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Verkehrsunfall Türkei – Ansprüche aus Kaskoversicherungsvertrag

Landgericht Aachen

Az: 9 O 621/06

Urteil vom 11.05.2007


In dem Rechtsstreit hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen auf die mündliche Verhandlung vom 20.04.2007 für R e c h t erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Ansprüche aus einer Fahrzeugversicherung.

Der Kläger schloss bei der Beklagten für sein Fahrzeug Opel Zafira mit dem amtlichen Kennzeichen XX-YY-0000 mit Versicherungsschein vom 28.06.2006 unter der Versicherungsscheinnummer 1234567 eine Haftpflicht- und Kaskoversicherung ab. Der Versicherungsvertrag wurde dabei über eine örtliche Agentur der Beklagten geschlossen. Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) der Beklagten zugrunde.

Der Kläger beantragte zudem bei Abschluss des Versicherungsvertrages am 26.06.2006 eine internationale Versicherungskarte (sogenannte Grüne Karte). Er wollte mit seinem Fahrzeug im Juli eine Reise in die Türkei unternehmen.

Die Beklagte übersandte dem Kläger unter dem 27.06.2006 eine internationale Versicherungskarte. Sie teilte dem Kläger in dem Begleitschreiben mit, dass die Erweiterung des Versicherungsschutzes auf die Türkei nur für die Haftpflichtversicherung gelte. Zur Fahrzeugversicherung bestehe in diesem Land kein Versicherungsschutz. In der Versicherungskarte selbst befindet sich unter Ziffer (1) der Hinweis: „in jedem besuchten Lande übernimmt das Büro dieses Landes hinsichtlich des Gebrauchs des in dieser Versicherungskarte bezeichneten Fahrzeugs die Verpflichtung eines Haftpflichtversicherers, und zwar in Übereinstimmung mit den Gesetzen über die Pflichtversicherung in diesem Lande“.

Während der Reise des Klägers kam es dann im asiatischen Teil der Türkei am 25.07.2006 zu einem Unfall, durch den am Fahrzeug des Klägers ein Schaden entstanden ist. Die Reparaturkosten belaufen sich laut einem Gutachten des Sachverständigenbüros auf 7.178,92 €. Die Kosten für die Erstellung dieses Gutachtens betragen 584,47 €.

Mit Schreiben vom 28.09.2006 lehnte die Beklagte die Deckung des Schadens am Fahrzeug des Klägers ab. Sie begründete dies damit, dass eine Kasko-Deckung im außereuropäischen Teil der Türkei nicht bestehe, worauf der Kläger auch hingewiesen worden sei.

Der Kläger behauptet, er habe insgesamt zwei internationale Versicherungskarten von der Beklagten erhalten. Zuerst habe er mit dem Schreiben der Beklagten vom 27.06.2006 eine Versicherungskarte übersandt bekommen, in der die Türkei als mitversichertes Land gestrichen gewesen sei. Da ihn das Schreiben der Beklagten und insbesondere der Hinweis darauf, dass kein Vollkaskoschutz in der Türkei bestehe, sehr erstaunt habe, sei er zu seiner Versicherungsagentin Frau P gegangen. Diese habe ihm dann eine neue Versicherungskarte ausgestellt, auf der die Türkei als mitversichertes Land nicht mehr durchgestrichen gewesen sei. Frau P habe dabei einen Vordruck einer internationalen Versicherungskarte aus ihrem Schreibtisch genommen, den sie vervollständigt und ihm dann ausgehändigt habe. Von einer Beschränkung des Versicherungsschutzes auf den europäischen Teil der Türkei sei niemals die Rede gewesen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.763,39 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, es bestünden keine Ansprüche des Klägers aus der Kaskoversicherung, da sich der Unfall im asiatischen Teil der Türkei ereignet habe, in dem kein Versicherungsschutz bestehe. Der Versicherungsschutz sei aufgrund der erteilten Versicherungskarte nur für die Haftpflichtversicherung, nicht jedoch für die Kaskoversicherung auf die gesamte Türkei erweitert worden.

Die Beklagte behauptet, der Kläger habe in der Agentur der Beklagten bei der Beantragung der internationalen Versicherungskarte am 26.06.2006 im Gespräch gegenüber der Agentin Frau P erwähnt, dass er demnächst eine Reise in die Türkei unternehmen wolle. Daraufhin habe ihm Frau P erläutert, dass der Versicherungsschutz für die Türkei der Genehmigung der Direktion der Beklagten in Düsseldorf bedürfe und dass durch die internationale Versicherungskarte lediglich das Bestehen von Versicherungsschutz für die Kraftfahrthaftpflichtversicherung bestätigt werde. Sie habe noch während der Kläger in der Agentur war, die Hauptdirektion angerufen und diese über den Antrag des Klägers informiert. Die Hauptdirektion habe Prüfung der Angelegenheit zugesagt und erklärt, dass dem Kläger gegebenenfalls die entsprechende Versicherungskarte auf dem Postweg zugeleitet werde. Mit Schreiben vom 27.06.2006 sei dem Kläger dann auch von der Hauptdirektion in Düsseldorf die internationale Versicherungskarte übersandt worden. Auf dieser Karte sei die Türkei als versichertes Land von vorneherein nicht gestrichen gewesen. Der Kläger habe die Agentur der Beklagten in dieser Angelegenheit nur ein Mal aufgesucht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin P. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.04.2007 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von 7.763,39 € besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt.

