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Verkehrsunfall – Nutzungsausfallentschädigung für 565 Tage bei verweigerter Schadensregulierung

Die Folgen eines Verkehrsunfalls: Eine rechtliche Analyse

Am 6. Februar 2013 fällte das LG Aachen ein Urteil (Az.: 11 O 189/12), das sich intensiv mit den komplexen Einzelheiten eines Verkehrsunfalls beschäftigte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 11 O 189/12 >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das LG Aachen hat in einem Urteil vom 06.02.2013 über die Nutzungsausfallentschädigung nach einem Verkehrsunfall entschieden, bei dem die Schadensregulierung verweigert wurde. Die Beklagten wurden verurteilt, dem Kläger verschiedene Beträge zu zahlen.

  1. Der Fall betrifft einen Verkehrsunfall vom 05.03.2010 zwischen einem PKW Ford Escort (Kläger) und einem PKW BMW (Beklagter).
  2. Das klägerische Fahrzeug stand zum Zeitpunkt des Unfalls, als es vom Beklagtenfahrzeug touchiert wurde.
  3. Der Kläger ließ den Schaden an seinem Fahrzeug erst am 5.10.2010 begutachten, da ihm die finanziellen Mittel fehlten.
  4. Es wurde ein wirtschaftlicher Totalschaden am klägerischen Fahrzeug festgestellt.
  5. Der Kläger hat Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von insgesamt 14.775,96 EUR.
  6. Die Beklagten müssen dem Kläger verschiedene Beträge zahlen, einschließlich der Kosten für das Gutachten und entgangenen Gebrauchsvorteile für 565 Tage.
  7. Die Beklagten haben die Schadensregulierung trotz mehrfacher Aufforderung verweigert.
  8. Das Urteil basiert hauptsächlich auf dem Gutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. N vom 22.03.2012.

Hintergrund des Falles

Nutzungsausfallentschädigung trotz verweigerter Schadensregulierung
(Symbolfoto: Studio Romantic /Shutterstock.com)

Die Parteien stritten über die Konsequenzen eines Verkehrsunfalls, der am 5. März 2010 stattfand. Der Kläger war Eigentümer eines PKW Ford Escort, während der Beklagte zu 1) zum Zeitpunkt des Unfalls Fahrer eines PKW BMW war, der bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert war.

Der Unfallhergang

Am besagten Tag gegen 14:20 Uhr fuhr der Beklagte zu 2) die M-Straße in C hinunter. Beim Versuch, sein Fahrzeug auf dem rechten Seitenstreifen zu parken, kollidierte er mit dem linken Kotflügel des klägerischen Fahrzeugs.

Finanzielle Auswirkungen

Nach dem Unfall hatte der Kläger nicht sofort die finanziellen Mittel, den Schaden an seinem Fahrzeug begutachten zu lassen. Erst auf anwaltlichen Rat hin erfolgte die Begutachtung am 5. Oktober 2010. Die Kosten für diese Begutachtung beliefen sich auf 400,96 EUR. Zusätzlich entstanden Gerichtsvollzieherkosten in Höhe von 179,09 EUR.

Gerichtliche Entscheidung

Das Gericht entschied, dass der Beklagte zu 1) die alleinige Verantwortung für die Kollision der beiden Fahrzeuge trägt. Dies basierte auf dem Gutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. N vom 22. März 2012. Das Gutachten kam zu dem Schluss, dass das Fahrzeug des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalls stand.

Schadensersatzansprüche

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von insgesamt 14.775,96 EUR. Dies beinhaltet die Kosten für das Gutachten, entgangene Gebrauchsvorteile des beschädigten PKW und die Rechtsanwaltskosten.

Schlussfolgerung

Dieser Fall unterstreicht die Bedeutung einer gründlichen rechtlichen Prüfung nach einem Verkehrsunfall. Es ist entscheidend, alle Fakten zu berücksichtigen und sicherzustellen, dass die Rechte aller Beteiligten gewahrt werden. Das Urteil des LG Aachen bietet eine klare Richtlinie für ähnliche Fälle in der Zukunft.

