LANDESARBEITSGERICHT NÜRNBERG
Az.: 6 Sa 26/05
Urteil vom 26.07.2005
Vorinstanz: Arbeitsgericht Nürnberg, Az.: 16 Ca 3109/04
In dem Rechtsstreit hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.06.2005 für Recht erkannt:
I. Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 25.11.2004, Az. 16 Ca 3109/04, teilweise abgeändert.
II. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die auf 31.03.2003 datierte Kündigung vom 31.03.2004 zum 30.09.2004 nicht aufgelöst worden ist. Insoweit wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Beklagte hat die Klägerin bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die in Ziff. II dieses Urteils benannte Kündigung als Fachverkäuferin C…, längstens bis 31.10.2005, weiterzubeschäftigen. Soweit die Beklagte Aufhebung des Weiterbeschäftigungstitels insgesamt begehrt hat, wird die Berufung zurückgewiesen.
IV. Die Beklagte hat an die Klägerin – über den vom Arbeitsgericht rechtskräftig entschiedenen Betrag von € 1.262,19 brutto nebst Zinsen hinaus – 406,25 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.01.2004 zu zahlen. Insoweit wird die Berufung zurückgewiesen.
V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
VI. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat die Klägerin 1/5, die Beklagte 4/5 zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin 2/9, die Beklagte 7/9 zu tragen.
VII. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer als Änderungskündigung ausgesprochenen betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung.
Die am 11.09.1960 geborene Klägerin war seit 15.03.1991 im von der Beklagten geführten Betrieb als Verkäuferin C… beschäftigt. Sie ist behindert mit einem Grad von 50%. Ihr Monatseinkommen beträgt durchschnittlich etwa 2.115,- € brutto. Hinsichtlich des genauen Wortlautes ihres Arbeitsvertrages vom 11.02.1991 wegen wird auf die als Anlage 1 zum Schriftsatz der Klägerinnenvertreter vom 31.08.1994 vorgelegte Ablichtung Bezug genommen (Bl. 69 ff. d.A.). In diesem Vertrag wird auf die Bestimmungen des Tarifvertrages Einzelhandel für Baden-Württemberg verwiesen. Nach § 5 Ziff. 1 g) steht der Arbeitnehmerin eine Weihnachtsgratifikation gemäß Tarifvertrag“ zu. In § 5 Ziff. 1 d) ist die Grundvergütung geregelt. § 5 Ziff. 3 lautet wie folgt:
„Die Weihnachtsgratifikation nach Ziff. 1d wird auf die „tariflichen Sonderzuwendungen“ angerechnet. Eine darüber hinaus geleistete Weihnachtsgratifikation wird als freiwillige Sondervergütung gezahlt und ist frei widerruflich. Auch nach wiederholter Leistung entsteht hierauf kein Rechtsanspruch.
Der Anspruch auf die als freiwillige Sondervergütung gewährte Weihnachtsgratifikation ist ausgeschlossen, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Fälligkeit gekündigt ist.
