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Klage kann nachträglich zur Teilklage werden

Komplexes Urteil in Teilklage verwandelt

Ein jüngstes Urteil wirft ein neues Licht auf die juristische Praxis, speziell im Bereich des Zivilrechts. Es handelt sich hierbei um den komplizierten Fall einer Klägerin, die gegen einen Rechtsanwalt klagt und während des Prozesses ihre Gesamtklage in eine Teilklage umwandelt. Die Hauptproblematik dieses Falles liegt in der Frage, ob eine solche Transformation von Gesamtklage in Teilklage möglich und rechtlich zulässig ist.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 8 U 145/21 >>>

Umwandlung der Gesamtklage in Teilklage

Die Klägerin argumentiert gegen das erstinstanzliche Urteil, in dem die Klage abgewiesen wurde. Sie behauptet, dass der beklagte Anwalt nur auf der Grundlage eines einzigen Auftrags tätig wurde und somit nur ein Rückzahlungsanspruch besteht. Es ist wichtig zu verstehen, dass eine Teilklage vorliegt, wenn mehrere unabhängige Forderungen geltend gemacht werden. Eine solche Klage muss genau darlegen, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Forderungen verteilt.

Rolle der Einzelaufträge und Streitgegenstände

Das Gericht anerkannte die Ansprüche des beklagten Anwalts für seine unterschiedlichen Tätigkeiten als unabhängige Streitgegenstände und kam zu dem Schluss, dass sie auf unterschiedlichen Sachverhalten basieren und daher als separate Forderungen zu betrachten sind. Dies betraf eine Vielzahl von Tätigkeiten, darunter außergerichtliche und gerichtliche Aktivitäten in Bezug auf äußerst unterschiedliche Sachverhalte wie Erbscheinsverfahren, Verhandlungen über Steuerzahlungen, Mietstreitigkeiten und Korrespondenz mit Versicherungsgesellschaften und Banken, um nur einige zu nennen.

Interpretation des BGH-Urteils und die Auswirkung auf den aktuellen Fall

Das von der Klägerin zitierte BGH-Urteil vom 21. November 2017, das einen einheitlichen Schadensersatzanspruch aufgrund eines fehlerhaften Emissionsprospekts betraf, fand in diesem Zusammenhang keine Anwendung. Es behandelte die Frage, ob verschiedene Sachverhalte unterschiedliche Streitgegenstände darstellen und konnte daher auf die im aktuellen Fall gegebene Situation nicht übertragen werden.

Möglichkeit der nachträglichen Korrektur der Klage

Interessanterweise betont das Urteil, dass ein Mangel in der Klage durch eine nachträgliche Korrektur behoben werden kann. Dies könnte bis zum Ende der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz und sogar noch während des Revisionsverfahrens erfolgen.

Diese Entscheidung wirft ein neues Licht auf die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit im deutschen Rechtssystem. Es zeigt, wie ein komplexer Fall von einer Gesamtklage zu einer Teilklage transformiert werden kann, ohne die grundlegenden Prinzipien des Zivilrechts zu verletzen. […]


Das vorliegende Urteil

OLG Zweibrücken – Az.: 8 U 145/21 – Urteil vom 18.04.2023

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 11.10.2021, Az. 3 O 6/20, aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Landgericht zurückverwiesen.

2. Die Entscheidung über die Kosten der Berufung bleibt dem Landgericht vorbehalten.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Rückerstattung von Rechtsanwaltsgebühren.

Die am 25. Mai 2006 geborene, von ihrer Mutter gesetzlich vertretene Klägerin hat den Beklagten aus Anlass des Versterbens ihres Vaters umfassend mit der außergerichtlichen und gerichtlichen Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt.

Für die verschiedenen Tätigkeiten (vgl. insoweit die Beschreibung in Anlage „K 1“ zur Berufungsbegründung, Bl. 52 d.A.) hat der Beklagte mit verschiedenen Rechnungen deutlich über 100.000,00 Euro abgerechnet und erhalten.

Die Klägerin meint, der Beklagte habe zu viel abgerechnet und einbehalten, so dass eine Überzahlung vorliege, welche zurückzuerstatten sei.

