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Rückabwicklung Eigentumswohnungskauf – Zurechnung von Vermittlerangaben

LG Leipzig, Az.: 8 O 2697/12, Urteil vom 03.07.2013

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss: Der Streitwert wird auf bis zu 185.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz im Wege der Rückabwicklung aufgrund des Kaufes einer Eigentumswohnung.

Die Beklagte zu 1) verkauft von ihr zu sanierende Eigentumswohnungen. Die Beklagte zu 2) ist die Komplementärin der Beklagten zu 1). Hinsichtlich der früheren Firmierungen der Beklagten wird auf die Seite 4 der Klageschrift (Bl. 4 d. A) verwiesen.

Rückabwicklung Eigentumswohnungskauf - Zurechnung von Vermittlerangaben
Symbolfoto: Jirapong Manustrong/Bigstock

Am 20.06.2005 suchte … den Kläger und dessen Ehefrau zu Hause auf. … stellte sich als Mitarbeiterin der Firma „D.“ (im folgenden „D.“) aus … vor und erkundigte sich nach den Einkommens- und Vermögens Verhältnissen des Klägers sowie nach dessen allgemeinen Lebenszielen. Es wurde ein Termin im Büro der Firma „D.“ am 26.06.2005 vereinbart. Während dieses Termines wurden dem Kläger und seiner Ehefrau von Herrn … erläutert, dass als einzige interessante Steuersparmöglichkeit der Kauf einer denkmalgeschützten Immobilie in Betracht komme. Beim Gespräch wurde ein Berechnungsbogen (Anlage K1) ausgefüllt. Der Kläger unterzeichnete am 26.06.2005 einen Vermittlungsauftrag an „D.“ für die Wohnung Nr. 5 im Objekt … in C. (Anlage K2). Es wurde ein weiteres Gespräch für den 28.06.2005 vereinbart. An diesem Tag erklärte Herr … dem Kläger, es sei heute die letzte Gelegenheit, die Immobilie zu erwerben, da es viele Interessenten gebe. Der Kauf sei schon vorbereitet, der Notar warte bereits. Der Kläger fuhr mit Herrn … am selben Tag zum Notar … . Dort wurde der Kaufvertrag für die streitgegenständliche Wohnung in C. beurkundet. Der Kaufpreis für die Wohnung betrug 135.429,00 EUR zuzüglich 2.700,00 EUR zuzüglich 2.700,00 EUR für einen Pkw-Stellplatz. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Kaufvertrag (Anlage K 4) verwiesen. Für das gekaufte Objekt gibt es ein Prospekt. Hinsichtlich des Inhalts des Prospekts wird auf die Anlage K 3 verwiesen.

Im Anschluss an die Beurkundung ließ sich der Vermittler Herr … vom Kläger den bereits vorbereiteten Finanzierungsvermittlungsvertrag mit der Firma … … einer Tochtergesellschaft der Beklagten, unterschreiben. Hinsichtlich des Inhalts wird auf den Finanzierungsvermittlungsvertrag (Anlage K 5) verwiesen.

Am 08.08.2005 kam es durch Vermittlung von Herrn … zu einem Gespräch des Klägers mit einem Finanzberater der …. Dem Kläger wurde der Abschluss einer … Fondsrente empfohlen, zwecks Beschaffung eines günstigen Immobilienkredits. Der Kläger unterschrieb einen Antrag auf … Fondsrente mit einer monatlichen Rate von 250,00 € (Anlage K 6). Am 06.09.2005 unterzeichnete der Kläger einen Darlehensvertrag mit der – … mit einer monatlichen Rate von 558,25 € (Anlage K 7). Für die Finanzierungsvermittlung erhielt die Firma … 3.107,90 €.

Die streitgegenständliche Wohnung, welche eine Wohnfläche von ca. 76,60 qm hat, ist seit dem 01.01.2006 für monatlich 406, 00 € netto vermietet (Anlage K 9).

Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.01.2010 verlangte der Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrages (Anlage K 13).

