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Sachverständigenkosten – Verkehrsunfall

Landgericht Coburg

Az: 33 S 36/07

Urteil vom 20.07.2007

Vorinstanz: AG Coburg – Az.: 11 C 1552/06


In dem Rechtsstreit wegen Schadensersatzes hat die Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Coburg, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Juli 2007 für Recht erkannt:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Amtsgerichts Coburg vom 01.03.2007 wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 320,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24.10.2006 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten beider Instanzen.

3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 200,51 EUR festgesetzt.

G r ü n d e

1.
Die Klägerin macht gegen die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung Anspruch auf Ersatz von Sachverständigenkosten aus einem Verkehrsunfall vom 20.10.2006 geltend, bei dem der Pkw der Klägerin beschädigt wurde. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte für den entstandenen Schaden dem Grunde nach voll eintrittspflichtig ist.

Die Klägerin ließ ihr beschädigtes Fahrzeug am 27.01.2006 vom Kfz-Sachverständigen D in München begutachten. Er ermittelte Reparaturkosten in Höhe von 833,39 EUR brutto (718,44 EUR netto). Für seine Tätigkeit stellte der Sachverständige der Klägerin unter dem 27.01.2006 320,51 EUR in Rechnung. Diesen Betrag verlangt die Klägerin mit der Klage.

Die Klägerin meint, die Beklagte sei zur Erstattung verpflichtet.

Die Beklagte wendet ein, angesichts des geringen Sachschadens hätte die Klägerin lediglich einen Kostenvoranschlag einholen dürfen. Die entstandenen Kosten seien unverhältnismäßig hoch.

Das Amtsgericht Coburg ist der Argumentation der Beklagten gefolgt und hat der Klage in Höhe von 120,– EUR nebst Zinsen stattgegeben. Auf diesen Betrag hat es den Aufwand für einen Kostenvoranschlag gemäß § 287 ZPO geschätzt. Im übrigen wurde die Klage abgewiesen.

Mit der vom Erstgericht zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihren ursprünglichen Klageantrag weiter.

Die Klägerin beantragt:

Unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 200,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24.10.2006 zu bezahlen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist in vollem Umfang begründet.

Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung der ihr entstandenen Sachverständigenkosten.

Die Kosten eines Sachverständigengutachtens gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist (BGH NJW-RR 1989, 953).

Für die Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit einer Schadensermittlung durch den Sachverständigen ist auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen. Demnach kommt es darauf an, ob ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte (BGHZ 54, 82). In diesem Zusammenhang ist nicht ausschließlich darauf abzustellen, ob die durch die Begutachtung ermittelte Schadenshöhe einen bestimmten Betrag überschreitet oder in einem bestimmten Verhältnis zu den Sachverständigenkosten steht, denn zum Zeitpunkt der Beauftragung des Gutachters ist dem Geschädigten diese Höhe gerade nicht bekannt. Allerdings kann der später ermittelte Schadensumfang im Rahmen tatrichterlicher Würdigung nach § 278 ZPO ein Gesichtspunkt für die Beurteilung sein, ob eine Begutachtung tatsächlich erforderlich war oder ob nicht möglicherweise andere, kostengünstigere Schätzungen – wie beispielsweise der Kostenvoranschlag eines Reparaturbetriebs – ausgereicht hätten (BGH NJW 2005, 356 f.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann der Klägerin ein Verstoß gegen die ihr obliegende Schadensminderungspflicht nicht angelastet werden. Nach allgemeiner Meinung ist die Bagatellschadensgrenze derzeit in einem Bereich von 700,- EUR anzusiedeln (BGH NJW 2005, 356; Münchener Kommentar BGB/Oetker, 4. Auflage, § 249 BGB, Rdnr. 372 m. w. N.). Im Streitfall war bei Einschaltung des Sachverständigen angesichts des Schadensbildes mit Reparaturkosten in mindestens dieser Höhe zu rechnen. Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass in der Tür eingebaute Elektronik, wie beispielsweise der Fensterheber, beschädigt war. Tatsächlich belief sich der Schaden auf mehr als 800,– EUR. Somit kann der Auffassung der Beklagten, die Beauftragung des Sachverständigen sei nicht erforderlich gewesen, nicht gefolgt werden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Der Streitwert wurde gemäß §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GKG festgesetzt.

IV.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Der BGH hat in einer Entscheidung aus dem Jahre 2005 dazu Stellung genommen, wo die Bagatellschadensgrenze bei der Beauftragung eines Sachverständigengutachtens anzusiedeln ist (BGH NJW 2005, 356). Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine weitere Entscheidung des Revisionsgerichts.

 

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