Dabei hat die Klägerin mit außergerichtlichem Schreiben vom 8. Januar 2019 (Anl. K 1, LGA 22 f.) ausgehend von berechtigten Ansprüche des Beklagten in Höhe von 71.974,60 Euro und eigenen Zahlungen in Höhe von 119.619,48 Euro einen Rückzahlungsanspruch von 47.644,88 Euro geltend gemacht. Diese Summe war auch Gegenstand ihres in dem am 27. Dezember 2018 eingeleiteten Mahnverfahren gestellten Antrags (LGA 4) und wurde ebenso in der Anspruchsbegründung vom 12. Juli 2019 (LGA 15) errechnet. Als berechtigt wurden dabei jeweils Forderungen des Beklagten für die außergerichtliche Erbauseinandersetzung (51.017,68 Euro), das Erbscheinsverfahren (10.222,58 Euro), die Vertretung in einem vor dem Landgericht Karlsruhe geführten Rechtsstreit (2.404,34 Euro) und aufgrund einer Honorarvereinbarung vom 19. Mai 2016 (8.330,- Euro) angeführt.

Im Schriftsatz vom 15. Mai 2020 (LGA 64 f.) kam die Klägerin sodann auf einen ihr (eigentlich) zustehenden Anspruch in Höhe von 49.072,88 Euro, weil sie dort für das Erbscheinsverfahren nur noch von einer berechtigten Forderung des Beklagten in Höhe von 8.794,58 Euro ausging, beließ es aber (noch) bei der bis dahin erfolgten tabellarischen Zusammenstellung von Zahlungen und berechtigten Forderungen des Beklagten.

Mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2020 (LGA 137 ff.) legte die Klägerin eine neue Berechnung/Auflistung vor, was sie ausdrücklich damit begründete, dass ihrem Verfahrensbevollmächtigten zuvor „nicht alle maßgeblichen Belege“ vorgelegen hätten (LGA 139 vorletzter Absatz). Danach standen Zahlungen in Höhe von 131.918,56 Euro berechtigte Forderungen des Beklagten von 77.729,13 Euro (für die Vertretung im Erbscheinsverfahren jetzt nur noch 5.123,19 Euro, dagegen 2.416,23 Euro für die Vertretung im Verfahren vor dem LG Karlsruhe und – neu – eine Hebegebühr in Höhe von 3.691,98 Euro sowie 7.150,05 Euro für einen Antrag auf familiengerichtliche Genehmigung) gegenüber, so dass sich rechnerisch eine Überzahlung von 54.189,43 Euro ergab.

Nachdem der Erstrichter im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29. Juli 2021 auf Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der erhobenen Teilklage vor dem Hintergrund der Verteilung des eingeklagten Betrages auf die einzelnen Ansprüche hingewiesen hatte, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 20. September 2021 (LGA 270) nochmals vorgetragen und – erneut neu – gerechnet. Danach ging sie nun von Zahlungen an den Beklagten in Höhe von 126.918,56 Euro aus, dem jedoch lediglich Ansprüche in Höhe von 75.666,58 Euro zustünden (die bereits in der Anspruchsbegründung genannten Beträge zzgl. der im Schriftsatz vom 12. Oktober 2020 erstmals erwähnten Hebegebühr), woraus sich ein ihr zustehender Rückzahlungsanspruch von 51.251,98 Euro ergebe.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie, vertreten durch ihre allein sorgeberechtigte Mutter 47.644,88 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des in dieser Sache anhängigen Verfahrens zu zahlen.

Der Beklagte hatte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat das Bestehen eines Rückzahlungsanspruchs – der im Übrigen ohnehin verjährt sei – unter Hinweis auf seine berechtigten Vergütungsansprüche verneint und auf die vorgerichtlich erfolgte Prüfung durch die Pfälzische Rechtsanwaltskammer verwiesen (Anl. B 3 = Schreiben vom 18.09.2018 im Anlagenkonvolut Bd. I LGA), bei der die Klägerin sich bereits im Jahr 2018 erfolglos beschwert hatte.

