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Namensanmaßung/Verletzung des Namensrechts bei Internetdomainanmeldung

Brandenburgisches Oberlandesgericht

Az.: 4 U 5/05

Urteil vom 16.11.2005

Vorinstanz: Amtsgericht Potsdam, Az.: 22 C 225/04


In dem Rechtsstreit hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2005 für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Potsdam vom 03.12.2004 Anlage zum Protokoll vom 16.11.2005 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

A)

Der Kläger nimmt die Beklagte als Betreiberin einer Internetauktionsplattform auf Unterlassung der Registrierung von Teilnehmern unter seinem Namen in Anspruch.

Seit dem Jahre 2002 ist der Kläger bei der Beklagten als Nutzer ihrer Internetauktionsplattform registriert, und zwar mit einem Decknamen („d…“) sowie seinen Kontaktdaten (Name, Anschrift, Geburtsdatum, E-Mail-Adresse).

Am 14.11.2003 informierte er die Beklagte darüber, dass der Einlieferer mit dem Decknamen „u…“ unter Angabe seines – des Klägers – Klarnamens sowie seiner Anschrift einen Pullover verkauft habe, wodurch er – der Kläger – durch eine Reklamation Kenntnis erlangt hatte. Zwei Tage später teilte die Beklagte mit, sie habe „u…“ vom Handel bei … ausgeschlossen.

Ab Mitte Januar 2004 wurde dem Kläger anlässlich der Retournierung von Pullovern bekannt, dass der – unter dem 11.12.2003 registrierte – Account „g…“ unter seinem Klarnamen Pullover verkaufte. Am Morgen des 19.01.2004 sperrte die Beklagte auf den Hinweis des Klägers hin den Mitgliedsaccount „g…“. Kurz darauf teilte sie ihm per e-mail mit, dass sein …-Account erneut habe gesperrt werden müssen. Er stehe mit folgenden bereits gesperrten Accounts im Zusammenhang: „g…“ und „u…“. Unter dem 20.01.2004 informierte die Beklagte den Kläger schließlich darüber, dass alle Anmeldungen, die über seine Kontaktdaten gelaufen seien, vom Handel ausgeschlossen worden seien.

Am 21.01.2004 erfolgte eine Abmahnung der Beklagten durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers nebst Übersendung einer vorbereiteten Unterlassungserklärung mit Fristsetzung zum 31.01.2004. Die Beklagte hat die geforderte Erklärung weder innerhalb der Frist noch später abgegeben.

Unter dem 12.02.2004 erließ das AG Potsdam im Eilverfahren 22 C 70/04 die klägerseits beantragte Unterlassungsverfügung gegen die Beklagte.

Nachdem der Kläger bereits am 02.03.2004 Hauptsacheklage hatte einreichen lassen, wurde am 28.05.2004 versucht, bei der Beklagten unter den Kontaktdaten des Klägers einen Account unter dem Decknamen „m…“ einzurichten. Dies wurde dem Kläger bekannt, als ihm die Beklagte im Rahmen des sog. Double-Opt-In-Verfahrens, wie ihm bereits zuvor per E-Mail angekündigt, per Brief einen Bestätigungscode für diesen Account übermittelte.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte verletze ihn dadurch in seinen Rechten, dass sie keine Maßnahmen getroffen habe, um zu verhindern, dass eine oder mehrere unbekannte Personen unter Verwendung seiner Identität sich bei ihr als Nutzer einloggen und registrieren lassen könnten.

Er hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, andere Teilnehmer als den Kläger unter seinem Namen und seiner vormaligen und aktuellen Anschrift, D… M…, … und …, B…, zum Internethandel auf der …-Plattform im Internet zu registrieren und zum Handel zuzulassen, insbesondere einen Decknamen für die Teilnahme am Internethandel bei … zu vergeben.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat insbesondere eingewandt, eine generelle Identitätsüberprüfung komme angesichts des damit verbundenen Zeitaufwandes nicht in Betracht. Überdies seien die persönlichen Daten des Klägers, vor allem auch sein Geburtsdatum, im Internet einsehbar.

Wegen des weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1

Nr. 1 ZPO).

Das AG Potsdam hat in dem angefochtenen Urteil der Klage stattgegeben und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 862, 1004 BGB i. V. m. § 12 BGB zu. Die unbefugte Nutzung des Namens des Klägers stelle eine Verletzung seines Namensrechts dar. Die Beklagte sei als mittelbare Störerin anzusehen, da sie an dem – von dem Kläger so bezeichneten – „Identitätsklau“ mitgewirkt habe. Der Beklagten sei zwar nicht zuzumuten, jede Transaktion auf ihrer Internetplattform zu beobachten, und sie müsse auch eine Identitätsprüfung ihrer Teilnehmer nur im zumutbaren Rahmen durchführen. Nachdem der Kläger die Beklagte jedoch mit seiner E-Mail vom 14.11.2003 auf den „Identitätsklau“ hingewiesen habe, sei die Beklagte verpflichtet gewesen, weitere Transaktionen unter dem Namen des Klägers zu verhindern. Durch die Schaffung eines Internetauktionsportals habe die Beklagte eine Gefahrenquelle geschaffen, die einen Identitätsdiebstahl relativ einfach ermögliche. Aus § 6 der AGB der Klägerin folge nicht, dass sie bei bekannten Missbrauchsfällen nicht reagieren müsse, um den geschädigten Nutzer vor weiteren Missbrauchsfällen zu schützen. Die Wiederholungsgefahr sei ebenfalls gegeben, da aufgrund der bereits vorhandenen Beeinträchtigungen die ernsthafte Gefahr einer erneuten Beeinträchtigung bestehe.