Der Arbeitgeber ist berechtigt, mit dem Rückforderungsanspruch gegen noch bestehende Vergütungsansprüche des Mitarbeiters aufzurechnen.“
§ 19 des Manteltarifvertrages für den Einzelhandel in Baden-Württemberg sieht eine tarifliche Sonderzahlung in Höhe von 62,5% des dem Arbeitnehmer zustehenden monatlichen Tarifentgeltes vor. Ziff. 8. lautet wie folgt:
„Wenn dem/der Anspruchsberechtigten in dem Kalenderjahr keine Ansprüche auf Entgelt oder Zuschüsse zum Krankengeld gem. § 14 B, Ziff. 3 des Manteltarifvertrages oder zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 Mutterschutzgesetz zustehen, entfällt der Anspruch auf die nach Ziff. 1 garantierte Sonderzuwendung. Wenn nur für einen Teil des Kalenderjahres derartige Ansprüche bestehen, ermäßigt sich der Anspruch auf die Sonderzuwendung für jeden Kalendermonat ohne derartige Ansprüche um ein Zwölftel.“
§ 14 B Ziff. 3 des Manteltarifvertrages lautet wie folgt:
„Über die Frist gemäß Ziff. 2 Abs. 1 hinaus erhalten langjährige Arbeitnehmer/-innen als Zuschuss zum Kranken- oder Hausgeld die Differenz zwischen dem Krankengeld und dem Nettoentgelt, und zwar nach 5-jähriger Tätigkeit im gleichen Unternehmen für weitere zwei Monate, nach 10-jähriger Tätigkeit im gleichen Unternehmen für noch einen weiteren Monat, nach 15-jähriger Tätigkeit im gleichen Unternehmen für noch einen weiteren Monat.“
Die Beklagte nahm eine Umstrukturierung ihrer Filialgeschäfte vor. Sie schloss hierzu unter dem 13.02.2003 einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat, in dem ein ausdrücklicher Verzicht auf Abschluss eines Sozialplanes beinhaltet ist (Anlage B 1 zum Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 28.06.2004, Bl. 41 ff. d.A.). Nach ihren Vorstellungen sollten die Verkaufsfilialen mit stark verkleinertem Mitarbeiterstamm sukzessive dahingehend umgestaltet werden, dass der Verkauf im Wesentlichen ohne Fachberatung stattfinden sollte. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit auf 31.03.2003 datiertem Schreiben vom 31.03.2004 mit Wirkung zum 30.09.2004 (Anlage zur Klageschrift, Bl. 4 d.A.).
Gleichzeitig wurde der Klägerin ab 01.10.2004 ein geänderter Arbeitsvertrag angeboten. Des genauen Wortlautes dieses Angebots wegen wird auf die mit Schriftsatz der Klägerinvertreter vom 31.08.2004 als Anlage 2 vorgelegte Ablichtung Bezug genommen (Bl. 74 ff. d.A.). Die Klägerin nahm dieses Angebot nicht an. Sie war im Zeitraum 17.01.2003 bis 31.11.2003 arbeitsunfähig erkrankt.
Die Beklagte kündigte nach Zustimmung des Integrationsamtes erneut mit Wirkung zum 31.10.2005.
Mit ihrer am 07.04.2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage vom 06.04.2004 hat die Klägerin die Unwirksamkeit der auf 31.03.2003 datierten Kündigung geltend gemacht. Sie hat geltend gemacht, es beständen keine betrieblichen Gründe, die die Kündigung rechtfertigten. Sie hat vorsorglich die Anhörung des Betriebsrats und die Durchführung einer ordnungsgemäßen Sozialauswahl gerügt.
Sie hat die Auffassung vertreten, da die Kündigung unwirksam sei, sei die Beklagte verpflichtet, sie bis zum Abschluss des Rechtsstreits weiterzubeschäftigen. Unabhängig hiervon sei die Beklagte zur Zahlung des tariflichen Weihnachtsgeldes in Höhe von brutto 957,50 € und 1.196,87 € verpflichtet.
Die Klägerin hat im Verfahren vor dem Arbeitsgericht daher zuletzt folgende
Anträge gestellt:
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 31.03.2003 zum 30.09.2004 nicht aufgelöst wird, sondern unverändert darüber hinaus fortbesteht.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 2.154,37 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2004 zu zahlen.
3. Für den Fall des Obsiegens hinsichtlich Ziffer 1 des Klageschriftsatzes vom 06.04.2004 wird die Beklagte verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Fachverkäuferin C… über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat eingewandt, die Klage sei unbegründet. Die Kündigung sei aus dringenden betrieblichen Gründen sozial gerechtfertigt. Sie habe nach erheblichen Verlusten die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Filialen zu reinen Abverkaufsstellen umzufunktionieren. Es finde nur noch eingeschränkte Kundenberatung statt. Daher würden pro Filiale nur noch neun Mitarbeiter und ein Marktleiter benötigt. Es seien daher neue Arbeitsplätze entstanden; einer hiervon sei der Klägerin zu denjenigen Bedingungen angeboten worden, die für diesen Arbeitsplatz festgelegt worden seien. Das Entgelt der Klägerin sei auf 1.650,- € brutto und damit nicht einmal um 20% reduziert worden. Hinzu komme noch eine Umsatzprovision, die in den ersten drei Monaten nach der Änderung
300,- € monatlich betrage.
