Landgericht Hildesheim
Az.: 20 Qs 61/02
Beschluss vom 19.08.2002
In der Strafsache Trunkenheit im Verkehr hat die 9. Strafkammer des Landgerichts in Hildesheim auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft vom 5.7.2002 bei Gericht eingegangen am 8.7.2002 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hildesheim vom 1.7.2002 (Az.: 30 Cs 33 Js 112/02) zugestellt am 3.7.2002 am 19.8.2002 beschlossen:
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Landeskasse verworfen.
Gründe:
Die sofortige Beschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg.
1. Gegen Nachschulungskurse durch den Diplom-Psychologen T bestehen keine Bedenken, auch wenn er auf privatwirtschaftlich-erwerbsmäßiger Ebene arbeitet. Entscheidend ist nur, dass Organisation und inhaltliche Ausgestaltung sowie die Qualität von gewerbsmäßig durchgeführten Nachschulungen und die Objektivität der Teilnahmebescheinigung einer zuverlässigen Kontrolle, wie bei staatlichen Nachschulungskurse, z.B. durch den TÜV, unterliegen (vgl. Hentschel, Trunkenheit, Fahrerlaubnisentziehung, Fahrverbot, 8. Aufl., Rn. 642, 643 m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Dipl.-Psych. T verfügt über eine Anerkennung als verkehrspsychologischer Berater durch den Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP), datiert auf den 7.1.1999. Gemäß § 71 Abs. 1 FeV ist Herr I damit amtlich anerkannt, verkehrspsychologische Beratungen nach § 4 Abs. 9 StVG durchzuführen. Die Voraussetzungen einer Anerkennung sind in § 71 Abs. 2 Nr. 1 – 4 FeV aufgeführt. Danach ist neben einem Hochschulstudium als Diplom-Psychologe, einer verkehrspsychologischen Ausbildung an einer Universität und praktischen Erfahrungen in der Verkehrspsychologie auch die regelmäßige Teilnahme an einem anerkannten Qualitätssicherungssystems erforderlich. Sowohl die Nachschulungen gemäß § 69 a Abs. 7 S. 2 StGB als auch die nach § 4 Abs. 9 StVG – verkehrspsychologische Beratungsgespräche im Rahmen des Punktesystems – dienen der Einstellungs- und Verhaltensänderung. Zwar beinhalten die Nachschulungen gemäß § 69 a Abs. 7 StPO insbesondere die Befassung mit Eignungsmängeln, die § 4 Abs. 9 StVG nicht zwangsläufig voraussetzt. Gleichwohl ist kein durchgreifender Grund erkennbar, warum die jeweiligen Nachschulungsmaßnahmen und ihre Träger ungleich behandelt werden sollen.
Die von der Staatsanwaltschaft geforderte amtliche Anerkennung durch die zuständige oberste Landesbehörde, wie sie z.B. dem TÜV erteilt ist, sieht das Gesetz ausdrücklich nur für medizinisch-psychologische Gutachten vor (§§ 13,66 FeV).
2. Die auch bei Vorlage einer Nachschulungsbescheinigung erforderliche Gesamtschau lässt im Ergebnis die Entscheidung des Amtsgericht die Sperrzeit zu verkürzen, vertretbar erscheinen.
Zwar wies der Verurteilte bei Tatbegehung die erhebliche Blutalkoholkonzentration von 2,05 0/00 auf, jedoch ist er Ersttäter und in dem Verfahren von Anfang an geständig, einsichtig und kooperativ. Dies stützt die Wertung des Dipl.-Psych. T, der Verurteilte verfüge über „erheblich verbesserte persönliche Voraussetzungen zur Vermeidung von missbräuchlichem Alkoholkonsum mit entsprechenden Auswirkungen bei der Verkehrsteilnahme“. Einer ausdrücklichen Feststellung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bedarf es nicht. § 69 a Abs. 7 StPO verlangt lediglich einen „Grund zu der Annahme“, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist. Ein derartiger Grund zur Annahme ist hier gegeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO. Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§310 Abs. 2 StPO).