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Automietvertrag – Unzulässigkeit einer „no damage“ Klausel

AG Köln – Az.: 142 C 284/11 – Urteil vom 03.09.2012

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; der Klägerin wird nachgelassen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht der Beklagte zuvor die gleiche Sicherheit geleistet hat.

Tatbestand

Die Klägerin, ein Autovermietunternehmen, nimmt den Beklagten wegen der Beschädigung eines an den Beklagten vermieteten Fahrzeuges in Anspruches.

Die Klägerin schloss mit dem Beklagten am 18.10.2010 am Standort des Flughafens Berlin- Tegel einen Mietvertrag über Fahrzeug des Typs Mercedes Benz B-Klasse 200 Automatik mit dem amtlichen Kennzeichen HH-XX … und einer Laufleistung von 2397 km. Der Mietvertrag enthielt rechts oben unter dem Vermerk: „Altschaden“ den Hinweis „NO DAMAGE“. Dem Mietvertrag lagen dabei die Allgemeinen Vermietbedingungen der Klägerin zugrunde. Die Parteien vereinbarten im Rahmen dieser Bedingungen einen Vollkaskoschutz im Schadensfalle mit einer Selbstbeteiligung des Beklagten in Höhe von 850 Euro. Gemäß Ziffer 10 der AGB ist der Mieter im Schadensfall zur Zahlung der Selbstbeteiligung zzgl. einer Kostenpauschale von 29,50 Euro verpflichtet. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf Bl. 18 f. d.A. verwiesen. Der Beklagte unterzeichnete den Mietvertrag bevor er das im Parkhaus am Berliner Flughafen geparkte Fahrzeug übernahm. Ein gemeinsames Übergabeprotokoll über den Fahrzeugzustand wurde nicht erstellt. An dem Fahrzeug befand sich bei Rückgabe eine Beschädigung der Beifahrerseite durch Kratzspuren. Wegen der Einzelheiten wird auf den „Damage Report“ vom 18.10.2010 (Bl. 38 d.A.) Bezug genommen. Der Schaden beläuft sich auf netto 1.138,62 Euro.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte wegen des Schadens zur Zahlung der Selbstbeteiligung in Höhe von 850,00 Euro verpflichtet ist. Sie behauptet, dass das angemietete Fahrzeug erst zwei Wochen alt gewesen und durch den Beklagten in einem unbeschädigten Zustand übernommen worden sei. Dies habe der Beklagte durch seine Unterschrift unter „No Damage“ bestätigt. Der Mitarbeiter der Klägerin, der Zeuge T, habe den Beklagten zuvor über die Bedeutung dieses Hinweises aufgeklärt, zwei Kreuze auf dem Vertrag angebracht und dem Beklagten gesagt, dass das Fahrzeug zwei Wochen alt sei und keine Altschäden habe.

Nachdem die Klägerin die Klage hinsichtlich der Kostenpauschale in Höhe von 29,50 Euro zurückgenommen hat, beantragt sie nunmehr, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 850,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.12.2010 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 4,00 € zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er behauptet, dass das Parkhaus, in dem der Mietwagen stand, schlecht beleuchtet gewesen sei. Auf der Beifahrerseite sei kaum Platz vorhanden gewesen. Soweit es ihm aufgrund dieser Umstände möglich gewesen sei, habe er den Mercedes auf Vorschäden untersucht, aber keine gefunden. Ein Schaden wäre nur zu erkennen gewesen, wenn er sich auf Knien zwischen die geparkten Fahrzeuge begeben hätte. Er habe den Schaden erst bei der ersten Rast festgestellt.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 19.12.2011 (Bl. 54 f. d.A.) durch Vernehmung des Zeugen K T. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift des Rechtshilfegerichtes vom 16.4.2012 (Bl. 65 d.A.) Bezug genommen.

Es wird ferner auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch aus Ziffer 10 der AGB des am 18.10.2010 geschlossenen KFZ-Mietvertrag i.V.m. §§ 280, 281 Abs. 1, 535 BGB wegen einer Beschädigung des von dem Beklagten angemieteten Fahrzeuges der Marke Mercedes zu.