Mit ihrer Berufung, die unter dem Az.: 3 S 9/05 auch inhaltsgleich zum Landgericht Potsdam eingelegt worden ist – sie erachtet die doppelte Berufungseinlegung als „sichersten Weg“ für zulässig – rügt die Beklagte die materielle Rechtsanwendung durch das Amtsgericht und verfolgt ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie trägt vor, eine Wiederholungsgefahr sei nicht gegeben. Vielmehr habe der gescheiterte Versuch eines Dritten zur Registrierung unter dem Decknamen „m…“ gezeigt, dass die Beklagte zum Schutz des Klägers effektive Sicherheitsmaßnahmen ergriffen habe. Ihre konkreten Schutzvorkehrungen könne sie jedoch nicht offen legen, da sie sonst der Öffentlichkeit bekannt würden und dann gezielt umgangen werden könnten.

Das Amtsgericht habe fehlerhaft angenommen, dass die Beklagte nach dem ersten Hinweis des Klägers am 14.11.2003 dazu verpflichtet gewesen sei, Transaktionen unter seinem Namen zu verhindern. Für den Kläger gebe es andere Schutzmöglichkeiten – insbesondere die vollständige Sperrung seiner Daten für jede weitere Registrierung. Überdies habe die Beklagte kein absolutes Rechtsgut des Klägers – auch nicht mittelbar – verletzt, wie für einen vergleichbaren Fall bereits das Landgericht Arnsberg mit Urteil vom 22.12.2004 rechtskräftig entschieden habe. Zudem seien die Anforderungen des BGH an einen Unterlassungsanspruch und die Zumutbarkeit einer Prüfungspflicht bei der Registrierung im Internet aus dem Urteil des 1. Zivilsenats vom 19.02.2004 (kurt-biedenkopf.de) ebenso unberücksichtigt geblieben wie die jüngere, einschränkende Rechtsprechung zu § 1004 BGB. Schließlich sei die Unterlassungsklage auch unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 2 Satz 1 TDG unbegründet, da hierin „ein Verbot proaktiver Prüfpflichten“ ausgesprochen werde. Gemäß § 11 TDG sei die Beklagte für die Handlungen der Benutzer nicht verantwortlich.

Im Laufe des zweitinstanzlichen Verfahrens ist zur Sprache gekommen, dass der – im Ergebnis erfolglose – Anmeldeversuch über „m…“ nicht von einem unbekannten Nutzer, sondern durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten, Rechtsanwalt …, vorgenommen wurde, wobei die Beklagte behauptet, dies sei ohne ihre Kenntnis und nicht mit ihr abgesprochen geschehen. Bezugnehmend auf den Hinweisbeschluss des Senates vom 31. August 2005 (Bl. 949-953 GA), auf den verwiesen wird, behauptet die Beklagte ferner, der Senat unterliege einem unrichtigen Verständnis hinsichtlich der von ihr ergriffenen Schutzvorkehrungen. Es seien über das Double-Opt-In-Verfahren hinaus weitere Schutzmaßnahmen ergriffen worden, hinsichtlich derer aber ihr Geheimhaltungsinteresse zu respektieren sei. Die – klägerseits bestrittenen – Schutzvorkehrungen werden in das Wissen von als Zeugen benannten Mitarbeitern der Beklagten gestellt. Die Beklagte macht ferner geltend, der Senat habe unberücksichtigt gelassen, dass die im wettbewerblichen Bereich geltenden Grundsätze hinsichtlich verweigerter strafbewehrter Unterlassungserklärungen für den deliktischen Unterlassungsanspruch „nicht mit gleicher Strenge“ Geltung hätten.

Die Beklagte beantragt, das am 3. Dezember 2004 verkündete Urteil des Amtsgerichts Potsdam – 22 C 225/04 – aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und hält die Anwendung des materiellen Rechts durch das Amtsgericht für weitgehend fehlerfrei. Er rügt allerdings, dass das Amtsgericht den Unterlassungsanspruch des Klägers nur aus der gesetzlichen Störerhaftung und nicht auch aus dem Vertragsverhältnis der Parteien hergeleitet hat. Im übrigen wiederholt und vertieft er sein erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B)

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Sie bleibt indes in der Sache ohne Erfolg.

I.

Der Zulässigkeit der Berufung steht weder fehlender Zuständigkeit des Oberlandesgerichts noch der Umstand entgegen, dass das Rechtsmittel gegen die amtsgerichtliche Entscheidung sowohl zum Oberlandesgericht als auch zum Landgericht eingelegt worden ist.

1.

Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts für das vorliegende Berufungsverfahren ergibt sich aus § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) GVG, da sich die Streitigkeit gegen eine Partei richtet, die ihren allgemeinen Gerichtsstand jedenfalls in erster Instanz außerhalb Deutschlands hatte.

a) Da es sich bei der Beklagten um eine im Handelsregister B… (Schweiz) eingetragene Aktiengesellschaft handelt, richtet sich ihr allgemeiner Gerichtsstand gemäß § 17 Abs.1 ZPO nach dem Sitz der Gesellschaft. Nach dem unstreitigen Vorbringen der Beklagten hat sie ihren Verwaltungssitz in B… (Schweiz) und betreibt von dort auch die Internetauktionsplattform. In K… führe sie lediglich eine in das Handelsregister des AG Potsdam eingetragene Zweigniederlassung, die ausschließlich Kundendienstleistungen erbringe. Die Beklagte will damit offensichtlich vortragen, dass ihre Niederlassung in K… keine eigenständige juristische Person, sondern lediglich eine rechtlich unselbständige Zweigniederlassung ist. Allein die Eintragung in das Handelsregister des AG Potsdam begründet noch nicht die Selbständigkeit der deutschen Niederlassung (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 21 Rn. 6 m. w. N.). Der Kläger stellt diese tatsächlichen Verhältnisse hinsichtlich der Organisation der Beklagten nicht in Abrede, sondern hat seine Klage selbst an die „Zweigniederlassung Deutschland“ adressiert und hierdurch von der Möglichkeit des besonderen Gerichtsstandes der Niederlassung gemäß § 21 Abs. 1 ZPO Gebrauch gemacht.

b) Für die Voraussetzungen der Berufung zum Oberlandesgericht gemäß der durch Art. 1 ZPO-RG mit Wirkung zum 01.01.2002 neu gefassten Regelung des § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) GVG ist in Übereinstimmung mit dem Gesetzeswortlaut durch den Bundesgerichtshof inzwischen anerkannt, dass diejenigen juristischen Personen, die ihren (Haupt-) Sitz im Ausland haben und lediglich eine Niederlassung in Deutschland betreiben in den Anwendungsbereich der besonderen Berufungszuständigkeit fallen; dabei ist die Frage des Sitzes nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers im Interesse der Rechtssicherheit durch die Anwendung der Normen der ZPO rein nationalrechtlich, ohne Beachtung des ausländischen Heimatrechts der Partei zu klären (vgl. Zöller-Gummer, § 119 GVG Rn. 14 m. w. N.).

Eine einschränkende Auslegung der Norm dahin, dass nur Fälle, bei denen es im Einzelfall auf die Anwendung internationalen Rechts ankommt, von der Sonderzuständigkeit erfasst werden, ist im Interesse der Rechtsmittelklarheit nicht geboten (vgl. BGH NJW 2003, 1672 (1673). Zugleich hat der Bundesgerichtshof überzeugend dahin erkannt, dass das Vorliegen eines ausländischen Gerichtsstandes einer Partei von dem Berufungsgericht ohne eigene Prüfungskompetenz aus dem amtsgerichtlichen Verfahren zu entnehmen ist (vgl. BGH BB 2004, 1077 (1078) – 8. Zivilsenat; so zustimmend auch der 11. Zivilsenat des BGH, NJW-RR 2005, 780). Da auch das Amtsgericht in seinem Beschluss vom 04.02.2005 davon ausgeht, dass die Beklagte ihren Sitz im Ausland hat, ist der Senat an diese – nach der Verkündung des Urteils getroffene – Feststellung gebunden. Auf die für Missverständnisse offene Formulierung des amtsgerichtlichen Urteilsrubrums kann es nicht entscheidend ankommen, da zwischen den Parteien erstinstanzlich kein Streit über den – offensichtlich vorausgesetzten – Sitz der Beklagten im Ausland bestand.

2.

Der Einwand doppelter Rechtshängigkeit im Hinblick auf das Berufungsverfahren 3 S 9/05 des Landgerichts Potsdam greift im Ergebnis nicht.

Der 11. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat mit Urteil vom 15.02.2005 (NJW-RR 2005, 780) in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für eine vergleichbare Konstellation dahin erkannt, dass auch bei mehrfacher Einlegung der Berufung bei verschiedenen Gerichten keine Vervielfachung der Berufungsverfahren, sondern ein einheitliches Rechtsmittel vorliegt, über das einheitlich zu entscheiden ist. Allerdings hat der 11. Zivilsenat in dieser Entscheidung betont, dass dies jedenfalls dann gelte, wenn die Berufungen – anders als in dem hier zu entscheidenden Fall – nach Verweisung ein – und demselben Gericht zur Entscheidung vorliegen. Das Urteil enthält keinen Hinweis darauf, ob die Berufung unzulässig sein könnte, solange sie zwei verschiedenen Gerichten – hier dem OLG und dem LG Potsdam – zur Entscheidung vorliegt.

