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Beendigung nichteheliche Lebensgemeinschaft – Ausgleichsansprüche

LG Gießen – Az.: 2 O 498/18 – Urteil vom 12.03.2019

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt Herauszahlung angeblicher Finanzierungsbeiträge im Zeitraum bis zum Erwerb des Hauses des Beklagten, in der Zeit der nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Parteien.

Die Parteien lebten in der Zeit von bis in nichtehelicher Lebensgemeinschaft, ursprünglich in einem von dem Beklagten gemieteten Haus in, später in dem Haus in . Dieses Haus ersteigerte der Beklagte im Februar für 47.000,00 € zu seinem Alleineigentum. Kaufpreis und Renovierungsarbeiten mit einem Kostenaufwand von ca. 120.000,00 € finanzierte der Beklagte über diverse Darlehen mit einer monatlichen Belastung von ca. 988 €. Mit Vertrag vom (vgl. im Einzelnen Anlage K 1 = Bl. 14 ff. d.A.) vermietete der Beklagte an die Klägerin die Obergeschoss-Wohnung des ersteigerten Hauses für eine monatliche Miete von 500 € zuzüglich Nebenkostenvorauszahlung von 150 Euro.

Die Klägerin erhielt bereits ab Pflegegeld der Pflegestufe I. In der streitgegenständlichen Zeit vom bis bezog sie Pflegegeld für Pflegestufe II in Höhe von monatlich 545 € auf ihr Konto. Die weiteren Einkünfte in diesem Zeitraum flossen auf das Konto des Beklagten. Es handelte sich dabei insgesamt um Witwenrente in Höhe von rund 28.000,00 € (Klägerin: 28.330,52 €; Beklagter 28.08,00 €), Erwerbsminderungsrente in Höhe von rund 22.000 € (Klägerin: 22.014,48 €; Beklagter 21.918 €) und Leistungen aus der Pflegezusatzversicherung in Höhe von 27.330 € (Klägerin: 27.330 €/Beklagter: 27.900 €). Der Beklagte bezog in diesem Zeitraum monatlich 2.023,93 € (1.370,96 € Altersrente und 652,64 € betriebliche Versorgung).

Die Klägerin behauptet, die Parteien hätten vorab vereinbart, das Haus in solle zu hälftigem Miteigentum der Parteien erworben werden. „Sämtliche von der Klägerin bezogenen Rentenleistungen (habe sie) zunächst direkt oder indirekt dem Beklagten … zur Verfügung gestellt“ (Seite 5 oben der Klageschrift = Bl. 11 d.A.) und dadurch den Kredit für das Objekt „im Innenverhältnis (finanziert)“ (Seite 2 des Schriftsatzes vom unten = Bl. 80 d.A.). Sie berechnet die Klageforderung aus der Differenz ihrer durchschnittlichen monatlichen Bezüge im streitgegenständlichen Zeitraum ( bis ) – ausgenommen Pflegegeld – von 2.589,16 € abzüglich 300 € Haushaltsgeld und 650 € Miete = 49.174,80 € (Seite 6 des Schriftsatzes vom = Bl. 84 d.A.).

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 53.520 € nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, hälftiger Eigentumserwerb sei nie vereinbart gewesen. Er bestreitet Beiträge der Klägerin zur Finanzierung mit dem Vortrag, dazu sei sie in Anbetracht ihrer Verschuldung (6 offene Titel, 2 Haftbefehle sowie Bezahlung zahlreicher Schulden der Klägerin aus den Jahren bis durch den Beklagten gem. Schuldschein vom, Anlage K 12) und ihrer unstreitigen Pflegebedürftigkeit bzw. schweren Behinderung – beides als solches unstreitig – überhaupt nicht in der Lage gewesen. Die Renteneinkünfte der Klägerin hätten im Übrigen schlicht dem gemeinsamen Lebensunterhalt der Parteien gedient. Abgesehen davon habe die Klägerin zu keinem Zeitpunkt die vereinbarte Miete gezahlt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlage und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Die Kammer hat die Klägerin bereits mit Verfügung vom (Bl. 53 d.A.) auf Schlüssigkeitsbedenken hingewiesen. Sie hat die Parteien ausführlich persönlich gehört und – unter ausdrücklicher Aufrechterhaltung der Schlüssigkeitsbedenken vorsorglich – Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin ; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom (Bl. 119 ff., 120 – 122 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist schon nach dem Vortrag der Klägerin selbst nicht begründet.

Beendigung nichteheliche Lebensgemeinschaft - Ausgleichsansprüche
(Symbolfoto: Inside Creative House/Shutterstock.com)

Allerdings kommen bei Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, welche hier nach rund zehnjähriger Dauer am stattfand, in besonderen Fällen Ausgleichsansprüche (§§ 313, 812 BGB) in Betracht (vgl. näher Palandt-Brudermüller, BGB, 78. Aufl., Einleitung vor § 1297 Rdzch. 30 ff.). Voraussetzung ist allerdings entweder eine konkrete gemeinschaftsbezogene Zuwendung an den Lebensgefährten oder eine – später verfehlte – konkrete Zweckabrede entweder zur Schaffung gemeinsamer Vermögenswerte oder wenigstens im Sinne einer Vermögensmehrung jenseits der alltäglichen Lebensführung in der gemeinsamen Erwartung möglichst langer beidseitiger Partizipation an dem erworbenen Gegenstand (Palandt-Brudermüller, a.a.O., Rdzch. 31 f. m.N.).

