BGH
Az.: V ZR 102/03
Urteil vom 14.11.2003
Leitsatz vom Verfasser (nicht amtlich!):
Wachsen Äste eines Baumes über die Grundstücksgrenze und richten sie hierbei Schäden an, so können dem jeweiligen Nachbarn Ausgleichsansprüche zustehen (trotz Ablaufs der nachbarrechtlichen Frist zum Zurückschneiden der Äste). Ein Zurückschneiden der Äste kann jedoch vom Baumeigentümer grundsätzlich nicht verlangt werden.
Sachverhalt:
Kläger und Beklagter sind Grundstücksnachbarn. Auf dem Grundstück des Beklagten stehen zwei Kiefern (ca. 14 Meter hoch), von diesen ragen u.a. Zweige in einer Höhe von 9 Metern ca. 2,3 Meter auf das Grundstück des Klägers rüber. Hierdurch fallen Kiefernnadeln und -zapfen auf das Grundstück, das Hausdach, die Dachrinnen und Dacheinläufe und verunreinigen diese, so dass der Kläger gezwungen ist, diese mehrfach im Jahr zu reinigen. Der Kläger wollte mit seiner Klage erreichen, dass die Äste der Kiefern zurückgeschnitten und der Beklagte zu einem jährlichen Ausgleichsbetrag wegen der Reinigungsarbeiten etc. verurteilt wird.
Entscheidungsgründe:
Nach Ablauf der in den jeweiligen Nachbargesetzen vorgesehenen Ausschlussfrist, kann der Kläger von dem Beklagten ein zurückschneiden der Kiefern nicht mehr verlangen. Wegen des Abfallens von Kiefernnadeln und -zapfen auf das Grundstück des Klägers hat dieser jedoch einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch aus §§ 906, 1004 BGB. Der Nadel- und Zapfenfall gehört ebenso wie der Laub- und Blütenfall zu den „ähnlichen Einwirkungen“ im Sinne von § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB. Da der Kläger die Kiefernadeln und den Zapfenfall aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht abwehren kann, steht ihm ein Ausgleichsanspruch in Geld zu, wenn er durch diese Einwirkungen Nachteile erleidet, die das „zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung“ übersteigen. Ob ein jeweiliger Ausgleichsanspruch besteht, entscheidet jedoch immer der Einzelfall!