AG Wedding
Az: 3 C 13/11
Urteil vom 08.06.2011
Leitsatz (nicht amtlich):
Erheblicher Lärm aus der Nachbarschaft ist ebenfalls als ein Mietmangel zu bewerten, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Vermieter diesen Lärm zu vertreten hat und/oder ob er den Lärm abwehren kann. Aufgrund erheblichen Nachbarlärms ist der Mieter zu einer Mietminderung berechtigt.
1. Es wird festgestellt, dass den Klägern für die Zeit ab November 2010 bis zum 24. Januar 2011 eine Mietminderung in Höhe von 20 % zusteht.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen, soweit sie nicht in der Hauptsache erledigt ist.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger ¼ als Gesamtschuldner und die Beklagte ¾.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Vollstreckung kann gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abgewendet werden, sofern nicht die die Vollstreckung betreibende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Kläger sind Mieter einer Wohnung im Hause B… str. … in … B…, deren Vermieterin die Beklagte ist. Der nach dem Mietvertrag geschuldete Mietzins beträgt 612,81 EUR bruttowarm monatlich. Auf dem Nachbargrundstück des Hauses, in dem die Wohnung der Kläger ist, befindet sich ein Hostel, in dessen Innenhof seit Herbst 2010 vom Hotel ein Stromgenerator betrieben wird, dessen Lärm einem laufenden Lkw-Motor ähnelt und der über 50 Dezibel beträgt.
Durch den Lärm werden die Kläger bei der Nutzung ihrer Wohnung beeinträchtigt und können insbesondere nachts nicht schlafen.
Seit dem 24. Januar 2011 ist dieser Generator abgestellt.
Mit der am 14. Januar 2011 bei Gericht eingegangenen Klage haben die Kläger die Beklagte zunächst verpflichten wollen, dafür Sorge zu tragen, dass das auf dem Nachbarhotel befindliche Hostel es unterlässt, im Innenhof des Grundstücks ein Stromgenerator laufen zu lassen, wodurch es zu einer nächtlichen Lärmbelästigung über 50 Dezibel kommt.
Mit dem Antrag zu 2. beantragten die Kläger die Feststellung eines bestimmten Minderungsbetrags der Höhe nach.
Den Antrag zu 1. der ursprünglichen Klage haben beide Parteien im Termin am 11. Mai 2011 übereinstimmend für erledigt erklärt und insoweit mit widerstreitenden Kostenanträgen verhandelt.
Die Kläger tragen vor, die Beklagte habe dafür Sorge zu tragen, dass der Stromgenerator und die davon ausgehende Lärmbelästigung aus dem Innenhof des Nachbargrundstücks abgestellt werden. Ferner seien die Kläger berechtigt, für die Zeit ab November 2011 bis zur Beseitigung des Lärms eine Mietminderung von 30 % durchzuführen.
Die Kläger beantragen, festzustellen, dass den Klägern für die Zeit ab November 2010 bis zur Beseitigung des Lärms eine Mietminderung in Höhe von 30 % zusteht.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet, für den vom Nachbargrundstück ausgehenden Lärm verantwortlich zu sein. Sie sei nicht Eigentümer des Grundstücks, auf dem sich das Hotel befinde und hätte daher das Aufstellen des Generators nicht verhindern können.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren vorgetragenen Inhalt ausdrücklich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist, soweit sie nicht hinsichtlich des ursprünglichen Antrags zu 1. in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Die Kläger haben zunächst ein Feststellungsinteresse dahingehend, dass sie berechtigt sind, für die Dauer der Lärmbeeinträchtigung durch den auf dem Nachbargrundstück betriebenen Generator eine Mietminderung durchzuführen. Die Berechtigung zur Mietminderung ergibt sich aus § 536 Abs. 1 BGB.
Es kann dahinstehen, ob und inwieweit die Beklagte für die unstreitig entstandene Lärmbeeinträchtigung durch den Betrieb des Stromgenerators auf dem Nachbargrundstück verantwortlich ist, denn Lärm aus der Umgebung ist ebenfalls als Mangel zu bewerten, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Vermieter diesen Lärm zu vertreten hat oder ob er den Lärm abwehren kann (vgl. Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Auflage zu § 536 Rdnr. 36).
In Anbetracht der unstreitigen Beeinträchtigung der klägerischen Wohnung und der Kläger durch den vom Generator ausgehenden Lärm für die Zeit ab November 2010 bis zum Abschalten des Generators am 24. Januar 2011 hält das Gericht in Anbetracht der vorgetragenen Beeinträchtigung der Nachtruhe eine Minderung von 20 % der Bruttowarmmiete monatlich für angemessen und berechtigt.
Die Klage auf Feststellung der Minderung ist daher in dieser Höhe begründet. Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten insoweit gemäß § 91 a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Erledigung und des voraussichtlichen Ergebnisses des Rechtsstreits ohne Eintritt der Erledigung zu entscheiden. Dies führt hier dazu, die Kosten auch insoweit der Beklagten aufzuerlegen, denn diese hätte dafür Sorge tragen müssen, dass der auf dem Nachbargrundstück betriebene Stromgenerator abgeschaltet wird, da er eine erhebliche Lärmbeeinträchtigung darstellte. Es kommt hierbei nicht darauf an, ob die Beklagte Eigentümerin des Nachbargrundstücks ist, denn auch insoweit hätte sie Möglichkeiten, die Betreiberin des Stromgenerators im Wege einer Unterlassungsklage auf Abstellen des Lärms in Anspruch zu nehmen. Es bleibt generell dem Vermieter überlassen, auf welche Art und Weise er einen vorhandenen erheblichen Mangel beseitigt.
Hinsichtlich der weiteren prozessualen Nebenentscheidungen beruht die Entscheidung auf den §§ 92, 708 Nr. 11, 711 ZPO.