Der Kläger behauptet, im Gespräch am 26.06.2005 habe Herr … erklärt, dass beim Kauf einer zu hundert Prozent kreditfinanzierten Altbauwohnung mit 76,60 qm Wohnfläche, eine eigene monatliche Belastung von lediglich 98,00 € gegeben sei und diese Berechnung für die gesamte Bewirtschaftungsdauer Gültigkeit habe. Die vom Vermittler … angegebene monatliche Mehrbelastungen von 98,00 € stimme aber nicht. Die Mehrbelastung sei aufgrund der … Fondsrente höher. Auch die Nebenkosten würden, statt vorgerechneter 49,58 €, 148,00 € betragen. Die Mietsonderverwaltungsgebühr von 10,23 € sei verschwiegen worden.

Außerdem sei von Herrn … in dem Gespräch gesagt worden, dass bereits nach zehn Jahren die Wohnung gewinnbringend verkauft werden könne. Mit dem Verkaufserlös könne dann die Finanzierung abgelöst werden. Dem Kläger verbleibe ein Mindestgewinn von 20.000,00 €. Die Immobilie sei aber niemals nach zehn Jahren mit Gewinn zu verkaufen. Der Kaufpreis sei überdies sittenwidrig überhöht gewesen. Angemessen seien 900,00 € pro Quadratmeter. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrags hierzu wird auf die Klageschrift Seite 17 bis 18 (Bl. 17 bis 18 d. A.). den Schriftsatz vom 10.01.2013 Seite 11 bis 12 (Bl. 90 bis 91 d. A.) und den Schriftsatz vom 12.06.2013 Seite 7 bis 9 (Bl. 124 bis 126 d.A.). verwiesen.

Zu dem Geschäftsbesorgungshonorar von drei Prozent plus gesetzlicher Mehrwertsteuer für die Firma … habe Herr … erklärt, dieses Honorar sei im Kaufpreis enthalten und werde nicht gesondert geltend gemacht. Die wahre Provisionshöhe von über zwanzig Prozent sei verschwiegen worden. Das Prospekt über die Wohnung sei erst auf der Fahrt zum Notar übergeben worden.

Die in der Wirtschaftlichkeitsberechnung von Herrn … angegebenen Steuerersparnisse von 11.599,00 € sei falsch, da nur 60.830,55 € als Sanierungskosten anerkannt worden seien.

Der Notar habe den Vertrag schnell vorgelesen. Der Kläger habe vor dem Notar nicht behauptet, dass er ausreichend Gelegenheit gehabt habe, sich mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinanderzusetzen und die Beurkundung auf seinen ausdrücklichen Wunsch stattfände. Eine Terminsverschiebung sei ihm vom Notar nicht angeboten worden, die entsprechenden Textpassagen seien ihm nicht vorgelesen worden. Die Passage über die Höhe der Kosten für Vertrieb und Marketing sei dem Kläger aufgrund des raschen Vorlesens entgangen. Hätte der Kläger zwei Wochen vor Vertragsschluss den Kaufvertragstext in den Händen gehabt, wäre es nicht zum Kaufabschluss gekommen.

Das Vertriebs- und Geschäftsmodell der Beklagten, zu welchem die Firma … gehöre, würde darauf beruhen, dass eine Beratung nicht stattfände, dem Kunden bereits vorher feststehende Immobilien der Beklagten empfohlen würden und die Kunden durch kurzfristig anberaumte Beurkundungstermine überrumpelt würden. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrags hierzu wird auf den Schriftsatz vom 26.06.2012 Seite 13 bis 14, den Schriftsatz vom 10.01.2013 Seite 1 bis 6 (Bl. 80 bis 85 d. A.) und den Schriftsatz vom 12.06.2013 Seite 2 bis 5 (Bl. 119 bis 122 d.A.) und Seite 9/10 (Bl. 126/127 d.A.)verwiesen.

Der Kläger ist der Auffassung, zwischen ihm und der Beklagten zu 1 sei ein selbständiger Beratungsvertrag zustande gekommen und die Beratungspflichten aus diesem Vertrag seien durch Falschberatung verletzt worden. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrages hierzu wird auf den Schriftsatz vom 26.06.2012 Seite 15 bis 21, den Schriftsatz vom 10.01.2013 Seite 6 bis 11 (Bl. 85 bis 90 d. A.) und den Schriftsatz vom 12.06.2013 Seite 1 bis 5 (Bl. 118 bis 122 d. A.) verwiesen. Aufgrund des überhöhten Kaufpreises bestehe auch ein Schadensersatzanspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Daneben würden Ansprüche aus Prospekthaftung eingreifen, da die Höhe der Provisionen im Prospekt in Buchstaben und nicht in Zahlen ausgedrückt wurde. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Klageschrift vom 26.06.2012 Seite 22 bis 23 (Bl. 22 bis 23 d. A.) verwiesen.

