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Ausgleichspflicht Leasingnehmer – Differenz kalkulierter Rücknahmewert und tatsächlichem Restwert

AG Koblenz – Az.: 411 C 2810/10 – Urteil vom 29.07.2011

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.728,07 € nebst 8 Prozentpunkten Jahreszinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.08.2010 zu zahlen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist für die Klägerseite gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagte vertragliche Ansprüche aus einem Leasingvertrag geltend.

Die Parteien schlossen am 29.05.2007 einen Leasingvertrag mit Restwertbeteiligung des Mieters über ein Kraftfahrzeug des Typs Peugeot 1007 RC Linie 110 für eine Mietzeit von 36 Monaten. Unter der Überschrift Leasingeinzelheit war im Leasingvertrag aufgenommen:“

„Garantierter Rücknahmewert (vereinbarter Mindestwert des Fahrzeuges nach Ablauf der Leasingzeit) von:

Inkl. MwSt. von z.Zt. 19% = 10.148,32 EUR.

Die Differenz zu einem niedrigen Schätzwert ist der Peugeot Bank vom Leasingnehmer zu erstatten, 75 Prozent der Differenz zu einem höheren Schätzwert von der Peugeot Bank zu vergüten. Vom jeweiligen Schätzwert sind die Verkaufskosten und etwaige Schätzkosten abzuziehen. Weitere Einzelheiten regelt Ziff. 8 der folgenden Leasingbedingungen.“

Nach Ablauf des Leasingvertrages gab die Beklagte das Leasingfahrzeug zurück.

Bei der Fahrzeugrücknahme wurde ein Rücknahmeprotokoll vom 30.05.2010 gefertigt, in welchem aufgenommen worden ist, dass das Fahrzeug einen kalkulierten Rücknahmewert von 8.525,00 € habe, demgegenüber das Fahrzeug jedoch einen Minderwert von 3.631,67 € habe. Aufgenommen worden ist, dass die Beklagtenseite mit der vorbezeichneten Abrechnung nicht einverstanden und die Klägerseite berechtigt sei, ein Sachverständigenunternehmen zu beauftragen, welches die Kosten der festgesetzten Schäden, sowie den Nettohändlereinkaufspreis ermittelt. Das Ergebnis sollte dann sowohl für den Leasingnehmer als auch für den Leasinggeber rechtsverbindlich sein. Die Klägerseite beauftragte daraufhin ein DAT-Gebrauchtwagenprüfgutachten durch den Sachverständigen S… Dieser ermittelte kleinere Schäden an dem zurückgegebenen Fahrzeug in Höhe von 475,00 € und auch unter deren Berücksichtigung einen Händlereinkaufswert netto von 5.475,00 €.

Die Klägerseite macht nunmehr folgende Rechnung auf:

Kalkulierter Rücknahmewert (netto) 8.528,00 €

./. tatsächl. Restwert It. Gutachten (netto) 5.475,00 €

Differenz kalkulierter Rücknahmewert 3.053,00 €

+ 19 % Mehrwertsteuer 580,07 €

Summe  3.633,07 €

Differenz kalkulierter Rücknahmewert 3.633,07 €

Sachverständigenkosten 95,00 €

Klageforderung 3.728,07 €

Die Klägerseite ist der Auffassung, dass die Beklagtenseite auch verpflichtet sei, das Risiko der Verschlechterung der Marktlage zu tragen. Sie verweist auf die Regelung in § 8 Abs. 2 der Allgem. Leasingbedingungen in denen es heißt:

„Nach Ablauf der vereinbarten Leasingzeit wird die Differenz zwischen dem kalkulierten Netto-Rücknahmewert (vereinbarter Mindestwert bei Ablauf der Leasingzeit) und dem tatsächlichen Netto-Händlereinkaufspreis (Schätzwert) des zurückgenommenen Fahrzeuges durch einen sachkundigen Vertreter der Lieferfirma geschätzt. In diesem Zusammenhang wird ein gemeinsames Protokoll der Lieferfirma und des Leasingnehmers angefertigt und von beiden Parteien oder ihren Bevollmächtigten unterzeichnet Übersteigt der Schätzwert den kalkulierten Netto-Rücknahmewert, so erhält der Leasingnehmer 75% des Mehrbetrages erstattet. Ist der Schätzwert geringer als der kalkulierte Rücknahmewert, so hat der Leasingnehmer den entsprechenden Minderbetrag in voller Höhe an den Leasinggeber zu zahlen.“

Die Klägerseite hat der Beklagten mit Schreiben vom 15.06.2010 angeboten, das Fahrzeug selbst zu dem Schätzpreis in Höhe von 5.475,00 € zzgl. MwSt zu erwerben oder einen „besseren“ Drittkäufer zu benennen. Die Beklagtenseite hat hierauf nicht reagiert.

