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Bausparvertrag –  Welcher Sparbeitrag gilt als zu erbringende Bausparleistung vereinbart?

LG Heilbronn – Az.: Bi 6 O 478/20 – Urteil vom 21.06.2021

1. Die Beklagte wird verurteilt, das Bausparkonto des Bausparvertrags … für den Zeitraum ab 1.1.17 neu zu berechnen. Statt des gezahlten monatlichen Sparbetrags von 204,52 € bzw. statt des mehrfachen Betrags von 204,52 € bei der Zahlung der Rückstände sind zu den Zahlungszeitpunkten der monatliche Sparbetrag von 90,01 € bzw. der mehrfache Betrag von 90,01 € bei der Zahlung der Rückstände in die Berechnung einzustellen. Der Differenzbetrag der Kontostände zwischen dem von der Beklagten geführten Konto und dem neu berechneten Kontostand ist an die Klägerin auszuzahlen.

2. Die Klägerin trägt 25% und die Beklagte 75% der Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung von 9000 € vorläufig vollstreckbar. Für die Beklagte ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung von 110% des jeweils beizutreibenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: bis 8.000 €

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine Zahlung nebst Zinsen, hilfsweise die Neuberechnung eines Kontos sowie den Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren.

Die Parteien schlossen im April 1999 einen Bausparvertrag.

Bei der Antragstellung wurde ein Antragsformular der Klägerin verwendet.

Das Antragsformular enthält die Formulierung „Antrag auf Abschluss eines Bausparvertrags, „Tarifvariante F-Standard“. Darunter befindet sich ein Formularfeld mit folgendem Eintrag: „Ich wähle eine andere Tarifvariante (Tarifmerkmale siehe Rückseite der Ausfertigung für den Bausparer) F-Schnell, F-Langzeit, F-Vierpromille, F-Rendite, F-Niedrigzins“. Angekreuzt wurde: F-Niedrigzins.

Rechts daneben befindet sich ein Formularfeld mit folgendem Eintrag: „Der monatliche Regelsparbeitrag beträgt 5 Promille der Bausparsumme in der Tarifvariante F-Schnell und in F-Vierpromille 4 Promille. Hinweis: Die Höhe der Sparbeiträge wirkt sich auf die Sparzeit aus“. Im gleichen Formularfeld befinden sich 5 vorgedruckte Kästchen. Darunter befindet sich das Wort: „(Regelsparbeitrag)“. Der Eintrag eines Betrags erfolgte nicht.

Auf der Rückseite befindet sich eine Tabelle. In der Zeile „Niedrigzins (FN)“ befinden sich folgende Einträge: Bewertungszahlfaktor: 1,50, Guthabenzinssatz: 2,5, Regelsparbeitrag in Promille der Bausparsumme: 5, Mindestsparguthaben in Prozent der Bausparsumme: 40, Tilgungsbeitrag für Zins- und Tilgung in Promille der Bausparsumme: 6, Darlehenszinssatz (nominaler/effektiver) vierteljährliche Zinsberechnung: 4,50 %/5,37 % und Darlehenszinssatz (nominaler/effektiver) taggenaue Zinsberechnung: 4,75 %/5,47 %.

Vor der Beantragung des Bausparvertrags erhielt die Klägerin ein Schreiben wie folgt:

„M… T…, Tel: …, Bausparkasse …, 20.04.99“

Sehr geehrte Frau E…,

unser Computer hat eine Modellrechnung nach Ihren Vorgaben durchgeführt und folgenden Vertragsverlauf errechnet:

