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Straßenbäume – Gemeinde muss Gefahren halbjährlich überwachen

Überwachung von Straßenbäumen: Die Gemeinde hat die Verantwortung

Ein kürzlich ergangenes Urteil hat bestätigt, dass Gemeinden eine Verkehrssicherungspflicht für die von ihnen gepflegten Straßenbäume haben. Der Fall drehte sich um einen Baum, der nur jährlich kontrolliert wurde, anstatt wie erforderlich halbjährlich, einmal in belaubtem und einmal in unbelaubtem Zustand. Es wurde argumentiert, dass eine rechtzeitige Durchführung der halbjährlichen Regelkontrolle einen verkehrswidrigen Zustand aufgedeckt hätte, und die Gemeinde konnte diese Annahme nicht widerlegen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 U 310/20 >>>

Halbjährliche Kontrollen im Fokus

Die Gemeinde hat Berufung eingelegt und argumentiert, dass das Landgericht fälschlicherweise von einer Vermutung ausgegangen ist. Die Gemeinde behauptet, dass eine visuelle Regelkontrolle vom Boden aus die Schadstelle, die sich 8 Meter über dem Boden befand, nicht hätte bemerken können. Es wurde auch vorgebracht, dass möglicherweise ein unvorhersehbares Windereignis für den Schaden verantwortlich war.

Die Rolle der FLL-Richtlinie

Zur Verteidigung ihrer Position berief sich die Gemeinde auf die FLL-Richtlinie der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V., die auch ihren Dienstanweisungen für die Baumkontrolle zugrunde liegt. Nach dieser Richtlinie kann das Kontrollintervall differenziert festgelegt werden, wobei gesunde und leicht beschädigte Bäume in der Alterungsphase auch bei erhöhten Sicherungserwartungen des Verkehrs einmal jährlich zu kontrollieren sind.

Verantwortung der Gemeinde

Trotz der Argumente der Gemeinde wurde festgestellt, dass die Verpflichtung besteht, Straßenbäume auf mögliche Gefahren zu überwachen. Dies ist in Hessen eine privatrechtliche Pflicht, da es keine gesetzliche Regelung gibt, die die Verkehrssicherungspflicht für Straßen dem Bereich hoheitlicher Aufgaben zuweist.

Schlussfolgerungen aus dem Urteil

In diesem Fall wurde geurteilt, dass es ausreichend ist, einen stärker geschädigten Baum, der sich in der Reife- oder Altersphase befindet und an einem Standort mit höheren Sicherheitserwartungen des Verkehrs steht, einmal jährlich zu kontrollieren. Allerdings nur dann, wenn die Schädigungen so sind, dass sie sich voraussichtlich nicht innerhalb eines Jahres auf die Verkehrssicherheit auswirken. Unter bestimmten Umständen, z.B. bei Trockenheit, die die Vitalität des Baums beeinträchtigt, sind jedoch zusätzliche Kontrollen erforderlich.

Insgesamt bestätigt dieses Urteil die wichtige Rolle der Gemeinden bei der Gewährleistung der Sicherheit von Straßenbäumen. Es betont auch die Notwendigkeit, den Zustand der Bäume regelmäßig und sorgfältig zu überwachen, um Gefahren rechtzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. […]


Das vorliegende Urteil

OLG Frankfurt – Az.: 1 U 310/20 – Urteil vom 11.05.2023

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21.10.2020 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Straßenbäume - Gemeinde muss Gefahren halbjährlich überwachen
Gemeinden tragen die Verantwortung für die Sicherheit von Straßenbäumen und müssen sie regelmäßig kontrollieren, um Gefahren vorzubeugen. (Symbolfoto: Light and Vision /Shutterstock.com)

In der Nacht vom 2. auf den 3.8.2019 hatte die Klägerin ihr Fahrzeug Marke1 Modell1 in der Straße1 in Stadt1 geparkt. Von einer Robinie auf dem Bürgersteig brach ein großer Ast ab und stürzte auf das Fahrzeug, das dadurch einen Totalschaden erlitt. Nach der erstinstanzlichen Behauptung der beklagten Stadt ist der Baum letztmals am 21.8.2018 kontrolliert worden.

Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 6.528 Euro nebst Zinsen stattgegeben. Es hat festgestellt, dass die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt habe, weil sie den Baum nur jährlich statt wie erforderlich halbjährlich einmal in belaubtem, einmal in unbelaubtem Zustand kontrolliert habe. Bei rechtzeitiger Vornahme der halbjährlichen Regelkontrolle wäre ein verkehrswidriger Zustand entdeckt worden; dafür spreche eine tatsächliche Vermutung, die die Beklagte nicht erschüttert habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, dass das Landgericht zu Unrecht von einer Vermutung ausgegangen sei. Denn die Beweislast, dass bei einer Kontrolle des Baums der abgebrochene Ast als schadhaft entdeckt worden wäre, treffe die Klägerin. Beweiserleichterungen etwa aufgrund eines typischen Geschehensablaufs kämen ihr dabei nicht zugute. Das Landgericht habe daher ohne Beweisaufnahme nicht feststellen dürfen, dass bei der von der Klägerin für erforderlich gehaltenen Kontrolle der Schaden festgestellt worden wäre. Das Landgericht habe sich auch nicht damit befasst, weshalb eine jährliche Kontrolle nach den FLL-Richtlinien nicht hinreichend gewesen sein sollte. Das Oberlandesgericht Köln (VersR 2010, 1328) habe auf diese Richtlinie Bezug genommen und daraus geschlossen, dass die in älterer Rechtsprechung angenommene Notwendigkeit einer halbjährlichen Kontrolle in belaubtem und unbelaubtem Zustand nach den Erkenntnissen dieser Richtlinie nicht bestehe, sondern bei Bäumen und einer Verkehrssituation wie hier eine jährliche Kontrolle genüge. Nach der Richtlinie komme es auch nicht auf starre Fristen an; es bestehe ein Spielraum, in dem sinnvolle Kontrollintervalle festzusetzen seien, die sich im Einzelfall nach Zustand und Alter des Baums richteten. An dieser Richtlinie orientiere sich die Dienstanweisung der Beklagten für die Baumkontrolle. Der Baum sei im Rahmen von Sonderkontrollen, die nach Sturm- und Gewitterereignissen erfolgten, aber nicht in der Datenbank erfasst würden, am 23.9.2018 und 4.3.2019 überprüft worden; dabei hätten sich Schäden nicht ergeben. Bei einer Regelkontrolle durch visuelle Inaugenscheinnahme vom Boden aus habe die 8 m über dem Boden liegende Schadstelle nicht bemerkt werden können; der abgebrochene Starkast sei belaubt gewesen, die Schadstelle müsse auf der Oberseite gelegen haben. Möglicherweise sei schadensursächlich auch ein unvorhersehbares Windereignis gewesen. Nach der Entfernung von Totholz am 15.7.2016 sei der Baum nicht auffällig gewesen, so dass eine Verkürzung des Kontrollintervalls nicht erforderlich gewesen sei.

Die Beklagte beantragt, in Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21.10.2020 die Klägerin mit der Klage auch insoweit abzuweisen, als ihr das Landgericht stattgegeben hat.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Sie ist der Ansicht, dass nach weiterhin aktueller Rechtsprechung eine Kontrolle zweimal jährlich erfolgen müsse. Außerdem seien auch äußere Einflüsse zu berücksichtigen wie die besondere Trockenheit der Sommer 2018 und 2019 und der Umstand, dass in dem Bereich, in dem es zum Bruch gekommen sei, bereits ein Gefährdungsanzeichen bestanden habe, denn ein anderer Ast sei spärlich belaubt gewesen und habe trockene, bräunliche und verwelkte Blätter aufgewiesen. Daher sei die festgesetzte Kontrolle nach über 14 Monaten nicht ausreichend gewesen. Bei einer hohen berechtigten Sicherheitserwartung, also bei einer vielbefahrenen Straße und der möglichen Gefährdung von Anwohnern, müssten Bäume häufiger kontrolliert werden. Da bereits mehrfach Totholz habe entfernt werden müssen und an der Krone und am Stamm Astwunden und Verletzungen vorhanden gewesen seien, habe eine Kontrolle nach 6 Monaten erfolgen müssen. Dadurch habe der Schaden verhindert werden können. Zum Beweis bezieht sich die Klägerin auf ein Sachverständigengutachten. Die Klägerin bestreitet auch, dass eine jährliche Kontrolle erfolgt sei, dass der Baum am 21.8.2018 als verkehrssicher eingestuft worden sei und dass der Zeuge A eine einjährige Baumkontrolle für ausreichend gehalten und festgelegt habe. Maßgeblich sei das vom Landgericht herangezogene Urteil des OLG Köln vom 27.8.2015 – 7 U 119/14, wonach zweimal jährlich eine Sichtprüfung vom Boden aus erfolgen müsse und bei besonderen Umständen wie trockene Äste, trockenes Laub, äußere Verletzungen und Beschädigungen weitere Maßnahmen wie der Einsatz eines Hubsteigers erforderlich seien.

