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Vermieterpflicht auf erhöhtes Lüftungserfordernis bei Einbau neuer Fenster

Streit um Schimmel: Vermieterpflichten nach Fensteraustausch

In der mietrechtlichen Praxis stellt sich häufig die Frage nach der Verantwortlichkeit für Schimmelschäden in der Wohnung und den damit einhergehenden Konsequenzen für Vermieter und Mieter. Hierbei kommen Aspekte wie die Verkehrssicherungspflicht des Vermieters und Anforderungen an den Zustand der Mietsache zum Tragen. Ein zentrales Thema ist die Frage, inwieweit ein Vermieter verpflichtet ist, auf ein erhöhtes Lüftungserfordernis hinzuweisen, insbesondere nach dem Einbau neuer Fenster. Gleichzeitig muss geklärt werden, welche Anforderungen an die Beschaffenheit der Mietsache gestellt werden und welche Relevanz technische Normen und der Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes dabei haben. Letzterer ist beispielsweise bei der Beurteilung von Wärmebrücken relevant.

Im Mittelpunkt steht dabei immer auch die Bedeutung von Gutachten und Sachverständigenbewertungen zur Feststellung etwaiger Mängel und deren Ursachen. Diese breitgefächerte Thematik hat Bedeutung für beide Vertragsparteien und wirft zahlreiche rechtliche Fragen auf. Wichtig ist dabei vor allem auch die juristische Bewertung dessen, was einem Mieter zumutbar ist und welche Pflichten und Obliegenheiten er im Zuge des Mietverhältnisses hat.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 2 S 106/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Gericht entschied, dass die Schimmelbildung in der Wohnung nicht als Mangel der Mietsache betrachtet wurde, da die baulichen Gegebenheiten und technischen Vorgaben eingehalten wurden.

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Schimmelbildung trat während der Mietzeit in der Wohnung auf.
  2. Ein selbständiges Beweisverfahren wurde bezüglich des Schimmels durchgeführt.
  3. Das Amtsgericht gab der Klage in Bezug auf die Rückzahlung der Kaution statt.
  4. Es wurde festgestellt, dass die Mietsache nicht mangelhaft nach § 536 BGB war.
  5. Technische Normen und DIN-Vorgaben spielten eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung des Mangels.
  6. Das Amtsgericht stellte fest, dass die Mietsache den Vorgaben der DIN 4108-8 entsprach.
  7. Die Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil hatte keinen Erfolg.
  8. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers setzt voraus, dass die Wohnung mangelhaft im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB ist.

Der Auslöser des Rechtsstreits: Schadensersatzansprüche wegen Schimmelbildung

Der Fall dreht sich um eine Klage eines Mieters wegen Schadensersatzansprüchen aufgrund von Schimmelbildung in der von ihm angemieteten Wohnung. Der Mieter behauptete, dass der Vermieter für den Schimmelbefall verantwortlich sei, da die Feuchtigkeit und Schimmelbildung auf eine zu niedrige Dämmwirkung der Gebäudeteile, Einbau einer Zentralheizung und den Einbau zu dichter Fenster zurückzuführen sei. Diese Annahme basierte auf einem Gutachten der vom Amtsgericht in dem selbstständigen Beweisverfahren beauftragten Gutachterin.

Die rechtliche Herausforderung: Abgrenzung von Verantwortungsbereichen

Vermieterpflicht auf erhöhtes Lüftungserfordernis bei Einbau neuer Fenster
(Symbolfoto: Pixel-Shot /Shutterstock.com)

Das rechtliche Problem besteht in der Bestimmung, ob die Wohnung, gemäß § 536 Abs. 1 BGB, als mangelhaft eingestuft werden kann und ob der Vermieter für den Schimmelbefall verantwortlich ist. Die Herausforderung liegt hierbei besonders bei der Abgrenzung, inwiefern bauliche Faktoren, spezifische Wohnbedingungen oder das Verhalten des Mieters für die Schimmelbildung verantwortlich sind. Es handelt sich um eine komplexe rechtliche Thematik, bei der technische Normen und Baustandards beachtet werden müssen.

