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Verkehrsunfall – Türöffnen zum Abschnallen eines Kindes

Verkehrsunfall am Gehweg: Haftung im Fall des Türöffnens

Bei der Sicherheit im Straßenverkehr spielen viele Faktoren eine Rolle, insbesondere wenn es um das Wohl unserer Kinder geht. Ein häufiges Szenario, das zu Verkehrsunfällen führt, ist das Öffnen von Autotüren, insbesondere wenn Eltern versuchen, ihre Kinder sicher aus dem Fahrzeug zu nehmen. Hierbei entstehen oft Schadensersatzansprüche, die die Frage aufwerfen, wer im Falle eines Unfalls die Verantwortung trägt. Ist es der Fahrer, der möglicherweise nicht genügend Abstand gehalten hat, oder die Person, die die Tür geöffnet hat? Die Einhaltung der Verkehrsvorschriften, insbesondere das Rücksichtnahmegebot, ist hierbei von zentraler Bedeutung. Ebenso relevant sind die Umstände des Unfallhergangs und die Rolle von Sachverständigengutachten bei der Klärung solcher Fälle. In diesem Kontext wird auch das Thema Kindersicherheit und Verkehrssicherheit besonders hervorgehoben, da es um die Sicherheit unserer jüngsten Verkehrsteilnehmer geht. Das Parken auf Gehwegen und die damit verbundenen Risiken sind ebenfalls ein Aspekt, der in solchen Situationen berücksichtigt werden muss.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 C 312/14   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Amtsgericht Menden entschied, dass der Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagten hat, da die Beklagte zu 1) bereits das Kind im Auto abschnallte, als der Kläger vorbeifuhr und die Tür des Autos bereits geöffnet war.

Zentrale Punkte des Urteils:

  1. Verkehrsunfall ereignete sich, als die Beklagte zu 1) die Tür ihres Autos öffnete, um ihr Kind abzuschnallen.
  2. Der Kläger behauptete, die Türöffnung habe den Unfall verursacht und forderte Schadensersatzansprüche in Höhe von 4.546,16 €.
  3. Die Beklagte zu 1) gab an, dass sie bereits mit dem Abschnallen des Kindes begonnen hatte, als der Kläger vorbeigefahren sei.
  4. Das Gericht führte eine Beweisaufnahme durch, einschließlich der Vernehmung von Zeugen.
  5. Die Beklagte zu 1) war bereits im Auto gebeugt und beschäftigt, als der Kläger vorbeifuhr.
  6. Das Gericht stützte seine Entscheidung hauptsächlich auf die glaubhaften Aussagen der Beklagten zu 1) und des Zeugen B.
  7. Ein Sachverständigengutachten bestätigte technische Details des Unfalls.
  8. Das Gericht entschied, dass die Beklagte zu 1) kein Verschulden trifft und der Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagten hat.

Unfallhergang und erste Behauptungen

Verkehrsunfall am Gehweg: Haftung im Fall des Türöffnens
(Symbolfoto: ORION PRODUCTION /Shutterstock.com)

Am 02.06.2014 gegen 9:50 Uhr ereignete sich ein Verkehrsunfall auf der Straße H in N, genauer gesagt in Höhe der Hausnummer 15. Der Kläger, Eigentümer des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX XXXX, fuhr in Fahrtrichtung „A“. Währenddessen stand ein bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichertes Fahrzeug, bezeichnet als P, mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX XXX, auf einem Parkplatz am rechten Gehweg. Der Kläger behauptete, dass die Beklagte zu 1) die Tür des P unmittelbar vor seinem Vorbeifahren geöffnet habe, möglicherweise als er noch 5-7m entfernt war. Er führte weiter aus, dass er eine Vollbremsung eingeleitet habe, jedoch erst nach dem Vorbeifahren am P zum Stehen gekommen sei. Ein entgegenkommendes Fahrzeug hinderte ihn am Ausweichen, weshalb der Unfall für ihn unvermeidbar gewesen sei. Ervertrat die Ansicht, dass ein Anscheinsbeweis aufgrund des Türöffnens gegen die Beklagte zu 1) spreche. Er forderte Schadensersatzansprüche in Höhe von insgesamt 4.546,16 €.