Es ist jedoch bei konsequenter Anwendung des Grundsatzes von der Einheitlichkeit des Rechtsmittels geboten, auch bei dem Vorliegen jeweils identischer Rechtsmittelschriften bei zwei verschiedenen Berufungsgerichten, die sich nur durch die Adressierung unterscheiden, im Ergebnis von der Zulässigkeit der Berufung bei dem „richtigen“ Berufungsgericht auszugehen.

a) Einer Partei steht gegen ein Urteil des Gerichts des ersten Rechtszuges nur ein Rechtsmittel zu. Dabei ist jedoch zu unterscheiden zwischen dem Rechtsmittel als solchem, dem einzelnen Rechtsmittelschriftsatz und dem durch ihn eingeleiteten Verfahren (vgl. BGH NJW 1966, 1753 (1754) – unter Hinweis auf RGZ 102, 364). Das Rechtsmittel kann auch dann weiter verfolgt werden, wenn das zunächst eingelegte Rechtsmittel als unzulässig verworfen worden ist. Anerkannt ist weiter, dass in den Fällen, in denen die Partei von dem Rechtsmittel mehrmals Gebrauch macht, bevor über dasselbe in anderer Form schon früher eingelegte Rechtsmittel entschieden ist, durch das Rechtsmittelgericht über diese Rechtsmittel eine einheitliche Entscheidung ergeht, da es sich um dasselbe Rechtsmittel handelt. Das Berufungsgericht hat zu prüfen, ob eines der in verschiedener Form eingelegten Rechtsmittel zu einer sachlichen Überprüfung des Urteils führen kann (vgl. BGH, aaO., bestätigt und weitergeführt durch BGH NJW 1985, 2834). Genügt im Ergebnis dieser Prüfung auch nur eine der Rechtsmittelschriften den gesetzlichen Zulässigkeitserfordernissen, so kommt es auf die Zulässigkeit der übrigen nicht mehr an (BGH, aaO.; auch Zöller-Gummer/Heßler, ZPO, 25. Auflage, vor § 511 Rn. 38).

b) Vor diesem Hintergrund kann es keinen über die Zulässigkeit einer Berufung entscheidenden Unterschied machen, ob sich die unterschiedlichen Rechtsmittelschriften von vornherein in einer „Hand“ befinden, durch einen fehlerhaften Verweisungsbeschluss (so im o. a. Fall des 11. Zivilsenats) in eine „Hand“ gelangt sind oder – wie im vorliegenden Fall – bei zwei verschiedenen

Gerichten eingegangen sind und das eine Verfahren (Landgericht) im Hinblick auf die von dem Gesetzgeber mit dem ZPO-RG neu geschaffene Zuständigkeitsregelung und das hierdurch ausgelöste Verfahren vor dem Oberlandesgericht ruht.

Zur weiteren Begründung dieser Auffassung – jedenfalls in dem vorliegenden Fall – lässt sich ferner die Rechtsprechung zum Meistbegünstigungsgrundsatz fruchtbar machen (so etwa Zöller-Gummer, § 119 GVG Rn. 13 a. E.), auf dessen Grundlage es der Partei bei Rechtswegunklarheit – der häufigste Anwendungsfall ist hierbei die Frage der Zuständigkeit des Amtsgerichts als Familiengericht oder als allgemeines Prozessgericht – gestattet ist, jedes der in Betracht kommenden Rechtsmittel einzulegen. Ebenso wie bei Anwendung des Meistbegünstigungsgrundsatzes eröffnet auch eine unklare Konstellation im Rahmen des § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) GVG ein „sowohl/als auch“ für die Wahl des Rechtsmittels.

Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die nicht eindeutigen Fassung des Passivrubrums, die das Amtsgericht auch auf den Berichtigungsantrag der Beklagten nicht geändert hat, erschwerte hier die Wahl des Rechtsmittelgerichts (vgl. zu derartigen Konstellationen etwa BGH NJWRR 2003, 489). Schließlich wird der von dem Kläger eingeschlagene Weg sogar in der Kommentarliteratur als sicherste – wenn auch kostspielige – Lösung empfohlen (vgl. Zöller-Gummer, § 119 GVG Rn. 13 m. w. N.) und ist bereits von einigen Oberlandesgerichten (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 21.08.2003, Az.: 4 U 28/03; auch OLG Köln, Urteil vom 28.10.2002, NJW-RR 2003, 864) gebilligt worden.

c) Selbst wenn für die vorliegende – höchstrichterlich noch nicht entschiedene – Konstellation nicht von einer einheitlichen Berufung, sondern von zwei gesonderten Rechtsmittelverfahren auszugehen wäre, hätte die Berufung zum Oberlandesgericht Vorrang. Sie ist nämlich zeitlich (13 Minuten) vor der Berufung zum Landgericht eingelegt worden, was bei der dann gebotenen unmittelbaren oder entsprechenden Anwendung der Regelung des § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO Vorrang hätte. Damit hinderte die zweite Berufung zum Landgericht die Sachentscheidung des Senats nicht; vielmehr stünde dem Verfahren vor dem Landgericht das Prozesshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit entgegen.

II.

Die – hiernach zulässige – Berufung ist indes unbegründet. Dem Kläger steht der von dem Amtsgericht ausgeurteilte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu. Das Amtsgericht hat dem Kläger im Ergebnis zu Recht wegen der Verletzung seines Namensrechts einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zuerkannt. Anspruchsgrundlage hierfür ist § 12 Satz 2 BGB. Dabei handelt es sich um eine eigenständige, verschuldensunabhängige Anspruchsgrundlage bei der Verletzung des Namensrechts, die als lex specialis gegenüber den Normen zum Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts anzusehen ist (vgl. Palandt-Heinrichs,

BGB, 64. Aufl., § 12 Rn. 2 u. 34). Der für Ansprüche zum Schutz absoluter Rechtsgüter – außerhalb des Namensrechts – erforderlichen entsprechenden Anwendung des § 1004 Abs. 1 BGB bedarf es hier deshalb nicht.