Der Kläger behauptet, ihm sei ein Schaden in Höhe von 24.118,52 EUR entstanden. Dieser setze sich zusammen aus Zinszahlungen an die … in Höhe von 48.974,52 € und nicht umlagefähigen Nebenkosten in Höhe von 6.000,00 € abzüglich der erlangten Nettokaltmiete in Höhe von 30.856,00 €.

Der Kläger beantragt mit der am 07.09.2012 zugestellten Klage:

1.) Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger 24.118,52 € zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit.

2.) Die Beklagten werden verurteilt, den Kläger von den Darlehensverbindlichkeiten bei der … Darlehen Nr. … per 30.06.2012 valutierend über 155.800,00 €, freizustellen, Zug um Zug gegen lastenfreie Übereignung des 1.218/10.000stel Miteigentumsanteils nach WEG an dem Grundstück des Flurstücks … Gebäude- und Freifläche …, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung mit Terrasse im Dachgeschoss des Hauses … – im Aufteilungsplan mit Nr. 5 bezeichnet – mit einer Größe von ca. 76,60 qm, nebst einem Abstellraum im Kellergeschoss, einem Abstellraum im Dachgeschoss jeweils gleicher Nummerierung sowie dem Sondernutzungsrecht am PKW-Steilplatz im Freien Nr. 5, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts C., Grundbuch von …, Blatt ….

hilfsweise: Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger zu Händen eines von dem Kläger zu beauftragenden Notars 155.800,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe folgender notariell beurkundeter Erklärung des Klägers vor dem beauftragten Notar:

„Ich bin eingetragener Eigentümer des im Grundbuch des Amtsgerichts C. Grundbuch von …, Blatt … eingetragenen Wohnungseigentumsrechts, bestehend aus einem 1.218/10.000stel Miteigentumsanteils nach WEG an dem Grundstück des Flurstücks …, Gebäude- und Freifläche …, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung mit Terrasse im Dachgeschoss des Hauses … im Aufteilungsplan mit Nr. 5 bezeichnet – mit einer Größe von ca. 76,60 qm, nebst einem Abstellraum im Kellergeschoss, einem Abstellraum im Dachgeschoss jeweils gleicher Nummerierung sowie dem Sondernutzungsrecht am PKW-Stellplatz im Freien Nr. 5.

Ich verpflichte mit hiermit, das vorbezeichnete Wohnungseigentum auf die … und die …, jeweils vertreten durch die Geschäftsführung zu übertragen, frei von der in Abteilung III des Wohnungsgrundbuchs eingetragenen Grundschuld der … in … Höhe von insgesamt 93.500,00 €.

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Ich erteile hiermit der … und der … die unwiderrufliche Vollmacht, in meinem Namen und unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, die Auflassung zu erklären.

Ich bewillige die Eintragung der … und der … als Eigentümer unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Zahlungseingang in Höhe des durch die Klage geforderten Betrages nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit auf dem Konto des unterzeichnenden Notars erfolgt und ein etwaig überschießender Betrag an mich auszukehren ist.“

3.) Es wird festgestellt, dass sich die Beklagten mit der Rückübertragung der im Tenor zu 2. genannten Eigentumswohnung in Annahmeverzug befinden.

4.) Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger jeglichen weiteren materiellen Schaden, der dem Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Finanzierung der Eigentumswohnung Nr. 5 in C. künftig entsteht, zu ersetzen.

5.) Die Beklagten werden zur Zahlung vorgerichtlicher Kosten des Klägers in Höhe von 2.853,03 € an den Kläger verurteilt.

Die Beklagten beantragen: die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, die Firma „…“sei nicht von den Beklagten mit der Vermittlung der streitgegenständlichen Wohnung beauftragt worden. Die Firma … akquirieren eigene Kunden.

