Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken
Aktenzeichen: 7 U 161/00
Verkündet am 29.01.2001
Vorinstanz: Landgericht Landau in der Pfalz – Az.: 4 O 313/99
In dem Rechtsstreit w e g e n Unterlassung von Lichteinwirkungen hat der 7. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken auf die mündliche Verhandlung vom 04. Dezember 2000 für Recht erkannt:
I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 11. Mai 2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Beschwer der Kläger übersteigt nicht DM 60.000,00.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung ist zulässig. Zwar ist den Beklagten zu 1) und 4) zuzugestehen, dass die Kläger sich in der Berufungsbegründung auf ein Urteil vom 30.03.2000 beziehen, während das Urteil in vorliegendem Verfahren am 11.05.2000 erging. Es handelt sich insoweit jedoch lediglich um ein offensichtliches Schreibversehen, da das Urteil vom 11.05.2000 auf die mündliche Verhandlung vom 30.03.2000 ergangen ist und deshalb kein Zweifel besteht, dass die Kläger dieses Urteil mit der Berufung anfechten wollen. Gleiches gilt auch, soweit in der Berufungsbegründung mehrfach auf die Entscheidung des Einzelrichters Bezug genommen wird, obwohl das Urteil durch die Kammer erging.
2. Die Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Kläger haben gegen die Beklagten – unabhängig von der Frage der- Passivlegitimation einzelner Beklagter – bereits deshalb keinen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004 Abs. l, 906 BGB, weil es sich bei den von den betriebenen Skybeamern ausgehenden Lichtstrahlen nicht um grenzüberschreitende Einwirkungen im Sinne von § 906 BGB handelt, durch welche die Benutzung der klägerischen Grundstücke wesentlich beeinträchtigt wird.
2.1. Zwar zählt Licht grundsätzlich zu den möglichen Einwirkungen, da es zwar nicht ausdrücklich in § 906 BGB aufgeführt ist, jedoch unter die dort genannten „ähnlichen Einwirkungen“ fällt. Zu den Einwirkungen i.S.v. § 906 gehören nämlich solche, die in ihrer Ausbreitung weitgehend unkontrollierbar und unbeherrschbar sind (BGHZ 117, 110, 112), damit grundsätzlich also auch Licht. Die weitere Begrenzung des Begriffs „Einwirkungen“ ergibt sich aus den im Gesetz angeführten Beispielen. Danach sind unter Einwirkungen zunächst nur sinnlich wahrnehmbare, wenn auch unwägbare Einwirkungen zu verstehen, die entweder auf das Grundstück und die dort befindlichen Sachen schädigend einwirken oder auf dem Grundstück sich aufhaltende Personen der Art belästigen, dass ihr gesundheitliches Wohlbefinden gestört oder ein körperliches Unbehagen bei ihnen hervorgerufen wird (RGZ 76, 130, 131 ; BGHZ 51, 396, 397).
Eine sachbeschädigende Wirkung des von den Scheinwerfern abgestrahlten Lichts kommt nicht in Betracht. Bei den von der Zivilkammer anlässlich des durchgeführten Ortstermins festgestellten Lichterscheinungen handelt es sich auch nicht um gesundheitsschädigende Beeinträchtigungen.
Unstreitig ist keiner der Scheinwerfer auf die klägerischen Grundstücke gerichtet. Sofern nicht gezielt auf das Nachbargrundstück gerichtete Lichtstrahlen überhaupt als eine „ähnliche Einwirkung“ gemäß § 906 BGB in Betracht kommen, sind die besonderen Voraussetzungen hierfür im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der von den in den Nachthimmel gerichteten Lichtstrahlen hervorgerufenen Widerschein kann nämlich allenfalls dann als eine grenzüberschreitende gesundheitliche Beeinträchtigung eingestuft werden, wenn es sich um „grelle Lichtreflexe“ handelt, durch die das Auge geblendet und somit ein körperliches Unbehagen verursacht werden kann (RGZ a.a.O., 132). Grelle, das Auge blendende Lichtreflexe sind aber von der Kammer anläßlich der Augenscheinseinnahme nicht festgestellt worden.
Nach den im angefochtenen Urteil wiedergegeben nachvollziehbaren Feststellungen, an deren Richtigkeit zu zweifeln kein Anlass besteht, wurde es durch das von den Skybeamern in den Himmel gestrahlte Licht im Garten und auf der Terrasse des Klägers zu 1) keineswegs – auch nur, zeitweise – taghell. Die Kammer hat vielmehr festgestellt, dass allenfalls ein sehr schwacher Widerschein des in der Ferne erleuchteten Nachthimmels auf die Nordseite des in Augenschein genommenen Hauses des Klägers zu 1) fällt, ohne dass die Dunkelheit dadurch aufgehoben oder in einer meßbaren Weise gemindert würde, jedenfalls nicht mehr als in einer wolkenlosen Vollmondnacht.