Gegenargumente und Sichtweise der Beklagten

Die rechtliche Auseinandersetzung entstand aus unterschiedlichen Darstellungen des Unfallhergangs. Während der Kläger behauptete, die Beklagte zu 1) habe die Tür des P unmittelbar vor seinem Vorbeifahren geöffnet, gaben die Beklagten an, dass die Beklagte zu 1) den P geparkt habe und sich zum Fahrzeug begeben habe, um ihren zweijährigen Kind auszunehmen. Sie habe bereits mit dem Abschnallen des Kindes begonnen, als der Kläger vorbeigefahren sei. Die Beklagte zu 1) betonte, dass sie sich über das Kind gebeugt habe, da es Fieber hatte, und es dann erst abgeschnallt habe. Sie behauptete, der Kläger habe nicht genügend Seitenabstand gehalten.

Beweisaufnahme und Gerichtsentscheidung

Das rechtliche Problem und die Herausforderung in diesem Fall lagen in der Klärung der Schuldfrage. Es ging darum, ob die Beklagte zu 1) durch das Türöffnen den Verkehrsunfall verursacht hatte oder ob der Kläger durch unzureichenden Seitenabstand den Unfall verursacht hatte. Die Beweisaufnahme durch das Gericht umfasste die Vernehmung von Zeugen und die Einholung von Sachverständigengutachten.

Das Amtsgericht Menden entschied, dass der Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagten hat. Die Abwägung der Mitverursachungsanteile ergab eine Haftungsquote von 100% zu Lasten des Klägers. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der Kläger gegen seine Rücksichtnahmegebot verstoßen hat und die Beklagte zu 1) kein Verschulden trifft. Die Beweisaufnahme entkräftete den Anscheinsbeweis, den der Kläger geltend gemacht hatte. Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte zu 1) bereits in das Auto gebeugt war und mit dem Abschnallen des Kindes beschäftigt war, als der Kläger vorbeifuhr. Die Tür war bereits so lange geöffnet, dass vor dem Kläger schon ein oder zwei Autos am P vorbeigefahren waren.

Schlussfolgerungen und Bedeutung des Urteils

Die Entscheidung des Gerichts basierte hauptsächlich auf den glaubhaften Aussagen der Beklagten zu 1) und des Zeugen B. Das Sachverständigengutachten bestätigte, dass ein Öffnungswinkel der Tür von 30-45° technisch plausibel ist und die Angaben des Klägers zur Vollbremsung während der Kollision wahr sind.

Abschließend ist zu sagen, dass dieses Urteil die Bedeutung der Rücksichtnahme im Straßenverkehr unterstreicht. Es zeigt, dass jeder Verkehrsteilnehmer seine Umgebung stets im Blick haben und auf unerwartete Situationen vorbereitet sein sollte. Das Urteil betont auch die Wichtigkeit glaubhafter Zeugenaussagen und Sachverständigengutachten bei der Klärung von Unfallursachen. Es ist ein Beispiel dafür, wie komplexe und vielschichtige rechtliche Auseinandersetzungen im Straßenverkehr sein können und wie wichtig es ist, sich im Falle eines Unfalls rechtlich beraten zu lassen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Anscheinsbeweis im Zivilrecht: Verkehrsunfälle und Türöffnen

Der Anscheinsbeweis ist eine Methode der mittelbaren Beweisführung im Zivilrecht, die es ermöglicht, aufgrund von Erfahrungssätzen Schlüsse von bewiesenen auf zu beweisende Tatsachen zu ziehen. Er wird häufig bei der Feststellung von Kausalität und Verschulden in Zivilprozessen angewendet, insbesondere bei Verkehrsunfällen.

Voraussetzungen des Anscheinsbeweises

Ein Anscheinsbeweis kann angenommen werden, wenn ein bestimmter Sachverhalt festgestellt wird, der nach der Lebenserfahrung regelmäßig auf eine bestimmte Ursache schließen lässt. Der Anscheinsbeweis kann erschüttert werden, indem Tatsachen vorgetragen und bewiesen werden, die die Möglichkeit eines anderen (atypischen) Geschehensablaufs im Einzelfall begründen.

Anscheinsbeweis bei Verkehrsunfällen und Türöffnen

Im Kontext von Verkehrsunfällen und speziell beim Türöffnen spricht der Anscheinsbeweis für eine fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung des Ein- oder Aussteigenden, wenn ein anderer Verkehrsteilnehmer geschädigt wird. Gemäß § 14 StVO muss der Ein- oder Aussteigende die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausschließen.

Der Anscheinsbeweis kann jedoch erschüttert werden, wenn der Beklagte Tatsachen vorbringt und beweist, die die Möglichkeit eines anderen (atypischen) Geschehensablaufs im Einzelfall begründen. Insbesondere wird kein Beweis des Gegenteils verlangt.

