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Anwendbarkeit Deliktsrechts neben einer Haftung aus Werkvertrag

OLG Dresden – Az.: 5 U 631/10 – Urteil vom 30.08.2012

1. Die Klage gegen die Beklagten zu 2, 3 und 4 wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits I. Instanz werden wie folgt verteilt:

Von den Gerichtskosten haben der Kläger 10 % und die Beklagte zu 1 90 % zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Beweisaufnahme, die der Kläger allein zu tragen hat.

Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2, 3 und 4. Die Beklagte zu 1 trägt 90 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers. Im Übrigen haben der Kläger und die Beklagte zu 1 ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Von der Wiedergabe des Tatbestandes wird gemäß §§ 313a Abs. 1, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

II.

Die Berufungen der Beklagten zu 2, 3 und 4 sind zulässig und haben auch in der Sache Erfolg.

1. Gegen das Urteil des Landgerichts Dresden haben die Beklagten zu 2, 3 und 4 Berufung eingelegt. Ebenso haben die Streithelfer des Beklagten zu 2 Berufung erhoben. Haben Hauptpartei und Streithelfer Berufung eingelegt, so handelt es sich gleichwohl nur um ein einheitliches Rechtsmittel, über das einheitlich zu entscheiden ist (BGH NJW-RR 2006, 644; BGH NJW 1993, 2944; BGH NJW 1985, 2480; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 519 Rn. 3).

2. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagten zu 2, 3 und 4 besteht nicht.

2.1 Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch scheidet aus, weil direkte Vertragsbeziehungen nicht bestehen. Vielmehr bestand nur zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 ein Werkvertrag vom 14.07.2008 über die Lieferung und Montage einer Photovoltaikanlage (Anlagen K3 und K4).

2.2 Ein Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) aus dem Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten zu 1 und dem Beklagten zu 2 bzw. aus dem Vertragsverhältnis des Beklagten zu 2 und der Beklagten zu 3 und 4 ist nicht dargetan. Der Inhalt der Subunternehmerverträge ist auch unbekannt. Auch erscheint es wenig lebensnah anzunehmen, dass dem Kläger ein unmittelbarer Erfüllungsanspruch gegen die Beklagten zu 2, 3 und 4 als Sub- bzw. Sub-Subunternehmer der Beklagten zu 1 zustehen sollte, der Schadensersatzansprüche im Falle der Nichterfüllung eröffnet hätte.

2.3 Schließlich kommt eine Haftung der Beklagten zu 2, 3 und 4 aus gemeinschaftlich begangener unerlaubter Handlung (§§ 823 Abs. 1, 830 Abs. 1 BGB) nicht in Betracht.

2.3.1 Ansprüche aus unerlaubter Handlung können zwar neben den Mängelrechten des Bestellers bestehen (BGH NJW 1983, 810; BGH NJW 1998, 2282). Die Errichtung eines mangelhaften Bauwerks stellt jedoch grundsätzlich keine Eigentumsverletzung i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB dar. In diesen Fällen hat der Besteller Eigentum an dem Bauwerk nur so erlangt, wie es erstellt wurde. Die Verschaffung eines mit Mängel behafteten Bauwerks zu Eigentum ist aber keine Verletzung schon vorhandenen Eigentums, sondern führt nur zu einem allgemeinen Vermögensschaden und erfüllt daher den Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB nicht (BGH NJW 2001, 1346). Dasselbe gilt, wenn durch die mangelhafte Leistung ein Schaden an Bauteilen entsteht, die zwar nicht erneuert werden, jedoch derart in die Sanierungsaufgabe integriert sind, dass ohne diese Einbeziehung der vertraglich geschuldete Erfolg nicht erzielt werden kann. Denn auch in diesen Fällen ist der Schaden in der Regel deckungsgleich mit dem Mangelunwert der Bauleistung. Das Interesse des Bestellers besteht dann daran, ein unter Einbeziehung der vorhandenen Bausubstanz funktionstaugliches Bauteil zu erhalten. Dieses Interesse wird durch die Vertragsordnung geschützt (vgl. BGH NJW 2005, 1423; Mahler in: jurisPK-BGB, 3. Aufl., § 634 Rn. 91). Grundsätzlich deckt sich der Mangelunwert der mangelhaften Leistung mit dem erlittenen Schaden am Eigentum, soweit der Mangel selbst der Schaden der Bauleistung ist und nicht darüber hinausgeht. Wird infolge einer Sanierung oder einer Reparatur bereits vorhandenes Eigentum an der Bausubstanz beschädigt, kann ein Anspruch aus Delikt nicht deshalb bejaht werden, weil vor Beginn der Arbeiten unbeschädigtes Eigentum vorhanden war. Hier ist das Integritätsinteresse des Auftraggebers nicht verletzt, weil sich der Mangelunwert der mangelhaften Leistung mit dem erlittenen Schaden am Eigentum deckt, also Stoffgleichheit vorliegt. Der Schaden ist auf die enttäuschte Vertragserwartung zurückzuführen und es ist nicht Aufgabe des Deliktsrecht, die Erwartung des Bestellers zu schützen, dass die Bauleistungen ordnungsgemäß ausgeführt werden und der mit der Sanierung bezweckte Erfolg eintritt (vgl. BGH NJW 2005, 1423; Kuffer/Wirth/Drossart, Handbuch des Fachanwalts Bau- und Architektenrechts, 3. Aufl., 2. Kap. B Rn. 55).