Tarifdaten

Bausparsumme in der Niedrigzins-Variante aus dem Tarifprogramm F 80000 DM

Zinssatz für das Bausparguthaben jährlich 2,50 %

Zinssatz für das Bauspardarlehen jährlich 4,50 %

Effektiver Jahreszins ab Zuteilung jährlich 5,37 %

Bausparförderung

Wohnungsbauprämie, alleinstehend

– prämienbegünstigter Höchstbetrag 1000 DM jährlich 10 %

Arbeitnehmersparzulage für vermögenswirksame Leistungen ab 2000 10 %

Laufzeiten

Sparzeit bis Zuteilung – unverbindlich geschätzt 12 Jahre 6 Monate

Tilgungsdauer des Bauspardarlehens 10 Jahre 9 Monate

Gesamtlaufzeit 23 Jahre 3 Monate

Monatliche Leistungen

11.98 – 1.11 Sparbeitrag 100 DM

plus vermögenswirksame Leistungen 78 DM

178 DM

5.11 – 1.22 Zins- und Tilgungsbeitrag Bauspardarlehen 480 DM

Bei der Modellberechnung wurde unterstellt, dass die Abschlussgebühr für den Bausparvertrag extra gezahlt wird. Es besteht auch die Möglichkeit einer Verrechnung mit den laufenden Sparleistungen, wodurch sich jedoch entsprechende Sparzeitverlängerungen ergeben.“

Der Bausparvertrag hatte Anfang November 2011 die erstmalige Zuteilungsreife erlangt. Die erste Zuteilungsbefragung an die Klägerin erfolgte mit Schreiben vom 11.11.2011. Die Klägerin hat die Zuteilung des Bausparvertrages nicht angenommen.

Der Jahreskontoauszug 2016 beziffert den Regelsparbeitrag mit € 204,52.

Anfang 2017 forderte die Beklagte die Klägerin auf, den Regelsparbeitrag zu zahlen. Dem widersprach die Klägerin. Mit Schreiben vom 22.01.2018 teilte die Beklagte mit, sie werde den Vertrag kündigen, wenn die Beklagte bis zum 31.03.2018 den Betrag von 1.630,07 Euro nicht nachzahle und monatlich nicht 204,52 Euro leiste. Die Klägerin bezahlte am 06.02.2018 die seit Januar 2017 aufgelaufene Differenz zum monatlichen Regelsparbeitrag und leistet seither den monatlichen Regelsparbeitrag (zusätzlich zu den vermögenswirksamen Leistungen über monatlich € 13,29, die vom Konto des Arbeitgebers kommen). Mit Schreiben vom 05.02.2018 erklärte die Klägerin, die vorgenommenen Zahlungen seien ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt, die Rückforderung behalte sie sich vor bezüglich der Teilbeträge von mehr als € 51,13 monatlich.

Die Klägerin trägt vor, die Klägerin habe den Mitarbeiter der Beklagten bei Vertragsabschluss darauf hingewiesen, sie könne nur monatlich 100 DM leisten. Der Mitarbeiter habe erklärt, das sei kein Problem, sie könne auch weniger zahlen. Die Parteien hätten sich dann auf einen monatlich zu zahlenden Betrag von 100 DM (=51,13 Euro) geeinigt. Die Zahlung von monatlich 51,13 € sei vertraglich maßgebend und nicht der vierfache überhöhte Betrag. Der Betrag von 100 DM sei der Klägerin 1999 von der Beklagten schriftlich in einer Modellrechnung bestätigt worden. Es sei nicht richtig, dass der Regelsparbeitrag von monatlich 204,52 € vereinbart worden sei.

Die Beklagte und der Mitarbeiter hätten mehr an dem Vertrag verdient, weil man eine viel zu hohe Bausparsumme im Vertrag fixiert und zugleich mit der Klägerin den Betrag vereinbart habe, den sie leisten könne.

Seit Vertragsabschluss bis heute habe die Klägerin das geleistet, was sie habe leisten können und was mit der Beklagten auch so besprochen und vereinbart worden sei. 18 Jahre später, als die Beklagte gemerkt habe, dass der Vertrag für sie nachteilig wird, habe die Beklagte das Vierfache verlangt, um den Vertrag wieder loszuwerden Die Beklagte behaupte nun, 1999 sei schriftlich etwas Andres vereinbart worden, was aber nie so gehandhabt worden sei. Die Beklagte habe gewusst, dass die Klägerin das nicht leisten könne und sei davon ausgegangen, dass man so den alten Vertrag kündigen könne.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Klägerin € 7152,11 zu zahlen, nebst den gesetzlichen Zinsen aus € 1.630,07 seit 01.04.2018 bis zur Klagezustellung, nebst den gesetzlichen Zinsen aus € 7.152,11 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung zuzüglich außergerichtliche Gebühren in Höhe von insgesamt € 710,84.

