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Unterhaltsanspruch: eigene Erwerbstätigkeit und hohes Alter

Oberlandesgericht Köln

AZ.: 4 UF 105/04

Urteil vom 18.01.2005

Vorinstanz: Amtsgericht Brühl, Az.: 32 F 427/02


Das OLG Köln hat auf die mündliche Verhandlung vom XX für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Brühl vom 5. Mai 2004 – 32 F 427/02 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten beider Rechtszüge trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Denn die Klägerin hat keinen Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten.

In Betracht käme lediglich ein Unterhaltsanspruch gemäß § 1573 Abs. 4 BGB, weil die Einkünfte der Klägerin, die sie nach der Scheidung aus ihrer Tätigkeit in einem Kindergarten bezogen hatte, nach nicht ganz zwei Jahren weggefallen sind.

Zwar geht die Rechtsprechung in der Regel davon aus, dass ein Arbeitsplatz erst nach Ablauf von zwei Jahren als

nachhaltig gesichert anzusehen ist und erst danach das Arbeitsplatzrisiko vom Unterhaltsberechtigten selbst zu tragen ist (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2000, 233; Palandt-Brudermüller, BGB, 63. Aufl., § 1573 RNr. 13; Münchener Kommentar/Maurer, BGB, 4. Aufl., § 1573 RNr. 25). So geht der Senat auch hier zugunsten der Klägerin nicht davon aus, dass ihr Unterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit bereits nachhaltig gesichert war.

Sie hat jedoch nicht dargetan, dass es ihr trotz der insoweit von ihr zu verlangenden Bemühungen nicht gelungen ist, eine neue Arbeitsstelle zu finden.

Hinsichtlich des Umfangs und der Intensität der zu verlangenden Bemühungen sind an den Unterhaltsberechtigten die gleichen Anforderungen wie an den Unterhaltspflichtigen zu stellen, so dass auch der Unterhaltsberechtigte die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass es ihm trotz ausreichender Bemühungen nicht gelungen ist, einen Arbeitsplatz zu finden (vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 8. Aufl., RNr. 572, 623 m. w. N.). Der Unterhaltsanspruch entfällt somit, wenn nicht auszuschließen ist, dass für den Berechtigten bei ausreichendem Bemühen eine reale Beschäftigungschance bestanden hat (Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O., RNr. 634 m. w. N.).

So liegt der Fall hier.

Zunächst gibt es keinen Erfahrungssatz, dass bestimmte Personen bzw. Personengruppen grundsätzlich nicht mehr in eine Erwerbstätigkeit vermittelbar sind. Zwar trifft es zu, dass die Arbeitsplatzsuche für Frauen ab Ende 40/Anfang 50 Jahren erschwert ist, ein Alter allerdings, das die Klägerin noch nicht erreicht hat. Aber auch hier kann nur in Ausnahmefällen ohne hinreichende Bemühungen vom Fehlen jeglicher Beschäftigungschance ausgegangen werden (so auch OLG Hamm, FamRZ 1999, 1011 m. w. N.).

Die Anforderungen an die Intensität der Arbeitssuche sind einerseits abhängig von den objektiven Erwerbsmöglichkeiten, die im Großraum L als einem dicht besiedelten, relativ strukturstarkem Gebiet nicht schlecht sind, und andererseits von den persönlichen Voraussetzungen des Suchenden.

Die persönlichen Voraussetzungen der Klägerin sind hinsichtlich ihrer Ausbildung nicht optimal, im übrigen aber nicht schlecht. So war sie bei Verlust der Stelle im Kindergarten gerade erst Anfang 40 Jahre alt, sie war ungebunden, gesund, und hatte auch während der Ehe gearbeitet. Es war daher von ihr zu erwarten, dass sie für die Suche nach einem Arbeitsplatz ebenso viel Zeit aufgewendet hätte, wie sie eine vollschichtige Erwerbstätigkeit, zu der sie unstreitig verpflichtet war, erfordert hat, so dass 20 – 30 Bewerbungsschreiben im Monat zumutbar sind (vgl. OLG Brandenburg NJWE-FER 2001,70,71; OLG Koblenz FamRZ 2000, 313 f; Kalthoener/Büttner/Niepmann, a.a.O. RNr. 619 f. m. w.N.).

Diesen Anforderungen hat die Klägerin nicht entsprochen.

In der Zeit von Juli 2001 bis Mai 2002, also in einer Zeit von 8 Monaten hat sie insgesamt lediglich 27 Bewerbungen, also 3 – 4 Bewerbungen pro Monat vorgelegt. Das ist absolut unzureichend.

Als sie im August 2002 die Halbtagsstelle bei der Post, die zudem befristet war, angetreten hat, hat sie jegliche weitere 13 Arbeitsplatzbemühungen eingestellt. Dazu war sie jedoch im Verhältnis zum unterhaltspflichtigen Beklagten nicht berechtigt. Denn sie war unstreitig verpflichtet, sich um eine Vollzeittätigkeit zu bemühen. Darauf ist sie ausdrücklich in dem gerichtlichen Vergleich zwischen den Parteien vom 02.09.1999 hingewiesen worden. Sie durfte sich deshalb nicht mit einer Halbtagsstelle begnügen und statt weiterer Erwerbsbemühungen den Beklagten auf aufstockenden Unterhalt in Anspruch nehmen. Es entlastet sie auch nicht, dass sie gehofft hat, die Stelle werde verlängert oder aufgestockt. Sie hätte diese Stelle wegen der eventuell vorhandenen Verlängerungs- bzw. Aufstockungsmöglichkeit zwar beibehalten können, sich aber weiterhin um eine Vollzeittätigkeit anderweitig bemühen oder eine weitere Teilzeitbeschäftigung annehmen müssen.

Nach Verlust der Stelle bei der Post hat sie sich zwar kurzfristig intensiver beworben. So hat sie für die Zeit von Juli 2003 bis Oktober 2003 insgesamt 33 Bewerbungen vorgelegt. Dies entspricht bei Berücksichtigung ihrer Halbtagsbeschäftigung noch im Juli und ihrer einmonatigen Erkrankung ab dem 25.08. rund 13 Bewerbungen pro Monat.

Für die Zeit danach sind aber keinerlei Bewerbungen mehr dokumentiert.

Da ihre Bewerbungsbemühungen insgesamt also als nicht ausreichend angesehen werden können, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie bei ausreichendem und rechtzeitigem Bemühen eine Stelle gefunden hätte, die sie in die Lage versetzt hätte, ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit sicher zu stellen. Dies gilt umso mehr, als ihr dies nach der Scheidung in den Jahren 2000 und 2001 bereits erfolgreich gelungen war. Denn in dieser Zeit hat sie keinen Unterhalt beansprucht. Es ist also davon auszugehen, dass sie ein Einkommen in der damaligen Höhe wieder erzielen könnte, hätte sie sich frühzeitig und ausreichend um Arbeit bemüht (BGH NJWE-FER 2001,7).

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO:

Berufungswert: 3.420,00 EUR (12 x 285,00 EUR).

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