Die Klägerseite beantragt, wie erkannt.

Die Beklagten beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagtenseite ist der Auffassung, dass die vertraglichen Vereinbarungen zum garantierten Rücknahmewert dahingehend zu verstehen seien, dass im Rahmen der Abrechnung nach Fahrzeugrückgabe die Klägerseite verpflichtet sei, einen Rücknahmewert in Höhe von mindestens 10.148,32 € brutto zu Grunde zu legen. Im Übrigen sei entsprechendes auch mit dem Mitarbeiter P. des Autohauses T… in T…-K… abgesprochen worden. Insofern bestünden keinerlei Ansprüche der Klägerseite mehr gegenüber der Beklagtenseite.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen und Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie den sonstigen Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von insgesamt 3.728,07 € gemäß der Vereinbarung der Parteien im schriftlichen Leasingvertrag i.V.m. Ziff. 8 der Allgem. Bedingungen zu.

Entgegen der vo der Beklagtenseite geäußerten Rechtsmeinung ist der vorliegend geltend gemachte Anspruch im zwischen den Parteien wirksam geschlossenen Leasingvertrag unzweideutig festgeschrieben. Denn schon auf der ersten Seite des Vertragswerkes wird der Begriff des Rücknahmewertes definiert als vereinbarter Mindestwert des Fahrzeuges nach Ablauf der Leasingzeit und ebenfalls unmissverständlich geregelt, dass die Differenz zu einem niedrigeren Schätzwert vom Leasingnehmer zu erstatten ist. Diese Vertragsbestimmung wird in Ziff. 8 der Allgem. Bedingungen noch einmal näher ausgeführt. Bei Zugrundelegung der für die Auslegung von Willenserklärungen maßgeblichen §§ 133, 157 BGB ist nicht festzustellen, dass die vertraglichen Bestimmungen insofern irgendeiner Unklarheit anheimfielen.

Soweit die Beklagtenseite behauptet, bei Vertragsschluss sei mit dem Mitarbeiter P. des Autohauses T. vereinbart worden, dass unabhängig von der Marktlage zum Zeitpunkt der Rückgabe des Fahrzeuges der im Leasingvertrag festgehaltene Mindestwert von 10.148,32 € zu Grunde zu legen sei, ergibt sich aus den Formulierungen auf der Vorderseite des Leasingvertrages insoweit kein Anhaltspunkt Ernstlich sollte die Beklagtenseite sicherlich für etwaige Schäden einstandspflichtig sein. Selbst wenn das Vorbringen der Beklagtenseite insoweit als ausreichend substantiiert bewertet werden würde, und die Beklagtenseite das Risiko der Verschlechterung der Marktlage nach Absprache mit dem Autohaus von sich abwälzen wollte, wäre die Klägerseite an eine derart atypische mündliche Zusatzerklärung des Zeugen P. vom Autohaus T. nicht gebunden. Das Autohaus T. handelte bei Vertragsschluss zwar als Erfüllungsgehilfe der Klägerin, die angebliche Erklärung des Herrn P. über den Restwert würde sich jedoch nicht gegenüber der Klägerin als Leasinggeberin auswirken. Aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil v. 01.06.2005, Az.: VIII ZR 234/04) folgt, dass sich der Leasinggeber an derart atypische Zusagen des Händlers nicht -wie auch immer- zurechnen lassen muss. Sofern sich das Autohaus sich mit einer anderweitigen Vereinbarung einverstanden erklärt hätte, würde dies ein eigenes Geschäft des Autohauses darstellen. Ein solches Eigengeschäft des Autohauses muss sich die Klägerin gerade nicht zurechnen lassen.