1.
Ein Anspruch des Klägers aus dem Versicherungsvertrag scheitert daran, dass sich der Unfall des Klägers nicht im Geltungsbereich der Fahrzeugversicherung i.S.d. § 2 a AKB ereignet hat.

Grundsätzlich besteht gemäß § 2 a Abs. 1 AKB Versicherungsschutz sowohl in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung als auch in der Kaskoversicherung nur im Bereich Europas, wobei Europa geographisch zu verstehen ist. Der asiatische Teil der Türkei, in dem sich der Unfall des Klägers ereignet hat, befindet sich damit nicht im Geltungsbereich des zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrages.

Gemäß § 2 a Abs. 2 AKB kann der Geltungsbereich der Versicherung erweitert werden. Dies ist vorliegend durch Ausstellung der internationalen Versicherungskarte an den Kläger jedoch nur für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, nicht jedoch für die Kaskoversicherung, die für den vom Kläger geltend gemachten Schaden einschlägig wäre, geschehen. Dies ergibt sich zudem aus dem Wortlaut der internationalen Versicherungskarte, in der bestimmt ist, dass durch die Ausstellung der Versicherungskarte die Verpflichtungen eines Haftpflichtversicherers übernommen werden.

2.
Ein Anspruch des Klägers gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen eines Beratungsverschuldens der Beklagten oder der Versicherungsagentin P, das der Beklagten gemäß § 278 BGB zugerechnet werden könnte, besteht ebenfalls nicht.

Nach der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Beklagte ihrer Pflicht, den Kläger über den räumlichen Geltungsbereich von Haftpflicht- und Kaskoversicherung aufzuklären, nachgekommen ist.

Eine derartige Pflicht des Versicherers besteht bei einem türkischen Versicherungsnehmer jedenfalls dann, wenn dieser dem Versicherer mitteilt, eine Reise in die Türkei unternehmen zu wollen und deswegen eine internationale Versicherungskarte beantragt.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme wurde der Kläger ordnungsgemäß über den räumlichen Geltungsbereich der Versicherung belehrt. Nach der glaubhaften und überzeugenden Aussage der Zeugin P hat diese den Kläger schon im Gespräch in der Versicherungsagentur am 26.06.2006 nach dem Telefonat mit der Hauptdirektion in Düsseldorf darauf hingewiesen, dass die Erweiterung des Versicherungsschutzes durch die internationale Versicherungskarte auf die gesamte Türkei nur für die Haftpflichtversicherung gelte. Dieser Hinweis befindet sich auch im Schreiben der Hauptdirektion der Beklagten vom 27.06.2006, mit dem die internationale Versicherungskarte an den Kläger übersandt wurde.

Die Kammer ist weiter davon überzeugt, dass der Kläger mit diesem Schreiben bereits die internationale Versicherungskarte erhalten hat, in dem die Türkei als versichertes Land nicht gestrichen war und dass der Kläger nach dem Erhalt des Schreibens vom 27.06.2006 nicht nochmals in die Agentur der Beklagten gegangen ist, um sich dort eine weitere Versicherungskarte ausstellen zu lassen. Es ist auch kein Grund ersichtlich, an der Aussage der Zeugin P zu zweifeln. Die Zeugin konnte detailliert schildern, wie sich das Gespräch mit dem Kläger abgespielt hat. Zudem erscheint es plausibel, dass die Versicherungsagentur nicht über die Erweiterung des Versicherungsschutzes auf die Türkei entscheiden darf, ohne Rücksprache mit der Hauptdirektion zu halten.

Die Zeugin hat des weiteren überzeugend dargelegt, dass sie in der Agentur lediglich über Blankoformulare von internationalen Versicherungskarten verfügen, auf denen die Türkei als versichertes Land computertechnisch durchgestrichen ist. Demgegenüber sind auf der vom Kläger vorgelegten internationalen Versicherungskarte mehrere Länder handschriftlich durchgestrichen, was nach Aussage der Zeugin P lediglich in der Hauptdirektion in Düsseldorf geschieht, da dort der Versicherungsschutz individuell zugemessen wird. Die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin P wird dadurch unterstützt, dass auf der vom Kläger vorgelegten internationalen Versicherungskarte Name und Adresse des Klägers handschriftlich eingetragen sind und dass diese handschriftliche Eintragung nicht von der Zeugin P stammt. Dies ergibt sich aus der Schriftprobe, die die Zeugin P in der mündlichen Verhandlung vom 20.04.2007 vorgelegt hat und die kaum Ähnlichkeit mit der handschriftlichen Eintragung auf der internationalen Versicherungskarte des Klägers hat.

Demgegenüber sind die Angaben des Klägers, die er in seiner informatorischen Anhörung bestätigt, wenig plausibel. Hätte der Kläger zunächst mit dem Schreiben vom 27.06.2006 – wie er vorträgt – eine internationale Versicherungskarte erhalten, auf der die Türkei als versichertes Land gestrichen war, so wäre das Begleitschreiben der Beklagten vom 27.06.2006 unlogisch. Die Beklagte hätte keinerlei Anlass gehabt, darauf hinzuweisen, dass sich die Erweiterung des Versicherungsschutzes für die Türkei lediglich auf die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und nicht auf die Fahrzeugversicherung bezieht, wenn die Türkei als versichertes Land auf der internationalen Versicherungskarte gestrichen gewesen wäre und somit überhaupt keine Erweiterung des Versicherungsschutzes auf die gesamte Türkei gegeben wäre.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

III.

Streitwert: 7.763,39 €.

 

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