Der Senat hat über die Notwendigkeit einer unterjährigen Kontrolle des Baums und über die Notwendigkeit, den Baum wegen bestehender Schäden schon vor dem Schadensereignis zu beseitigen, Sachverständigenbeweis erhoben. Auf das schriftliche Gutachten des Baumsachverständigen B vom 14.10.2022 und das Protokoll seiner Anhörung vom 30.3.2023 wird verwiesen.

II.

Die Berufung bleibt erfolglos. Das erstinstanzliche Urteil ist jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ergibt sich aus §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 2 BGB.

Der Beklagten obliegt die Pflicht, die Sicherheit der öffentlichen Wege und Straßen im Stadtgebiet zu gewährleisten. Das schließt die Pflicht ein, Straßenbäume darauf zu überwachen, ob von ihnen Gefahren ausgehen. Diese Pflicht ist im Bundesland Hessen nicht hoheitlich, sondern privatrechtlich ausgestaltet; denn eine gesetzliche Regelung, die in anderen Bundesländern die Verkehrssicherungspflicht für Straßen dem Bereich hoheitlicher Aufgaben zuweist, besteht im Bundesland Hessen nicht (vgl. Staudinger-Wöstmann, Neubearbeitung 2020, § 839 Rdn. 702). Einschlägige Anspruchsgrundlage ist dementsprechend § 823 Abs. 1 BGB, nicht aber § 839 BGB.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine Gemeinde ihrer Verkehrssicherungspflicht, wenn sie Straßenbäume regelmäßig auf trockenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder Frostrisse beobachtet und eine eingehende Untersuchung dort vornimmt, wo besondere Umstände wie das Alter des Baums, sein Erhaltungszustand, die Eigenart seiner Stellung oder sein statischer Aufbau sie dem Einsichtigen angezeigt erscheinen lassen (U. v. 21.1.1965 – III ZR 217/63; U. v. 4.3.2004 – III ZR 225/03; U. v. 6.3.2014 – III ZR 352/13; U. v. 13.6.2017 – VI ZR 395/16). Diese Grundsätze sind in oberlandesgerichtlicher Rechtsprechung dahin konkretisiert worden, dass – unabhängig von besonderen Umständen – eine zweimalige jährliche Kontrolle in belaubtem und unbelaubtem Zustand erfolgen soll (OLG Düsseldorf VersR 1992, 467; 1997, 463; OLG Hamm NJW-RR 2003, 968; OLG Brandenburg OLGR 2002, 411; U. v. 1.7.2008 – 2 U 30/06; OLG München, U. v. 7.8.2008 – 1 U 5171/07). In neueren Urteilen wird dagegen eine ein- bis zweimal jährlich vorzunehmenden Kontrolle (OLG Brandenburg NJW-RR 2019, 343) oder eine einmal jährlich vorzunehmende Kontrolle (OLG Köln VersR 2010, 1328) verlangt. Das Oberlandesgericht Köln begründet seine Abkehr von der Pflicht zur zweimal jährlichen Kontrolle mit neueren Erkenntnissen, die in der Baumkontrollrichtlinie der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (sog. FLL-Richtlinie) Ausdruck gefunden hätten, wonach das Kontrollintervall differenziert bestimmt werde und gesunde und leicht beschädigte Bäume in der Alterungsphase auch bei erhöhten Sicherungserwartungen des Verkehrs einmal jährlich zu kontrollieren seien. In ähnliche Richtung geht die Entscheidungsbesprechung von Otto zu dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 4.3.2004 – III ZR 225/03 – in VersR 2004, 877. Dort wird auf eine langfristige Untersuchung in Hamburg hingewiesen, bei der sich ergeben habe, dass eine jährliche Untersuchung in aller Regel ausreiche. Soweit die Klägerin sich vorliegend auf das Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 27.8.2015 – 7 U 119/14 – bezieht, steht dieses Urteil mit dem vorgenannten Urteil dieses Gerichts nicht in Widerspruch. Denn in dem Urteil vom 27.8.2015 wird eine zweimalige Kontrolle pro Jahr für Platanen wegen der bei diesen Bäumen vorkommenden Massaria-Krankheit für erforderlich gehalten, also gerade nicht generell für alle Sorten von Bäumen.