1.

Die Beklagte kann sich nicht auf die Haftungsprivilegierung des § 11 TDG n.F. berufen; denn diese findet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der der Senat sich anschließt, auf Unterlassungsansprüche keine Anwendung (Entscheidung von 11.03.2004 – „Rolex“ -, NJW 2004, 3102 (3103 f). Die hiergegen gerichteten Erwägungen von G… (CR 2005, 233, 233 f) überzeugen nicht. Die seitens des Bundesgerichtshofes vorgenommene extensive Auslegung des § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG findet ihre Stütze in der Formulierung „verhindern“ in Art. 14 Abs. 3 der – durch das TDG in nationales Recht umgesetzten – ECommerce-Richtlinie. Es kann auch nicht die Rede davon sein, bei fehlender Haftungsprivilegierung gemäß § 11 TDG, wie vom BGH befürwortet, werde die Grundregelung in § 8 TDG, nämlich das Fehlen proaktiver Suchpflichten, in ihr Gegenteil verkehrt. Die Rolex-Entscheidung des BGH begründet nämlich, wie nachstehend noch ausgeführt werden wird, gerade keine generelle proaktive Such- und Überwachungspflicht, sondern knüpft diese ganz bestimmte Voraussetzungen, nämlich das Bekannt werden von Schutzrechtsverletzungen.

2.

Entgegen der von der Beklagten herangezogenen Entscheidung des Landgerichts Arnsberg (Urteil vom 22.12.2004 – 4 O 313/04, s. Urteilsumdruck in Anl. BK 3) haftet die Beklagte auch für die Verletzung des Namensrechts des Klägers, obwohl aufgrund des unstreitigen Sachverhalts steht feststeht, dass nicht sie selbst den Namen und die Adresse (bzw. alte Adresse) des Klägers zu Täuschungszwecken im Wege der Namensanmaßung missbraucht hat, sondern diese Verletzung des Rechts aus § 12 Satz 1 BGB durch namentlich unbekannte Nutzer ihrer Internethandelsplattform erfolgt ist. Mangels Gehilfenvorsatzes, der zumindest bedingten Vorsatz erfordert, ist die Beklagte auch nicht als Teilnehmerin anzusehen.

Die Beklagte haftet gleichwohl als Störerin. Derjenige, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt, kann als Störer für eine Schutzrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang herangezogene – zurückhaltender – neuere Rechtsprechung zur Störerhaftung betrifft Fälle des Verhaltensunrechts, in denen es nicht um die Verletzung eines absoluten Rechtes geht. Der Senat schließt sich der Auffassung des Bundesgerichtshofes an, gemäß der im Falle der Verletzung von Immaterialgüterrechten, die als absolute Rechte auch nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB Schutz genießen, die Grundsätze der Störerhaftung uneingeschränkt anzuwenden sind [(vgl. BGH NJW 2004, 3101 (3105)].

Der Senat folgt dem Bundesgerichtshof auch insoweit, als für Betreiber von Auktionsplattformen im Internet eine Haftung als Störer bei der Verletzung absoluter Rechtsgüter dann in Betracht kommt, wenn Prüfungspflichten verletzt werden. Der Umfang dieser Pflichten wiederum bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen eine Prüfung zumutbar ist. Einem Unternehmen, das im Internet eine Plattform für Fremdversteigerungen betreibt, ist es nicht zuzumuten, jedes Angebot vor der Veröffentlichung auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen, da eine solche Obliegenheit das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellen würde. Da der Betreiber einer Internetauktionsplattform durch die ihm geschuldeten Provision letztlich im Ergebnis wirtschaftlich von der Rechtsgutsverletzung profitiert, ist er, wenn er auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist, jedoch nicht nur gehalten, das konkrete Angebot unverzüglich sperren (§ 11 Satz 11 Nr. 2 TDG n.F.). Er muss vielmehr auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Rechtsgutsverletzungen kommt [(BGH NJW 2004, 3101 (3105)].

Der Senat vermag keine Gründe zu erkennen, die der Übertragbarkeit dieser – in einem markenrechtlichen Rechtsstreit entwickelten – Grundsätze auf die vorliegende Konstellation einer Namensanmaßung oder – wie der Kläger es formuliert – eines „Identitätsklaus“ entgegenstünden.

Auch derartige Rechtsverletzungen lassen sich wirkungsvoll nur durch eine entsprechende Überwachung der Anmeldeprozedur neuer Mitglieder vermeiden.