Das Erstgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil (Bl. 274 ff. LGA), auf das zur Ergänzung der Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands Bezug genommen wird, abgewiesen, weil es ihr an der notwendigen Bestimmtheit im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und damit schon an einer Zulässigkeitsvoraussetzung fehle. Die Klägerin gehe von Überzahlungen in einer den eingeklagten Betrag übersteigenden Höhe aus, weshalb sich die Klage als offene Teilklage darstelle. Daher müsse die Klägerin vortragen, wie sie die geltend gemachte Gesamtsumme ziffernmäßig auf die verschiedenen Teilansprüche verteilt wissen wolle. Denn die Klagesumme setze sich aus mehreren Einzelpositionen (Rückzahlungsansprüchen) im Hinblick auf verschiedene anwaltliche Tätigkeiten des Beklagten zusammen, die auf unterschiedlichen Lebenssachverhalten und damit auf unterschiedlichen Streitgegenständen beruhten. Da es sich bei den Gebührenforderungen des Beklagten aus den verschiedenen Tätigkeiten um eigenständige prozessuale Ansprüche handle, müsse dies umgekehrt auch für die behaupteten Rückzahlungsansprüche der Klägerin gelten.

Mit ihrer Berufung wendet sich die Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil und macht geltend, dass der Beklagte nur aufgrund eines einheitlichen Auftrags tätig geworden sei und deshalb auch nur ein Rückzahlungsanspruch bestehe, von dem sie einen Teil geltend mache. Ihr Anspruch belaufe sich ausgehend von einem an den Beklagten gezahlten Gesamtbetrag von 126.918,56 Euro und lediglich berechtigten Gebührenforderungen in Höhe von 75.690,38 Euro auf 51.228,18 Euro und übersteige die Klageforderung somit um 3.583,20 Euro. Falls erforderlich, verzichte sie in dieser Höhe auf ihren Rückforderungsanspruch wegen der Überzahlung der Rechnung Nr. 160025 vom 16. Mai 2016 betreffend die Vertretung im Erbscheinsverfahren (3.718,03 Euro = abgerechnete 13.940,61 Euro abzgl. berechtigter 10.222,58 Euro), so dass insofern nur noch ein Zahlungsanspruch in Höhe von 134,83 Euro verfolgt werde.

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Die Klägerin beantragt,

1. das am 11.10.2021 unter dem Az.: 3 O 6/20 ergangene Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz aufzuheben;

2. den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von Euro 47.644,88 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des in dieser Sache anhängigen Verfahrens zu zahlen;

vorsorglich,

3. das am 11.10.2021 unter dem Az.: 3 O 6/20 ergangene Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz wird aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Zivilkammer des Landgerichts Landau zurückverwiesen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend.

II.

Die zulässige Berufung führt in der Sache zu einem jedenfalls vorläufigen Erfolg, weil der Rechtsstreit aufgrund des ergänzend gestellten Antrags der Klägerin zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen ist (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO), nachdem dieses die Klage mangels Bestimmtheit als unzulässig abgewiesen hat, die Zulässigkeit aber aufgrund der in der Berufungsbegründung enthaltenen Klarstellung zwischenzeitlich gegeben ist.

1. Bei der hier erhobenen Klage handelt es sich nach der zutreffenden Einstufung des Landgerichts um eine Teilklage. Eine solche liegt vor, wenn der Kläger – unabhängig von der Offenlegung des Bestehens eines weitergehenden Anspruchs – nur einen Teilbetrag seiner vermeintlichen Forderung einklagt (vgl. nur Zöller/Greger, ZPO 34. Aufl. § 253 Rn. 15).