Die Klägerin hat weder substantiiert dargelegt noch unter Beweis gestellt, dass die Beschädigung an der Beifahrerseite des Fahrzeuges in der Mietzeit des Beklagten entstanden ist.

Grundsätzlich ist der Vermieter einer Sache darlegungs- und beweisbelastet, dass der Mieter eine Beschädigung einer Mietsache zu verantworten hat. Der Vermieter muss dazu darlegen und beweisen, dass er dem Mieter die Sache in einem vertragsgemäßen Zustand überlassen hat und eine Beschädigung weder durch ihn oder Dritte verursacht worden sein kann (vgl. LG Baden-Baden; MDR 2007, 1014 f.).

Die Klägerin kann sich in diesem Zusammenhang zunächst nicht darauf berufen, dass der Beklagte durch seine Unterschrift unter dem Vermerk „No Damage“ anerkannt hat, dass das übernommene Fahrzeug bei Übernahme unbeschädigt war und daher er darlegen und beweisen muss, dass das Fahrzeug bereits vor der Übernahme den Schaden an der Beifahrertür aufwies.

Bei dem Hinweis „No Damage“ in der Vertragsurkunde handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die nach § 309 Nr. 12 BGB und § 307 BGB unwirksam ist, da es sich zum einen um eine für den Kunden nachteilige Tatsachenbestätigung und zum anderen wegen Verwendung eines englischsprachigen Begriffes um eine intransparente Klausel handelt.

Bei den Mietverträgen der Klägerin handelt es sich um vorformulierte Vertragstexte, die sie bei der Vermietung von KFZ einsetzt. Sie unterliegen damit als Allgemeine Geschäftsbedingungen dem Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB.

§ 309 Nr.12 BGB sieht vor, dass sowohl Klauseln, mit denen dem Kunden für Umstände die Beweislast auferlegt wird, die im Verantwortungsbereich des Verwenders liegen (lit. a.) als auch Bestimmungen, in denen sich der Verwender bestimmte Tatsachen bestätigen lässt (lit b.), unwirksam sind, wenn sie zu einer Änderung der Beweislast zu Lasten des Kunden führen. Ausgenommen sind insbesondere Empfangsbekenntnisse, die gesondert unterschrieben werden müssen.

Vorliegend beinhaltet die Klausel „No Damage“ übersetzt als „Kein Schaden“ die Bestätigung des Kunden, dass sich das Fahrzeug im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages in schadensfreien Zustand befindet. Die Erklärung zur Schadensfreiheit ist eine Erklärung über Tatsachen. Eine Ausnahme nach § 309 Nr. 12 liegt nicht vor. Auch wenn für die von § 309 Nr.12 BGB ausgenommene Empfangsbekenntnisse keine besonderen Urkunden verlangt werden, so ist doch eine gesonderte Unterschrift erforderlich. Vorliegend wird die Erklärung zur Schadensfreiheit nicht gesondert unterschrieben, vielmehr dient die Unterschrift nicht nur der Bestätigung der Schadensfreiheit sondern ist gleichzeitig Unterschrift des Mietvertrages selbst. Ausweislich der Urkunde Bl. 18 beinhaltet dieses Schriftstück Mietvertrag, Rechnung und Schadensfreiheitbestätigung. Es ist nur eine Unterschrift vorgesehen. Zudem bestätigt der Kunde mit seiner Unterschrift auch nicht nur die Übernahem des Fahrzeuges sondern eine bestimmte Eigenschaft des Fahrzeuges – Schadensfreiheit -. Da aber § 309 Nr. 12 BGB nur das reine gesonderte Empfangsbekenntnis im Sinne einer Quittung wird für wirksam erklärt, ist die darüber hinaus gehende Erklärung zur Schadensfreiheit unzulässig. Eine solche wäre daher nur wirksam, wenn sie gemäß § 305 b BGB individuell etwa durch ein gemeinsam erstelltes Übergabeprotokoll festgehalten worden wäre. Ein solches liegt hier nicht vor.