Die von der Beklagten im Berufungsverfahren herangezogenen Entscheidungen geben zu einer anderen Beurteilung keinen Anlass. Sie betreffen – mit Ausnahme der bereits erwähnten Entscheidung des LG Arnsberg – andere Fallkonstellationen:

In Fall des LG Köln (Urteil vom 04.05.2005 – 9 S 17/05, s. Urteilsumdruck in Anl. BK 5) ging es um die Unterlassung von Werturteilen (nämlich der Äußerung „Hat keine Ahnung von den Geräten“ im …-Bewertungsforum), in der Entscheidung des LG Berlin (Urteil vom 12.04.2004 16 O 122/05, s. Urteilsumdruck Anl. BK 6) um die Sperrung eines Anbieters von Duftimitaten. Dabei wurde ein Anspruch auf Unterlassung gleichartiger Verletzungshandlungen mit der Begründung verneint, weitere Rechtsverletzungen seien nach dem klägerischen Vorbringen nicht erkennbar gewesen, zumal die Abmahnungen sich – nur – auf bereits benannte Verstöße bezogen hätten.

Aus der „Kurt-Biedenkopf-Entscheidung“ des BGH (BGH NJW 2004, 1793 ff) kann entgegen der Auffassung der Beklagten ebenfalls nicht hergeleitet werden, dass trotz festgestellter Verstöße keine Prüfungspflicht besteht. Die dortigen Erwägungen sind auf die hier vorliegende Fallkonstellation nicht übertragbar. In der vorbezeichneten Entscheidung ging es darum, ob ein prominenter Namensträger, nämlich der ehemalige sächsische Ministerpräsident, von dem Unternehmen D…, das in Deutschland für die Vergabe der Second-Level-Domain-Bezeichnungen zuständig ist, nach der Löschung des Domanin-Namens „kurt-biedenkopf.de“ für einen nicht namensgleichen Dritten verlangen kann, diese Domain-Bezeichnung für jede zukünftige Eintragung eines Dritten zu sperren, was zugleich eine entsprechende Prüfungspflicht voraussetzten würde. Der BGH hat dies abgelehnt und entschieden, dass D… auch bei weiteren Anträgen Dritter auf Registrierung desselben Domain-Namens grundsätzlich nicht zu der Prüfung verpflichtet ist, ob die angemeldete Bezeichnung Rechte des Namensinhabers verletzt. Begründet wurde dies jedoch nicht mit den Gegebenheiten des automatisierten Verfahrens, sondern damit, dass letztlich keine Schutzwürdigkeit des Anspruchstellers geben sei.

Durch die Möglichkeit, den Domain-Namen für sich selbst eintragen und durch einen sog. Dispute-Eintragung den Vorrang für sich selbst sichern zu lassen – bei D… gilt das Prioritätsprinzip:

„first come, first serve“ – sowie die Möglichkeit, bei fehlender Vorrang-Eintragung von D… die Löschung zu verlangen, wenn eine konkrete Rechtsverletzung offenkundig und für das Unternehmen ohne weiteres feststellbar sei, könne der Namensträger seine Interessen im Falle eines erneuten Verstoßes hinreichend selbst wahren (BGH a.a.O. S. 1794).

Deshalb sei es nicht geboten, dem Unternehmen nach der Löschung des Domain-Namens bei einem erneuten Registrierungsantrag eines weiteren Anmelders irgendwelche Prüfungspflichten aufzuerlegen, zumal nicht davon auszugehen sei, dass jede denkbare Registrierung eines Dritten unter der Domain-„kurt-biedenkopf.de“ einen offensichtlichen und für das Unternehmen erkennbaren Rechtsverstoß darstelle. Der BGH stellt in diesem Zusammenhang auch darauf ab, dass mangels eigenen Benutzungswillens durch den Namensträger etwa bei dem Registrierungswunsch einer namensgleichen Person nicht ohne weiteres schutzwürdige Interessen des Namensträgers berührt seien (BGH a.a.O. S. 1795).

Der „Kurt-Biedenkopf-Fall“ unterscheidet sich von dem vorliegenden schon dadurch, dass im Falle des Klägers der Verletzte seine Rechte gerade nicht selbst hinreichend wahren kann.

Darüber hinaus steht bei dem zu seinem Nachteil begangenen „Identitätsdiebstahl“ die Rechtsverletzung außer Zweifel.

Für den vorliegenden Fall ergibt sich nach alledem folgendes:

Da eine Prüfungspflicht des Betreibers von Auktionsplattformen im Internet erst einsetzten kann, wenn er auf eine konkrete Rechtsverletzung hingewiesen worden ist, bestand für die Beklagte vor der Nachricht des Klägers vom 14.11.2003 keine besondere auf seine Daten bezogene Prüfungspflicht. Zu diesem Zeitpunkt war bereits die Registrierung von „g…“ und „u…“ erfolgt. Die Beklagte kann mithin im Hinblick auf diese Accounts keine Prüfungspflichten verletzt haben. Mit der unverzüglichen Löschung des beanstandeten Mitglieds „u…“ hat sie insoweit ihre Pflichten umfassend erfüllt. Sie ist hierbei sogar noch über die konkrete Anzeige des Klägers hinausgegangen, indem sie auch „g…“ als Mitglied gelöscht hat.