Die Klägerin hat vorgebracht, sie bestreite den Vortrag zur wirtschaftlichen Entwicklung und die unternehmerische Entscheidung. Sie meint, es wäre der Beklagten schon nach dem Anstellungsvertrag möglich gewesen, ihr die neue Tätigkeit durch Direktionsrecht und ohne Kündigung anzudienen. Zudem finde weiter Kundenberatung statt. Die Beklagte beabsichtige allein Leistungsverdichtung und Entgeltreduzierung. Ein neuer Arbeitsplatz sei gerade nicht geschaffen worden. Im Übrigen rechtfertige die Umstrukturierung nicht, die Arbeitsbedingungen insgesamt durch Einführung von neuen Ausschlussfristen und anderen Urlaubsansprüchen zu ändern. Zumindest für solche weitergehenden Änderungen bestehe auch unter Berücksichtigung der Umstrukturierungsentscheidung keine soziale Rechtfertigung.
Die Beklagte hat sich zur Stützung ihrer Rechtsansicht auf eine vorgelegte Entscheidung des Arbeitsgerichts Regensburg vom 03.08.2004 berufen (Anlage B 9 zum Schriftsatz vom 05.10.2004, Bl. 121 ff. d.A.).
Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 25.11.2004 wie folgt entschieden:
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 31.03.2003 zum 30.09.2004 nicht aufgelöst wurde, sondern unverändert fortbesteht.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EURO 2.154,37 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2004 zu bezahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Fachverkäuferin C… über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung weiter zu beschäftigen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
5. Der Streitwert wird auf EURO 10.619,37 festgesetzt.
Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, die Kündigung sei nicht sozial gerechtfertigt. Der Arbeitsplatz der Klägerin sei im Gegensatz zu demjenigen, über den das Arbeitsgericht Regensburg in der vorgelegten Entscheidung befunden habe, nicht weggefallen. Die Beklagte hätte der Klägerin die nunmehr noch vorhandenen Aufgaben auch mittels Direktionsrechts ohne Änderungskündigung übertragen können. Dies sei von einer entsprechenden Klausel im Anstellungsvertrag gedeckt. Die von der Rechtsprechung für eine Änderungskündigung zur Entgeltreduzierung verlangten Voraussetzungen, insbesondere ein umfassender Sanierungsplan, seien nicht vorgetragen. Im Übrigen sehe der neu angebotene Vertrag Änderungen vor, deren Sanierungseffekt weder ersichtlich noch vorgetragen sei, wie die Einführung einer bislang nicht vorgesehenen Vertragsstrafe, die Verkürzung der Kündigungsfristen und die Einführung einer neuen – möglicherweise noch dazu gesetzwidrigen – Verfallfrist von zwei Monaten. Der Anspruch auf das Urlaubsgeld und die Sonderzahlung ergebe sich aus dem Tarifvertrag. Die Klägerin sei gemäß der Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts angesichts der stattgebenden Kündigungsentscheidung weiterzubeschäftigen.
Das Endurteil des Arbeitsgerichts ist den Beklagtenvertretern ausweislich ihres Empfangsbekenntnisses am 17.12.2004 zugestellt worden (Bl. 174 d.A.). Die Beklagte hat mit Schriftsatz ihrer Vertreter vom 10.01.2005, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 11.01.2005, Berufung eingelegt, soweit sie in den Feststellungsanträgen und im Weiterbeschäftigungsantrag unterlegen war; hinsichtlich des Zahlungstitels hat sie Berufung nur eingelegt, soweit sie zur Zahlung von mehr als 1.262,19 € nebst Zinsen verurteilt worden ist. Die Beklagte hat diese Berufung mit am 17.02.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz selben Tages begründet.