2.3.2 Gemessen hieran kann den Beklagten zu 2, 3 und 4 keine Eigentumsverletzung angelastet werden. Entgegen der Annahme des Landgerichts liegt ein solcher Fall nicht vor, weil die Beklagten Bohrungen im Wellental des aus Wellfaserplatten bestehenden Daches der Stallanlage ausgeführt haben. Denn hierbei hat es sich gerade um Arbeiten gehandelt, die im Zusammenhang mit der Errichtung des Werkes gestanden haben. Nach dem Werkvertrag vom 14.07.2008 (Angebot vom 14.07.2008 = Anlage K3 und Auftrag vom 14.07.2008 = Anlage K4) hat die Beklagte zu 1 die Auslieferung und die Montage (Aufdacharbeiten) der Photovoltaikanlage geschuldet. Die Montagearbeiten haben die vollständige Montage aller Anlagenkomponenten beinhaltet. Der Kläger hat sich verpflichtet, spätestens ab Bekanntgabe des Ausführungszeitpunktes für eine Baufreiheit und für die Voraussetzungen zur Anbringung der Unterkonstruktion und Verkabelung Sorge zu tragen. Es war damit klar, dass auch die Befestigung der Anlage auf dem Dach der Stallanlage Gegenstand des Werkvertrages war. Damit kommt neben vertraglichen Ansprüchen eine Haftung aus unerlaubter Handlung nicht in Betracht, weil die Bearbeitung des Daches und damit auch die Eingriffe in die Substanz des Daches auf der Basis eines bestehenden Werkvertrags erfolgten. Wie bereits oben ausgeführt, kann nach der Rechtsprechung des BGH ein deliktischer Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB nicht allein deshalb bejaht werden, weil vor der Werkleistung unbeschädigtes Eigentum vorhanden war, wenn infolge der Leistung bereits vorhandenes Eigentum an der Bausubstanz beschädigt wird. Ein deliktischer Anspruch besteht nur, soweit das Integritätsinteresse des Bestellers verletzt ist. Das ist aber nicht der Fall, wenn sich der Mangel und Wert der mangelhaften Werkleistung mit dem erlittenen Schaden am Eigentum deckt, also Stoffgleichheit vorliegt. Denn dieser Schaden ist allein auf enttäuschte Vertragserwartung zurückzuführen (BGH NJW 2005, 1423; BGH NJW 2011, 594). Den Beklagten zu 2, 3 und 4 oblag hier die Pflicht, die Tragkonstruktion für die von der Beklagten zu 1 zu liefernde Solaranlage auf dem Dach zu befestigen. Damit lag ein Eingriff in die Bausubstanz vor, die nach dem Werkvertrag zu bearbeiten war.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gründet sich auf die §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert nicht eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Denn die Entscheidung des Senats korrespondiert mit der zitierten Rechtsprechung des BGH.

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