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Auszahlung Abfindungsguthaben – Kündigung gesellschaftsrechtliche Beteiligung

LG Hamburg – Az.: 328 O 210/17 – Urteil vom 26.04.2018

1. Die Beklagte wird, an die Klägerin 29.753,67 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.1.2013 zu zahlen.

2. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen diese und die Beklagte jeweils zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten trägt diese allein.

3. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Auszahlung eines unstreitigen Abfindungsguthabens nach Kündigung einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung.

Die Klägerin war atypisch stille Gesellschafterin bei der A. F. AG. Die Beteiligung endete aufgrund einer Kündigung der Klägerin zum 31.12.2011. Die vertraglichen Auszahlungsmodalitäten sahen eine Berechnung und Auszahlung des Abfindungsguthabens zum 31.12.2012 vor. Unter dem 21.12.2012 teilte die Beklagte die Höhe des Guthabens mit (Anklage K 2). In dem Schreiben berief sie sich auf den gesellschaftsvertraglich geregelten Liquiditätsvorbehalt und kündigte vorbehaltlich weiterer Entwicklungen eine ratenweise Erfüllung für die kommenden Jahre an. Am 31.10.2013 teilte der neue Finanzvorstand der Beklagten der Klägerin mit, dass die Liquidität augenblicklich gar keine Auszahlung zulasse (Anlage K 3), so dass der Liquiditätsvorbehalt weiter zum Tragen komme. Die Klägerin unternahm daraufhin nichts weiter.

Am 13.11.2017 forderte der Klägervertreter die Beklagte zur Zahlung auf. Die Beklagte lehnte am 6.12.2017 unter Hinweis auf die eingetretene Verjährung eine Zahlung ab (Anlage K 4).

Die Klägerin hat die Klage gegen den Beklagten zu 2. zurückgenommen.

Sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 29.753,67 nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.1.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, dass Verjährung eingetreten sei. Die Klägerin sei trotz des Berufens der Beklagten auf den Liquiditätsvorbehalt verpflichtet gewesen, diese gerichtlich in Anspruch zu nehmen. Die Vertragsklausel sei unwirksam. Zudem liege keine konkludent zustande gekommene Stillhaltevereinbarung vor.

Entscheidungsgründe

Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Auszahlung des unstreitigen Abfindungsguthabens in Höhe von € 29.753,67. Der Anspruch ist durchsetzbar. Die Beklagte erhebt zu Unrecht die Einrede der Verjährung.

1. Verjährungsbeginn war der 1.1.2013. Der Anspruch ist zum 31.12.2012 entstanden. Die Klägerin hatte volle Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, § 199 Abs. 1 BGB.

2. Das Ende der dreijährigen regelmäßigen Verjährungsfrist liegt jedoch nicht vor dem 31.12.2017, so dass die Klage den Ablauf der Frist rechtzeitig hemmte.

a)

Zumindest zwischen dem 1.1.2013 und dem 31.12.2014 war der Ablauf der Verjährung gemäß § 205 BGB aufgrund der gesellschaftsvertraglich geregelten Stillhaltevereinbarung in § 13 Nr. 1 f) GV gehemmt. Die Parteien hatten danach für die Auszahlung des Guthabens einen sog. Liquiditätsvorbehalt vereinbart. Der Beklagten war gestattet, die Auszahlungsbedingungen von dem augenblicklichen Liquiditätsstatus der Gesellschaft abhängig zu machen. Unterstellt die Klausel ist wirksam, so hat sich die Beklagte nach ihrem eigenen Vorbringen einige Jahre zu Recht auf den Liquiditätsvorbehalt berufen (Verluste in den Jahren 2012 bis 2014), so dass eine Klage der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Es liegt auf der Hand, dass sie sich nunmehr nicht erfolgreich auf Verjährung berufen kann, vgl. § 205 BGB.

Im nachgelassenen Schriftsatz beruft sich die Beklagte nunmehr erstmals auf die Unwirksamkeit des vertraglich vereinbarten Liquiditätsvorbehalts. Unterstellt, die Klausel ist unwirksam, so kann sich die Beklagte auf diesen Umstand nicht berufen, § 242 BGB. In den Jahren 2012 und 2013 hat die Beklagte diese vertragliche Regelung aktiv genutzt, um die berechtigte Forderung der Klägerin nicht erfüllen zu müssen. Die damals nicht anwaltlich beratene Klägerin hat sich auf die Klausel und die Darstellungen der Beklagten zur Liquiditätslage eingelassen. Zwischen den beiden bestand aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Verbindung ein Art Nähe- und Vertrauensverhältnis. Die Beklagte agiert heute unlauter und entgegen Treu und Glauben, wenn sie sich nun auf die Unwirksamkeit des Liquiditätsvorbehalts beruft, nachdem sie ihn mehrere Jahre erfolgreich für sich genutzt hat. Denn zum damaligen Zeitpunkt gingen beide Parteien ersichtlich von der Verbindlichkeit dieser Regelung aus.

b)

Alternativ ergibt sich ein gleichartig wirkender Hemmungstatbestand gemäß § 205 BGB aus einer zwischen den Parteien in den Jahren 2012 und 2013 auf der Grundlage der Anschreiben der Beklagten an die Klägerin (Anlagen K 2 und B 2) stillschweigend zustande gekommenen Stillhaltevereinbarung.

Im Anschreiben vom 21.12.2012 bezog sich die Beklagte auf den vertraglich geregelten Liquiditätsvorbehalt gemäß § 13 Nr. 1 f) des Gesellschaftsvertrages und kündigte eine ratenweise Zahlung des Guthabens an. Diese Ankündigung beruhte auf der „derzeitigen Planung“ und war der Höhe nach noch nicht verbindlich (vgl. Anlage K 2). Statt der ersten avisierten Rate erreichte die Klägerin das weitere Schreiben des neuen Finanzvorstandes der Beklagten unter dem 31.10.2013 (Anlage B 2). Er machte geltend, dass die Auszahlung mangels Liquidität weiter verschoben werden müsse. Auch in diesem Schreiben bezog sich die Beklagte ausdrücklich auf den vertraglichen Liquiditätsvorbehalt.

Diese Anschreiben stellen – die Unwirksamkeit des bereits gesellschaftsvertraglich vereinbarten Liquiditätsvorbehalt unterstellt – gleichzeitig Angebote auf Abschluss eines (weiteren) individuellen Stillhalteabkommens dar. Letzteres hat die Klägerin stillschweigend angenommen, indem sie das Einfordern des Guthabens nach der Lektüre der Schreiben eingestellt hat. Keine der Parteien hat dieses Abkommen bis Ende 2017, bis zu dem Anschreiben des Klägervertreters, gekündigt, so dass bis dahin der Ablauf der Verjährung gehemmt war.

3. Der Zinsanspruch beruht auf § 13 Nr. 1 f) des Gesellschaftsvertrages.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 92, 269 Abs. 3, 709 ZPO.

 

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