Der Urteilsspruch des Amtsgerichts: Klage abgewiesen

Das Amtsgericht entschied zugunsten des Vermieters und wies die Klage in Bezug auf die Schadensersatzansprüche ab. Es führte aus, dass für eine Mangelhaftigkeit der Mietsache bedingt durch den Vermieter, Beweise dafür vorliegen müssten, dass dieser in irgendeiner Form die Ursache für die Schimmelbildung sei, doch diese fehlten. Es stellte fest, dass die streitgegenständliche Wohnung keinen Mangel iSd § 536 Abs. 1 BGB aufweise und dass der beauftragte Gutachter zu dem Schluss kam, dass die Wohnung am Tag der Errichtung den derzeitig gültigen technischen Vorgaben (DIN 4108-8) entsprochen habe.

Schlussfolgerungen und Bedeutung des Urteils: Keine automatische Vermieterverantwortung

Das Gericht hat so entschieden, weil es die Sachverständige, die die Wohnung untersucht hat, als nicht hinreichend qualifiziert betrachtete, um auf die Ursache der Schimmelbildung zu schließen. Auch der generelle Einwand, dass die Wohnung wegen des Einbaus moderner Fenster und einer Zentralheizung eine höhere Anfälligkeit für Schimmelbildung aufweist, wurde vom Gericht ausführend widerlegt.

Darüber hinaus konnte das Gericht keine baulichen Mängel feststellen, die zur Schimmelbildung geführt haben könnten. Demzufolge gäbe es keine rechtliche Grundlage für Schadensersatzansprüche des Mieters gegen den Vermieter.

Das Urteil zeigt die Beharrlichkeit des Gerichts, konkrete Beweise für Mängel in der Mietsache zu verlangen und nicht rein hypothetische oder theoretische Szenarien zu akzeptieren. Das Fazit des Urteils ist, dass Vermieter nicht automatisch für Schimmelbildung in einer Wohnung verantwortlich gemacht werden können, solange keine eindeutigen Beweise für ihre Schuld vorliegen. Es hebt die Wichtigkeit hervor, sachkundige Fachleute für die Untersuchung möglicher Mängel in Wohnungen einzusetzen und dass diese entsprechende Beweise für eine vermeintliche Mangelhaftigkeit liefern müssen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was sind die Pflichten des Vermieters nach § 536 BGB?

Gemäß § 536 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) hat der Vermieter die Pflicht, die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Dies bedeutet, dass der Vermieter für die Instandhaltung der Immobilie verantwortlich ist und notwendige Reparaturen durchführen muss.

Wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist oder während der Mietzeit ein solcher Mangel entsteht, ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat der Mieter nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten.

Eine Mietminderung kann auch dann erfolgen, wenn eine vom Vermieter zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt. Der Vermieter kann sich gegen eine Mietminderung nicht mit dem Einwand wehren, dass ihn kein Verschulden trifft. Denn für die Minderung ist nicht relevant, ob der Vermieter schuldhaft gehandelt hat oder nicht.

Es ist zu beachten, dass der Mieter den Vermieter über die Mängel oder Schäden in Kenntnis setzen muss. Mit der Mangelanzeige können sie dem Vermieter auch eine Frist einräumen, in der der Mangel beseitigt werden soll.

Darüber hinaus regelt der Paragraph auf Schadensersatzansprüche, wenn Vermieter z. B. nicht auf die Mängelanzeige reagieren.

Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.

Es ist zu beachten, dass der Vermieter die Kosten für die Beseitigung von Schimmel übernehmen muss, wenn er nicht beweisen kann, dass die Schimmelbildung nicht auf die Bausubstanz zurückzuführen ist.

Zusätzlich zu diesen Pflichten hat der Vermieter auch die Pflicht, dem Mieter sämtliche Schlüssel für die Wohnung auszuhändigen.

Diese Ausführungen zeigen, dass die Pflichten des Vermieters nach § 536 BGB vielfältig sind und sowohl die Instandhaltung der Mietsache als auch die Reaktion auf Mängelanzeigen und die Gewährleistung von zugesicherten Eigenschaften umfassen.

Was bedeutet der Begriff „Mangelfreiheit“ im Mietrecht und welche Anforderungen werden hierbei an den Vermieter gestellt?