Die Beklagte hat sich in der Berufung darauf gestützt, das Arbeitsgericht habe nicht erkannt, dass sie durch die unterschiedliche Prägung des Arbeitsplatzes einen neuen Arbeitsplatz geschaffen habe. Dieser habe nicht im Wege Direktionsrechtes zugewiesen werden können, weil insbesondere die Fachberatung wegfalle. Eine Änderungskündigung scheitere in diesem Fall nicht daran, dass weitere Bedingungen geändert werden sollten, weil der Arbeitgeber den Zuschnitt des Arbeitsplatzes allein bestimme. Dies habe das Bundesarbeitsgericht im Urteil
vom 24.06.2004 ausdrücklich betont. Außerdem gälten für die Änderungen von Nebenabreden nicht die gleichen strengen Maßstäbe wie für eine Entgeltreduzierung. Sie verweise insoweit auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27.03.2003. Der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung stehe der Wegfall des Arbeitsplatzes entgegen. Die Verpflichtung zur Zahlung des Urlaubsgeldes werde nicht angegriffen. Sie schulde aber nur einen Betrag für Weihnachtsgeld in Höhe von 304,69 € brutto, weil die Klägerin von 07.03.2003 bis 30.11.2003 kein Entgelt bezogen habe; in einem solchen Fall sei die tarifliche Gratifikation entsprechend zu kürzen.
Die Beklagte stellt als Berufungsklägerin daher in der Berufungsinstanz den Antrag, unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage hinsichtlich der Anträge zu 1) und 3) insgesamt sowie hinsichtlich des Antrags 2) insoweit abzuweisen, als der Klägerin ein Betrag über EUR 1.262,19 brutto nebst anteiligen Zinsen zugesprochen worden sei.
Die Klägerin beantragt als Berufungsbeklagte, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Arbeitsgerichts für zutreffend. Sie führt aus, die Möglichkeit, ihr die Arbeiten am teilweise umgestalteten Arbeitsplatz per Direktionsrecht zuzuweisen, ergebe sich aus dem Anstellungsvertrag in Verbindung mit den tariflichen Bestimmungen. Es sei falsch, dass der Arbeitsplatz nunmehr wesentlich anders geprägt sei; zudem sei nicht klar, was unter „Prägung“ zu verstehen sei. Es entspreche der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wie zuletzt in der Entscheidung vom 03.07.2003, dass der Arbeitnehmer nur solche Änderungen hinnehmen müsse, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprächen. Die Änderungen müssten geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrages den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssten für alle Vertragsänderungen vorliegen.
Dies sei bei Ausschlussfristen und Urlaubsregelungen in keiner Weise der Fall.
Die Zahlungspflicht hinsichtlich der vollen Weihnachtsgratifikation ergebe sich aus § 5 Ziff. 3 des Arbeitsvertrages. Diese arbeitsvertragliche Vereinbarung sei nicht identisch mit derjenigen, die im Tarifvertrag enthalten sei.
Die Beklagte hat ein Urteil des LAG München vom 09.11.2004 vorgelegt (Bl. 300 ff. d.A.) und erklärt, hieraus ergebe sich, dass die am neuen Arbeitsplatz gestellten Bedingungen bei der Änderungskündigung durch die Gerichte nicht geprüft werden dürften.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des Ersturteils vom 25.11.2004 (Bl. 161 ff. d.A.), die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom 28.06.2005 (Bl. 306 f. d.A.) und die zwischen den Parteien in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, weil sie sich gegen ein arbeitsgerichtliches Urteil richtet (§ 64 Abs. 1 ArbGG). Hinsichtlich der Feststellungsanträge ist ein Beschwerdewert nicht erforderlich (§ 64 Abs. 2 c) ArbGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt insgesamt 600,- Euro (§ 64 Abs. 2 b) ArbGG). Die Berufung ist auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO, 66 Abs. 1 S. 1, S. 2 ArbGG).
II.