Die Klausel verstößt weiter wegen Verwendung des englischsprachigen Begriffes „No damage“ gegen das Transparenzgebot des § 307 BGB.

Bei unterschiedlichen Sprachen kann eine Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Vertrag nur erfolgen, wenn die Klausel entweder in der Muttersprache des Kunden oder in der gemeinsamen Verhandlungssprache abgefasst ist. Soweit einzelne Teile der Klausel in einer anderen als der Muttersprache und der Verhandlungssprache abgefasst sind, müssen sie allgemein verständlich sein, d.h. ihre Bedeutung muss auch bei fehlenden Sprachkenntnissen ohne weiteres erfassbar sein, etwa weil das verwendete Wort oder der verwendete Begriff bereits in den üblichen Sprachgebrauch der Mutter- und Verhandlungssprache eingegangen ist. Vorliegend war die Muttersprache des Beklagten ebenso wie die Verhandlungssprache Deutsch. Der Mietvertrag ist ebenfalls in deutscher Sprache gehalten. Ein Grund, warum der Hinweis auf Schadensfreiheit in englischer Sprache vorgenommen worden ist, ist nicht erkennbar. Es handelt sich hier weder um einen nur schwer zu übersetzenden Fachbegriff noch hat die Verwendung der englischen Sprache andere Vorzüge. Man hätte ebenso gut „keine Schäden“ vermerken können. Der Begriff No Damage und seine Bedeutung sind aber trotz fortschreitender Anglisierung der deutschen Sprache nichts als allgemein verständlich und gebräuchlich anzusehen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht auch nicht fest, dass dem Beklagten die Bedeutung des Wortes erläutert worden wäre. Der hierzu vernommene Mitarbeiter der Klägerin, der Zeuge T, konnte sich an den Vorgang nicht erinnern. Der von Klägerseite vorgelegte Beschluss des OLG Köln vom 09.01.2012 – 19 U 205/11 vermag an der Einschätzung des Gerichts nichts zu ändern. Ihm liegt ein anderer Sachverhalt zugrunde. Nach dem dem Beschluss zu entnehmenden Sachverhalt waren die dortigen AGB in der Verhandlungssprache Deutsch abgefasst, so dass anders als im vorliegenden Fall keine Abweichung von der Verhandlungssprache vorlag. Eine Abweichung von der Muttersprache alleine genügt aber auch nach der hier vertretenen Ansicht nicht, um zu einer Intransparenz zu führen.

Eine als Individualabrede auslegbare Vereinbarung der Parteien mit dem Inhalt, dass sich die Parteien einig waren, dass das Fahrzeug erst zwei Wochenalt war und keine Schäden aufwies, ist nicht festzustellen. Ein gesondertes von beiden Seiten nach Besichtigung unterschriebenes Übergabeprotokoll liegt nicht vor. Eine mündliche Vereinbarung ist nach der durchgeführten Beweisaufnahme nicht nachgewiesen. Der Zeuge T hatte keine konkreten Erinnerungen an die näheren Umstände bei Anmietung des Fahrzeuges. Er konnte nur bekunden, dass er in der Regel den Kunden darauf hinweist, dass er um das Fahrzeug rumgehen soll und zurück kommen soll, falls er eine Beschädigung bemerkt. Abgesehen davon, dass damit nicht auszuschließen ist, dass der Zeuge diesen Hinweis bei dem Beklagten vergessen hat, würde ein solcher Hinweis alleine oder in Verbindung mit einer fehlenden Rückmeldung des Kunden aber auch nicht genügen um eine beidseitige individuelle Abrede über die Schadensfreiheit bei Übernahme annehmen zu können.

Bleibt die Klägerin aber zum Nachweis der Schadensfreiheit des Fahrzeuges bei Übergabe verpflichtet, kommt es auf die näheren Umstände im Parkhaus und ob der Beklagte Schäden hätte erkennen können, nicht an.

Die Klage war abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr.11, 711 ZPO.

Streitwert: 879,50 Euro bis zum 04.11.2011, danach 850,00 Euro.

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