OBERLANDESGERICHT KÖLN
Az.: 14 WF 109/02
Beschluss vom 18.07.2002
Vorinstanz: AG Euskirchen, Az.: 19 F 120/02
In der Familiensache hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln als Senat für Familiensachen am 18. Juli 2002 beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen den Prozesskostenhilfe verweigernden Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Euskirchen vom 17. Mai 2002 – 19 F 120/02 – wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Das beklagte Kind ist während der am 7. Mai 1993 geschlossenen und am 2. Juni 1999 geschiedenen Ehe seiner Mutter mit dem Kläger geboren worden. Der Kläger hat mit der Behauptung, er habe erst im Januar 2001 erfahren, dass er nicht der leibliche Vater des Kindes sei, eine Vaterschaft scheide auch wegen Zeugungsunfähigkeit aus, am 10. April 2002 Klage auf Feststellung der Nichtehelichkeit des Kindes eingereicht und hierfür Prozesskostenhilfe beantragt.
Demgegenüber hat das beklagte Kind geltend gemacht, die 2-jährige Anfechtungsfrist sei abgelaufen. Dem Kläger sei bereits seit 1993 bekannt gewesen, dass er nicht der leibliche Vater sei. Da der Kläger offensichtlich nicht in der Lage gewesen sei, den Kinderwunsch der Eheleute zu erfüllen, sei es mit Billigung des Klägers zu einer Zeugung des Kindes durch einen anderen Mann gekommen. Außerdem habe der Kläger bereits Ende 1997 durch anwaltliches Schreiben mit einer Vaterschaftsanfechtung gedroht.
Durch den angefochtenen Beschluss, auf den wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht dem Kläger die nachgesuchte Prozesskostenhilfe mit der Begründung verweigert, die beabsichtigte Rechtsverfolgung sei wegen Ablaufs der Anfechtungsfrist ohne Aussicht auf Erfolg.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, mit der er weiterhin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erstrebt.
II.
Die nach § 127 ZPO statthafte und auch im übrigen formell unbedenkliche Beschwerde des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat ihm die nachgesuchte Prozesskostenhilfe mit zutreffender Begründung, die durch das Beschwerdevorbringen nicht erschüttert wird, verweigert.
Zunächst ist festzuhalten, dass es eine Klage auf Feststellung der Nichtehelichkeit (genauer: Anfechtung der Ehelichkeit) seit Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes zum 1.7.1998 nicht mehr gibt. Statt dessen käme im vorliegenden Fall, wie das Amtsgericht zu Recht angenommen hat, nur eine Vaterschaftsanfechtungsklage in Betracht. Dem steht indes die Versäumung der 2-jährigen Anfechtungsfrist nach § 1600b BGB entgegen. Diese Frist beginnt mit der Kenntniserlangung von Umständen, die gegen die Vaterschaft sprechen. Solche Umstände waren hier jedenfalls durch die „medizinischen Feststellungen seiner Zeugungsunfähigkeit“, die in der Beschwerdebegründung angesprochen sind, gegeben und dem Kläger – davon ist nach seinem eigenen Vorbringen auszugehen – schon wesentlich länger als 2 Jahre vor Klageeinreichung bekannt. Ob er die medizinischen Festsstellungen angezweifelt hat, wie er mit der Beschwerde geltend macht, ist für den Fristbeginn unerheblich. Wer vor ihm bekannten, gegen die Vaterschaft sprechenden Umständen die Augen verschließt, kann dadurch den Beginn der Anfechtungsfrist nicht verhindern. Denn es ist nicht erforderlich, dass der Anfechtungsberechtigte aus den ihm bekannten Tatsachen die persönliche Überzeugung gewinnt, dass eine Vaterschaft ausgeschlossen sei. Insoweit genügt vielmehr der objektive Verdacht, es muss also lediglich aus der Sicht eines verständigen – nicht medizinisch geschulten – Betrachters aufgrund der dem Anfechtenden bekannten Umstände die Vaterschaft ernstlich in Frage gestellt bzw. die Nichtvaterschaft nicht ganz fern liegend erscheinen (Palandt/Diederichsen, BGB, 60. Aufl. 2001, Rdn. 9 zu § 1600b, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs).
Der Kläger konnte verständigerweise die aus den medizinischen Feststellungen seiner Zeugungsunfähigkeit abzuleitenden Bedenken gegen seine Vaterschaft auch nicht wegen der behaupteten Beteuerungen der Kindesmutter, er sei der Vater, aufgeben, zumal der Kläger andererseits vorgetragen hat, die Kindesmutter habe ihm während ehelicher Auseinandersetzungen erklärt, nicht der Kindesvater zu sein. Ein derartig ambivalentes Verhalten konnte bei einem verständigen Betrachter nicht zu der Überzeugung führen, die medizinischen Feststellungen zur Zeugungsunfähigkeit seien fehlerhaft.
Schließlich setzt sich die Beschwerde auch nicht mit dem anwaltlichen Schreiben vom 5.12.1997 (Bl. 12f. GA) auseinander, in welchem für den Kläger vorgetragen worden ist, die Kindesmutter habe die Vaterschaft des Klägers „nachhaltig“ bestritten, weswegen eine gerichtliche Vaterschaftsanfechtung in Betracht gezogen werde. Auch dies steht der Annahme einer erst 2001 in Gang gesetzten Anfechtungsfrist entgegen.