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Verkehrsunfall – Kollision bei unzulässigem Wechsel auf den rechten Seitenstreifen der Autobahn

LG Koblenz – Az.: 5 S 34/18 – Urteil vom 05.09.2019

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts C vom 16.05.18, Az. 22 C 403/17, wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 672,36 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.06.2017 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwälte C., M. mbB in Höhe von 100,86 € freizustellen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits I. Instanz tragen der Kläger 50 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 50 %, die Kosten II. Instanz tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 672,36 € festgesetzt.

Gründe

Auf den Tatbestand der erstinstanzlichen Entscheidung wird Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 115 VVG in Höhe von insgesamt 672,36 €.

Die Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge gemäß § 17 Abs. 1, 2 StVG führt vorliegend zu einer Haftung der Beklagten in Höhe von 50 %.

Gegen den Kläger spricht, dass er entgegen § 2 Abs. 1 StVO den rechten Seitenstreifen befuhr. Das Befahren des rechten Seitenstreifens war weder angeordnet noch in der konkreten Situation zulässig. Es lag kein Not- oder Ausnahmefall (s. beispielhaft Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 18 StVO RN 14 b) vor, der den Kläger berechtigt hätte, den Seitenstreifen zu befahren. Auf einen solchen beruft er sich selbst nicht.

Dass er nach Abbruch seines Überholversuchs nach rechts ausweichen wollte, um ein Auffahren auf den LKW zu verhindern, entlastet ihn nicht bzw. rechtfertigt die Benutzung des rechten Seitenstreifens nicht.

Soweit das Amtsgericht im Rahmen der Abwägung nach § 17 Abs. 2 StVG zu Lasten des Klägers wertet, er sei unter Verstoß gegen § 4 Abs. 1 S. 1 StVO mit zu geringem Abstand zum LKW gefahren, kann dem nicht gefolgt werden, denn dieser Verstoß hat sich nicht unmittelbar unfallverursachend ausgewirkt.

Verkehrsunfall - Kollision bei unzulässigem Wechsel auf den rechten Seitenstreifen der Autobahn
(Symbolfoto: Von Stanislav Duben/Shutterstock.com)

Den Beklagten zu 1) trifft ebenfalls ein Verstoß gegen § 2 Abs. 1 StVO, denn auch für ihn war das Befahren des rechten Seitenstreifens der Autobahn in der konkreten Situation nicht erlaubt. Ein Notfall lag auch für ihn nicht vor. Allein der Umstand, dass sich infolge eines vorangegangenen Unfalls auf der linken Fahrbahn ein Stau gebildet hatte, rechtfertigt nicht die Mitbenutzung des rechten Seitenstreifens, unabhängig davon, ob dies durch andere Verkehrsteilnehmer so gehandhabt wurde oder der vor dem Amtsgericht vernommene Zeuge PHK Maur diese Fahrweise als „vollkommen korrekt“ erachtete.

Darüber hinaus trifft den Beklagten zu 1) ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO.

§ 7 Abs. 5 StVO, wonach ein Fahrstreifen nur gewechselt werden darf, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist, findet keine Anwendung. Der Beklagte zu 1) wollte von dem rechten Fahrstreifen auf den rechten Seitenstreifen wechseln. Letzterer ist gem. § 2 Abs. 1 S. 2 StVO aber nicht Bestandteil der Fahrbahn und § 7 Abs. 5 StVO gilt nur für Fahrstreifen bzw. für alle die Voraussetzungen des § 7 StVO erfüllenden Fahrbahnen (Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Aufl. 2016, § 7 StVO RN 21).

Gleichwohl oblag es dem Beklagten zu 1), bei seinem Wechsel besondere Sorgfalt walten zu lassen und sich insbesondere zu vergewissern, dass durch sein Fahrmanöver kein anderes Fahrzeug auf dem Seitenstreifen gefährdet werden würde. Selbst für den Ausnahmefall des zulässigen Befahrens des Seitenstreifens (etwa zur Bildung einer freien Gasse, § 11 Abs. 2 StVO, wie es von dem Beklagtenvertreter im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 16.08.2019 erstmals behauptet wird und von dem Beklagten zu 1) selbst nicht angegeben wurde, Bl. 28 der beigezogenen Ermittlungsakte) ist dieses nur mit äußerster Vorsicht vorzunehmen (Hentschel u.a., a.a.O., § 18 StVO RN 14 b m.w.N.).

Der Beklagte zu 1) hat die ihm obliegenden besonderen Sorgfaltspflichten nicht ausreichend beachtet, denn bei Beachtung derselben hätte er das Fahrzeug des Klägers rechtzeitig erkennen und seinen Fahrstreifenwechsel zurückstellen müssen. Der Sachverständige Dipl.-Ing. C hat insoweit anschaulich ausgeführt, dass der auf dem Seitenstreifen fahrende PKW des Klägers für den Beklagten zu 1) anlässlich einer zweiten Rückschau kurz vor dem eigenen Fahrstreifenwechsel zu sehen gewesen wäre. Die Kammer macht sich die überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen zu eigen.

Bei der Abwägung dieser Verursachungsbeiträge ist eine Haftungsteilung (50:50) anzunehmen.

Ausgehend von einer Haftungsquote von 50 % ist der Anspruch des Klägers in Höhe von 672,36 € begründet (unstreitige Nettoreparaturkosten in Höhe von 1.319,77 € + allgemeine Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 €, davon 50%).

Der Kläger hat des weiteren den beantragten Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 100,86 €. Soweit die Rechtsanwaltskosten aus dem berechtigten Gegenstandswert von 672,36 € mit 147,56 € höher sind, ist die Kammer an den Antrag gebunden, § 528 ZPO.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 10 Satz 1, 543 Abs. 2 ZPO.

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