Demnach war die Klage hier zwar ursprünglich weder als Teilklage beabsichtigt, noch als solche erhoben worden. Die Klägerin hatte sowohl vorprozessual als auch im Mahnverfahren und in ihrer Anspruchsbegründung eine sich aus der Überzahlung diverser Rechnungen des Beklagten ergebende Forderung in Höhe von 47.644,88 Euro behauptet und einen damit korrespondierenden Zahlungsantrag gestellt. Allerdings geht bereits aus ihrem als Replik vorgelegten Schriftsatz vom 15. Mai 2020 ein rechnerisch höherer Anspruch hervor, wobei dies auf eine höhere Teilrückforderung hinsichtlich einer bestimmten Rechnung des Beklagten zurückzuführen war, was aber nach der Darstellung im Schriftsatz (LGA 65) offenbar keinen Einfluss auf die Berechnung der Klagesumme haben sollte. Aus dem Schriftsatz vom 12. Oktober 2020 war dann aber eine sowohl hinsichtlich der vermeintlich an den Beklagten geleisteten Zahlungen (131.918,56 Euro) als auch hinsichtlich der diesem tatsächlich zustehenden Teilbeträge (insg. 77.729,13 Euro) weitgehend neue Berechnung zu entnehmen, aus der sich auch eine behauptete Forderung in den eingeklagten Betrag deutlich übersteigender Höhe (54.189,43 Euro) errechnete. Diese Neuberechnung nebst zugehörigem Vortrag ist auch bewusst zur weiteren Begründung der Klage erfolgt, hat die Klägerin in diesem Schriftsatz doch erklärt, dass ihrem Prozessbevollmächtigten zunächst „bedauerlicherweise nicht alle insoweit maßgeblichen Belege […] zur Verfügung standen“, weshalb „lediglich ein Betrag i.H.v. brutto 47.644,88 Euro geltend gemacht worden“ war. Da dennoch der Klageantrag bis zum Abschluss der ersten Instanz unverändert blieb, war die Klage – ungeachtet des im Schriftsatz vom 20. September 2021 nochmals veränderten, aber immer noch einen die Antragssumme übersteigenden Anspruch ergebenden Rechenwerkes – in jedem Fall als Teilklage im oben dargestellten Sinne anzusehen.

2. Bei einer Teilleistungsklage, mit der mehrere selbständige Forderungen geltend gemacht werden, hat der Kläger bestimmt anzugeben, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilen soll, während die Geltendmachung eines unterschiedslos zusammengefassten Teils unzulässig ist, weil sich dann der genaue Umfang der einzelnen Ansprüche nicht erkennen lässt und es somit an der erforderlichen Individualität des Streitgegenstandes fehlt. Der Kläger kann nicht dem Gericht die Auswahl überlassen, worüber es bis zur Höhe der eingeklagten Forderung entscheiden soll, weil ansonsten weder der Streitgegenstand, noch der Umfang der materiellen Rechtskraft oder derjenige der Verjährungshemmung bestimmt werden kann (vgl. Stein/Jonas/Roth, ZPO 23. Aufl. § 253 Rn. 28/29 mwN).

Etwas anderes gilt ausnahmsweise bei der Geltendmachung eines einheitlichen, wenngleich aus mehreren unselbständigen Einzelposten zusammengesetzten Gesamtanspruchs (MüKoZPO/Becker-Eberhard, ZPO 6. Aufl. § 253 Rn. 108 mwN). Dies kann etwa bei einer aus einzelnen Positionen bestehende Schlussrechnung in einem Werkvertragsverhältnis der Fall sein (BGH, NJW-RR 2003, 1075, 1076), nicht aber bei einer aus mehreren Einzelrechnungen zusammengesetzten (OLG Saarbrücken, NJOZ 2011, 1013, 1015) oder auf verschiedenen Baumängeln beruhenden (BGH, NJW 1998, 1140) Forderung. Eine derartige Ausnahme liegt hier entgegen der Ansicht der Klägerin nicht vor.