Die Berufung ist jedoch nur teilweise begründet. Das Urteil des Arbeitsgerichts erweist sich im Wesentlichen, soweit die soziale Rechtfertigung der auf 31.03.2003 datierten Kündigung im Streit steht, als richtig. Die Berufungskammer folgt insoweit den sorgfältigen Erwägungen des Arbeitsgerichts, denen sie sich in vollem Umfang anschließt, so dass auf eine erneute, nur wiederholende Darstellung verzichtet werden kann (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Nur ergänzend ist im Hinblick auf die in der Berufung von den Parteien vorgetragenen Argumente noch hinzuzufügen:
1. Auch die Berufungskammer geht von der fehlenden sozialen Rechtfertigung der Kündigung schon deswegen aus, weil die Beklagte in ihrem Änderungsangebot eine Vielzahl von geänderten Bedingungen angeboten hat, für die eine sachliche Begründung nicht ersichtlich ist. Die Kammer kann nicht erkennen, was die Einführung des Verbots der Abtretung von Gehaltsansprüchen an Dritte bzw. die Einführung einer Kostenbeteiligung der Arbeitnehmerin hierbei (§ 4 des Angebots, Bl. 75 d.A.), die Änderung der Urlaubsbestimmungen (§ 6 Ziff. II und IV des Angebots), die Einführung einer Schriftform für die Genehmigung von Nebentätigkeiten (§ 8 des Angebots), die Einführung weiterer Beendigungstatbestände (§ 10 des Angebots) sowie die Einführung einer einmonatigen Ausschlussfrist nach dem Ausscheiden (§ 17 des Angebots) mit dem Arbeitsplatzprofil, wie es sich im Wege der Umstrukturierungsmaßnahme darstellen soll, zu tun haben soll.
2. Zutreffend hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass die Änderungskündigung insgesamt sozial nicht gerechtfertigt ist, wenn das Angebot solche nicht erforderliche Bestandteile enthält. Zutreffend hat sich die Klägerin auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 03.07.2003 bezogen (2 AZR 617/02, EzA § 2 KSchG Nr. 49). Darin führt das Bundesarbeitsgericht unter II.1. der Entscheidungsgründe unter Bezugnahme auf die Entscheidungen vom 21.01.1993 und vom 24.04.1997 aus, der Arbeitgeber müsse sich mit seinem Angebot darauf beschränken, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen müsse. Die Änderungen müssten geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssten für alle Vertragsänderungen vorliegen (a.a.O. unter II.3.1. der Entscheidungsgründe).
Dies entspricht ständiger Rechtsprechung (vgl. auch BAG vom 07.06.1973, 2 AZR 450/72, EzA § 626 BGB n.F. Nr. 29; BAG vom 06.03.1986, 2 ABR 15/85, EzA § 15 KSchG n.F. Nr. 34; BAG vom 20.03.1986, 2 AZR 294/85, EzA § 2 KSchG Nr. 6; BAG vom 30.10.1987, 7 AZR 659/86, nicht veröffentlicht; vom 18.01.1990, 2 AZR 183/89, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65; BAG vom 18.10.2000, 2 AZR 465/99, EzA § 14 KSchG Nr. 5; so zuletzt auch LAG Nürnberg vom 15.11.2004, 9 Sa 110/04, n.v.). Die Kammer schließt sich dieser Auffassung an. Prüfungsmaßstab des § 2 KSchG ist, ob die geänderten Bedingungen sozial gerechtfertigt sind.
Dies ist aber nur der Fall, wenn sämtliche Änderungen erforderlich und verhältnismäßig sind, um eine sinnvolle Weiterarbeit des Arbeitnehmers auf dem – nach Auffassung der Beklagten neuen – Arbeitsplatz zu ermöglichen.