Der Kläger sei von Herrn … ordnungsgemäß aufgeklärt worden, das Prospekt sei durchgesprochen und Gewinne nicht versprochen worden. Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Musterberechnung unverbindlich sei. Zu den monatlichen Belastungen sei keine Zusage gemacht worden. Auf die Provision von … Prozent zuzüglich Mehrwertsteuer sei hingewiesen worden, ebenso auf die Dauer und Höhe der Abschreibungsmöglichsten. Die umlagefähigen Kosten würden monatlich 32,42 € betragen, die Kosten der fondsgebundenen Rentenversicherung seien nicht zu berücksichtigen. Die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung betrage 109.225,92 €.

Der Kaufvertrag sei vom Notar ordnungsgemäß und pflichtgemäß verlesen worden.

Der Kaufpreis von rund 1.768,00 € pro Quadratmeter entspreche dem üblichen Mittelwert für sanierte Altbauten im Erstverkauf in C. Die Ertragswertberechnung der Klägerseite sei falsch. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrages hierzu wird auf den Schriftsatz vom 30.10.2012 Seite 13 bis 18 (Bl. 41 bis 46 d. A) und Seite 41 bis 45 (Bl. 69 bis 73 d. A) sowie den Schriftsatz vom 16.05.2013 Seite 19 bis 21 (Bl. 112 bis 114 d. A) verwiesen.

Die Beklagten sind der Auffassung, dass ein Beratungsvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) nicht zustande gekommen sei. Vielmehr bestehe nur ein Beratungsvertrag zwischen dem Kläger und der Firma „…“. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrages hierzu wird auf den Schriftsatz vom 30.10.2012 Seite 20 bis 34 (Bl. 48 bis 62 d. A.) sowie dem Schriftsatz vom 16.05.2013 Seite 4 bis 14 (Bl. 97 bis 107 d. A.) verwiesen. Eine Zurechnung der Aussagen der Firma „…“ sei auch aufgrund der Distanzierung nach § 15 des notariellen Kaufvertrages nicht gegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 30.10.2012 Seite 34 bis 35 (Bl. 62/63 d. A.) verwiesen. Eine Verletzung von Aufklärung- und Beratungspflichten läge nicht vor. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrages hierzu wird auf den Schriftsatz vom 30.10.2012 Seite 35 bis 41 (Bl. 63 bis 69 d. A.) und dem Schriftsatz vom 16.05.2013 Seite 14 bis 19 (Bl. 107 bis 112 d. A.) verwiesen. Das Prospekt sei nicht irreführend und nach Klägervortrag auch nicht Grundlage der Kaufentscheidung gewesen. Weiterhin vertritt die Beklagtenseite die Auffassung, dass erzielte Steuervorteile schadensmindernd zu berücksichtigen seien.

Sie beruft sich weiter darauf, dass Ansprüche des Klägers verjährt seien.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1.) Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 1) keinen Anspruch aus § 311 BGB. Der Verkäufer schuldet aus einem Kaufvertrag keine Beratung bezüglich der Rentabilität einer Wohnung. Eine solche ist nur im Rahmen eines zusätzlichen Beratungsvertrages geschuldet (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 71. Aufl., § 433, Rdnr. 28; BGH, Entscheidung vom 13.10.2006, Az.: V ZR 66/06). Ebensowenig greift § 311 BGB unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung ein, da eine Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospektes nicht ersichtlich ist. Das streitgegenständliche Prospekt erwähnt die Provision von … Prozent einmal ausgeschrieben unter der Überschrift „Vertrieb/Marketing/Verkäufer“ und einmal in § 3 Nr. 2 des im Prospekt abgedruckten Kaufvertrages, wobei im zweiten Fall die Provisionshöhe als arabische Zahl angegeben ist. Dies ist ausreichend.

2.) Ansprüche aus § 280 i. V. m. einem Beratungsvertrag scheiden aus, da zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) kein Beratungsvertrag abgeschlossen wurde.