Zutreffend hat der Erstrichter den Ansprüchen des beklagten Rechtsanwalts für dessen unterschiedliche Tätigkeiten selbständigen Charakter im Sinne eigenständiger, auf unterschiedlichen Lebenssachverhalten beruhender prozessualer Streitgegenstände zuerkannt und dies umgekehrt auch für die von Klägerseite geltend gemachten Rückforderungsansprüche wegen vermeintlicher Überzahlungen angenommen. Zwar mögen die Forderungen des Beklagten aus einer einzigen, äußerst umfangreichen Beauftragung entstanden sein und diese wiederum auf dem Ableben des Vaters der Klägerin beruhen, betreffen aber doch ganz unterschiedliche Tätigkeiten und mithin verschiedene Angelegenheiten im Sinne des RVG, für die grundsätzlich jeweils gesonderte Gebühren und Auslagen anfallen können. Die Angelegenheit ist dabei nicht notwendig identisch mit dem Gegenstand des Auftrags; auch ein einheitlicher Auftrag kann mehrere Angelegenheiten umfassen (vgl. nur Gerold/Schmidt/Mayer, RVG 25. Aufl. § 15 Rn. 6), gerade wenn er so allgemein und weit gefasst ist wie hier („Gegenstand des … Auftrages war die Geltendmachung und Durchsetzung sämtlicher dem klagenden Kind in Ansehung des Nachlasses auf Ableben des Vaters … zustehender Rechte bzw. Forderungen“). Wie sich aus der erstmals im Berufungsverfahren vorgelegten Liste (Anl. „K 1“, Bl. 52 d.A.) ergibt, hat der Beklagte für die Klägerin aufgrund des Auftrags letztlich auch mindestens zehn (im Hinblick auf die von Klägerseite vorgenommenen Zusammenfassungen ggf. sogar noch deutlich mehr) verschiedene Tätigkeiten entfaltet, die u.a. außergerichtliche und gerichtliche Aktivitäten im Hinblick auf höchst unterschiedliche Sachverhalte (Erbauseinandersetzung, Erbscheinsverfahren, Verfahren über eine familiengerichtliche Genehmigung, Verhandlung und Vereinbarung über Zahlung von Einkommen- und Erbschaftsteuer, Nachlassverwaltung, Mietstreitigkeiten, Korrespondenz mit Versicherungsgesellschaften und Banken, Streitigkeiten wegen einer Unternehmensliquidation u. v. m.) umfassten. Dass diese nicht als ein Streitgegenstand bzw. unselbständige Elemente eines einheitlichen Gesamtanspruchs anzusehen sind, sondern auf gänzlich unterschiedlichen Geschehensabläufen beruhen und einer jeweils eigenständigen rechtlichen Bewertung zugänglich sind, liegt auf der Hand und folgt darüber hinaus auch aus dem eigenen Vorbringen der Klägerseite, das hinsichtlich des Bestehens von Ansprüchen für die höchst unterschiedlichen Tätigkeiten durchaus differenziert.

Etwas Anderes ist auch nicht dem von der Klägerin mehrfach zitierten Urteil des BGH vom 21. November 2017 (II ZR 180/15 = NJW 2018, 1259) zu entnehmen. Jene Entscheidung, der die Geltendmachung eines einheitlichen Schadensersatzanspruchs wegen eines fehlerhaften Emissionsprospekts zu Grunde lag, betraf die dort verneinte Frage, ob es sich bei den vom Kläger geltend gemachten Sachverhalten (Kapitalanlagebetrug einer- und vorsätzliche sittenwidrige Schädigung andererseits) um unterschiedliche Streitgegenstände handelt und ist daher auf die hier gegebene, gänzlich anders gelagerte Konstellation auch nicht ansatzweise übertragbar.

3. Auch wenn danach feststeht, dass das Landgericht die Klage mangels einer eindeutigen Aufteilung der Klageforderung auf die Einzelposten zu Recht als unzulässig abgewiesen hat, kann dieser Mangel durch nachträgliche Behebung noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz – und darüber hinaus grundsätzlich sogar noch im Revisionsverfahren – beseitigt werden (Stein/Jonas/Roth, ZPO 23. Aufl. § 253 Rn. 61 mwN).

Eine entsprechende Heilung hat die Klägerin auf Seite 7 der Berufungsbegründung im Zusammenhang mit der Auflistung gemäß Anl. „K 1“ (Bl. 52 ff. d.A.) herbeigeführt, indem sie dort klargestellt hat, wie sich der an sie antragsgemäß zurückzuzahlende Betrag von 47.644,88 Euro zusammensetzen soll und dass auf die Rückforderung eines 134,98 Euro übersteigenden Betrages hinsichtlich der auf die Rechnung des Beklagten vom 16. Mai 2016 (Nr. 1600025) anzurechnenden Zahlung verzichtet wird. Dass es eines derartigen Verzichts zur eindeutigen Aufteilung der Klageforderung nicht bedurft, sondern eine bloße Klarstellung ausgereicht hätte, ist für die Frage der dadurch hergestellten Zulässigkeit der Klage ohne Belang.