Hilfsweise beantragt die Klägerin, die Beklagte zu verurteilen, das Bausparkonto des Bausparvertrags … für den Zeitraum ab 1.1.17 neu zu berechnen. Statt des gezahlten monatlichen Sparbeitrags von 204,52 € bzw. statt des mehrfachen Betrags von 204,52 € bei der Zahlung der Rückstände sind zu den Zahlungszeitpunkt der monatliche Sparbeitrag von 51,13 € bzw. der mehrfache Betrag von 51,13 € bei der Zahlung der Rückstände in die Berechnung einzustellen. Der Differenzbetrag der Kontostände zwischen dem von der Beklagten geführten Konto und dem neu berechneten Kontostand ist an die Klägerin auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.

Die Beklagte trägt vor, der Klägerin gehe es nicht mehr um den Zweck, ein Darlehen zu erlangen. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bausparvertrags im April 1999 sei der vereinbarte Darlehenszins von 4,5 % sehr günstig gewesen. Infolge der Niedrigzinsphase sei dieser nicht mehr marktgerecht. Stattdessen sei die Guthabenverzinsung auf dem Bausparvertrag mit 2,5 % verglichen mit anderen sicheren Anlagen viel zu hoch.

Die Beklagte habe zu Recht im Januar 2017 die Klägerin unter Kündigungsandrohung aufgefordert, für den Bausparvertrag ab Januar 2017 den monatlichen Regelsparbeitrag zu bezahlen. Die Klägerin habe die Zahlungen auf ihren Bausparvertrag geleistet, um die Kündigung durch die Beklagte gem. § 2 (3) der ABB zu verhindern. Die Zahlung sei mit diesem Zweck erfolgt. Diesen Zweck habe die Klägerin erreicht.

Es spiele es keine Rolle, ob die Klägerin vertraglich gegenüber der Beklagten verpflichtet gewesen sei, monatlich den Regelsparbeitrag auf ihren Bausparvertrag zu bezahlen und ob die Beklagte diesen Betrag klagweise mit Erfolg gegenüber der Klägerin hätte geltend machen können. Die in § 2 (3) ABB eingeräumte Möglichkeit der Kündigung des Bausparvertrags durch die Beklagte bestehe unabhängig davon, ob die Zahlung des Regelsparbeitrags eine echte (einklagbare) Zahlungsverpflichtung des Bausparers darstellt. Auch die Vereinbarung, dass ein Kunde auf seinen Sparvertrag freiwillig monatliche Sparleistungen in einer bestimmten oder gar in beliebiger Höhe leistet und umgekehrt der Empfänger der Sparleistungen berechtigt ist, den Sparvertrag zu kündigen, wenn weniger als der exakt benannte monatliche Regelsparbeitrag bezahlt wird, sei möglich.

Für die Zeit ab Januar 2017 habe die Beklagte die Zahlung des monatlichen Regelsparbeitrages fordern können. Der Regelsparbeitrag sei nicht verhandelbar.

Die Klägerin berücksichtige bei ihrem Antrag nicht, dass sie Zinsen für die eingezahlten Beträge erhalten habe, die sie nun ohne Berücksichtigung der Zinsen erstattet haben möchte. Zu einer Neuabrechnung des Kontokorrents sei die Beklagte nicht verpflichtet. Die Klägerin müsse den Zinsanteil ermitteln und ihre Forderung um den ermittelten Betrag vermindern.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Neuberechnung des Bausparkontos und Auszahlung der Kontostanddifferenz zwischen dem Kontostand wie in dem von der Beklagten geführten Bausparkonto und dem Kontostand des neu berechneten Bausparkontos2.

Die über 90,01 € hinausgehenden Monatszahlungen erfolgten ab dem 1.1.17 ohne Rechtsgrund.

Das Gericht teilt nicht die Auffassung der Beklagten, der Regelsparbeitrag gelte unabhängig von der Einigung auf einen bestimmten monatlichen Sparbeitrag als vereinbart. Da der Bausparvertrag ein Vertrag ist, gilt auch beim Bausparvertrag nur das, was die Parteien des Bausparvertrags vertraglich vereinbart haben.