Zwar ist der Abschluss eines konkludenten Beratungsvertrages zwischen Käufer und Verkäufer auch dann möglich, wenn zwischen dem Käufer und dem Vermittler Rechtsbeziehungen bestehen. In diesem Fall sind Feststellungen dazu erforderlich, ob die – auf das Objekt des Verkäufers bezogene – Beratung des Interessenten dessen Kaufentschluss fördern sollte, ob der Vermittler dabei auch im Namen des Verkäufers handeln konnte und gehandelt hat und der Kaufentschluss (auch) auf der Beratung in Vertretung des Verkäufers beruhte (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2013, Az.: V ZR 279/11). Unter Berücksichtigung dieser Rechtssprechung ist ein Beratungsvertrag zwischen den Parteien zu verneinen, da sich aus den vorgetragenen klägerischen Tatsachen nicht ergibt, dass der Vermittler zumindest auch im Namen des Verkäufers gehandelt hat und damit der Kaufentschluss auch auf einer Beratung in Vertretung des Verkäufers beruht. Nach § 164 Abs. 2 BGB ist insofern für die Annahme einer wirksamen Vertretung zwingend erforderlich, dass der Wille des Dritten in fremden Namen zu handeln, erkennbar hervortritt. Der klägerische Vortrag gibt für ein solches Handeln im fremden Namen aber keinerlei Anhaltspunkte. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers wurde dieser von Frau … von der Firma … aufgesucht, welcher gegenüber die Angabe der wirtschaftlichen Verhältnisse erfolgte. Auch im Beratungsgespräch vom 26.06.2008 trat die Firma … nicht als Vertreter der Beklagten auf. Vielmehr wurde dem Kläger von Herrn … erläutert, dass für sie als einzig interessante Steuersparmöglichkeit der Kauf einer denkmalgeschützten Immobilie in Betracht komme und er bereits eine Immobilie für den Kläger in Aussicht habe. Aus diesen Angaben konnte der Kläger nur auf ein Handeln des Vermittlers in eigenen Namen zwecks Erfüllung eigener Beratungspflichten schließen. Auch der im Beratungsgespräch angefertigte Berechnungsbogen, welcher den Briefkopf des Vermittlers trägt, enthält keinen Hinweis auf die Beklagtenseite. Ebensowenig lässt der ausgefüllte Vermittlungsauftrag erkennen, wer Verkäufer des streitgegenständlichen Objektes war. Nach seinem eigenen Vortrag hat der Kläger das Prospekt zu dem gekauften Objekt erst auf dem Weg zum Notar erhalten und nicht gelesen, so dass auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass aufgrund einer Beratung anhand des Prospektes der Kläger davon ausgehen konnte, dass der Vermittler seine Angaben im Namen und Auftrag der Beklagten zu 1) macht. Hinzu kommt auch noch, dass im streitgegenständlichen Prospekt der Vermittler … auch nicht erwähnt wird, so dass – selbst bei Kenntnisnahme des Prospekts der Kläger keinerlei Anhaltspunkte dafür gehabt hätte, dass der Vermittler ihn auch im Auftrag und im Namen der Beklagten berät.

Da nach dem klägerischen Vortrag keinerlei Tatsachen dafür ersichtlich sind, dass der Kläger nach dem objektiven Empfängerhorizont davon ausgehen konnte, dass der Vermittler auch im Namen der Beklagten auftritt, kann von einer wirksamen Vertretung i.S.d. § 164 BGB und damit von einem Beratungsvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) nicht ausgegangen werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der Provisionszahlungen der Beklagten an den Vermittler. Diese werden ersichtlich für die Vermittlung des Objekts und nicht für die Beratung bezahlt, da die Beklagte ein Interesse am Verkauf der Wohnungen hat, zumal der Kläger selbst vorträgt, dass er von der tatsächlichen Höhe der Provision keine Kenntnis gehabt habe.

b) Selbst wenn man dies anders sehen würde und einen Beratungsvertrag zwischen den Parteien bejahen würde, stände einem vertraglichen Schadensersatzanspruch § 15 Nr. 5 bis 7 des abgeschlossenen notariellen Vertrages entgegen. Die Beklagte zu 1) hat sich in dem notariellen Vertrag deutlich von sämtlichen Äußerungen des Vermittlers distanziert und darüber hinaus erklärt, dass Zusagen über Wertentwicklung und Renditeerwartungen nicht gemacht werden können. Diese Distanzierung ist zulässig und führt dazu, dass Angaben des Vermittlers nicht nach § 278 BGB zuzurechnen sind (vgl. BGH, Urteil vom 02.06.1995, Az.: V ZR 52/94). Der Kläger kann sich insoweit nicht darauf berufen, dass der Vertrag vom Notar so schnell vorgelesen wurde, dass er nichts verstanden habe. Zum einen hat er für diesen bestrittenen Vortrag keinen zulässigen Beweis angeboten. Die Voraussetzungen für die von ihm angebotene Parteivernehmung liegen nicht vor. Aber selbst wenn der Vortrag des Klägers als wahr unterstellt wird, hat er sich an seiner abgegebenen notariellen Erklärung festhalten zu lassen. Der Kläger hat in diesem Fall den notariellen Vertrag in voller Kenntnis davon, dass er das, was ihm vorgelesen wurde, nicht verstanden hat, unterschrieben. Als geschäftsfähiger Bürger muss er sich damit an dieser Erklärung festhalten lassen.