4. Da eine Entscheidung über die Begründetheit der Klage in erster Instanz nicht ergangen ist, mithin ein Fall des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO vorliegt und die Klage nach dem bisherigen Vortrag der Klägerin keineswegs spruchreif ist, sondern es vielmehr weiterer Darlegungen und ggf. auch einer Beweiserhebung bedarf, erscheint über den Aspekt des ansonsten gegebenen Verlustes einer Tatsacheninstanz hinaus eine Zurückverweisung an das Erstgericht sachdienlich und sinnvoll. Den dazu nach § 538 Abs. 2 Satz 1 ZPO a.E. erforderlichen Antrag hat die Klägerin ausdrücklich gestellt.

Soweit die Klägerin die Zurückverweisung „an eine andere Zivilkammer des Landgerichts“ beantragt hat, war dem nicht zu entsprechen, weil § 538 Abs. 2 ZPO – anders als § 563 Abs. 1 ZPO – eine derartige Möglichkeit nicht vorsieht und eine solche Anordnung auch in der Sache nicht angezeigt wäre.

III.

Aufgrund der Zurückverweisung ist eine Kostenentscheidung nicht veranlasst, sondern dem erstinstanzlichen Schlussurteil vorbehalten (vgl. Zöller/Heßler, ZPO 34. Aufl. § 538 Rn. 58), wobei hinsichtlich der Kosten des Rechtsmittelverfahrens die Regelung des § 97 Abs. 2 ZPO zu beachten sein wird.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in der Vorschrift des § 708 Nr. 10 ZPO, die auch auf aufhebende und zurückverweisende Urteile Anwendung findet (vgl. Zöller/Herget aaO § 708 Rn. 12 mwN).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs.2 ZPO nicht gegeben sind. Weder weist die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung auf, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant

  1. Rechtsgebiet: Zivilprozessrecht

    Rechtsnorm: § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Zivilprozessordnung (ZPO)

    Der Text handelt von einem Gerichtsverfahren, in dem ein Berufungsgericht über die Rechtsfrage entscheidet, ob eine Klage nachträglich zu einer Teilklage werden kann. Hierbei kommt § 538 ZPO zum Einsatz. Diese Norm betrifft die Aufhebung und Zurückverweisung durch das Berufungsgericht. Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht entschieden, die Sache aufgrund des ergänzend gestellten Antrags der Klägerin zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

  2. Rechtsgebiet: Anwaltsrecht

    Rechtsnorm: Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO)

    Im konkreten Fall geht es um die Rückerstattung von Rechtsanwaltsgebühren. Hier spielen Aspekte des Anwaltsrechts eine entscheidende Rolle. Die BRAO regelt unter anderem die Pflichten eines Rechtsanwalts gegenüber seinem Mandanten. Im vorliegenden Fall könnte die genaue Auslegung der BRAO hinsichtlich der Gebührenrechnung des Beklagten eine Rolle spielen.

  3. Rechtsgebiet: Anwaltsvergütungsrecht

    Rechtsnorm: Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG)

    Das RVG regelt die Vergütung von Rechtsanwälten in Deutschland. Im vorliegenden Fall geht es um eine detaillierte Aufschlüsselung der Anwaltsgebühren für verschiedene Tätigkeiten. Das RVG könnte dabei herangezogen werden, um die Richtigkeit der Gebühren für die jeweiligen Tätigkeiten des beklagten Anwalts zu überprüfen.

  4. Rechtsgebiet: Allgemeines Zivilrecht

    Rechtsnorm: Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

    Obwohl es nicht ausdrücklich im Text erwähnt wird, spielt das allgemeine Zivilrecht eine wichtige Rolle in diesem Fall. Der Vertrag zwischen der Klägerin und dem beklagten Anwalt ist ein Dienstvertrag gemäß §§ 611 ff. BGB. Im Fall einer Streitigkeit über die Gebühren könnten also Aspekte des Vertragsrechts relevant sein.

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