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Nutzungsausfallentschädigung nach Verkehrsunfall – kurz erklärt


Die Nutzungsausfallentschädigung ist eine Entschädigung, die Personen in Deutschland geltend machen können, wenn sie unverschuldet an einem Unfall beteiligt waren und ihr Fahrzeug in der Werkstatt repariert wird. Diese Entschädigung dient als Ausgleich dafür, dass sie ihr eigenes Fahrzeug während der Reparaturzeit nicht nutzen können. Die Dauer, für die diese Entschädigung gezahlt wird, ist rechtlich nicht festgelegt. In der Regel wird sie jedoch für die Dauer der Reparatur gewährt. Versicherungen übernehmen die Kosten jedoch normalerweise nicht länger als 14 Tage ab dem Unfalltag. Selbst wenn eine Person ein Zweitfahrzeug besitzt, kann sie dennoch eine Nutzungsausfallentschädigung erhalten. Der Betrag wird anhand der Reparaturdauer oder des Wiederbeschaffungszeitraums im Falle eines Totalschadens bestimmt. Diese Berechnung erfolgt mit Hilfe der Nutzungsausfalltabelle (Eurotax Schwacke), die Daten für mehr als 38.000 Fahrzeugmodelle enthält. Es ist wichtig zu beachten, dass laut Bundesgerichtshof keine Entschädigung gezahlt wird, wenn die betroffene Person ein Fahrzeug von einem Bekannten oder Verwandten kostenlos oder zu einem reduzierten Preis erhält. In solchen Fällen kompensiert das Ersatzfahrzeug den verlorenen Nutzungsausfall.


§ Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil sind u.a.:

  1. Straßenverkehrsrecht (StVG): In diesem Fall geht es um einen Verkehrsunfall und die daraus resultierenden Ansprüche. Der § 17 Abs. 3 StVG wird explizit erwähnt, welcher die Haftungsverteilung bei Verkehrsunfällen regelt. Es wird diskutiert, ob das Unfallereignis für den Kläger ein unabwendbares Ereignis war und inwiefern die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs zurücktritt.
  2. Zivilprozessrecht (ZPO): Es werden verschiedene Regelungen der ZPO, wie § 415 ZPO und § 287 ZPO, im Kontext der Beweisaufnahme und Schadensschätzung genannt. Diese Regelungen betreffen die Vorlage von Urkunden im Prozess und die Schätzung von Schäden.
  3. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Der § 254 BGB, welcher das Mitverschulden regelt, wird im Zusammenhang mit der Frage diskutiert, ob und inwiefern sich der Kläger ein Mitverschulden anrechnen lassen muss. Es geht darum, ob der Kläger trotz Mahnung keinen Vorschuss erhalten hat und ob ihm die Verzögerung zum Nachteil gereichen kann.


Das vorliegende Urteil

LG Aachen – Az.: 11 O 189/12 – Urteil vom 06.02.2013

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von Ansprüchen der E B GmbH, I-straße ., .. T zu deren Rechnungs-Nr. …. vom 08.10.2010 in Höhe von 400,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2012 durch Zahlung freizustellen; an den Kläger 1.380,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.12.2010 zu zahlen; an den Kläger 12.995,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.07.2012 zu zahlen; den Kläger von Ansprüchen des Rechtsanwaltes X H, Q-str. .. a, .. C auf dessen Rechnung vom 02.05.2012 in Höhe von 899,40 EUR durch Zahlung freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Folgen aus einem Verkehrsunfall vom 05.03.2010.

Der Kläger ist Halter eines PKW Ford Escort, amtliches Kennzeichen .1. Der Beklagte zu 1) war im Unfallzeitpunkt Fahrer des PKW BMW, amtliches Kennzeichen .2, der bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist.