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme hält der Senat es nicht für pflichtwidrig, dass die Beklagte ihrer Dienstanweisung für die Baumkontrolle die FLL-Richtlinie, die auf der Erfahrung von zahlreichen mit der Baumpflege befassten Fachverbänden beruht, zugrunde legt und deshalb an oder auf öffentlichen Straßen und Wegen stehende Bäume nicht generell in halbjährlichem Abstand einer Sichtkontrolle in belaubtem und unbelaubtem Zustand unterzieht. Der Sachverständige hat überzeugend dargelegt, dass die FLL-Richtlinie derzeit der zutreffende fachliche Standard bei der Beurteilung der Frage sei, welche Maßnahmen man zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit im Zusammenhang mit Bäumen in bewohnten Gebieten beobachten muss und dass er deshalb auch selbst von diesem Standard ausgehe.

Nach den differenzierten Grundsätzen dieser Richtlinie ist es grundsätzlich ausreichend, bei einem stärker geschädigten Baum, der sich in der Reife- oder Altersphase befindet und an einem Standort mit berechtigterweise höheren Sicherheitserwartungen des Verkehrs steht, ein Kontrollintervall von einem Jahr festzulegen, nämlich dann, wenn die Schädigungen so geartet sind, dass sie sich voraussichtlich nicht innerhalb eines Jahres auf die Verkehrssicherheit auswirken. Daher kam es auch bei der hier zu beurteilenden 40 Jahre alten Robinie mit Standort an einer innerstädtischen Straße und an einem Gehweg in einem Wohngebiet regelmäßig in Betracht, ein jährliches Kontrollintervall vorzusehen.

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Die Richtlinie geht aber, worauf der Sachverständige gleichfalls überzeugend hingewiesen hat und was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach besondere Umstände zu berücksichtigen sind, auch geboten ist, selbst davon aus, dass in begründeten Fällen auch kürzere Intervalle und besondere Untersuchungen in Betracht zu ziehen sind, insbesondere bei starken Schäden. Solche Besonderheiten waren, wie der Sachverständige dargelegt hat, hier gegeben. Die Beklagte hat nicht hinreichend berücksichtigt, dass das äußere Erscheinungsbild der Baumkrone, der sog. Habitus, mit einer gesunden und vitalen Robinie nicht annähernd vergleichbar war. Den Unterschied hat der Sachverständige anhand des Lichtbildes einer gesunden Robinie und des streitgegenständlichen Baums einleuchtend veranschaulicht. Danach stellt sich die Krone des Baums als ausgesprochen schütter dar; auch ein Totholzbereich ist vorhanden. Dieses Erscheinungsbild kann sich nach der Einschätzung des Sachverständigen auch nicht erst seit der letzten Regeluntersuchung entwickelt haben, sondern muss in ähnlicher und auffälliger Weise schon seinerzeit bestanden haben. Der Sachverständige hat auch auf die wiederholte Beseitigung von Totholz und die Beseitigung von Starkästen in den vorherigen Jahren hingewiesen, die nach seiner Einschätzung das gewöhnliche Maß übersteigen und ein weiterer Hinweis auf die Beeinträchtigung der Vitalität des Baums sind. Schließlich hat der Sachverständige die Erforderlichkeit zusätzlicher Kontrollen des in seiner Vitalität bereits beeinträchtigten Baums aus der Trockenheit des Jahres 2018 hergeleitet. Diese besonderen Umstände hätten der Beklagten Anlass geben müssen, in kürzerem Abstand und unter Benutzung eines Hubsteigers oder Einsatz eines Baumkletterers den Kronenbereich besonders zu kontrollieren.

Dass bei einer solchen besonderen Untersuchung die nach dem Vortrag der Beklagten vorhandene Weißfäule aufgefallen wäre, stellt die Beklagte nicht in Abrede. Sie hat nur bestritten, dass diese Schädigung bei einer visuellen Kontrolle vom Boden aus feststellbar war. Darauf kommt es indessen nicht an, weil eine Untersuchung der Krone geboten war. Bei rechtzeitiger Feststellung des Befalls mit Weißfäule wäre es aber noch möglich gewesen, den Baum zu entfernen oder zumindest die Krone einzukürzen und dadurch den Schaden zu vermeiden.