Die Klägerin war berechtigt abzurechnen wie folgt:

Kalkulierter Rücknahmewert (netto) 8.528,00 €

./. tatsächl. Restwert It. Gutachten (netto) 5.475,00 €

Differenz kalkulierter Rücknahmewert 3.053,00 €

+ 19% Mehrwertsteuer 580,07 €

Summe  3.633,07 €

Differenz kalkulierter Rücknahmewert 3.633,07 €

Sachverständigenkosten 95,00 €

Klageforderung 3.728,07 €

Die Klägerin befand sich bei dieser Abrechnung im Einklang mit den vertraglich vereinbarten Allgem. Bedingungen des § 8 Abs. 2, die im Tatbestand zitiert worden sind. Die Klägerin hat bei Rückgabe des Pkws dessen Wert vom Autohaus schätzen lassen. Hierbei war die Beklagte mit dem geschätzten Wert nicht einverstanden, im Anschluss daran hat die Klägerin entsprechend dem von der Beklagten Unterzeichneten, vorgedruckten Text in dem Übergabeprotokoll das Fahrzeug von dem Sachverständigenbüro S. schätzen lassen. Dies steht ebenfalls im Einklang mit dem bei Vertragsschluss vereinbarten Allgem. Bedingungen der Klägerin. Dort heißt es unter § 8 Abs. 3: „Über den Zustand des Fahrzeuges wird bei Rückgabe ein gemeinsames Protokoll der Lieferfirma und des Leasingnehmers angefertigt und beiden Parteien oder ihren Bevollmächtigten unterzeichnet. Können sich die Parteien über das Vorliegen von Schäden, ihre Beseitigung und über den insoweit begründeten Minderwert und über den Schätzwert des zurückgegebenen Fahrzeuges nicht einigen, so wird der Schätzwert des Fahrzeuges durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen festgestellt, der vom Leasinggeber in Abstimmung mit dem Leasingnehmer bestellt wird.“ Die Beklagte hat sich auch damit einverstanden erklärt, das Gutachten, zu welchem Ergebnis es auch immer kommt, zu akzeptieren. Will sie das Ergebnis des Gutachtens S. nicht gegen sich gelten lassen, so wäre es ihre Sache gewesen, insoweit substantiiert vorzutragen. Das ist nicht geschehen. Die Beklagtenseite muss daher für kleinere Beschädigungen in Höhe von 475,00 € aufkommen, aber auch für die weitere Differenz zwischen dem kalkulierten Restwert und dem vom Sachverständigen ermittelten Marktwert.

Soweit das LG Mönchengladbach (3 O 265/09) aus dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB folgert, dass auf der Vorderseite des Vertragsformulars der Bezug zwischen Absicherung des Restwertes und der Verwertung des Leasinggutes klar in Erscheinung tritt, m.a.W. dass den Leasingnehmer eine Ausgleichspflicht trifft, wenn der vereinbarte Restwert durch die Verwertung des Fahrzeugs nicht erzielt wird, so ist diesem Gesichtspunkt durch die im Tatbestand zitierten Vereinbarungen auf der Vorderseite des Vertrages Genüge getan. Wenn die Entscheidung so zu verstehen ist, dass eine Restwertgarantieklausel, die nicht auf realistische Restwertkalkulationen beschränkt ist, üblicherweise nur dann für wirksam erachtet wird, wenn ein noch deutlicherer Warnhinweis über die Gefährlichkeit der Klausel erfolgt, überspannte eine derartige Auffassung die Hinweisverpflichtung der Klägerseite.

Die Klägerin hat auch Anspruch auf Ersatz der Kosten für das Sachverständigengutachten, wie sich aus der weiteren Regelung des § 8 Abs. 3 der zwischen den Parteien vereinbarten Allgem. Bedingungen ergibt.

Der Klägerin stehen auch die auf die genannten Beträge beantragten Zinsen gemäß §§ 286, 288 BGB zu. Die Klägerin hat die Beklagte durch Schreiben vom 21.07.2010 nach Ablauf der in diesem Schreiben enthaltenen Frist in Verzug gesetzt und kann von dem Zeitpunkt die beantragten gesetzlichen Zinsen verlangen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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