Zum Unfallzeitpunkt gegen 14:20 Uhr am 05.03.2010, fuhr der Beklagte zu 2) die M-straße in C hinunter. Ungefähr in Höhe der Hausnummer 3 lenkte der Beklagte zu 1) sein Fahrzeug auf den rechten Seitenstreifen, um es dort zu parken. Dabei stieß er mit der rechten Seite mit dem linken Kotflügel des klägerischen Fahrzeugs zusammen.

In Ermangelung finanzieller Mittel ließ der Kläger in der Folge zunächst den Schaden an seinem Fahrzeug nicht begutachten. Er bemühte sich erfolglos um eine Kreditfinanzierung der Gutachterkosten. Die Begutachtung erfolgte dann erst am 5.10.2010 auf anwaltlichen Rat. Die Gutachterkosten (E), die unter dem 8.10.2010 in Rechnung gestellt wurden, belaufen sich auf 400,96 EUR. Im Zusammenhang mit der Nichtzahlung der Begutachtung entstanden zudem Gerichtsvollzieherkosten in Höhe von 179,09 EUR.

Es wurde ein wirtschaftlicher Totalschaden (1.550,00 EUR Wiederbeschaffungswert bei einem Restwert von 170,00 EUR) und die fehlende Verkehrssicherheit des Fahrzeugs festgestellt, weshalb der Kläger das Fahrzeug im Anschluss an die Gutachtenerstellung ab dem 12.10.2010 nicht mehr nutzte. Die Nutzung vor diesem Zeitpunkt ist zwischen den Parteien streitig.

Beginnend mit klägerischem Schreiben vom 10.03.2010 fand zwischen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und der Beklagten zu 2) ein Schriftwechsel statt, in welchem Letztere wiederholt zur Regulierung aufgefordert wurde mit dem Hinweis, dass es dem Kläger aus eigenen Mitteln nicht möglich sei, ein neues Fahrzeug anzuschaffen. Für die Einzelheiten dieses Schriftwechsels wird auf die Anlagen K 6 – 8 zur Klageschrift (Bl. 41 ff. GA) verwiesen. Die Regulierung, für die mit anwaltlichem Schreiben Frist bis zum 30.11.2010 gesetzt wurde, wurde unter anderem mit Hinweis auf ein laufendes amtsgerichtliches Verfahren zum selben Sachverhalt abgelehnt. Auch nachdem in jenem Verfahren das Sachverständigengutachten erstellt worden war, erfolgte keine Regulierung seitens der Beklagten zu 2).

Der Kläger behauptet, im Unfallzeitpunkt mit seinem Fahrzeug gestanden zu haben. Er behauptet zudem, das Fahrzeug in dem halben Jahr zwischen Unfallereignis und Gutachtenerstellung durchweg genutzt zu haben.

Der Kläger beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, folgende Zahlungen zu erbringen:

1. den Kläger von Ansprüchen der E B GmbH, I-straße ., .. T zu deren Rechnungs-Nr. …. vom 08.10.2010 in Höhe von 400,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2012 durch Zahlung freizustellen;

2. Den Kläger von weiteren Ansprüchen der E in Höhe von 179,09 EUR gem. Vollstreckungsprotokoll des OGV I1 C1 durch Zahlung freizustellen.

3. an den Kläger 1.405,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.12.2010 zu zahlen;

4. an den Kläger 12.995,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klageschrift zu zahlen;

5. den Kläger von Ansprüchen des Rechtsanwaltes X H, I-str. 4 a, .. C gem. dessen Rechnung vom 02.05.2012 in Höhe von 899,40 EUR durch Zahlung freizustellen.