Die Klägerin legt bereits eine Mehrung des Vermögens des Beklagten, welche über das für das tägliche Zusammenleben Erforderliche hinausgeht, nicht schlüssig dar. Dies zeigt sich vordergründig schon darin, dass sie nach der zuletzt vorgetragenen Berechnung (Seite 6 des Schriftsatzes vom = Bl. 84 d.A.) monatlich 1.639,16 € im Hinblick auf die Objektfinanzierung herausgezahlt haben möchte, obwohl die monatliche Belastung aus der Finanzierung unstreitig überhaupt nur 998 € beträgt. Insoweit handelt es sich erkennbar um Vortrag ins Blaue hinein. Auf der Grundlage eines solchen Klagevortrages hat die Kammer keine Möglichkeit, einen bestimmten Betrag festzumachen, in dessen Höhe die Klägerin das Objekt „im Innenverhältnis“ (mit) finanziert hat.

Nicht nachvollziehbar ist der Vortrag der Klägerin im Übrigen auch deswegen, weil ihre Ausgangsüberlegung, sie habe im streitgegenständlichen Zeitraum monatlich durchschnittlich über mehr Geld im hier relevanten Sinne verfügen können als der Beklagte, falsch ist. Die nach eigenem Vortrag erheblich erkrankte und schon seit langer Zeit gesteigert pflegebedürftige Klägerin kann in den für ihren Finanzierungsbeitrag allenfalls relevanten monatlichen Durchschnittsbetrag nicht jene Bezüge einstellen, die eben für ihre Pflege zweckgebunden gezahlt und mangels anderen Vortrages auch erforderlich waren, wobei noch unberücksichtigt ist, dass nach der Lebenserfahrung Pflegebezüge nicht ohne weiteres auskömmlich sind. Jedenfalls kommt von vornherein nur der Einsatz der Witwenrente und der Erwerbsminderungsrente in Betracht, woraus sich laut Klagevortrag für den streitgegenständlichen Zeitraum ein monatlich verfügbarer Durchschnittsbetrag von 1.678,17 € ((28.330,52 € + 22.014,48 € ) : 30) ergibt. Mit anderen Worten: Die Klägerin hatte – wenn man die zweckgebundenen Beträge beiseite lässt – monatlich rund 350 € weniger zur Verfügung als der Kläger mit seinen Bezügen von monatlich insgesamt 2.023,93 €. Nimmt man jetzt noch hinzu, dass die Klägerin – wie beklagtenseits vorgetragen (Seite 1 der Klageerwiderung vom = Bl. 70 d.A.) und klägerseits im Anschluss nicht bestritten – erhebliche weitere Schulden im Sinne von 6 offenen Titeln und 2 Haftbefehlen hatte, so ist letztlich nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin – wie sie vorträgt – die gesamte Finanzierung oder auch nur einen näher bestimmbaren erheblichen Teil davon getragen hätte. Insbesondere folgt dies keineswegs aus dem Umstand des Zuflusses ihrer Bezüge auf das Konto des Klägers, zumal dies schon nach der vollstreckungsrechtlichen Lage der Beklagen nicht fernlag.

Wollte man – anders als die Kammer – die Klage für schlüssig halten, wäre jedenfalls die erforderliche konkrete Zweckabrede zum Nachteil der beweisbelasteten Klägerin nicht bewiesen (§ 286 ZPO). Schon der Vortrag der Klägerin selbst begründet diesbezügliche Zweifel. Im Zuge ihrer Anhörung im Termin konnte sie keine „Rüge“ gegenüber dem Beklagten angeben, welche doch zu erwarten gewesen wäre, wenn der Beklagte wirklich – wie sie behauptet – das Haus in entgegen klarer Parteivereinbarung zu Alleineigentum ersteigert hätte. Auch auf der Grundlage der Aussage der Zeugin kann sich die Kammer von einer konkreten Zweckabrede der Parteien im Sinne eines gemeinsamen Hauserwerbs „im Innenverhältnis“ nicht überzeugen. Die Zeugin wirkte insgesamt sehr unsicher. Dies hat sie bereits zu Beginn ihres zusammenfassenden Berichts verdeutlicht. Abgesehen davon läuft ihre Darstellung, soweit sie Finanzierungsbeiträge der Klägerin betrifft, darauf hinaus, die Klägerin habe die „Abtragungen mittätigen (sollen), u.a. mit einem entsprechenden Mietvertrag“. Dies habe auch die Klägerin der Zeugin gegenüber bestätigt. Ein solcher Sachverhalt hat indessen mit einer Tragung der Finanzierungslast durch die Klägerin auch nur „im Innenverhältnis“ nichts zu tun, und zwar schon deswegen nicht, weil die Klägerin – dies ist unstreitig – die Miete niemals gezahlt hat. Knüpft man indessen an diese Darstellung der Zeugin an, so sollte das Wohnen der Klägerin in dem Hause in eben nur gegen geschuldete Miete erfolgen, ein Sachverhalt, welcher der Annahme von Miteigentum auch nur „im Innenverhältnis“ letztlich sogar entgegensteht. Die eigene Wahrnehmung einer unmittelbaren Vereinbarung zwischen den Parteien, das Haus solle für beide gemeinsam erworben werden, konnte die Zeugin nicht bestätigen. Ausdrücklich „beschwert“ hat sich die Klägerin nach Angaben der Zeugin ihr gegenüber über das vermeintliche Fehlverhalten des Beklagten bei der Ersteigerung zu Alleineigentum sogar erst, was zu der von der Klägerin behaupteten flagranten Verletzung der bestehenden Erwerbsvereinbarung durch den Beklagten ebenfalls nicht passen will.

Die oben ausgeführten Schlüssigkeitshindernisse sind bereits vorterminlich und nochmals im Termin angesprochen und klägerseits ausführlich kommentiert worden.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 91 Abs. 1, 709 ZPO.

 

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