Der Begriff „Mangelfreiheit“ im Mietrecht bezieht sich auf den Zustand einer Mietwohnung oder -immobilie, die im vertraglich vereinbarten Zustand ist und während der Mietzeit diesen Zustand beibehält. Ein Mangel liegt vor, wenn die tatsächliche Beschaffenheit eines Mietobjekts von der vertraglich vereinbarten und gesetzlich vorgeschriebenen Beschaffenheit abweicht. Dies kann dazu führen, dass die Mietsache für den Mieter nur eingeschränkt oder gar nicht nutzbar ist.

Gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Vermieter die Pflicht, die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Sollten im Laufe der Mietzeit Mängel auftreten, ist der Vermieter grundsätzlich zur Beseitigung dieser Mängel verpflichtet.

Ein Mangel der Mietsache kann vielfältige Formen annehmen. Physische Mängel sind beispielsweise undichte Fenster oder eine defekte Heizung. Rechtliche Mängel können z.B. ein fehlendes Nutzungsrecht oder eine fehlende Genehmigung für den Betrieb eines Gewerbes sein.

Wenn der Mieter einen Mangel entdeckt, hat er den Vermieter unverzüglich darüber zu informieren und auf die Beseitigung des Mangels zu bestehen. Der Vermieter ist verpflichtet, den Mangel zu beseitigen und die Wohnung in einen vertragsgemäßen Zustand zu bringen. Dabei muss er die Kosten für die Mängelbeseitigung tragen.

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Sollte der Vermieter den Mangel nicht beseitigen, obwohl er dazu verpflichtet ist und der Mieter ihm eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt hat, kann der Mieter die Miete mindern oder Schadensersatz verlangen. In schwerwiegenden Fällen kann der Mieter auch den Mietvertrag außerordentlich kündigen und Schadensersatz verlangen.

Wenn der Mieter den Mangel selbst verschuldet hat, z.B. durch unsachgemäße Handhabung, ist er verpflichtet, den Mangel auf eigene Kosten zu beseitigen. Der Vermieter kann in diesem Fall keine Mängelbeseitigung verlangen. Allerdings kann der Vermieter Schadensersatz verlangen, wenn ihm durch den Mangel ein Schaden entstanden ist.

Die Höhe der Mietminderung hängt vom Einzelfall ab und ist nicht pauschal festgelegt. Im Allgemeinen orientiert sich die Minderungshöhe an der Schwere des Mangels und dessen Auswirkungen auf die Nutzung der Wohnung. Eine Minderung von 5-10% ist in der Regel angemessen, wenn es sich um kleinere Mängel handelt, die die Wohnqualität nicht erheblich beeinträchtigen. Bei schwerwiegenden Mängeln kann die Miete um bis zu 100% gemindert werden.


Das vorliegende Urteil

LG Hanau – Az.: 2 S 106/22 – Beschluss vom 02.06.2023

Der Kläger und Berufungskläger wird darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Der Kläger und Berufungskläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Beschlusses.

Gründe

Nach Vornahme der gemäß § 522 Abs. 1 und 2 ZPO gebotenen Prüfung ist die Kammer einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil.

I.

Die Kläger begehrt als ehemaliger Mieter von dem beklagten ehemaligen Vermieter die Rückzahlung einer Kaution und Schadenersatz wegen Schäden an seiner Einbauküche.

Zwischen den Parteien bestand von Mitte 2018 bis Mitte 2020 ein Mietverhältnis über eine Wohnung im Anwesen (…) in (…). Das Anwesen wurde 1963 errichtet. Im Jahr im Jahr 1988 wurden neue Fenster eingebaut. Zu Beginn des Mietverhältnisses zahlte der Kläger eine Kaution in Höhe von 1.560,00 Euro an den Beklagten. Während der Mietzeit trat Schimmel in der Wohnung auf.

Mit Schreiben vom 11.03.2020 beantragte der Kläger die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens bezüglich des Vorhandenseins und der Ursachen des Schimmels, das bei dem Amtsgericht Hanau unter dem Aktenzeichen 34 H 1/20 (14) durchgeführt worden ist und in dem die Sachverständige (X) unter dem 17.07.2020 ein Gutachten erstattet hat.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, die Schimmelbildungen seien baulich bedingt und hätten seine Einbauküche beschädigt. Für die Neuanschaffung seien 4.000,00 Euro erforderlich.

