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Annahmeverzugs des Schuldners bei Eintragung einer Zwangssicherungshypothek

OLG München – Az.: 34 Wx 355/13 – Beschluss vom 24.02.2014

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts München – Grundbuchamt – vom 1. August 2013 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligte zu 1 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 2.

III. Der Beschwerdewert beträgt 15.000.000 €.

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 2 ist Miteigentümer eines Grundstücks. In einem zivilgerichtlichen Verfahren wurde er am 6.2.2012 erstinstanzlich dazu verurteilt, an die Beteiligte zu 1 den Betrag von 21.500.000 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übertragung des Eigentums an 2.500.000 Stück Aktien der C. AG zu bezahlen. Die Berufung des Beteiligten zu 2 gegen das Urteil wurde zurückgewiesen. Derzeit ist noch eine Nichtzulassungsbeschwerde anhängig.

Die mit der Sicherungsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts beauftragte Gerichtsvollzieherin hielt im Protokoll vom 16.4.2012 fest: „Das Original-Schreiben d. … Bank AG v. 22.3.12 – unwiderrufliche Erklärung auf Übertragung der Aktien – wie Titel – wurde tatsächlich angeboten. Annahmeverzug wurde somit festgestellt“. Auf Erinnerung nach § 766 ZPO wurde die am 16.4.2012 durchgeführte Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt.

Mit Schreiben vom 16.11.2012 an den Beteiligten zu 2 machte die Beteiligte zu 1 geltend, dieser befinde sich seit 25.3.2009 in Annahmeverzug; sie forderte ihn gleichzeitig auf, ein Depot zu benennen, auf das die 2.500.000 Aktien nach Zahlungseingang des Kaufpreises übertragen bzw. umgebucht werden können. Mit weiterem Schreiben vom 23.11.2012 an den Beteiligten zu 2 wurde dieser erneut aufgefordert, die Depotdaten bis zum 28.11.2012 mitzuteilen.

Am 9.2.2013 beauftragte die Beteiligte zu 1 einen Notar mit dem freihändigen Verkauf der Aktien gemäß § 373 Abs. 2 HGB. Gemäß notarieller Urkunde vom 12.2.2013 wurden diese am selben Tag zum Preis von insgesamt 6.500.000 € verkauft.

Am 2.5.2013 hat die Beteiligte zu 1 die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek über die Restschuld von 15.000.000 € im Grundbuch unter Vorlage einer beglaubigten Ausfertigung des Urteils und beglaubigter Abschriften der Zustellbescheinigungen beantragt.

Mit Beschluss vom 1.8.2013 hat das Grundbuchamt den Antrag zurückgewiesen. Es sei nicht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen, dass der Schuldner befriedigt oder im Annahmeverzug sei. Ob die Voraussetzungen des Selbsthilfeverkaufs gemäß § 373 HGB tatsächlich vorgelegen hätten und daher die Zug-um-Zug-Leistung hinfällig wurde, könne im formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahren nicht geprüft werden, zumindest aber seien die Voraussetzungen in der Form des § 29 GBO nachzuweisen. Die Feststellung des Notars in der Urkunde vom 12.2.2013 belege nur dessen Rechtsauffassung, erbringe jedoch nicht den erforderlichen Beweis, dass sich der Beteiligte zu 2 tatsächlich in Annahmeverzug befunden habe.

Die Beteiligte zu 1 hat gegen den Zurückweisungsbeschluss am 9.9.2013 Beschwerde eingelegt. Sie meint, die Voraussetzungen zum freihändigen Verkauf hätten vorgelegen. Der Verkauf der Aktien habe daher bewirkt werden können mit der Rechtsfolge, dass die Pflicht der Gläubigerin zur Übergabe und Übertragung des Eigentums an den Aktien erloschen sei und der Schuldner nicht mehr Lieferung der Kaufsache verlangen könne. Die Urkunde des Notars als öffentliche Urkunde nach § 415 Abs. 1 mit § 418 Abs. 1 ZPO belege diese Umstände, insbesondere auch, dass die Voraussetzungen des § 373 Abs. 2 HGB vorgelegen hätten. Am 3.7.2013 habe das Vollstreckungsgericht einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss im Hinblick auf die Hauptforderung erlassen und damit die Urkunde des Notars als Nachweis der Befreiung der Beteiligten zu 1 im Sinne des § 765 Nr. 1 ZPO anerkannt.

Der Beschwerde hat das Grundbuchamt nicht abgeholfen.

II.

Das Rechtsmittel bleibt erfolglos.