3. Die Auffassung der Beklagten, eine solche Prüfung sei nicht zulässig, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen neuen Arbeitsplatz zuweise, überzeugt angesichts der gesetzlichen Regelung nicht. Sie ist durch die von ihr zitierten Entscheidungen – möglicherweise mit Ausnahme derjenigen des Landesarbeitsgerichts München vom 09.11.2004; insoweit ist die Sachverhaltsdarstellung sehr knapp gehalten – nicht gedeckt. Zwar trifft es zu, dass der Arbeitgeber das Anforderungsprofil auf neu geschaffenen Arbeitsplätzen in Bezug auf die Qualifikation der Mitarbeiter – mit Ausnahme von Willkür – im Wesentlichen frei gestalten kann. Es trifft auch zu, dass der Arbeitgeber grundsätzlich dem Arbeitnehmer einen anderweitigen Arbeitsplatz niedrigerer Ebene, auf den sich der Arbeitnehmer beruft, nicht zu den ursprünglichen Bedingungen anbieten muss, sondern grundsätzlich mit derjenigen Vergütungsgruppe, die auf diesem anderweitigen Arbeitsplatz üblich ist. Diese Befugnis hat mit der vorliegenden Konstellation jedoch nichts zu tun. Vorliegend geht es nicht um Arbeitsplätze, die in einem anderen Bereich liegen und vordefiniert sind. Vorliegend hat der Arbeitgeber, folgt man seinem Konzept, sämtliche bisherigen Arbeitsplätze in der Filiale mit anderen Anforderungen versehen, ohne dass es sich um vordefinierte freie Arbeitsplätze handeln würde.
Er hatte es daher letztlich in der Hand, die neuen Arbeitsplätze nach dem entsprechenden Bedarf zu gestalten. Die Gestaltung der Arbeitsplätze ist jedoch von den Arbeitsvertragsbedingungen der Arbeitnehmer zu unterscheiden. Die Beklagte war nach § 2 KSchG verpflichtet, den Arbeitnehmern unter Berücksichtigung der Gestaltung der Arbeitsplätze Arbeitsverträge zu Bedingungen anzubieten, die nur solche Änderungen enthielten, die für die Besetzung der Arbeitsplätze erforderlich waren. Hierzu gehören die dargestellten Änderungen nicht. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem
Landesarbeitsgericht vorgetragen hat, man habe die Bedingungen auch in derartigen „Neben“-Punkten geändert, um einheitliche Arbeitsbedingungen im Unternehmen zu schaffen, ist ein Erfordernis hierfür nicht anerkennenswert.
Dieser Wunsch der Beklagten hat mit der Umstrukturierung der Märkte nichts zu tun. Würde man diesen Wunsch allein genügen lassen, liefe dies auf eine Befugnis zur einseitigen Änderung der Vertragsbedingungen ohne nachvollziehbaren sachlichen Grund hinaus. Dies ist von der gesetzlichen Konzeption nicht gedeckt.
4. Soweit die Beklagte vorträgt, nach der Rechtsprechung würden an die Änderung von Nebenabreden nicht dieselben strengen Anforderungen gestellt wie an die Änderung von Hauptpflichten, mag dies zutreffen. Auch aus der Entscheidung des BAG vom 27.03.2003 (2 AZR 74/02, EzA § 2 KSchG Nr. 48) lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass das Motiv, die Arbeitsbedingungen aller Arbeitnehmer anzugleichen, zur sozialen Rechtfertigung der Änderungskündigungen genügen würde. Das Bundesarbeitsgericht hat vielmehr auch in dieser Entscheidung klargestellt, dass Gründe für die Änderung von Nebenabreden erforderlich sind.
Es führt unter II.3. der Entscheidungsgründe ausdrücklich aus: „Danach war abzuwägen und ggf. aufzuklären, ob sich im Zeitpunkt der Kündigung die der ursprünglichen Betriebsübung oder Vereinbarung zugrunde liegenden Umstände so stark geändert hätten, dass ein dringendes betriebliches Erfordernis vorlag, die Beförderung kostengünstiger zu regeln bzw. eine derartige Sonderregelung längerfristig auslaufen zu lassen. Weiter wäre zu prüfen gewesen, ob sich die Beklagte darauf beschränkt hat, der Klägerin nur solche Änderungen vorzuschlagen, die diese billigerweise hinnehmen musste.“ Die Beklagte hat über Änderung von Umständen, über besonders gewichtige Schwierigkeiten, die sich aufgrund der unterschiedlichen Abreden ergeben, nichts vorgetragen. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts spricht daher gegen die von der Beklagten vertretene Auffassung.