Der Beklagte hat behauptet, die Schimmelbildungen seien nicht baulich bedingt.

Das Amtsgericht hat die Akte des selbständigen Beweisverfahrens beigezogen und Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen (Y) Gutachten vom 29.11.2021 Bl. 144 ff dA).

Das Amtsgericht hat der Klage in Bezug auf die Rückzahlung der Kaution stattgegeben und im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, die Mietsache sei nicht mangelhaft iSd § 536 BGB. Entstünden in der Mietsache Beeinträchtigungen, deren Herkunft nicht aufgrund ihrer Eigenschaft unmittelbar dem Vermieter oder dem Mieter zugeordnet werden könnten, werde vermutet, dass diese aus dem Obhutsbereich des Vermieters herrührten, also baulich bedingt seien. Dieser müsse sich daher positiv dahingehend exkulpieren, dass die Ursache nicht in der Mietsache selbst liege. Diesen Beweis habe der Beklagte nach der Überzeugung des Gerichts geführt. Dies ergebe sich allerdings nicht aus dem Gutachten der Sachverständigen (X). Diese habe sich der Frage, ob die Schimmelbildungen aus dem Obhutsbereich des Vermieters herrührten, also baulich bedingt seien, primär über das Prinzip des Lüftungskonzeptes angenähert und einen Verstoß gegen die Anforderungen der DIN 1946-6 festgestellt. Allerdings verneine die Nichtbeachtung bzw. Nichterfüllung der DIN-Norm die Entlastung des Vermieters nicht per se. Zwingende Voraussetzung sei, dass die Veränderungen im Umfang der DIN-relevanten Abweichungen im konkreten Fall überhaupt entsprechende Auswirkungen hätten und die Schimmelbildungen auf eben diesem Unterlassen der hierdurch bedingen Anpassung (häufigeres Lüften) durch den Mieter beruhten. Dazu lägen jedoch keine Informationen vor. Daher seien die Ergebnisse der Gutachterin (X) für die Mangelbestimmung im Mietrecht nicht verwertbar. Diese komme zwar zunächst zu dem Ergebnis, dass eine zu niedrige Dämmwirkung der Gebäudehülle ursächlich für die Schimmelbildungen sei, erkläre jedoch zugleich, dass diese den Vorschriften des Errichtungsjahres entsprächen, so dass die Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zuletzt Urteil vom 05.12.2018 – VIII ZR 271/17) an die Mangelfreiheit gerade gewahrt seien. Weiterhin würden der Einbau einer Zentralheizung sowie der Einbau „zu dicht“ schließender Fenster angeführt, was zumindest als solches keinen Mangel iSd § 536 BGB darstellen könne. Dass dies Anforderungen an das Lüftungs- und Heizverhalten stellen könne, sei offensichtlich per se aber kein baulicher Mangel iSd Obhutsrechtsprechung. Die Notwendigkeit überobligatorischen Lüftens zur Vermeidung von Schimmelbildung ergebe sich gerade nicht aus dem Gutachten der Sachverständigen (X). Aus dem Gutachten des Sachverständigen (Y), der eine umfassende Untersuchung der Bausubstanz vorgenommen habe, ergebe sich hingegen, dass die Mietsache vor dem Hintergrund der Anforderungen der DIN 4108 keine baulichen Mängel aufweise, die für die Schimmelbildung ursächlich seien. Seine Feststellungen hätten ergeben, dass keine Nässe von außen in dem Bereich eindringe, in dem die Schimmelbildungen aufgetreten seien (ebenso das Gutachten (X), S. 19), der Mindestwärmeschutz eingehalten worden sei und geometrisch bedingte Wärmebrücken, welche als baulich mangelhaft anzusehen seien, nicht vorhanden seien. Nach den Untersuchungen des Sachverständigen seien keine baulichen Ursachen und Auswirkungen festgestellt, die Schimmelbildungen begünstigen.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf das amtsgerichtliche Urteil verwiesen (Bl. 261 ff. dA).

