fehlender Schuldfähigkeit eine Kündigung gemäß § 573 Abs. 1 BGB in Betracht kommt, wobei das fehlende Verschulden durch die Schwere des Vertragsverstoßes kompensiert wird (PWW § 573 BGB Rn. 13).

Die Beklagte hat vorliegend den Hausfrieden in extremer Weise gestört.

Die hohe negative Qualität ihrer Störungshandlungen hat den Zeugen und Ex-Mitmieter … sogar zur eigenen Kündigung seines Mietverhältnisses und zum Auszug Ende 2014 veranlasst, weil die Beklagte nicht nur ihn, sondern auch seine Mutter mehrfach beleidigt hatte.

Der Abteilungsrichter war bisher der Auffassung, die 13 schlimmsten Verbalinjurien in seinem „Streifzug durch die Rechtsprechung zu meist verbalen Entgleisungen (ZMR 2014, 941)“ dargestellt zu haben. Die Beklagte würde in dem angesprochenen „Beleidigungs-Spiegel“ lecker auf Platz 1 landen.

Das Gericht ist aufgrund des Verhaltens der Beklagten im Termin sowie der Zeugenaussagen … und … vollends davon überzeugt, dass die Beklagte im Beisein eines 12jährigen Jungen unter Benutzung von Formulierungen wie „Ich fick dich in den Arsch, du Wichser und Arschloch etc.“ intensiv in Hörweite des … diese Äußerungen gegenüber seinem Vater und dem Kollegen und Zeugen … geäußert hat. Außerdem hat sie den 12jährigen damit bedroht, dass sie ihm eine „aufs Maul hauen werde, falls es noch mal das Grundstück betreten werde“ (das im übrigen der vermögenslosen Beklagten gar nicht gehört). Außerdem hat sie ihn mit den Worten beschimpft, er wäre aus dem „Arsch seiner Mutter geboren“. Gängigere Beschimpfungen wie „Arschloch, verpiß‘ dich“ etc. gehören ergänzend offenbar auch zum Standardvokabular der Beklagten, die sich nicht einmal 60 Minuten vor Gericht einigermaßen im Griff hatte.

Außerdem hat sie die Mutter des Zeugen … dahingehend beleidigt, in dem sie ihr gegenüber äußerte, dass sie wohl eher zum Psychologen müsse.

In einem späteren Vorfall gegenüber dem Zeugen … hat sie dann wieder ihr Standardvokabular ausgepackt mit Begriffen wie Arschloch, Arschficker, Motherfucker etc., obendrein dem Zeugen noch unterstellt, dass er sie stalken würde.

Die Beklagte schreckt auch vor Handgreiflichkeiten nicht zurück. Den Zeugen Schacht hat sie an seinen langen Haaren gezogen.

Auch mit leichtfertigen Verdächtigungen hielt sich die Beklagte nicht zurück. Der Zeuge … wurde kurzerhand als Alkoholiker gegenüber seiner Mutter bezeichnet.

Alle Zeugen konnten die jeweiligen Geschehnisse aus unmittelbarer physischer Nähe wenn auch mit naturgemäß nur geringer psychischer Distanz bekunden.

Die Aussagen der Zeugen waren im Kern übereinstimmend, wirkten nicht abgesprochen.

Der Zeuge … hat sogar Teile der klägerischen Schilderung nicht ausdrücklich bestätigt. So hat er etwa bei dem „Wasserangriff“ freimütig eingeräumt, nicht gesehen zu haben, dass die Beklagte insoweit aktiv war. Ebenso wie dem Zeugen fällt dem Gericht aber kein „anderer Täler“ für diese sinnlose Aktion ein.

Nicht grundlos wurde die Beklagte am 27.4.2015 aufgrund von Beleidigungen gegenüber drei Mitarbeiterinnen des Gerichts und wegen rassistischer Ausdrücke des Hauses verwiesen.

Letztlich hat die Beweisaufnahme den Kläger-Vortrag so weitgehend bestätigt, dass auch nicht der Hauch eines Restzweifels beim Gericht verblieben ist, dass die Beklagte den Hausfrieden nachhaltig vor Ausspruch der Kündigung vom 10.12.2014 gestört hat.

Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten unterstellt, dass es gegen Ende 2014 „etwas ruhiger“ um die Beklagte geworden ist, so rechtfertigt doch allein der Vorfall um den 21.8.2014 herum allerlei die ordentliche Kündigung.

Die Klägerin war auch nicht verpflichtet, unmittelbar nach dem 21.8.2014 bereits die ordentliche Kündigung zu erklären. Vielmehr durfte sie sich erst einmal über den Sachverhalt sichere Kenntnis verschaffen, dann auch zum Schutze der Mitmieter die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung gegenüber der Beklagten zu erklären.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708Nr.7 und 11, 711 ZPO.

4. Eine Räumungsfrist war der Beklagten nicht gemäß § 721 ZPO zu gewähren. Die Schwere ihrer schuldhaften Vertragsverstöße (siehe oben) spricht gegen die Gewährung einer auch nur eintägigen Räumungsfrist.

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