Soweit die Kläger erstinstanzlich während der Augenscheineinnahme den Zeugen W zum Beweis dafür angeboten haben, dass die Leuchtkraft der Scheinwerfer zur Zeit der Durchführung des Ortstermins wesentlich geringer als sonst sei, hat die Kammer diesen Beweis bereits deshalb zu Recht nicht erhoben, weil das in das Wissen des Zeugen Wolf gestellte Beweisthema nicht hinreichend konkret umschrieben ist, als dass sich aus einer derartigen Aussage eine konkrete Beeinträchtigung ergeben könnte. Unterstellt, der Zeuge W würde die in sein Wissen gestellte Behauptung bestätigen, ließe sich daraus, dass die Scheinwerfer sonst „wesentlich“ stärkere Lichtstrahlen in den Nachthimmel ’senden würden, nicht auf die konkrete Beeinträchtigung von Personen auf den klägerischen Grundstücken schließen, weil zwar von stärkeren Lichtstrahlen auch ein stärkerer Widerschein ausgehen mag, nicht aber aufgrund eines stärkeren Widerscheins auf eine dann gesundheitsschädigende Beeinträchtigung geschlossen werden kann.
Soweit die Kläger nunmehr im Berufungsverfahren unter Beweis durch den Zeugen Wolf stellen, dass die Hausanwesen der Kläger durch die Skybeamer taghell beleuchtet würden, ist diese unter Beweis gestellte Tatsache zwar hinreichend konkret und nachvollziehbar umschrieben, dem Beweisangebot ist allerdings deshalb nicht nachzugehen, weil die unter Beweis gestellte Tatsache den Naturgesetzen widerspricht und deshalb unmöglich ist. Es ist nämlich ausgeschlossen, dass ein – wie auch die Kläger behaupten und im übrigen auch von der Kammer durch Augenscheinseinnahme festgestellt – gebündelter in den Himmel gerichteter Lichtstrahl, gleich welcher Stärke, in der Lage ist, einen solch hellen Widerschein zu erzeugen, dass es nachts auf den Grundstücken der Kläger taghell ist. Eine dem Tageslicht entsprechende Helligkeit auf den klägerischen Grundstücken lässt sich bei nächtlicher Dunkelheit allenfalls durch sehr helle, auf die jeweiligen Grundstücke gerichtete Lichtstrahler (Flutlicht) erreichen.
Aufgrund der von der Kammer getroffenen Feststellungen kommen schließlich von den Scheinwerfern ausgehende Einwirkungen im Innern der klägerischen Anwesen schon gar nicht in Betracht. In dem – von den Klägern als besonders stark betroffen bezeichneten – sog. Studiozimmer des Klägers zu 1), in dem nach dessen Angaben üblicherweise ferngesehen werde, waren nach den Feststellungen der Kammer keine störenden Lichteffekte zu erkennen. Von einer Augenscheinseinnahme des klägerischen Schlafzimmers wurde abgesehen, nachdem der Kläger zu 1) im Ortstermin erklärt hat, dass er sich im Schlafzimmer von den Lichtstrahlen nicht gestört fühle.
2.2. Eine Beeinträchtigung durch die Art der Strahlen und insbesondere durch deren Bewegung kommt ebenfalls nicht in Betracht. Insoweit hat die Kammer festgestellt, dass es aufgrund der schnellen und ungleichförmigen Bewegungen der Lichtstrahlen zu einem Ablenkungseffekt kommen könne, was beim Lesen oder dem Führen eines Gespräches als störend oder belästigend empfunden werden könne. In einer derartigen, allein von dem subjektiven Empfinden des Betrachters abhängenden „Beeinträchtigung“ ist jedoch lediglich eine sogenannte ideelle und damit nicht von den „Zuführungen“ i.S.d. § 906 erfasste Einwirkung zu sehen. Diese ist vielmehr vergleichbar mit der Verletzung des ästhetischen Empfindens, die nicht als „ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkung“ i.S.d. § 906 BGB anzusehen und deshalb hinzunehmen ist (BGHZ 31, 346, 399). Dies gilt schließlich auch in Bezug auf die erstmals im Berufungsverfahren vorgetragenen mit Kriegsassoziationen verbundenen Empfindungen der Kläger beim Anblick der in den Himmel gerichteten Lichtstrahlen. Soweit sich die Kläger an Beleuchtungskörper der Flugabwehr und hierdurch wiederum an Bombenangriffe erinnert fühlen, handelt es sich um rein subjektive Empfindungen, die vom Schutz des § 906 BGB nicht mehr umfasst sind. Störend ist nämlich nicht das „Schauspiel am Himmel“, störend sind vielmehr die nicht zu verallgemeinernden, auf der Phantasie des Einzelnen beruhenden Vorstellungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO; die weiteren Nebenentscheidungen auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 und § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.