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, soweit die Klage wegen des Ersatzes der Schäden an der Einbauküche abgewiesen wurde. Zur Begründung führt er aus, das Mietobjekt sei mangelhaft iSd § 536 BGB, für den Schimmelbefall sei der Beklagte verantwortlich. Die vom Amtsgericht in dem selbständigen Beweisverfahren beauftragte Gutachterin (X) habe als Ursache der Feuchtigkeit/Schimmelbildung eine zu niedrige Dämmwirkung der Gebäudeteile, Einbau einer Zentralheizung (und damit Verlust der Raumentfeuchtung über die Kaminzüge der ehemaligen Ofenheizung) sowie Einbau zu dichter Fenster festgestellt. Der Schimmelbefall sei also eindeutig bauseitig bedingt. Rechtsfehlerhaft habe das erstinstanzliche Gericht das Gutachten aus dem selbständigen Beweisverfahren für unzureichend erachtet. Es sei nicht nachzuvollziehen, warum das Gutachten für den vorliegenden Fall „wenig aussagekräftig“ sein solle. Die Gutachterin habe detailliert Feststellungen zum Bauzustand der streitgegenständlichen Wohnung getroffen und dies in ihrem Gutachten dokumentiert und die notwendigen Messungen vorgenommen. Die Einholung eines weiteren Gutachtens sei daher nicht erforderlich gewesen. Die Gutachterin (X) habe eine Lufthülledichtigkeitsprüfung nach dem sogenannten Blower-Door-Verfahren durchgeführt und sei dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass aufgrund der baulichen Gegebenheiten die Wohnung für einen ausreichenden Luftaustausch alle drei Stunden hätte komplett gelüftet werden müssen. Dies könne keinem Mieter zugemutet werden. Es fehle insoweit auch an einem Hinweis des Vermieters.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 17.11.2022 (Blatt 285 ff. der Akte) verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

Die Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Weder beruht die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.

Das Amtsgericht ist in nicht zu beanstandender Weise zu der Überzeugung gelangt, dass dem Kläger gegen den Beklagten keine Ansprüche aufgrund von Schimmelschäden in der von ihm angemieteten Wohnung zustehen.

Die gegen das amtsgerichtliche Urteil vorgebrachten Einwände der Berufungsbegründung dringen nicht durch.

Ein Schadensersatzanspruch des Klägers hinsichtlich der an seinem Eigentum, hier der Einbauküche, eingetretenen Schimmelschäden setzt gem. § 536a Abs. 1 BGB voraus, dass die streitgegenständliche Wohnung mangelhaft im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB ist.

Ein Mangel, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert (§ 536 Abs. 1 BGB) ist eine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich in erster Linie nach den Vereinbarungen der Mietvertragsparteien. Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der „zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand“ in § 535 Abs. 1 S. 2 BGB durch den vereinbarten Nutzungszweck, hier die Nutzung als Wohnung, bestimmt. Der Mieter einer Wohnung kann nach der allgemeinen Verkehrsanschauung erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Wohnstandard aufweisen, der bei vergleichbaren Wohnungen üblich ist. Dabei sind insbesondere das Alter, die Ausstattung und die Art des Gebäudes, aber auch die Höhe der Miete und eine eventuelle Ortssitte zu berücksichtigen. Gibt es zu bestimmten Anforderungen technische Normen, ist deren Einhaltung geschuldet. Dabei ist nach der Verkehrsanschauung grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen. Steht daher der bauliche Zustand einer Wohnung im Einklang mit den im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes maßgeblichen Normen, ist das Gebäude nach den damaligen Regeln der Baukunst errichtet worden und damit mangelfrei. Erst später in Kraft getretene DIN-Vorschriften können für die Beurteilung eines Mangels der Wohnung hingegen nicht herangezogen werden (BGH, Urteil vom 05.12.2018 – VIII ZR 271/17 Rn 21 ff.; BGH, Urteil vom 05.12.2018 – VIII ZR 67/18 Rn. 27 ff.).

Gemessen an diesen Maßstäben weist die streitgegenständliche Mietsache keinen Mangel iSd § 536 Abs. 1 BGB auf, was das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat.

