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Beschädigung eines Grashäckslers

Schaden nicht „bei dem Betrieb“ eines Kraftfahrzeuges entstanden

LG Koblenz, Az.: 5 O 329/12, Urteil vom 08.07.2013

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der zu vollstreckenden Kostenforderung vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche wegen der Beschädigung eines Grashäckslers am 8.5.2011 geltend.

Der Kläger und der Beklagte zu 1, beides Landwirte, leisten sich wechselseitig Hilfe mit ihren landwirtschaftlichen Maschinen. Am 7.5.2011 hatte der Beklagte zu 1 eine zuvor von ihm gemähte Wiese mit seinem bei der Beklagten zu 2 kfz-haftpflichtversicherten Traktor, amtliches Kennzeichen … mit angehängtem Kreiselschwader bearbeitet. Der Kreiselschwader wird über die Zapfwelle des ziehenden Traktors angetrieben. Dabei wird ein Kreisel mit den daran befestigten, senkrecht nach unten stehenden Metallzinken in Rotation versetzt und so das geschnittene Gras zu einzelnen Schwaden zusammengeschoben. Dieser Arbeitsvorgang wurde am 7.5.2011 abgeschlossen.

Beschädigung eines Grashäckslers
Symbolfoto: Graham Corney/Bigstock

Am 8.5.2011 fuhr der Kläger mit seinem Grashäcksler der Marke Claas, Modell Jaguar 690 SL absprachegemäß auf die zuvor durch den Beklagten zu 1 bearbeitete Wiese und begann mit dieser Arbeitsmaschine die zusammen geschwadeten Spuren aufzunehmen und weiter zu verarbeiten. Dabei wird das zerkleinerte Gras von dem Vorsatzgerät (Pick-up-Vorrichtung) aufgenommen und über die Einzugswalzen in das Häckselwerk der Maschine eingezogen. Ein im Bereich der Einzugswalzen installierter Metalldetektor soll Schutz vor der Aufnahme von Metallteilen bieten.

Kurz nach Beginn der Arbeiten kam es zu einer massiven Beschädigung der Häckseltrommel und des Häckselwerks durch einen von der Maschine aufgenommenen Fremdkörper. Weder durch den von der Betriebshaftpflichtversicherung des Beklagten zu 1 beauftragten Sachverständigen B. noch durch den später ebenfalls von der P. beauftragten Sachverständigen G. konnte die genaue Schadensursache ermittelt werden. Es wurde eine Beschädigung durch einen Stein vermutet.

Mit seiner Klage macht der Kläger folgende, der Höhe nach zwischen den Parteien umstrittene Schadenspositionen geltend:

Wiederbeschaffungswert 35.000,00 €

abzüglich Restwert 8.888,00 € (jeweils brutto)

26.112,00 €

Nebenkostenpauschale 25.00 €

Insgesamt 26.137,00 €

Hinzu kommen vorgerichtliche Anwaltskosten (1,3 Geschäftsgebühr) in Höhe von 1.085,04 €

Der Kläger trägt vor: Als er den Grashäcksler im Juli 2011 für den bevorstehenden Restwertverkauf habe transportfähig machen wollen, sei nun – erstmalig – die Pick-up-Vorrichtung demontiert worden. Bei dieser Arbeit sei plötzlich ein ca. 35 cm langer Metallzinken zu Boden gefallen, der zuvor von den beiden Sachverständigen nicht entdeckt worden sei. Bei diesem abgebrochenen Metallteil handele es sich um einen Zinken des Kreiselschwaders des Beklagten zu 1 Dieser Metallzinken könne nur am 7.5.2011 aus dem Kreiselschwader herausgebrochen sein. Hierfür spreche auch, dass der Beklagte auf Vorhalt des Klägers eingeräumt habe, dass auch er bereits festgestellt habe, dass sich an seinen Kreiselschwader ein Metallzinken aus der Halterung gelöst habe.

Der Kläger vertritt die Rechtsauffassung, dass sich das Schadensereignis im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG bei dem Betrieb des Traktors mit dem Kreiselschwader ereignet habe.