Die Parteien haben sich auf einen monatlichen Sparbeitrag von 178 DM (gleich 90,01 €) geeinigt. Eine Einigung auf die Zahlung eines monatlichen Regelsparbeitrags von 400 DM (gleich 204,52 €) erfolgte nicht.

Obwohl es sich bei der Einigung auf einen Regelsparbeitrag um einen für einen Bausparvertrag wesentlichen Umstand handelt, wurde der Regelsparbeitrag in dem vorgesehenen hervorgehobenen Formularfeld oben auf der Seite 1 des Bausparvertragsantragsformulars nicht benannt. Ohne dass in dem Vertragsantragsformularfeld ein Regelsparbeitrag angegeben war, hat die Beklagte das Bausparvertragsantragsformular der Klägerin angenommen, ohne die Nichtausfüllung des Regelsparbeitrags zu beanstanden. Der Regelsparbeitrag ist für den Bausparvertrag deshalb von Bedeutung, weil ein Bausparvertrag gekündigt werden kann, wenn Regelsparbeiträge nicht bezahlt werden.

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Der Hinweis „der monatliche Regelsparbeitrag beträgt 5 Promille der Bausparsumme in der Tarifvariante F-Schnell und in F-Vierpromille 4 Promille“ neben dem nicht ausgefüllten Regelsparbeitragsfeld betrifft die von der Klägerin gewählte Bausparvertragsvariante nicht und lässt keine Rückschlüsse auf den Regelsparbeitrag der F-Niedrigzins- Bausparvertragsvariante zu.

Das Unterlassen des Ausfüllens des Regelsparbeitragsformularfeldes darf ein Bausparer als Erklärungsempfängerin so verstehen, dass die Zahlung eines Regelsparbetrags nicht vereinbart ist. Aus seinem objektiven Empfängerhorizont ist der Grund für die Nichteintragung eines Zahlbetrags die Nichteinigung über einen Regelsparbeitrag. Für die Klägerin gilt dies umso mehr, da – wie unten dargestellt – sich die Klägerin mit der Beklagten auf die Zahlung eines anderen Betrags geeinigt hat.

Der weitere Antragsformularinhalt lässt einen zu zahlenden Regelsparbeitrag nicht erkennen.

Ein Bausparer kann mit viel Mühe die Regelsparbeitragsberechnungsmethode entdecken.

Mit dem Ankreuzen der Bausparvertragsvariante F-Niedrigzins“ auf der ersten Seite des Antragsformulars besteht für einen Bausparer die die Chance, die Berechnungsweise des Regelsparbeitrags unter Zuhilfenahme der auf der Rückseite des Bausparantragsformulars gedruckten Tabelle zu erkennen, wenn er in der Zeile „Niedrigzins (FN)“ der Tabelle, die die Angaben: „Bewertungszahlfaktor: 1,50, Guthabenzinssatz: 2,5, Regelsparbeitrag in Promille der Bausparsumme: 5, Mindestsparguthaben in Prozent der Bausparsumme: 40, Tilgungsbeitrag für Zins- und Tilgung in Promille der Bausparsumme: 6, Darlehenszinssatz (nominaler/effektiver) vierteljährliche Zinsberechnung: 4,50 %/5,37 % und Darlehenszinssatz (nominaler/effektiver) taggenaue Zinsberechnung: 4,75 %/5,47 %“ enthält, die Angabe „Regelsparbeitrag in Promille“ der Bausparsumme: 5 entdeckt.

Damit benennt die Beklagte den Regelsparbeitrag aber nicht, sondern benennt nur den Berechnungsweg. Die Beklagte kann nicht davon ausgehen, dass die Mitteilung des benannten Berechnungswegs den Regelsparbeitrag erkennen lässt. Der Einzelrichter schätzt, dass mindestens 80% der Bevölkerung nicht in der Lage sind, den Regelsparbeitrag anhand der Angabe zu berechnen: „Regelsparbeitrag in Promille der Bausparsumme: 5“. Der überwiegende Bevölkerungsanteil kann nicht erklären, was ein Promille ist, was Voraussetzung für eine erfolgreiche Berechnung wäre.

Das Gericht geht davon aus, dass auch die Klägerin hierzu nicht in der Lage, da sie sonst – wie unten dargestellt – den Sparbetrag von monatlich 100 DM nicht als vereinbart angesehen hätte.