Der Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, der Kläger sei in dem Moment angefahren, in dem der Beklagte zu 1) den rechten Fahrbahnrand ansteuern wollte, weshalb es zur Kollision der beiden Fahrzeuge gekommen sei. Dabei habe der Beklagte zuvor den Fahrtrichtungsanzeiger rechts gesetzt. Der Kläger sei aus Unachtsamkeit losgefahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.01.2013 (Bl. 110 GA) Bezug genommen.

Der Beklagte hat für den Unfallhergang Beweis angeboten durch Vernehmung der Zeugin X1. Das Gericht hat die Akte 115 C 419/10 des Amtsgerichts Aachen einschließlich des darin enthaltenen unter dem 22.03.12 erstellten Unfallrekonstruktionsgutachtens des Sachverständigen Dr. Ing. N beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 07.01.2013 gemacht. Das amtsgerichtliche Verfahren – beendet mit Urteil vom 03.08.2012 (rechtskräftig) – betrifft dasselbe Unfallereignis und wurde vom hiesigen Beklagten zu 1) als Kläger geführt.

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Die Klageschrift ist den Beklagten am 05.07.2012 zugestellt worden.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in dem zuerkannten Umfang begründet. Im Übrigen ist sie nicht begründet.

I.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von insgesamt 14.775,96 EUR gemäß den §§ 7, 17 Abs. 3 StVG, 823 Abs. 1, 249 BGB.

Den Beklagten zu 1) trifft die ausschließliche Verantwortlichkeit für die Kollision der beiden Fahrzeuge, weil das Unfallereignis 05.03.2010 für den Kläger ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG war. Unabwendbar ist ein Ereignis, das auch durch äußerste mögliche Sorgfalt nicht abgewendet werden kann.

Denn es ist davon auszugehen, dass das klägerische Fahrzeug stand, als es vom Beklagtenfahrzeug touchiert wurde. Damit tritt die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs vollständig zurück. Hierfür war der Kläger beweisbelastet. Der Sachverhalt steht zur hinreichenden Überzeugung des Gerichts fest aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Dr.-Ing. N vom 22.03.2012, welches für das amtsgerichtliche Verfahren (AG Aachen 115 C 419/10) zum identischen Sachverhalt eingeholt wurde. Das Gutachten konnte im hiesigen Verfahren Verwendung finden gemäß § 411a ZPO. Die im vorliegenden Verfahren beim Kläger liegende Beweislast ändert hieran nichts.

Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass aus den Schäden an der linken vorderen Ecke des klägerischen Pkw mit äußerster Wahrscheinlichkeit darauf geschlossen werden kann, dass der Pkw des Klägers im Unfallzeitpunkt stand. Hierfür sprach die Lage des Splitterfeldes und dessen Ausprägung. Eine rechnergestützte Simulation anhand der verfügbaren Materialien ergab einen Ablauf, der sowohl mit den Schäden an der linken vorderen Ecke des klägerischen Fahrzeuges als auch mit dem Splitterabwurf konform ist.

Soweit beim Sachverständigen geringe Restzweifel hinsichtlich eines langsamen Vorwärtsfahrens des Klägers verblieben, waren diese maßgeblich der Tatsache geschuldet, dass die Beklagten im amtsgerichtlichen Verfahren – trotz mehrfacher Aufforderung – keine Dokumentation zum Schadensverlauf am Beklagtenfahrzeug in das Verfahren eingebracht haben. Dieser Obliegenheitsverletzung wurde, obwohl sie auch für das vorliegende Verfahren von vornherein bekannt war, nicht durch entsprechenden Sachvortrag begegnet.