Nach den Untersuchungen des Sachverständigen (Y) konnte dieser keine Abweichung des Ist- von dem Sollzustand feststellen und hat daher ausgeschlossen, dass die Schimmelbildungen auf einen mangelnden Wärmeschutz nach den Vorgaben der auf das Gebäude technisch anwendbaren DIN 4108-8 zurückzuführen seien (S. 160 und 165 des Gutachtens, Bl. 225 R und 228 dA). Das Maß des durch – immer vorhandene – geometrische Wärmebrücken eintretenden Wärmeverlusts weiche auch nicht von vergleichbaren Objekten ab, sondern sei „normal“ und „üblich“ (S. 162 des Gutachtens, Bl. 226 R dA). Aus technischer Sicht liege auch im Lüftungsbereich kein Mangel vor (S. 163 des Gutachtens, Bl. 227 dA), da die DIN 1946-6 erst 2009 und damit zeitlich nach der Errichtung der Liegenschaft sowie deren Fenster in Kraft getreten sei.

Diese Feststellungen des Sachverständigen in dem von dem Amtsgericht eingeholten Gutachten hat die Berufung nicht angegriffen. Tatsächlich ist aufgrund der klaren und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen die Würdigung des Amtsgerichts, die Schimmelbildungen seien nicht durch einen Mangel der Mietsache bedingt, zutreffend. Da es somit bereits an einem Mangel im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB fehlt, kann der Kläger keine Ansprüche auf Ersatz für Schäden geltend machen, welche ihm aufgrund der Schimmelbildungen entstanden sind.

Soweit sich die Berufung allein gegen die amtsgerichtliche Wertung des Gutachtens der Sachverständigen (X) richtet, hat sie mit den Einwänden keinen Erfolg. Dass die Schimmelbildungen nach den Feststellungen der Sachverständigen „eindeutig bauseitig bedingt“ seien, ist schon deshalb unzutreffend, weil die Sachverständige selbst zugrunde legt, dass die Dämmwirkung der Gebäudehülle den Vorschriften des Errichtungszeitraums entspricht (S. 37 des Gutachtens, Bl. 74 dA 34 H 1/20). Die von der Sachverständigen (…) hinsichtlich des Lüftungskonzepts herangezogene DIN 1946-6 kann für die Beurteilung eines Mangels der Wohnung schon deshalb nicht herangezogen werden, weil sie erst 2009 und damit nach der Errichtung des Gebäudes in Kraft getreten ist. Vgl. BGH, Urteil vom 05.12.2018 – VIII ZR 271/17:

„Gibt es zu bestimmten Anforderungen technische Normen, ist jedenfalls deren Einhaltung geschuldet. Dabei ist nach der Verkehrsanschauung grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen […] Nach den – insoweit rechtsfehlerfreien und in der Revisionsinstanz unangegriffenen – Feststellungen des Berufungsgerichts stehen die in der Wohnung des Klägers vorhandenen Wärmebrücken jedoch im Einklang mit den im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes maßgeblichen Normen und ist das Gebäude nach den damaligen Regeln der Baukunst errichtet worden […]. Das Berufungsgericht geht zwar im Ansatzpunkt von der oben genannten – von ihm auch zitierten – Senatsrechtsprechung aus, verkehrt diese jedoch anschließend in ihr Gegenteil, indem es – unter grundlegender Verkennung der Senatsrechtsprechung zum „Mindeststandard zeitgemäßen Wohnens“ – bei der Beurteilung des Vorliegens eines möglichen Mangels der Wohnung des Klägers eine erst Jahr(…)nte nach der Erbauung des Gebäudes in Kraft getretene DIN-Vorschrift (DIN 4108-2:2003-07) heranzieht.“

Selbst wenn man jedoch entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die DIN 1946-6 zur Beurteilung des Mangels der streitgegenständlichen Wohnung heranziehen wollte, würde dies nicht zu einer anderen Bewertung führen, da die Nichtbeachtung bzw. Nichterfüllung die Entlastung des Vermieters nicht per se verhindert, wie das Amtsgericht zutreffend und ausführlich ausgeführt hat. Die Veränderung im Umfang der DIN-relevanten Abweichungen müssten im konkreten Fall überhaupt entsprechende Auswirkungen haben und die Schimmelbildung auf eben diesem Unterlassen der hierdurch bedingten Anpassung durch den Mieter (hier häufigeres Lüften) beruhen. Die Sachverständige (X) führt in ihrem Gutachten auf S. 18 f. (Bl. 56 f. dA 34 H 1/20) aus, ein Mensch brauche 30 ³/h Frischluft, belege man die Wohnung mit 4 Personen, müsse die Wohnung alle drei Stunden komplett und ausreichend gelüftet werden. Dieser rein rechnerische Ansatz ist für die Beantwortung der Beweisfrage schon deshalb ungeeignet, weil es für diese nicht von Belang ist, unter welchen Umständen die Mieter ausreichend mit Frischluft versorgt werden, sondern welche Ursache die streitgegenständliche Schimmelbildung hat, aus welcher die Schäden der Küche herrühren sollen.