Bei einer Kollision mit einem Fahrrad im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Öffnen der Fahrertür spricht der Anscheinsbeweis für eine fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung des Türöffners. Der seitliche Abstand eines Radfahrers beim Vorbeifahren an einem Fahrzeug sollte in der Regel so bemessen sein, dass ein geringfügiges Öffnen einer Fahrzeugtür noch möglich ist. Die genaue Abstandsbemessung hängt jedoch von den Umständen des Einzelfalls ab, wie Verkehrslage, Geschwindigkeit, bauliche Situation und Art der beteiligten Fahrzeuge.

Insgesamt ist der Anscheinsbeweis ein wichtiges Instrument im Zivilrecht, insbesondere bei Verkehrsunfällen und Türöffnen. Er ermöglicht eine Beweiserleichterung für den Beweisverpflichteten, kann aber durch den Gegenbeweis erschüttert werden, wenn der Beweisgegner Tatsachen vorbringt und beweist, die einen atypischen Geschehensablauf nahelegen.

Rücksichtnahmegebot und das Vorbeifahren an geöffneten Autotüren

Das Rücksichtnahmegebot ist ein zentrales Prinzip der Straßenverkehrsordnung (StVO) in Deutschland. Es ist in § 1 Abs. 2 StVO festgelegt und besagt, dass sich jeder Verkehrsteilnehmer so verhalten muss, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt wird.

Im Kontext des Vorbeifahrens an geöffneten Autotüren hat das Rücksichtnahmegebot besondere Bedeutung. Ein Fahrzeugführer, der an einem stehenden Fahrzeug vorbeifährt, muss einen angemessenen Seitenabstand einhalten. Für die Angemessenheit des Abstandes gibt es kein feststehendes Maß, sondern dieses ist abhängig von den jeweiligen Umständen. Es muss jedoch zumindest so bemessen sein, dass ein geringfügiges Öffnen der Wagentür noch möglich bleibt, wenn für den Vorbeifahrenden nicht mit Sicherheit erkennbar ist, ob sich im haltenden Fahrzeug und um das Fahrzeug herum Personen aufhalten.

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In einem konkreten Fall, in dem ein Fahrzeugführer beim Vorbeifahren an einem parkenden Pkw nicht auf eine von einem Meter achtete und dann in eine bereits geöffnete Tür hineinfuhr, wurde entschieden, dass der Fahrer den überwiegenden Teil der Schuld trägt. Dies unterstreicht die Bedeutung des Rücksichtnahmegebots und die Pflicht des Fahrers, einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu halten.

Es ist daher für jeden Verkehrsteilnehmer von großer Bedeutung, das Rücksichtnahmegebot zu beachten und insbesondere beim Vorbeifahren an geöffneten Autotüren einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu halten. Dies dient nicht nur dem eigenen Schutz, sondern auch dem Schutz anderer Verkehrsteilnehmer.


Das vorliegende Urteil

Amtsgericht Menden-  Az.: 3 C 312/14 – Urteil vom 27.10.2016

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung abzuwenden gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120% des jeweils beizutreibenden Betrages, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des insgesamt beizutreibenden Betrages leistet.

Der Streitwert wird festgesetzt auf EUR 4.546,16 €.

Tatbestand

Mit der Klage verfolgt der Kläger Schadensersatzansprüche aus einem Unfall, der sich am 02.06.2014 gegen 9:50 Uhr auf der H in N in Höhe der Hausnummer 15 zugetragen hat.

Der Kläger ist Eigentümer des G, EZ 058/2005, amtliches Kennzeichen XX-XX XXXX. Er befuhr die H in diesem G in Fahrtrichtung „A“. Der bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherte P der Beklagten zu 1) mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX XXX stand auf einem der Parkplätze auf dem rechten Gehweg.

Der Kläger trägt vor, die Beklagte zu 1) habe die Tür des P kurz vor dem Moment geöffnet, als er vorbeigefahren sei, vielleicht als er noch 5-7m weg gewesen sei. Ursprünglich sei die Beklagte zu 1) neben dem P gestanden und die Tür sei eine Spaltbreit geöffnet gewesen. Dann habe die Beklagte zu 1) die Türe ganz aufgemacht. Er habe noch eine Vollbremsung eingeleitet und sei auch zum Stehen gekommen, allerdings erst nachdem er den P passiert habe. Es sei ihm jemand entgegen gekommen, sonst wäre er ausgewichen. Der Unfall sei für ihn unvermeidbar gewesen. Er vertritt die Auffassung, ein Anscheinsbeweis spreche wegen des Türöffnens gegen die Beklagte zu 1). Die Nettoreparaturkosten würden 3.752,65 € betragen, die erstattungsfähigen Gutachterkosten 768,51 €. Zudem verfolgt er eine Auslagenpauschale von 25,00 €.