5. Soweit sich die Beklagte auf die Ausführungen des LAG München im vorgelegten Urteil stützt, kann die Kammer nicht erkennen, inwieweit diese dieselbe Konstellation wie die hier zu entscheidende betreffen. Sollte dies der Fall sein, hält die Kammer die vorgelegte Entscheidung des LAG München für unzutreffend.
6. Nach alldem ist das Arbeitsverhältnis durch die auf 31.03.2003 datierte Kündigung vom 31.03.2004 nicht aufgelöst worden. Insoweit ist die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
7. Abzuweisen ist die Klage, soweit die Klägerin auch das Fortbestehen das Arbeitsverhältnis beantragt und das Arbeitsgericht dies tenoriert hat. Insoweit ist ein Rechtsschutzbedürfnis nicht gegeben. Die Klägerin hat sich diesbezüglich auf die Auffassung gestützt, die Beklagte werde sich im Lauf des Prozesses auf weitere Beendigungstatbestände stützen oder solche setzen. Diese durch nichts belegte Erwartung allein ist aber nicht geeignet, um das Rechtsschutzinteresse zu begründen. Soweit sich nunmehr herausgestellt hat, dass die Beklagte eine weitere Kündigung ausgesprochen hat, genügt auch dies nicht. Die Klägerin hat
diese weitere Kündigung in einem eigenen Verfahren angegriffen (vgl. im einzelnen BAG vom 07.12.1995, 2 AZR 772/94 und BAG vom 13.03.1997, 2 AZR 512/96, EzA § 4 KSchG n.F. Nrn. 56 und 57).
8. Mit Recht hat das Arbeitsgericht dem Antrag auf Weiterbeschäftigung bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die auf 31.03.2003 datierte Kündigung stattgegeben. Das Überwiegen des Interesses der Klägerin angesichts der nach Überzeugung auch der Berufungskammer als unwirksam anzusehenden Kündigung vom 31.03.2003 besteht jedoch nach derzeitigem Sachstand nur bis zum Wirksamwerden der neuerlichen Kündigung. Diese soll zum 31.10.2005 greifen. Die offensichtliche Unwirksamkeit dieser erneuten Kündigung ist nicht erkennbar.
Damit überwiegen im Zeitraum nach dem 31.10.2005 wieder die Interessen der Beklagten an der Nicht-Beschäftigung der Klägerin. Da der Antrag auf Weiterbeschäftigung auf einen unbestimmten Zeitraum gerichtet ist und da nahe liegt, dass der Titel zum 31.10.2005 nicht durch Eintritt der Bedingung der Rechtskraft erloschen sein muss, hält es die Kammer für geboten, den Titel auf den Zeitraum bis zum 31.10.2005 zu beschränken und die Klage, soweit ein darüber hinausgehender Zeitraum betroffen ist, abzuweisen.
9. Der Klägerin steht – über den rechtskräftigen Betrag für Urlaubsgeld in Höhe von 957,50 € brutto und dem rechtskräftigen Anteil der Sonderzahlung von 304,69 € brutto nebst Zinsen – ein weiterer Betrag für die Sonderzahlung in Höhe von 406,25 € brutto zu. Nach den tariflichen Bestimmungen ist der – zwischen den Parteien unstreitige Zahlungsbetrag für das volle Jahr von 1.218,75 € brutto – nämlich anteilig für diejenigen Monate zu kürzen, in denen kein Anspruch auf Entgelt oder Entgeltfortzahlung oder Zuschuss zum Krankengeld besteht. Dabei kommt es nach dem klaren Tarifwortlaut nicht darauf an, ob die Klägerin den ihr nach den Tarifbestimmungen zustehenden Betrag erhalten hat; es genügt das Bestehen des Anspruches. Da die Betriebszugehörigkeit der Klägerin im Jahr 2003 mehr als zehn Jahre betragen hat, beläuft sich der Anspruch auf Krankengeldzuschuss auf drei Monate. Die Klägerin hat Entgeltfortzahlung bis 07.03.2003 erhalten, so dass der Zuschuss am 07.06.2003 auslief. Nach § 14 B Ziff. 8 des Tarifvertrages ermäßigt sich der Anspruch auf die Sonderzuwendungen um diejenigen Monate, in denen dem Arbeitnehmer überhaupt keine Ansprüche im genannten Sinn zustehen. Dies trifft nur für die Monate Juli bis November 2003 zu, also für fünf Monate. Die Sonderzahlung ist daher um 5/12 zu kürzen. Es errechnet sich ein Anspruch von 710,94 € brutto nebst den gesetzlichen Zinsen.