Das Amtsgericht hat weiterhin zutreffend aufgeführt, dass die Feststellungen der Sachverständigen (X) für die Beantwortung der Beweisfrage keine Erkenntnisse liefern könne, weil diese eine Mangeleigenschaft durch den Einbau von zu dicht schließenden Fenstern annimmt, ohne hierzu konkrete Feststellungen getroffen zu haben und insbesondere unter Verkennung, dass es hierfür in Bezug auf das streitgegenständliche Gebäude überhaupt keine technischen Vorgaben gibt. Die Sachverständige führt zwar im Ergebnis auf S. 37 des Gutachtens (Bl. 74 dA 34 H 1/20) aus, dass die Ursache der Schimmelbildung in der Wohnung auf einer zu niedrigen Dämmwirkung, dem Einbau einer Zentralheizung sowie zu dicht schließender Fenster beruhe. Diese allgemeinen Angaben lassen jedoch keinen Rückschluss auf eine Mangelhaftigkeit nach mietgewährleistungsrechtlichen Vorgaben des Bundesgerichtshofs zu, weil sie lediglich wertend beschreibend sind und keine für die Beantwortung der Beweisfrage heranziehbaren Aspekte nennt, zu denen diese in Relation gesetzt werden können. Wie bereits dargelegt, stellt die Sachverständige (X) selbst fest, dass die Dämmwirkung den nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblichen Vorgaben des Stands der Technik bei Gebäudeerstellung entspricht. Der Einbau einer Zentralheizung mag zu einer geringeren Entfeuchtung führen, hieraus folgt jedoch grundsätzlich keine Mangelhaftigkeit der Mietsache. Schließlich lässt sich aus der Feststellung, die Fenster würden „zu dicht“ schließen, ebenfalls keine Erkenntnis herleiten, weil es für das Gebäude keine entsprechenden DIN-Vorgaben gibt und der Einbau neuer Fenster auch keine umfassende Sanierung darstellt, die einem Neubau gleicht, was die Hochstufung des Gebäudes in eine jüngere Altersklasse bedingen würde, für die neuere technische Vorgaben Anwendung finden würden (vgl. BGH, Urteil vom 05.06.2013 – VIII ZR 287/12 -, Rn 22). Das wird zwar teilwiese dann anders beurteilt, wenn der Vermieter die Fenster im laufenden Mietverhältnis austauscht und den Mieter nicht darauf hinweist, dass er sein bisheriges Lüftungsverhalten ändern muss (zB LG Lübeck, Urteil vom 09.01.1990 – 14 S 60/89; AG Emden, Urteil vom 28.10.1988 – 5 C 1197/86). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, weil die Fenster im Jahr 1988 eingebaut wurden und das Mietverhältnis 2018 geschlossen wurde. Zieht der Mieter hingegen Jahre nach dem Einbau neuerer Fenster ein, muss der Vermieter ihn nicht auf ein bestimmtes Lüftungsverhalten hinweisen (LG Detmold Urteil vom 07.10.2015 – 10 S 42/15).

Aus den vorstehend genannten Gründen war das Gutachten der Sachverständigen (X) für die Beantwortung der Beweisfrage nicht ergiebig und das Amtsgericht war gehalten, ein weiteres Gutachten des Sachverständigen (Y) einzuholen, welches eine etwaige Mangelhaftigkeit des Gebäudes entsprechend den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begutachtet.

Die Kammer regt an, eine Rücknahme der Berufung zu prüfen. Etwaiger neuer Vortrag ist nach der ZPO nur in sehr engen Grenzen zulässig. Die Rücknahme hätte die Halbierung der Gerichtskosten zweiter Instanz zur Folge, § 3 Abs.2 GKG i.V.m. KV-Nr.1222.

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