Der Kläger beantragt, die Beklagten zu verurteilen, gesamtschuldnerisch an ihn 4.546,16 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.08.2014 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten von 294,23 € zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten tragen vor, die Beklage zu 1) habe den P abgestellt. Dann habe sie ein Parkticket gelöst und sich wieder zum Fahrzeug begeben, um ihren zweijährigen Sohn aus dem Auto zu holen, um sich mit ihm zum Kinderarzt zu begeben. Die hintere linke Tür sei offen gewesen. Sie habe mit dem Entsichern und Abschnallen des Kindes bereits angefangen, als der Kläger vorbeigefahren sei und so dicht an ihr vorbei gefahren sei, dass er die geöffnete Tür des P gestreift habe. Als sie mit dem Abschnallen des Kinds angefangen habe, habe sie zum Kind gesagt, sie müssten noch warten, da komme ein anderes Auto. Sie habe sich zunächst über das Kind gebeugt, weil es 40°C Fieber gehabt habe, um zu schauen, wie es ihm geht, und es dann erst abgeschnallt. Der Kläger habe keinen ausreichenden Seitenabstand gehalten. Die Reparaturkosten würden lediglich 2.917,07 € betragen weil sich der Kläger auf eine freie Werkstatt verweisen lassen müsse und unter technischen Gesichtspunkten einzelne Positionen nicht erforderlich seien (Prüfbericht E Blatt 115-120 der Akte). Außerdem seien die Gutachterkosten überhöht.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen I, B (vgl. Sitzungsniederschrift vom 04.03.2015, Blatt 162 ff. der Akte) und Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens (Blatt 185 der Akte) und Ergänzungsgutachten (Blatt 284 ff. der Akte). Den weiter benannten Zeugen F (Beweisantritt Blatt 164/164R) hat es nicht vernommen. Wegen der weitere Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird verwiesen auf die gewechselten Schriftsätze sowie den weiteren Inhalt der Akte.

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagten (§§ 17 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB, 115 VVG).

Die im Rahmen von § 17 Abs. 2 StVG gebotene Abwägung der Mitverursachungsanteile ergibt eine Haftungsquote von 100% zu Lasten des Klägers. Der Kläger hat gegen seine Rücksichtnahmepflichten aus § 1 Abs. 2 StVO verstoßen. Der Beklagten zu 1) kann kein Verschuldensvorwurf gemacht werden, eine etwaige Betriebsgefahr des P tritt hinter dem Verschulden des Klägers vollständig zurück.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass die Beklagte zu 1) bereits in das Auto gebeugt war und mit dem Entsichern des Kindersitzes und Abschnallen des Kindes beschäftigt war und die Türe mit einem Öffnungswinkel von ca. 40-45° geöffnet war, als der Kläger vorbei fuhr. Die Tür war hierbei schon so lange geöffnet, dass ein oder zwei Autos davor am P vorbeigefahren waren. Der Kläger hat die geöffnete Tür zu spät wahrgenommen, und eine Vollbremsung gemacht, als er sie dann – zu spät – wahrgenommen hat. So stellt sich der Sachverhalt nach Würdigung aller Beweismittel zur tatrichterlichen Überzeugung dar (§ 286 ZPO).

Der vorstehende Sachverhalt ergibt sich vornehmlich aus den glaubhaften Angaben der Beklagten zu 1), die detailreich und lebendig war und auch emotional gut nachvollziehbar. Der Beklagten zu 1) war noch in der Anhörung der Grauen des Schrecks des Unfallereignisses von damals auf eine sehr eindringliche Weise deutlich anzumerken, sie hat dieses Grauen subjektiv erlebt und auch in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang davor noch mit ihrem im Auto befindlichen Kind gesprochen und es abzuschnallen versucht.