Eine Vernehmung der Zeugin X1, der Lebensgefährtin des Beklagten zu 1), war nicht erforderlich. Ihre Vernehmung erfolgte bereits im Prozess vor dem Amtsgericht Aachen. Diese konnte als Urkunde in den hiesigen Prozess eingeführt werden, § 415 ZPO. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme des amtsgerichtlichen Verfahrens, war sie aus einer Reihe von Zeugen die Einzige, die im vorliegenden Prozess voraussichtlich die Beklagtenversion hätte bestätigen können. Auch für den Fall einer entsprechenden Bestätigung wäre die Vernehmung der Zeugin nicht geeignet gewesen, ein anderes Verfahrensergebnis zu zeitigen. Die Aussage, der als dessen Freundin deutlich im Lager des Beklagten zu 1) stehenden Zeugin, war dem Sachverständigen im amtsgerichtlichen Verfahren bekannt und hat bei dessen Gutachtenerstellung Berücksichtigung gefunden. Sie war im Ergebnis nicht mit den wohl begründeten Feststellungen des Sachverständigen in Einklang zu bringen.

II.

Im Hinblick auf die Schadenshöhe gilt das Folgende:

Die Kosten der Erstellung des Gutachtens in Höhe von 400,96 EUR waren als erforderliche Kosten der Schadensfeststellung anzusehen, § 249 BGB (vgl. dazu Palandt/Grüneberg, § 249, Rdn. 58).

Dies galt allerdings nicht für die geltend gemachten Vollstreckungskosten in Höhe von 179,09 EUR, die dem Kläger bei der Beitreibung der Kosten des Gutachtens durch den Gerichtsvollzieher entstanden sind. Denn es nicht mehr vom Schutzzweck der Norm des § 7 StVG gedeckt, die Kosten eines Vollstreckungsverfahren für die Beitreibung von Schadensfeststellungskosten mit zu ersetzen. Diese sind ausschließlich der Risikosphäre des Klägers zuzuordnen.

Der Kläger kann dagegen grundsätzlich Ersatz der entgangenen Gebrauchsvorteile des unfallbeschädigten PKW für 565 Tage verlangen. Durch die Beschädigung des Fahrzeuges wurde dem Kläger für diesen Zeitraum (beginnend mit dem 12.10.2010) die Nutzungsmöglichkeit entzogen, weil die Begutachtung die fehlende Verkehrstauglichkeit ergeben hat. Der Kläger hatte auch den erforderlichen Nutzungswillen, der zugunsten eines Fahrzeugshalters ohnehin vermutet werden kann. Soweit die Beklagten einwenden, dass die erst nach einem halben Jahr erfolgte Begutachtung das Vorliegen eines Nutzungswillens widerlege, ist dem zweierlei entgegenzuhalten: Die Begründung, wirtschaftlich nicht zur Begutachtung in der Lage zu sein war nachvollziehbar und hat sich letztlich auch im Tätigwerden eines Gerichtsvollziehers realisiert. Der Kläger hat zudem Anstrengungen dargelegt, die Begutachtung im Kreditwege zu bewerkstelligen. Die bis zur Begutachtung gleichwohl erfolgte Nutzung sprach dann ganz im Gegenteil für den bestehenden Nutzungswillen ab dem Zeitpunkt der erforderlichen Nutzungsunterlassung. Soweit die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 07.01.2012 die Nutzung des beschädigten Pkw durch den Kläger für das erste halbe Jahr nach dem Unfall bestritten haben, war dieses Vorbringen als unsubstantiiert zu bewerten. Damit konnte dahin stehen, inwieweit das Vorbringen auch – wie klägerseitig gerügt – als verspätet zu bewerten gewesen wäre, weil eine Beweiserhebung über die seinerzeitige klägerische Nutzung den Rechtsstreit erheblich verzögert hätte, § 296 ZPO.

Die Höhe der entgangenen Gebrauchsvorteile war hier gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Danach ist es vertretbar, wie klägerseitig vorgetragen, die Schätzung auf Grundlage der so genannten Schwackeliste für Nutzungsausfälle vorzunehmen. Ebenfalls war es sachgerecht dabei für ein Fahrzeug des Typs Ford Escort mit einer Gesamtfahrleistung von ca. 150.000 km und einer Erstzulassung in 1998 von der untersten Fahrzeugkategorie auszugehen, wonach laut Kläger pro Nutzungstag 23,00 EUR in Ansatz zu bringen sind. Dasselbe Ergebnis ergibt sich aus der vom Gericht in Bezug genommenen Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch (siehe dazu auch Palandt/Grüneberg, § 249, Rdn. 44), unterste Kategorie, in ihrer aktuellen Fassung zum Nutzungsausfallschaden.

