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Recht des Patienten auf Vorlage histologischer Präparate außerhalb der Praxis

AG Hamburg, Az.: 4 C 345/14, Urteil vom 07.11.2014

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.300,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Von der Erstellung eines Tatbestandes wird abgesehen, § 313a Abs. 1 ZPO. Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung ist unzweifelhaft nicht gegeben, denn der Beschwerdewert des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist nicht erreicht und die Berufung ist nicht i.S.v. Nr. 2 der Vorschrift zugelassen.

Die Parteien sind mit Beschluss vom 09.10.2014, zugestellt dem Kläger am 21.10.2014 und dem Beklagten am 17.10.2014, auf die Möglichkeit einer Endentscheidung ohne Verkündungstermin nach Ablauf jeder gesetzten Frist hingewiesen worden.

II.

Recht des Patienten auf Vorlage histologischer Präparate außerhalb der Praxis
Symbolfoto: Von S_L /Shutterstock.com

Die nach übereinstimmender Teilerledigungserklärung verbliebene zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht der gegen den Beklagten geltend gemachte Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nicht nach §§ 280, 286 BGB zu. Im Zeitpunkt der Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers lagen die Voraussetzungen des Verzuges nicht vor.

Nach § 630g Abs. 1 BGB ist dem Patienten auf Verlangen unverzüglich Einsicht in die vollständige, ihn betreffende Patientenakte zu gewähren, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. Gemäß § 811 BGB, welcher nach § 630g Abs. 1 S. 3 BGB entsprechend auf das Einsichtsrecht des Patienten anwendbar ist, hat die Vorlegung bzw. Einsichtnahme an dem Orte zu erfolgen, an welchem sich die Patientenunterlagen befinden. Diese Grundsätze finden auf Präparate und Befundproben, welche sich beim behandelnden Arzt befinden, entsprechende Anwendung (vgl. OLG München, Urteil vom 06.12.2012,1 U 4005/12, juris).

Zwar kann der Patient nach § 630g Abs. 1 BGB i.V.m. § 811 Abs. 1 S. 2 BGB auch die Vorlegung an einem anderen als den Ort verlangen, an dem sich die vorzulegende Sache befindet, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Dies gilt jedoch nur, soweit dem Arzt die zu erwartenden Kosten bezüglich der Vorlage an einem anderen Ort vorgeschossen werden oder wegen der Gefahr Sicherheit geleistet wird, § 811 Abs. 2 S. 2 BGB. Bis zur Leistung des Vorschusses kann die Vorlegung verweigert werden. Bei den aufgrund der Vorlage anfallenden Kosten handelt es sich regelmäßig um Kosten des Transports, der Verpackung und der Versendung (Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage 2014, § 630g BGB Rn. 8 m.w.N.). Dem Beklagten wurde unstreitig vorgerichtlich kein Vorschuss der mit dem Transport und der Verpackung der Präparate zu erwartenden Kosten geleistet.

Mit Schreiben vom 02.07.2014 (Anlage A6, Bl. 14 d.A.) wurde dem Kläger über die Haftpflichtversicherung des Beklagten mitgeteilt, dass die vorhandenen Proben in den Praxisräumen des Beklagten gegen Empfangsbekenntnis abgeholt werden können. Damit hat der Beklagte zum Ausdruck gebracht, dass er die Vorlegung an einem anderen als den Belegenheitsort der Befundproben verweigert. Soweit dem Beklagten allerdings ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht bzw. er dies geltend macht, schließt bereits dies den Verzug aus (BGH, Urteil vom 18.01.1991, V ZR 11/90, juris m.w.N.).

Daran ändert auch die vorangegangene Korrespondenz zwischen den Parteien nichts. Mit anwaltlichem Schreiben vom 04.06.2014 (Anlage A3, Bl. 7 dA) wurde seitens der Prozessbevollmächtigten des Klägers mitgeteilt, dass eine Rechnung bzgl. etwaig anfallender Kopierkosten im Hinblick auf die Patientenakte auf den Kläger auszustellen ist. Selbst wenn man der Ansicht des Klägers folgt und diese Erklärung dahingehend auslegt, dass der Kläger auch die Kosten der Versendung der Befundproben übernehmen wollte, ändert dies nichts daran, dass ein nach der gesetzlichen Regelung des § 811 Abs. 2 S. 2 BGB erforderlicher Vorschuss an den Beklagten nicht geleistet wurde.

Auch aus der vom Kläger zitierten Entscheidung des OLG München vom 06.12.2012 (Az.: 1 U 4005/12) ergibt sich nichts anderes, soweit hier neben einem Einsichtsrecht in Patientenunterlagen im Falle von Präparaten ein Überlassungsrecht hergeleitet wird. Das Gericht verhält sich nicht zu der im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Frage eines Anspruchs auf Übersendung der Befunde zum Zwecke der Überlassung. Dem Anspruch auf Überlassung von Präparaten und Befundproben folgt kein unbedingter Anspruch auf Übersendung an einen anderen als den Belegenheitsort. Vielmehr bleibt es bei den gesetzlichen Voraussetzungen des § 811 Abs. 2 BGB, die hier nicht Vorlagen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91Abs. 1, 91a ZPO. Hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils der Klage waren die Kosten ebenfalls dem Kläger aufzuerlegen, da der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Zusendung der histologischen Befunde nach bisherigem Sach- und Streitstand nicht bestand. Nach den obigen Ausführungen besteht ein Anspruch auf Zusendung an einen anderen als den Belegenheitsort der vorzulegenden Sachen nur dann, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und auf die Vorlegungsverweigerung ein entsprechender Vorschuss geleistet wird, § 811 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2 BGB. Zwar ist dem Kläger dahingehend zuzustimmen, dass im Falle der Nachuntersuchung histologischer Präparate durch einen Sachverständigen ein wichtiger Grund gesehen werden kann. Dennoch fehlt es – wie dargestellt – an der Vorschussleistung. Daran ändert auch nichts, dass der Kläger mit dem Klageantrag zu 1) die Herausgabe der histologischen Präparate gegen Erstattung der mit der Versendung der verbundenen Kosten forderte. Ausweislich des eindeutigen Wortlauts des § 811 Abs. 2 S. 2 BGB handelt es sich um eine Vorschussleistung, so dass der Kläger zur Vorleistung verpflichtet ist. Für eine Leistung Zug-um-Zug ist demnach kein Raum (Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Auflage 2011, § 322 Rn. 5).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708Nr. 11, 711,713 ZPO. Die Berufung ist nicht zuzulassen, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern, § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO.

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