Auch die Bausparbestätigung der Beklagten führt nicht zur Vereinbarung eines monatlich zu zahlenden Betrags von 400 DM.

Die Beklagte hat zwar in der Bausparbestätigung den Regelsparbeitrag mit 400 DM benannt, die Bestätigung lässt aber offen, ob ein solcher als zu zahlender Beitrag vereinbart ist oder nicht. Die Beklagte hat in der Bausparbestätigung die mehrdeutige Formulierung gewählt: „Falls Sie keine anderen Zahlungen vereinbart haben, empfehlen wir Ihnen, auf Ihren Bausparvertrag den Regelsparbeitrag von 400 DM einzuzahlen. Dann erreichen sie schnell ihr Sparziel.“ Nach dem ausdrücklichen Wortlaut kann ein anderer Zahlbetrag vereinbart worden sein. Missverständlich ist der hinzugefügte Satz: Dann erreichen sie schnell ihr Sparziel“. Nach den Bestimmungen der Bausparkasse ist der Regelsparbeitrag der Mindestsparbetrag. Die Empfehlung, den Regelsparbeitrag von 400 DM zu bezahlen, um schneller an das Sparziel zu gelangen, erweckt den Eindruck, der vereinbarte andere Sparbeitrag dürfe unter 400 DM liegen. Nur dann gibt der Hinweis, die Zahlung des Regelsparbeitrags führe schneller zur Erreichung des Sparziels, einen Sinn. Die Formulierung lässt zudem den Schluss zu, dass ein anderer Zahlbetrag vereinbart werden kann.

Nachvollziehbar hat die Klägerin dargestellt, dass sie von der Vereinbarung eines anderen monatlichen Sparbetrags ausgegangen ist. Nach ihrem objektiven Erklärungsempfängerhorizont durfte die Klägerin wegen der erhaltenen Modellberechnung von der Vereinbarung eines monatlichen Sparbeitrags von 178 € (= 91.01 €) ausgehen.

Auf dem Modellberechnungsblatt wird oben rechts die Bausparkasse … benannt. Unten ist auf dem Modellberechnungsblatt vermerkt „Bausparkasse … – Beratungsprogramm 3.42“. Die Eingangsformulierung der Modellberechnung bestätigt den Vortrag der Klägerin, sie habe den ihr möglichen monatlichen Beitrag mit 100 DM angegeben. Die Eingangsformulierung lautet: „Sie sagen uns, was sie sparen können – wir zeigen Ihnen, was Sie damit erreichen“. Sodann benennt die Modellberechnung die Bausparvertragsvariante Niedrigzins und gibt die Bausparsumme mit 80.000 DM an. Nach der Benennung der Zinssätze, der Bausparförderungsmöglichkeiten und der Vertragslaufzeiten werden die monatlichen Leistungen (der Klägerin als Bausparerin) wie folgt angegeben: „11.98 – 1.11 Sparbeitrag 100 DM plus vermögenswirksame Leistungen 78 DM. Diese beiden Positionen summiert die Modellberechnung auf die monatliche, von der Klägerin zu erbringende Leistung von 178 DM auf.

Es ist offensichtlich, dass der Bausparberater unredlich war. Die monatliche Leistung liegt bei der Bausparvertragsvariante Niedrigzins mit einer Bausparsumme mit 80.000 DM nach den Vorstellungen der Beklagten deutlich über dem der Klägerin genannten Betrag von 100 DM, nämlich bei 400 DM. Hiervon abweichend hätte der Berater die Klägerin nicht beraten dürfen. Gleichwohl hat es getan, möglicherweise um seinen Provisionsanteil zu steigern.