1. Statthaftes Rechtsmittel mit dem Ziel der Eintragung einer Sicherungshypothek ist die Grundbuchbeschwerde gemäß § 11 Abs. 1 RPflG mit § 71 Abs. 1 GBO (Hügel/Kramer GBO 2. Aufl. § 71 Rn. 84). Diese ist auch in zulässiger Weise eingelegt (§ 73 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG).

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, da die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen für die Eintragung nicht in grundbuchmäßiger Form nachgewiesen sind.

Die beantragte Eintragung einer Zwangshypothek nach §§ 866, 867 ZPO kommt bei einem Titel, der die Leistungspflicht von einer Zug um Zug zu bewirkenden Gegenleistung abhängig macht, nur in Frage, wenn der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden dem Grundbuchamt gegenüber nachgewiesen ist und die Zustellung einer Abschrift der Urkunden bewirkt oder entbehrlich ist, weil der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nach § 756 Abs. 1 ZPO begonnen hatte (vgl. § 765 Nr. 1 ZPO; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 2168 und 2178) oder wenn er die Vollstreckungsmaßnahme nach § 756 Abs. 2 ZPO durchgeführt hat (§ 765 Nr. 2 ZPO). In beiden Fällen muss dies durch das Protokoll des Gerichtsvollziehers nachgewiesen sein (vgl. § 765 Nrn. 1 und 2 ZPO).

Wird Befriedigung nach § 373 Abs. 2 Satz 1 HGB geltend gemacht, so ist dem Grundbuchamt neben dem Annahmeverzug auch die wirksame Androhung des freihändigen Verkaufs nachzuweisen; diese Nachweise sind in der Form des § 29 GBO zu führen (Hügel/Wilsch Stichwort Zwangssicherungshypothek Rn. 68).

a) Der von der Beteiligten zu 1 behauptete Annahmeverzug seit 25.3.2009 ist nicht im Urteilstenor der zu vollstreckenden Entscheidung festgestellt und ergibt sich auch nicht „liquide“ aus den Urteilsgründen (vgl. LG Wuppertal Rpfleger 1988, 153). Nach den Gründen im Urteil des Landgerichts ist vielmehr von einer Annahme des Kaufangebots spätestens am 31.3.2009 die Rede, was einem Annahmeverzug schon am 25.3.2009 widerspricht.

b) Ein Annahmeverzug zum Zeitpunkt der Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher am 16.4.2012 ist ebensowenig dargetan. Abgesehen davon, dass das Zwangsvollstreckungsprotokoll vom 16.4.2012 und das darin in Bezug genommene Schreiben der Bank vom 22.3.2012 nicht in der Form des § 29 GBO vorliegen, ist auch ein Fall des § 765 Nr. 2 mit § 756 Abs. 2 ZPO nicht gegeben. Es ist zweifelhaft, ob die Erklärung von Seiten des Schuldners, dass die Aktien nicht wirksam zur Übergabe angeboten worden seien, bei wörtlichem Angebot der Ablehnung der Leistung im Sinne von § 756 Abs. 2 ZPO gleichgestellt ist (vgl. Seiler in Thomas/Putzo ZPO 34. Aufl. § 756 Rn. 12). Jedenfalls ist die Erklärung, die Annahme der Aktien auf alle Fälle zu verweigern, daraus nicht zu entnehmen.

Ein Annahmeverzug, der sich aus dem Protokoll der Gerichtsvollzieherin zur Sicherungsvollstreckung am 16.4.2012 ergeben könnte, kann nur angenommen werden, wenn die Leistung ordnungsgemäß angeboten wurde. Auf die Vollstreckungserinnerung des Beteiligten zu 1 wurde jedoch der Pfändungsauftrag zurückgewiesen. Nach der Entscheidung des Beschwerdegerichts vom 20.7.2012 fehlten die Vollstreckungsvoraussetzungen nach § 756 ZPO; das Angebot habe unter einer unzulässigen Einschränkung gestanden, die einen Annahmeverzug nicht begründen konnte. Unter Zugrundelegung des vom Landgericht festgestellten Wortlauts des bei der Sicherungsvollstreckung vorgelegten Schreibens schließt sich der Senat dieser Ansicht an. Dementsprechend kann mit dem Gerichtsvollzieherprotokoll über die Zwangsvollstreckung ein Nachweis des Annahmeverzugs weder nach § 765 Nr. 1 ZPO noch nach § 765 Nr. 2 ZPO erbracht werden. Die Entscheidung des Landgerichts vom 25.2.2013, wonach die Gerichtsvollzieherin eine weitere beantragte Zwangsvollstreckung nicht mit der Begründung ablehnen dürfe, die Vollstreckung setze ein körperliches Angebot der Aktien voraus, ist schon deswegen unbeachtlich, da diese Entscheidung nicht die Vollstreckungshandlung vom 16.4.2012 betrifft und eine späteres Zwangsvollstreckungsprotokoll eines Gerichtsvollziehers als Nachweis für einen Annahmeverzug nicht vorliegt.