Da die Beklagte hiervon einen Betrag von 304,69 € nach dem Ersturteil akzeptiert hat, war das Urteil des Arbeitsgerichts insoweit aufrechtzuerhalten, als es die Beklagte zur Zahlung weiterer 406,25 € brutto verurteilt hat.
Das arbeitsgerichtliche Urteil ist abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit die Beklagte zur Zahlung weiterer 485,93 € nebst Zinsen verurteilt wurde. Ein solcher Anspruch ergibt sich jedenfalls wie dargestellt nicht aus den in Bezug genommenen tariflichen Bestimmungen. Soweit die Klägerin nunmehr meint, der Anspruch ergebe sich – weitergehend als im Tarifvertrag – aus dem Anstellungsvertrag, kann die Berufungskammer dem nicht folgen. Im
Anstellungsvertrag selbst ist diesbezüglich unter § 5 Ziff. 1 g) nur geregelt, dass die Beklagte eine Weihnachtsgratifikation „gemäß Tarifvertrag“ zahle.
Soweit im Vertrag in § 5 Ziff. 3 auf eine Weihnachtsgratifikation „nach Ziffer 1d“ Bezug genommen wird, kann die Kammer die Bedeutung dieser Bestimmung nicht erkennen. In § 5 Ziff. 1 d) ist das Grundgehalt geregelt, nicht die Weihnachtsgratifikation. Die Bestimmung ist nicht verständlich. Aus ihr kann aber auch nicht geschlossen werden, dass die Beklagte sich hierdurch zur Zahlung einer zusätzlichen Weihnachtsgratifikation hätte verpflichten wollen. Die Klägerin hat im Übrigen in keiner Weise dargelegt, dass die Beklagte in der Vergangenheit eine solche von den tariflichen Bestimmungen abweichende Gratifikation gezahlt hätte. Legt man für die Auslegung des Anstellungsvertrages den bloßen Wortlaut zugrunde, enthält er keine Verpflichtung zur Zahlung einer übertariflichen Weihnachtsgratifikation.
10. Nach alldem erweist sich das Urteil des Arbeitsgerichts als richtig, soweit das Arbeitsgericht festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis durch die auf 31.03.2003 datierte Kündigung nicht aufgelöst worden ist, und soweit es die Beklagte zur Weiterbeschäftigung bis 31.10.2005 verurteilt hat. Es erweist sich – soweit es diesbezüglich angegriffen wurde – auch als richtig, soweit es die Beklagte über den Betrag von € 1.262,19 brutto hinaus – zur Zahlung von weiteren 406,25 € brutto verurteilt hat. Insoweit ist die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen ist das arbeitsgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
11. Die Kostenentscheidung richtet sich nach Maß des jeweiligen Obsiegens bzw. Unterliegens der Parteien. Hierbei hat die Kammer berücksichtigt, dass die Beklagte das arbeitsgerichtliche Urteil, soweit sie zur Zahlung eines Betrages von 1.262,19 € verurteilt war, nicht angegriffen hat (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 92 Abs. 1 ZPO).
12. Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass.
Zwar liegt möglicherweise eine Abweichung vom vorgelegten Urteil des Landesarbeitsgerichts München vor. Dennoch ist die Zulassung nicht veranlasst, weil die Rechtsfrage durch die vielfach zitierten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer gefolgt ist, als geklärt erscheint.