Eine Kürzung wegen Mitverschuldens, § 254 BGB muss sich der Kläger nicht anrechnen lassen. Der Geschädigte Kläger hat bei der Beklagten zu 2) unverzüglich die Regulierung angemeldet und in der Folge auf das steigende Kostenrisiko wegen der Unmöglichkeit der Ersatzbeschaffung hingewiesen, vgl. zum Ganzen Palandt/Grüneberg, § 254 Rdn. 43. Erhält der Geschädigte trotz Mahnung keinen Vorschuss, kann ihm die Verzögerung nicht zum Nachteil gereichen, wenn – wie hier – substantiiert dargelegt ist, dass eine erforderliche Ersatzbeschaffung weder aus Eigen- noch aus Fremdmitteln möglich war. Damit war hier zugrunde zu legen, dass eine Ersatzbeschaffung vollständig ausgeschlossen war.

Der Anspruch auf Freistellung der zur außergerichtlichen Rechtsverfolgung erforderlichen und nicht bezahlten Rechtsanwaltskosten besteht aus Verzugsgesichtspunkten gemäß § 286 Abs. 1 BGB bei einer 1,3 Geschäftsgebühr auf einen Streitwert von 14.980,05 EUR (bis 16.000,00 EUR) in Höhe von 735,80 EUR zuzüglich 20,00 EUR Pauschale zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer, also gesamt 899,40 EUR.

Die jeweiligen Zinsansprüche sind aus §§ 286, 288 Abs. 1 S. 2 BGB begründet.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 709 S. 1 u. 2 ZPO.

Streitwert: 14.980,05 EUR,

FAQ zum Urteil


  • Was ist eine Nutzungsausfallentschädigung? Die Nutzungsausfallentschädigung ist eine Entschädigung, die in Deutschland geltend gemacht werden kann, wenn Personen unverschuldet an einem Unfall beteiligt waren und ihr Fahrzeug in der Werkstatt repariert wird. Sie dient als Ausgleich dafür, dass das Fahrzeug während der Reparaturzeit nicht genutzt werden kann.
  • Wie lange wird die Nutzungsausfallentschädigung gewährt? Die genaue Dauer der Nutzungsausfallentschädigung ist rechtlich nicht festgelegt. In der Regel wird sie jedoch für die Dauer der Reparatur gewährt. Allerdings übernehmen Versicherungen die Kosten in der Regel nicht länger als 14 Tage ab dem Unfalltag.
  • Was war der Hintergrund des Falles vor dem LG Aachen am 6. Februar 2013? Es ging um die Konsequenzen eines Verkehrsunfalls vom 5. März 2010. Der Kläger besaß einen PKW Ford Escort, während der Beklagte zu 1) zum Unfallzeitpunkt einen PKW BMW fuhr, der bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert war.
  • Welche finanziellen Auswirkungen hatte der Unfall für den Kläger? Der Kläger konnte nach dem Unfall den Schaden an seinem Fahrzeug nicht sofort begutachten lassen, da ihm die finanziellen Mittel fehlten. Die Begutachtung kostete ihn später 400,96 EUR. Zudem entstanden ihm Gerichtsvollzieherkosten von 179,09 EUR.
  • Welche Entscheidung traf das Gericht in Bezug auf die Schuldfrage? Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der Beklagte zu 1) die alleinige Verantwortung für die Kollision der beiden Fahrzeuge trug. Diese Entscheidung basierte auf einem Gutachten, welches feststellte, dass das Fahrzeug des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalls stand.

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