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Unterlassungsanspruch wegen Betreten des Grundstücks durch Nachbars-Katzen in ländlicher Region

LG Oldenburg – Az.: 8 S 578/10 – Urteil vom 29.07.2011

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Westerstede vom 21.10.2010 geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Parteien sind Grundstücksnachbarn und streiten darüber, ob die Beklagten berechtigt sind, auf ihrem Grundstück zwei Katzen zu halten, denen sie auch Freilauf gewähren.

Die Kläger bewohnen ein Einfamilienhaus mit einer Grundstücksgröße von 860 qm. Die Beklagten sind Mieter eines ehemaligen Stallgebäudes mit angrenzendem Wohngebäude mit einer Grundstücksgröße von etwa 1000,00 qm. Die Gebäude stehen am Ortsrand von E. in einem für den ländlichen Bereich typischen Wohngebiet mit überwiegend Einfamilienhausbebauung. Die Bebauung endet nach ca. 400 Metern in westlicher Richtung. Die Beklagten halten seit August 2009 zwei Katzen.

Unterlassungsanspruch wegen Betreten des Grundstücks durch Nachbars-Katzen in ländlicher Region
Symbolfoto: Von Artem Meleshko/Shutterstock.com

Die Kläger haben Beeinträchtigungen durch Katzenkot und Zerwühlen der Beete im Garten behauptet. Sie haben verlangt, dass die Beklagten dafür sorgen, dass die Katzen das Grundstück der Kläger nicht mehr betreten. Ferner haben sie die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 229,60 EUR begehrt.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs.1 Nr. 1 ZPO auf das Urteil erster Instanz verwiesen.

Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagten verurteilt, dafür zu sorgen, dass das Grundstück der Kläger nicht durch mehr als eine (und dieselbe) der von ihnen gehaltenen Katzen betreten wird.

Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung.

Die Beklagten beantragen, das Urteil des Amtsgerichts Westerstede vom 21.10.2010 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Kammer hat durch Augenscheinsnahme der betroffenen Grundstücke durch den Berichterstatter als beauftragten Richter Beweis erhoben. Es wird auf das Protokoll des Ortstermins vom 29.06.2011 verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die Kläger können zwar grundsätzlich das Unterlassen jeder Beeinträchtigung ihres Grundstückes gemäß § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB verlangen. Im vorliegenden Fall sind sie aber aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) aufgrund des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses ausnahmsweise verpflichtet, auch das Betreten des Grundstückes durch zwei Katzen der Nachbarn zu dulden.

Die Frage, ob sich aus dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis die Verpflichtung ergibt, das Betreten des eigenen Grundstücks durch ein oder zwei Katzen der Nachbarn zu dulden, wird von den Gerichten unterschiedlich beurteilt. Es wird eine Duldungspflicht für zumindest eine, teilweise für zwei Katzen angenommen (so z.B. LG Darmstadt NJW-RR 1994, 147 oder LG Lüneburg, Urteil vom 08.10.2004, 4 S 48/04).

1. Nach Auffassung der Kammer kann die Frage, wie viele freilaufende Katzen des Nachbars ggf. zu dulden sind, nicht generell beantwortet werden, sondern es ist auf die konkreten örtlichen Verhältnisse abzustellen.

Hier handelt es sich nach den Feststellungen im Ortstermin um ein typisches ländliches Wohngebiet, mit im Vergleich zu städtischen oder stadtnahen Wohngebieten doch recht großzügig geschnittenen Grundstücken. Die Mieter und Eigentümer der Gebäude in derartigen Gebieten entscheiden sich häufig bewusst für größere Grundstücke, deren Erwerb aufgrund der in der Regel günstigeren Grundstückspreise möglich ist, um die damit verbundenen erweiterten Nutzungsmöglichkeiten zu erhalten. Diese Nutzungsmöglichkeit umfasst auch die Tierhaltung, insbesondere das Halten von Hunden und Katzen. Wie bereits im Urteil der ersten Instanz ausgeführt, gehört „der Kontakt zu Tieren geradezu dazu“.

Vor diesem Hintergrund ist es den Klägern zuzumuten, das gelegentliche Betreten des Grundstücks durch zwei Katzen der Nachbarn zu dulden. Insoweit ist die Situation im konkreten Fall anders zu beurteilen, als etwa in einem großstädtischen Wohngebiet mit kleinen Grundstücken und überwiegender Reihenhausbebauung.

2. Soweit die Kläger extreme Verschmutzungen durch die Katzen der Beklagten geltend machen, die über die oben genannten hinzunehmenden gelegentlichen Beeinträchtigungen hinausgehen, haben sie dies nicht bewiesen. Aus den vorgelegten Fotos ergeben sich diese nicht. Auch die Angaben des Klägers zu 1. im Ortstermin nebst den vorgelegten Fotos sind nicht geeignet, die Kammer zu der Überzeugung gelangen zu lassen, dass hier außergewöhnliche Verschmutzungen durch die Katzen der Beklagten erfolgt sind. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Grundstück der Kläger nur ein Ort von vielen ist, an welchem sich die Katzen aufhalten können, denn sie haben die Möglichkeit, sich im gesamten Wohngebiet und auf den angrenzenden Feldern, Weiden und Brachflächen zu bewegen. Dass sich die Katzen der Beklagten hier ausschließlich und überwiegend auf dem Grundstück der Kläger aufhalten, ist nicht ersichtlich und erscheint im Hinblick auf die örtlichen Verhältnisse eher unwahrscheinlich.

Die zwischen den Parteien strittige Frage, ob der auf den Fotos teilweise dargestellte Katzenkot überhaupt von den Katzen der Beklagten oder von weiteren Katzen aus der Nachbarschaft stammt, kann daher dahinstehen.

3. Auch die von den Klägern angeführte Autoimmunerkrankung des Klägers zu 1. führt hier zu keiner abweichenden Wertung. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass es sich um keine Krankheit handelt, die eine spezielle Empfindlichkeit gegen Katzenkot hervorruft, sondern aus den Unterlagen ergibt sich ein beim Kläger zu 1. generell erhöhtes Infektionsrisiko, welches von ihm eine erhöhte Vorsicht verlangt. Dass das Infektionsrisiko durch das Betreten des Grundstücks von zwei statt nur von einer Katze derart erhöht sein könnte, dass dies unzumutbar wird, ist für die Kammer nicht ersichtlich.

4. Die außergerichtlich bei Rechtsanwalt … entstanden Kosten können die Kläger nicht ersetzt verlangen, da sie entsprechend den obigen Ausführungen gegen die Beklagten keinen Unterlassungsanspruch haben.

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO und die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 734,48 EUR festgesetzt, 600,00 EUR für den Unterlassungsanspruch, 134,48 für die als Hauptforderung geltend gemachten Rechtsanwaltskosten.

 

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