Die Erklärung des Beraters, die wegen des Gebrauchs der Formulierungen „Bausparkasse …“ und „Bausparkasse … – Beratungsprogramm 3.42“ im Namen der Beklagten erfolgte, – die Nennung des Namens M… T… ebenfalls auf der Modellrechnung steht dem nicht entgegen – muss sich die Beklagte zurechnen lassen. Eine Bausparkasse, die es duldet, dass bei ihr Antragsformulare mit nicht ausgefüllten Regelsparbeträgen eingereicht werden dürfen, kann leicht verhindern, dass den Bausparern falsche Sparbeiträge unterhalb des Mindestregelsparbeitrags mitgeteilt werden. Sie muss nur bei der Antragseingangskontrolle auf die Eintragung des Regelsparbeitrags bestehen. Eine Bausparkasse, die zudem die Formulierung in ihrer Bausparvertragsbestätigung verwendet, „falls Sie keine anderen Zahlungen vereinbart haben, empfehlen wir Ihnen, auf Ihren Bausparvertrag den Regelsparbeitrag von 400 DM einzuzahlen“, erweckt den Anschein Dritte könnten bevollmächtigt sein, eine vom Regelsparbeitrag abweichenden Sparbetrag zu vereinbaren.

Eine Untersuchungspflicht des Bausparers, ob eine Bausparkasse einen Regelsparbeitrag vereinbart wissen will, besteht nach Auffassung des Gerichts nicht, weshalb ein Bausparer grundsätzlich nicht von sich aus die Tarifmerkmale seines Bausparvertrags ermitteln muss.

Auch aus den Kontoauszügen ergibt sich nichts Gegenteiliges. Da die Kontoauszüge erst nach Vertragsschluss erstellt wurden, konnten die Beklagte in den Kontoauszügen die vertragliche Leistung der Klägerin nicht mehr definieren. Im Übrigen benennen die Kontoauszüge auch nur – wie die Bausparbestätigung – den Regelsparbeitrag. Die Klägerin durfte – wie dargestellt – aber davon ausgehen, dass der Sparbetrag von monatlich 178 DM – wie in der Modellrechnung angegeben – vereinbart wurde.

Den von ihr als vereinbart angesehenen monatlichen Sparbeitrag hat die Klägerin 17 Jahre lang ohne Beanstandung durch die Beklagte bezahlt.

Die Klägerin hat einen Kontoneuberechnungsanspruch aufgrund der vertraglichen Kontokorrentabrede

Der Hauptantrag der Klägerin berücksichtigt nicht, dass der Klägerin für die über 91,01 € hinausgehenden monatlichen Zahlungsbeträge Zinsen gutgeschrieben wurden, die der Klägerin nicht zustehen. Würde man – wie von der Klägerin gewünscht – nur die Differenzsparbeiträge auszahlen, würden bei der Klägerin gutgeschriebene Zinsanteile verbleiben, auf die die Klägerin keinen Anspruch hat.

Die Beklagte hat sich in § 16 der ABB zur Führung des Bausparkontos als Kontokorrentkonto verpflichtet. Die Beklagte hat sich für die Führung des Kontokorrents im Bausparvertrag die Zahlung einer Kontogrundgebühr und die Zahlung einer Kontoführungsgebühr versprechen lassen6. Zu den von der Beklagten übernommenen Kontokorrentkontoführungspflichten zählt die Neuberechnung des Kontokorrents, wenn sich – wie im vorliegenden Fall – herausstellt, dass in das Kontokorrent Positionen von Einzahlungen des Bausparers eingestellt wurden, die dieser unter dem Vorbehalt der Rückzahlung nur deshalb geleistet hat, weil die Bausparkasse diese unter Kündigungsandrohung zu Unrecht gefordert hat.

Da bei einer Kontounrichtigkeit das Saldoanerkenntnis auch dann zurückgefordert werden kann, wenn ein Saldoanerkenntnis vorliegt, kann dahingestellt bleiben, ob die Zahlung unter Vorbehalt ein Saldoanerkenntnis ausschließt.

Vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten, deren Ersatz denkbar wäre, wurden nicht zugesprochen. Diese sind einem Gläubiger nur zu ersetzen, wenn dieser seinem Prozessbevollmächtigten neben dem hier erteilten Klageauftrag, der die vorprozessualen Aufforderungsschreiben an den Schuldner umfasst, die gemäß § 19 Abs. 1 RVG zum Rechtszug gehören, zusätzlich einen gesonderten Auftrag zur zunächst nur außergerichtlichen Geltendmachung erteilt. Ein solch gesonderter Auftrag ist von der Klägerin nicht vorgetragen worden.

Nebenentscheidungen: §§ 92, 709 ZPO

 

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