OLG Köln, Az.: 19 U 50/92, Urteil vom 19.08.1992
Tatbestand
Der Tatbestand der Entscheidung liegt nicht vor.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Landgericht hat einen Anspruch der Kläger aus § 1004 BGB auf Beseitigung der über der Pergola angebrachten Dachkonstruktion zu Recht bejaht. Unstreitig ragt die von den Beklagten zur Überdachung ihrer Terrasse errichtete Konstruktion nebst Regenrinne teilweise in das benachbarte Grundstück der Kläger hinein, da sie auf der Sichtschutzwand aufliegt, die – ebenfalls unstreitig – vollständig auf dem Grundstück der Kläger steht. Diesen überragenden Teil der Überdachung haben die Beklagten zu entfernen. Es handelt sich nämlich um einen Anbau an eine Grenzwand im Sinne des § 19 NachbG NW, den die Beklagten ohne die nach § 20 Abs. 1 NachbG NW erforderliche schriftliche Einwilligung der Kläger errichtet haben. Die unmittelbar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze auf dem Grundstück der Kläger befindliche Sichtschutzwand stellt eine Grenzwand dar, die von den Beklagten in der Weise mitbenutzt wird, daß sie das von ihnen über der Pergola angebrachte Dach mitträgt, also zur Unterstützung einer baulichen Anlage dient. Es handelt sich deshalb um einen Anbau im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 2 NachbG NW. Der Eigentümer des Nachbargrundstücks darf eine Grenzwand aber nur dann durch Anbau nutzen, wenn der Eigentümer der Grenzwand schriftlich einwilligt und der Anbau öffentlich-rechtlich zulässig ist (§ 20 Abs. 1 Satz 1 NachbG NW). Da eine schriftliche Einwilligung der Kläger nicht vorliegt, sind die Beklagten zu der vorhandenen Nutzung der Sichtschutzwand nicht berechtigt und haben den Anbau zu entfernen. Eine andere rechtliche Beurteilung läßt sich auch nicht aus dem notariellen Kaufvertrag vom 10.12.1976 und den – unstreitig – diesem zugrundeliegenden Bauplänen herleiten. Nach den Bauplänen war lediglich eine Holzpergola über der Terrasse vorgesehen, nicht aber die von den Beklagten angebrachte Überdachung, die allein Gegenstand der Beseitigungsklage ist.
Die Kläger sind auch nicht unter dem Gesichtspunkt des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses zur Duldung des Anbaus verpflichtet. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben besteht zwar zwischen Grundstücksnachbarn eine Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme, die in Ausnahmefällen die Ausübung eines an sich bestehenden Rechtes als unzulässig erscheinen läßt (BGH NJW 1977, 1447). Die gebotene Interessenabwägung führt vorliegend jedoch nicht dazu, daß die Kläger die weitere Nutzung der Sichtschutzwand als Stütze für das Terrassendach der Beklagten zu dulden haben. Den Beklagten ist vielmehr zuzumuten, auf ihrem eigenen Grundstück eine Stütze zu errichten. Die Kläger haben zudem dargetan, daß sie ihre Terrasse ebenfalls überdachen wollen, was durch den Anbau der Beklagten zumindest erschwert werde. Dieses berechtigte Verlangen stellt entgegen der Auffassung der Beklagten keinen Verstoß gegen das Schikaneverbot dar (§ 226 BGB), auch wenn sich die Kläger bisher noch nicht um eine Baugenehmigung bemüht haben sollten. Es ist nämlich weder vorgetragen noch ersichtlich, daß es den Klägern nur darum geht, den Beklagten Schaden zuzufügen.
Da die Kläger nach dem Anbau durch die Beklagten Alleineigentümer der allein auf ihrem Grundstück errichteten Grenzwand geblieben sind (vgl. BGH NJW 1964, 1221), besteht auch kein Anspruch der Beklagten auf Duldung des Dachanbaus aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Miteigentums.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Ziffer 10, 713 ZPO.