Bei der Anmeldung von „gl…“ am 11.12.2003 konnte die Beklagte (noch) nicht erkennen, dass es sich hierbei um ein Registrierungsbegehren unter Verletzung des Namensrechts des Klägers handelte. Nach den Geschäftsbedingungen der Beklagten, die auch der Kläger bei seiner Registrierung im Jahr 2002 anerkannt hat, ist es nämlich jeder natürlichen Person erlaubt, sich unter verschiedenen Mitgliedsnamen als Mitglied erfassen zu lassen. Angesichts dieser grundsätzlichen Möglichkeit von Doppelanmeldungen derselben Person konnte es sich deshalb sowohl um eine weitere Anmeldung eines bereits angemeldeten Nutzers, eine Anmeldung einer namensgleichen Person oder um einen „Namensklau“ durch einen unbefugten Dritten handeln.

Eine Verpflichtung der Beklagten zur Anwendung eines zusätzlichen Kontrollverfahrens bei einer erneuten Anmeldungen unter denselben Kontaktdaten wie denen des Klägers ergab sich aber, als sie am 17.01.2004 durch die Nachricht des Klägers von der konkreten Rechtsverletzung durch „gl…“ Kenntnis erlangte. Die Beklagte durfte sich in der Folgezeit nicht darauf beschränken, ihre Pflichten als Diensteanbieter gemäß §§ 8 Abs. 2 Satz 2, 11 Satz 1 Nr. 2 TDG zu erfüllen, wie es mit der unstreitig am 19.01.2004 erfolgten Löschung des beanstandeten Mitglieds geschehen ist. Vielmehr hatte die Beklagte nunmehr Vorsorge gegen weitere Rechtsverletzungen zum Nachteil des Klägers zu treffen.

Neben der Störereigenschaft ist auch die zweite Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch zu bejahen. Der Beklagten ist es nämlich nicht gelungen, die bei der einmaligen Verletzung absoluter Rechte nach der Rechtsprechung zu § 1004 BGB regelmäßig indizierte (nicht anders verhält es sich bei Ansprüchen wegen Namensrechtsverletzung gemäß § 12 Abs. 2 BGB) Vermutung einer Wiederholungsgefahr zu widerlegen, was ihr als Störerin (vgl. Palandt-Bassenge, 64. Aufl., § 1004 Rn. 32, 52) oblegen hätte.

Dies ergibt sich bereits aus der Weigerung der Beklagten, die klägerseits geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Im wettbewerblichen Bereich kann bei einer solchen Weigerung die Entkräftung der Vermutung der Wiederholungsgefahr nur in Ausnahmefällen angenommen werden (s. etwa BGH NJW 1994, 1281). Im Interesse des Rechtsschutzes des Betroffenen, der bereits einmal das Opfer eines Eingriffs in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht geworden ist, müssen an die Widerlegung der Vermutung der Wiederholungsgefahr hohe Anforderungen gestellt werden (BGH a.a.O.).

Der für den Bereich des Wettbewerbsrechts entwickelte – verfassungskonforme (BVerfG NJW 1994, 1784, (1785); NJW 2004, 589) – Grundsatz, dass die Wiederholungsgefahr nur dann entfällt, wenn der Verletzter dem Verletzten oder einem zur Rechtsverfolgung Befugten eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgibt, gilt – wie die Beklagte zu Recht betont – allerdings außerhalb des Wettbewerbsrechts, für deliktische Unterlassungsansprüche, „nicht mit gleicher Strenge“ (BGH NJW 1994, 1281). Bei der Bemessung der Anforderungen an die Entkräftung der Vermutung einer Wiederholungsgefahr ist der Schwere des Eingriffs, den Umständen der Verletzungshandlung, dem fallbezogenen Grad der Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung und vor allem der Motivation des Verletzers Rechnung zu tragen (BGH a.a.O.). Als Betreiberin einer Internetplattform verfolgt wie Beklagte – ebenso wie dies bei wettbewerbsrechtlichen Verletzungshandlungen der Fall ist – ausschließlich wirtschaftliche Interessen. Dies gilt, auch wenn sie zum Kriterium „wirtschaftliche Interessen“ ausführt, es komme ihr nicht darauf an, „um jeden Preis Profit zu machen“. Anders als Organisationen, die aus rein ideellen Gründen einen Internetverkehr auf einer durch sie betriebenen Plattform ermöglichen, wie etwa W…, verfolgt die Beklagte keine altruistischen Zwecke. Sie profitiert vielmehr durch die ihr zufließenden Provisionen von den auf ihrer Plattform getätigten Geschäften. Dabei vergrößern sich ihre Gewinnchancen noch, je mehr Nutzer sich bei ihr registrieren lassen und damit als auf ihrem „elektronischen Marktplatz“ potentiell Handeltreibende in Betracht kommen. Es besteht daher ein besonderes Interesse der Beklagten gerade daran, dass, durch eine unkomplizierte und rasche Anmeldeprozedur begünstigt, möglichst viele neue Accounts bei ihr angemeldet werden. Nach alledem ist hier der wirtschaftliche Aspekt von ausschlaggebendem Gewicht. Berücksichtigt man überdies die bei einem „Identitätsklau“ für das Opfer möglicherweise auftretenden Misshelligkeiten, wie sie sich im Falle des Klägers bereits gezeigt haben und, wie er geltend macht, in anderen Fällen in noch viel drastischerer Weise aufgetreten sind, ist eine Vergleichbarkeit mit der wettbewerbsrechtlichen Situation gegeben.