Der Kläger beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 26.137,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 16.3.2012 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.085,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie bestreiten eine Schadensverursachung durch einen von dem Kreiselschwader stammenden Metallzinken. Zum einen hätte dieser Fremdkörper spätestens bei den umfangreichen Untersuchungendes Sachverständigen G. gefunden werden müssen, der auch die Pick-up-Vorrichtung komplett demontiert habe und zum anderen wäre der Schadenseintritt in diesem Fall durch den Metalldetektor zuverlässig verhindert worden. Es treffe auch nicht zu, dass der Beklagte zu 1 irgendetwas gegenüber dem Kläger eingeräumt habe. Im Übrigen werde die Schadenshöhe bestritten. Tatsächlich handele es sich um einen Reparaturschaden mit Reparaturkosten in Höhe von lediglich 19.629,41 € (netto) abzüglich Wertverbesserungen in Höhe von netto 1.600,00 €.

Zur weiteren Sachdarstellung wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

I.

Selbst wenn das Klagevorbringen, insbesondere die Schadensverursachung durch einen verlorenen Metallzinken des Kreiselschwaders als richtig unterstellt wird, ergibt sich hieraus keine Haftung der Beklagten. Die Klage ist insofern bereits unschlüssig.

1.

Dem Kläger stehen gegen die Beklagten keine Ansprüche gemäß §§ 7, 115 Abs. 1 VVG auf Schadensersatz zu, weil der von dem Klägererlittene Schaden nicht „bei dem Betrieb“ eines Kraftfahrzeugs entstanden ist.

Zwar handelt es sich bei dem von den Beklagten zu 1 geführten und bei der Beklagten zu 2 kfz-haftpflichtversicherten Traktor zweifelsfrei um ein Kraftfahrzeug im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG. Ebenso wenig lässt sich in Zweifel ziehen, dass der von dem Traktor gezogene und von diesem durch die Zapfwelle angetriebene Kreiselschwader entweder als Anhänger oder als integraler Bestandteil des Traktors im Sinne von § Abs. 1 StVG anzusehen ist.

Jedoch ist die Kraftfahrzeugeigenschaft im Zeitpunkt des Schadenseintritts deshalb zurückgetreten, weil die Kombination Traktor/Kreiselschwader hier auf Grund ihres konkreten Einsatzzwecks nicht als Verkehrsmittel, sondern vorrangig als Arbeitsmaschine im Einsatz gewesen ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (vgl. BGHZ 105, 65, 66; 113, 164; 115, 84) ist das Haftungsmerkmal bei dem Betrieb“ entsprechend dem Schutzzweck der Vorschrift weit auszulegen. Das beruht rechtshistorisch gesehen auf dem Gedanken, dass die von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr ausgehenden Gefahren immer größer werden, diese aber im Interesse des technischen Fortschritts nicht verboten werden können und deshalb von dem Einzelnen hinzunehmen sind (BGHZ 115, 84). Die Beklagten weisen auch zutreffend darauf hin, dass das Haftungsmerkmal alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe umfasst, wobei genügt, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden ist. Ob dies der Fall ist, muss mittels einer am Schutzzweck der Norm orientierten wertenden Betrachtung beurteilt werden (BGH, VersR 2005, 566 – 567).

Deshalb muss ein Zusammenhang mit der Bestimmung des Kraftfahrzeugs als einer der Fortbewegung und dem Transport dienenden Maschine bestehen. Eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG entfällt, wenn die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Kraftfahrzeugs keine Rolle mehr spielt und das Fahrzeug nur noch als Arbeitsmaschine eingesetzt wird (vgl. BGH, a.a.O.). Jedoch ist eine Verbindung mit dem Betrieb als Kraftfahrzeug in der Rechtsprechung überwiegend bejaht worden, wenn eine fahrbare Arbeitsmaschine gerade während der Fahrt bestimmungsgemäß Arbeiten verrichtet, da – auf den vorliegenden Fall bezogen – der Traktor mit seiner Motorkraft nicht nur den Antrieb für den Kreiselschwader bildet, sondern diesen auch durch seine Befestigung an ihm fortbewegt und dadurch insgesamt eine deutlich höhere Arbeitsleistung erzielt wird, als dies beim Zusammenziehen des Schnittguts von Hand oder auch wie früher üblich beim Einsatz von Zugtieren möglich war. Dementsprechend ist in der Rechtsprechung in den häufig entschiedenen Fällen, in denen andere Verkehrsteilnehmer durch von einem Mähfahrzeug hochgeschleuderte Steine oder andere Gegenstände zu Schaden gekommen sind, eine Haftung gemäß § 7 Abs. 1 StVG angenommen worden (vgl. insbesondere BGH, VersR 2005, 566 – 567 sowie ferner BGH, NZV 1991, 185; OLG Saarbrücken, NZV 2006, 418; OLG Rostock, DAR 1998, 474; OLG Stuttgart, DAR 2003, 462 und OLG Celle, NVwZ-RR 2004, 553). Ähnliches galt für Streufahrzeuge (BGH NJW 1988, 3019), Mobilkräne (BGH VRS 58, 401) und Radlader auf einem Betriebsgelände (OLG Köln VRS 102, 432). All diesen Fällen ist gemeinsam, dass das schadensverursachende Arbeitsfahrzeug auf oder unmittelbar neben einer öffentlichen oder privaten Verkehrsfläche betrieben worden war. Hierdurch wurde gleichzeitig der Bezug zum Kraftfahrzeugverkehr (Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG) hergestellt, insbesondere in den Fällen, in denen der fließende Fahrzeugverkehr durch am Straßenrand arbeitende Mähfahrzeuge beeinträchtigt wurde.