c) Der Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (§§ 829, 835 ZPO) ist ebenfalls nicht geeignet, das Grundbuchamt von der Pflicht zur Feststellung der Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen zu entbinden. Das Gesetz stellt den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses durch das Vollstreckungsgericht der Vollstreckungsmaßnahme des Gerichtsvollziehers nicht gleich (vgl. § 765 Nrn. 1 und 2 ZPO). Selbst wenn gegenüber dem Vollstreckungsgericht daher der Nachweis des Annahmeverzugs erbracht worden sein sollte, hat das Grundbuchamt vor der Eintragung einer Zwangshypothek selbständig sowohl die vollstreckungsrechtlichen als auch die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen zu prüfen (BayObLGZ 1956, 218; BGH NJW 2001, 3627; Demharter GBO 29. Aufl. Anh. zu § 44 Rn. 67 ff.; Schöner/Stöber Rn. 2168).

d) Ein Nachweis, dass die Beteiligte zu 1 gemäß § 373 Abs. 2 Satz 1 HGB von der Leistungspflicht befreit ist, ist auch durch die notarielle Urkunde vom 12.2.2013 nicht erbracht. Damit wird schon der Annahmeverzug als Voraussetzung des § 373 Abs. 2 Satz 1 HGB nicht belegt. Entsprechende Nachweise sind dem Grundbuchamt gegenüber nach § 765 ZPO, § 29 GBO durch öffentliche Urkunden zu führen (OLG Hamm Rpfleger 1983, 393).

Die Beweiskraft notarieller Urkunden richtet sich – worauf die Beschwerde zutreffend hinweist – nach §§ 415 ff. ZPO. Danach beweist eine öffentliche Urkunde den beurkundeten Vorgang, bei notariellen Urkunden mithin, dass vor dem Notar eine Erklärung abgegeben wurde. Geht es um die (wirksame) Abgabe eines Angebots gegenüber dem Schuldner (vgl. § 293 Satz 1, § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB), wie dies hier von der Beteiligten zu 1 für die Schreiben vom 16.11.2012 und 23.11.2012 vorgetragen wird, und damit um gegenüber Dritten abgegebene Erklärungen, so folgt der Umfang der Beweiskraft der notariellen Urkunde aus § 418 ZPO. Danach begründet die notarielle Urkunde vollen Beweis der darin beurkundeten Tatsache nur, wenn das Zeugnis auf einer eigenen Wahrnehmung der Urkundsperson beruht, § 418 Abs. 3 ZPO. Andernfalls besteht eine entsprechende Beweiskraft nur, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung des Notars unabhängig ist.

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Somit kann zwar gemäß § 418 Abs. 1 ZPO nachgewiesen werden, dass in einem Schreiben vom 16.11.2012 die Aufforderung der Benennung eines Depots enthalten ist, auf das die Aktien „nach Zahlungseingang des Kaufpreises übertragen bzw. umgebucht werden können“, ferner die Androhung des freihändigen Verkaufs nach § 373 Abs. 2 HGB in einem Schreiben vom 29.1.2013. Aus der Urkunde ergibt sich jedoch darüber hinaus nicht, dass diese Erklärungen wirksam geworden sind, also dem Beteiligten zu 2 oder seinem Vertreter zugegangen sind (§ 130 BGB). Einen solchen Nachweis allein durch notarielle Urkunden sehen auch die Landesgesetze nicht vor.

Dass dem Grundbuchamt zudem Sendeberichte eines Faxgeräts bzw. Übermittlungsbestätigungen eines E-Mail-Programms vorgelegt worden sind, ist unbehelflich. Diese stellen keine öffentlichen Urkunden (§ 29 GBO) dar. Auch die Vorlage von Kopien der Einschreib-Belege kann nicht zum Nachweis dienen, zumal sich daraus nicht ergibt, dass jeweils genau diese Schreiben zugestellt wurden.

III.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 2 sind der Beteiligten zu 1 aufzuerlegen, weil sie das Rechtsmittel ohne Erfolg eingelegt hat. Ein Grund, vom Regelfall des § 84 FamFG abzuweichen, ist nicht ersichtlich.

Den Beschwerdewert setzt der Senat nach § 79 Abs. 1 Satz 1 GNotKG fest. Zur Bemessung wird auf § 53 Abs. 1 GNotKG Bezug genommen.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür (vgl. § 78 Abs. 2 GBO) fehlen.

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