Weiterhin folgt das Gericht auch der glaubhaften Aussage des glaubwürdigen Zeugen B. Dieser hat bekundet, wie er die hintere linke Türe teilweise offen wahrgenommen hat und die Beklagte zu 1) in das Auto gebeugt hat, so dass er nur ihren Rücken sah. Er hat von sich aus das bislang nicht bekannte Detail beigetragen, dass bei dieser geöffneten Türe bereits zwei Autos vor am P vorbeigefahren kam, bevor der Kläger kam. Auch die Aussage des Zeugen B ist für das Gericht sehr gut nachvollziehbar, detailreich und plausibel gewesen. Er hat auch Einschränkungen seiner Wahrnehmung zugestanden, so hat er etwa bekundet, dass er zwar nicht die ganze Tür sehen konnte, aber die obere Türkante.

Die Angaben des Klägers waren nicht geeignet, die Angaben der Beklagten zu 1) und des unbeteiligten Zeugen B zu entkräften. Es fehlte schon an der emotionalen Nachvollziehbarkeit der Aussage, der Kläger machte hier kurze und sehr dürftige Angaben und Schuldzuweisungen, Details eines selbst erlebten Sachverhalts wurden in seinen Angaben nicht emotional nachvollziehbar transportiert, die Schilderung des Geschehens blieb bruchstückhaft.

Die Aussage des Zeugen I war zum Unfallhergang nicht ergiebig. Er hat den Unfall erst gesehen, als er schon passiert war. Das einzige, was er beitragen konnte, ist dass er den Eindruck hatte, dass sich ein Kind im Auto der Beklagten zu 1) befand. Außerdem hat er eine übersichtliche Unfallskizze gefertigt (Blatt 166 der Akte).

Das erste Sachverständigengutachten war nur sehr eingeschränkt ergiebig. Der Nachweis, die Behauptung des Klägers sei erst unmittelbar oder während der Kollision geführt worden, war mit dem Mitteln des technischen Sachverständigengutachtens nicht nachvollziehbar (Blatt 195 der Akte). Es sind schließlich Bilder des Beklagtenfahrzeugs zur Akte gereicht worden (Blatt 262 ff.) – dass dies so lang gedauert hat, ist der Grund für die unerfreulich lange Verfahrensdauer. Das Gericht war allerdings gehalten, dem Beweisantritt der Klägerseite hierzu weiter nachzugehen. Das Ergänzungsgutachten führt dann aus, dass ein Öffnungswinkel der Tür von 30-45° technisch plausibel ist, wenn eine Person dazwischen steht, müsse die Tür jedoch um mehr als 30° geöffnet gewesen sein. Weiter kann er noch bestätigen, dass die Angaben des Klägers zur Vollbremsung während der Kollision wahr sind, wobei er auch anmerkt, dass es zur Motivlage für die Vollbremsung natürlich nichts sagen kann: Es bleibt nach dem technischen Sachverständigengutachten offen, ob die Vollbremsung erfolgte, weil die geöffnete Tür zu spät gewesen wurde oder weil die Tür so spät geöffnet wurde.

Der Sachverständige hat sein Gutachten unter Darlegung der wesentlichen Grundlagen nachvollziehbar und plausibel erstattet. An seiner Qualifikation bestehen keine Zweifel.

Bei diesem Sachverhalt ist kein Raum für einen Anscheinsbeweis, wie ihn sich der Kläger vorstellt. Richtig ist zwar, dass wer ein- oder aussteigt, sich so verhalten muss, dass eine Gefährdung anderer am Verkehr Teilnehmenden ausgeschlossen ist (§ 14 Abs. 1 StVO), und richtig ist auch, dass hieraus ein Anscheinsbeweis folgt, da sich gemeinhin schon aus der Tatsache, dass es trotz vermeintlich äußerster Sorgfalt zum Unfall gekommen ist. Die Beweisaufnahme entkräftet jedoch den Anscheinsbeweis. Die Beklagte zu 1) hat nichts falsch gemacht. Es muss ihr gestattet sein, am Straßenrand die Tür für das Kind zu öffnen und das Kind herauszunehmen, das ist sozialadäquates Verhalten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich die Parkplätze auf dem Gehweg direkt am Straßenrand befinden. Es ist schon gar nicht möglich, die Straße so lange zu überblicken, um auszuschließen dass ein Auto vorbeifährt für die gesamte Zeit, die man braucht, um ein Kind abzuschnallen und aus dem Auto zu nehmen. Hier muss eher der Verkehr einen Bogen machen oder anhalten. Bei der H handelt es sich nicht um eine Hauptverkehrsader, sondern um eine kleine Straße mit begrenzt Verkehr. Damit, dass der Kläger trotzdem in die schon länger geöffnete Türe gefahren ist, hat er gegen das Rücksichtnahmegebot aus § 1 Abs. 2 StVO verstoßen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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