Ein solcher Bezug zum öffentlichen oder auch nur privaten Verkehrsraum ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Hierin liegt zugleich das entscheidende Abgrenzungskriterium zu den vorzitierten Entscheidungen des BGH und der Obergerichte. Hier liegt die Besonderheit des Falles darin, dass die von dem Beklagten zu 1 gemähte Wiese keine Verkehrsfläche ist und auf ihr erst recht kein – öffentlicher oder privater – Straßenverkehr stattfindet. Damit muss – anders als bei der am Straßenrand entlangfahrenden Mähmaschine – hier wieder die Funktion des Kreiselschwaders als Arbeitsmaschine in den Vordergrund rücken. Im Ergebnis ebenso ist dies für den Einsatz einer Pistenraupe während des Skibetriebes entschieden worden (LG Waldshut-Tiengen, VersR 1985,1170 für die Kollision einer die Piste querenden Pistenraupe mit einem Skifahrer).

Die Gefahr, dass beim Betrieb des Kreiselschwaders Metallzinken herausbrechen und auf der Wiese liegen bleiben, besteht zudem unabhängig von der Fahrbewegung der Zugmaschine, so dass ein solcher Vorgang bei wertender Betrachtung nicht mit dem Betriebsrisiko des fahrenden Traktors, sondern allein noch dem Betrieb der Arbeitsmaschine – des Kreiselschwaders – zuzurechnen ist.

Hinzu kommt, dass bei dem von dem Kläger behaupteten Schadensereignis typischerweise kein unbeteiligter Dritter, dessen Schutz die Gefährdungshaftung im § 7 Abs. 1 StVG dient und auch nicht die Allgemeinheit (wie zum Beispiel bei Ölverunreinigungen) unmittelbar betroffen ist, sondern ausschließlich der Eigentümer bzw. Pächter der Wiese selbst oder aber der Kläger. Damit ist der Kreis der möglichen Geschädigten von vornherein auf den Eigentümer bzw. Pächter der Wiese oder aber den Kläger beschränkt gewesen, der die Wiese arbeitsteilig und im Auftrag des Beklagten zu 1 anschließend bearbeitet hat. Dies ist nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschriften kein Fall der Gefährdungshaftung, sondern die Haftung der Beteiligten untereinander muss sich nach den zwischen ihnen bestehenden vertraglichen oder gesetzlichen Schuldverhältnissen richten.

Nach alledem fällt die behauptete Schadensfolge nicht mehr in den Schutzbereich von § 7 Abs. 1 StVG.

2.

Für eine Verschuldenshaftung des Beklagten zu 1 sind keine Tatsachen dargetan; hierfür ist auch im Übrigen nichts ersichtlich. Eine Fürsorgepflicht des Landwirts, ein Feld vor Beauftragung eines Drittunternehmers mit Drescharbeiten auf Fremdkörper oder zurückgelassene Werkzeuge zu untersuchen, besteht ohne greifbare Anhaltspunkte für eine besondere Gefährdung nicht (BGH, NJW-RR 2013, 534 – 535). Entsprechendes muss für den vorliegenden Fall gelten.

Die Klage ist daher insgesamt abzuweisen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

III.

Beschluss: Der Streitwert wird auf 26.173,00 € festgesetzt.

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