Eine andere Beurteilung hinsichtlich der Übertragbarkeit der im Wettbewerbsrecht entwickelten Grundsätze auf Unterlassungsansprüche außerhalb des Wettbewerbsrechts ist nicht angesichts der von der Beklagten herangezogenen Entscheidung des OLG Frankfurt vom 12.12.2001 („unberechtigter Telefonbucheintrag“ – NJW 2002,1277 (1278) geboten. Diese betrifft eine grundlegend andere Konstellation. Dort ging es darum, das bei einem ein grundsätzlich sicheren System infolge „menschlichen Versagens“ ein Fehler, nämlich die Erwähnung des dortigen Klägers gegen dessen Willen, aufgetreten war. Bei der von der Beklagten betriebenen Internetauktionsplattform handelt es sich demgegenüber, bezogen auf die Gefahr von Schutzrechtsverletzungen, letztlich um ein grundsätzlich unsicheres System. Dies hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Termin vom 27.07. 2005 selbst eingeräumt, als er erklärte, es gebe keine Software, mit deren Hilfe bei jeder Bewerbung um einen Account eine Überprüfung auf einen etwaigen „Identitätsklau“ hin stattfinden könne.

Ganz besondere Umstände des Einzelfalles, die eine Wiederholung der Persönlichkeitsrechtsverletzung zum Nachteil des Klägers nicht ernsthaft befürchten lassen, sind hier nicht ersichtlich.

Dieser Beurteilung steht nicht der Umstand entgegen, dass die Anmeldung von „m…“ im Mai 2004 gescheitert ist. Das gilt selbst für den Fall, dass die Anmeldung durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten, wie von dieser behauptet, ohne Absprache mit ihr erfolgt

sein sollte. Die vermutete Wiederholungsgefahr ist durch die gescheiterte Registrierung von „m…“ nicht widerlegt.

Die Beklagte beruft sich in diesem Zusammenhang ohne Erfolg darauf, dieser missglückte Anmeldeversuch belege, dass sie über das Double-Opt-In-Verfahren hinaus, das – wie sie selbst einräumt – von seinem Anwendungsbereich her sehr begrenzt ist, weitere Schutzmechanismen angewandt habe, die bei „m…“ auch tatsächlich gegriffen hätten. Dieses Argument wäre nur durchgreifend, wenn zuverlässig feststünde, dass diese Mechanismen stets erfolgreich sind. Davon kann hier indes nicht ausgegangen werden. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass die Erfolglosigkeit – zumindest auch – darauf zurückzuführen ist, dass der Account des Klägers zuvor, am 20.01.2004, vollständig gesperrt worden war. In diesem Sinne hat sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Senatstermin vom 27.07.2005 geäußert.

Eine andere Bewertung der weiteren Sicherheitsmaßnahmen ist dem Senat nicht möglich, da die Beklagte davon abgesehen hat, sie näher darzulegen. Der Senat räumt zwar durchaus ein, dass aus Effizienzschutzgründen ein Geheimhaltungsinteresse der Beklagten bestehen mag.

Ihm ist dann aber keine Bewertung möglich, inwieweit diese tatsächlich wirkungsvoll sind oder ob bzw. in welchem Umfang der Misserfolg bei der Registrierung von „m…“ jedenfalls auch auf die vorherige Sperrung des Accounts des Klägers zurückzuführen ist.

Der Senat war nicht gehalten, die von der Beklagten zu dem behaupteten Einsatz wirkungsvoller Sicherungsmaßnahmen benannten Zeugen zu vernehmen. Die bloße – in das Wissen von Zeugen gestellte – Behauptung, man habe inzwischen – bildlich gesprochen – sichere Schutzzäune hochgezogen, kann schon deshalb nicht ausreichen, weil dem Senat, hielte er ein solches Vorbringen für ausreichend und vernähme er Zeugen zu den vorgenannten Behauptungen, jegliche Überprüfung der Aussagen auf ihre Plausibilität hin unmöglich wäre.

Sollen die Sicherungsmaßnahmen nicht im einzelnen offenbart werden, müssten die als Zeugen benannten Mitarbeiter von … sich nämlich letztlich darauf beschränken, sich zu der Beweisfrage mit „ja“ oder „nein“ zu äußern.

Nach alledem ist dem Kläger gemäß § 12 Abs. 2 BGB ein Unterlassungsanspruch zuzubilligen. Ob aus dem mit der Beklagten bestehenden Vertragsverhältnis als solchem ebenfalls ein Unterlassungsanspruch hergeleitet werden könnte, kann deshalb dahinstehen.

Der Senat hat gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Revision zugelassen, weil Rechtsfragen von grundsätzlichere Bedeutung in Rede stehen, so etwa diejenige, ob auch bei Vorliegen jeweils identischer Rechtsmittelschriften, die sich nur durch die Adressierung an zwei verschiedene Berufungsgerichte unterscheiden, im Ergebnis von einer einzigen Berufung bei dem „richtigen“ Berufungsgericht auszugehen ist, und diejenige, ob die in der Rolex-Entscheidung für den Bereich der Störerhaftung von Internetplattformbetreibern für den Bereich von Markenrechtsverletzungen entwickelten Grundsätze auch auf Rechtsverletzungen außerhalb des Markenrechts übertragbar sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.500 Euro festgesetzt.

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