Dass es, wie die Beklagte vorgetragen hat, zu dem Astbruch unabhängig von der Weißfäule durch ein Windereignis gekommen ist, ist eine ins Blaue hinein vorgetragene Tatsache, für die keinerlei tatsächlicher Anhaltspunkte bestehen. Wetterdaten, die ein derartiges schadensursächliches Windereignis nahelegen könnten, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

Da die Kausalität der Pflichtverletzung feststeht, kann auch dahinstehen, ob der dem angefochtenen Urteil zugrundeliegenden Ansicht, dass bei Verletzung einer Untersuchungs- bzw. Kontrollpflicht eine tatsächliche Vermutung dafürspricht, dass ein verkehrswidriger Zustand entdeckt wird, beizutreten wäre. Das erscheint jedenfalls für die Regeluntersuchung, die vom Boden aus erfolgt, zweifelhaft, weil diese Untersuchungspflicht aus Zumutbarkeitsgründen ohnehin nicht darauf angelegt ist, jedweden gefährlichen Zustand aufzudecken, sondern nur zur Feststellung sichtbarer äußerer Anzeichen führen kann (vgl. dazu einerseits BeckOGK-Spindler, § 823 Rdn. 498, andererseits Staudinger-Hager, Bearbeitung 2021, § 823 E 155 und OLG Karlsruhe VersR 1994, 358).

Offenbleiben kann daher auch, ob die Beseitigung des Astes und die anschließende Fällung des Baums, ohne die Beschaffenheit der Bruchstelle fotografisch zu sichern, als Beweisvereitelung zu bewerten wäre. Dafür spräche hier, dass aufgrund der Beschädigung eines parkenden PKW mit der Geltendmachung von Ersatzansprüchen seitens der Eigentümerin zu rechnen war. Insofern unterscheidet sich der Fall von dem Sachverhalt, der der Senatsentscheidung vom 17.4.2007 – 1 U 178/06 – zugrunde lag.

Schließlich bedarf es keiner Entscheidung, ob die bei Amtspflichtverletzungen in Betracht kommenden Beweiserleichterungen (vgl. BGH U. v. 4.3.2004 – III ZR 225/03) bei der in Hessen geltenden privatrechtlichen Verkehrssicherungspflicht entsprechend anwendbar wären.

Da die Berufung erfolglos bleibt, hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant

  1. Verwaltungsrecht: Der Fall liegt hauptsächlich im Verwaltungsrecht, insbesondere im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung und der Ausübung hoheitlicher Aufgaben. Hierbei geht es um die Pflichten der Gemeinde in Bezug auf die Überwachung und Wartung von Straßenbäumen. Es besteht eine Verkehrssicherungspflicht, die in Hessen privatrechtlich ausgestaltet ist. Die Gemeinden haben demnach eine Pflicht zur Gewährleistung der Sicherheit auf ihren Straßen, wozu auch das regelmäßige Überprüfen der Straßenbäume gehört.
  2. Privatrecht/BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Hierbei ist insbesondere § 839 BGB („Haftung bei Amtspflichtverletzung“) relevant, da es um die Pflichtverletzung seitens der Gemeinde geht. Im konkreten Fall wurde von der Klägerseite argumentiert, dass die Gemeinde ihre Pflicht zur regelmäßigen Kontrolle der Bäume verletzt habe, was zu einem Schaden geführt habe.
  3. Baumkontrollrichtlinie der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (FLL-Richtlinie): Diese Richtlinie ist zwar kein Gesetz im klassischen Sinne, aber sie hat eine wichtige Rolle in diesem Fall gespielt. Die FLL-Richtlinie legt unter anderem fest, in welchem Turnus Bäume kontrolliert werden müssen. Im Urteil wurde argumentiert, dass nach dieser Richtlinie eine jährliche Kontrolle ausreichend gewesen wäre. Jedoch wurde auch argumentiert, dass unter bestimmten Umständen, wie etwa bei Trockenheit, zusätzliche Kontrollen erforderlich sind.
  4. Versicherungsrecht: Auch das Versicherungsrecht könnte tangiert sein, insbesondere, wenn die Frage aufkommt, ob ein eventuell eingetretener Schaden durch eine Versicherung abgedeckt ist oder ob es sich um einen Fall von Haftung handelt. Da in diesem Fall die Haftung der Gemeinde für die Sicherheit der Straßenbäume im Mittelpunkt steht, kann es auch um die Frage gehen, inwieweit Versicherungen für solche Schäden aufkommen.

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