3.) Dem Kläger stehen gegen die Beklagte zu 1) auch keine Ansprüche aus § 812 BGB aufgrund Nichtigkeit des abgeschlossenen Kaufvertrages zu.

a) Die Voraussetzungen für eine Sittenwidrigkeit des Kaufpreises liege nicht vor. Bei Immobiliengeschäften ist für die Frage der Beurteilung der Sittenwidrigkeit insofern der Vergleichswert entscheidend (vgl. BGH, Urteil vom 02.07.2004, Az.: V ZR 213/03; BGH, Entscheidung vom 18.12.2007, Az.: XI ZR 324/06). Dies hat seinen Grund darin, dass der Verkäufer nicht die Rentabilität des Kaufobjektes schuldet und insbesondere bei Immobilien neben der Rentabilität auch weitere Faktoren, wie zum Beispiel die Inflationssicherheit und die Frage von Abschreibungen, kaufentscheidend sind. Wie sich aus den Darlegungen des Gutachterausschusses über die Ermittlung von Grundstückswerten in der Stadt C. Anlage B2) ergibt, lag im Jahr 2005 der Durchschnittskaufpreis für Erstverkäufe von sanierten Altbauten in C. bei 1.747,00 € und damit im Bereich des von den Parteien vereinbarten Quadratmeterpreises, so dass eine Sittenwidrigkeit zu verneinen ist. Entgegen der Auffassung der Klägerseite können die Feststellungen des Gutachterausschusses zur Ermittlung des Vergleichswertes bei sanierten Altbauten in C. herangezogen werden (so auch KG Berlin, Entscheidung vom 17.02.2011, Az.: 22 O 86/10). Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerseite unter Angebot des Sachverständigenbeweises im nachgelassenen Schriftsatz behauptet, dass 87 Prozent der Immobilien, welche in C. als Denkmalschutz- und Sanierungsobjekte zu Steuersparzwecken erstellt oder vertrieben worden sind, von den Beklagten hergestellt wurden. Zum einen handelt es sich insoweit ersichtlich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis, da die Klägerseite keine Tatsachen vorträgt, aus denen sich die behauptete Zahl von 87 Prozent ergibt, sondern diese Zahl vielmehr erst durch den Sachverständigen ermitteln lassen will. Selbst wenn man allerdings diese Behauptung der Klägerseite als wahr unterstellt, ergibt sich daraus nicht, dass die Werte des Gutachterausschusses (Anlage B 2) bei der Vergleichswertmethode nicht zugrunde gelegt werden dürfen. Entscheidend ist vielmehr, dass die Käufer, wie sich aus der vorgelegten Anlage B2 ergibt, über mehrere Jahre bereit waren, einen entsprechenden Quadratmeterpreis für sanierte Altbauwohnungen in C. zu zahlen, zumal es sich – wie sich auch aus den angebotenen Zeugen der Klägerseite z.B. im Schriftsatz vom 10.01.2013 Seite 4 (Bl. 83 d.A.) ergibt – überwiegend um Kapitalanleger handelt, welche auf die Objekte in C. nicht zwingend angewiesen waren. Entgegen der Auffassung der Klägerseite kann eine Sittenwidrigkeit auch nicht damit begründet werden, dass bei den Objekten nach dem Kauf ein Werteverfall im Rahmen des Zweitverkaufes stattfindet. Entscheidend ist, dass die Käufer beim Erstverkauf bereit waren, die entsprechenden Preise zu zahlen, da im Rahmen eines Erstverkaufes einer Immobilie noch weitere Faktoren, wie zum Beispiel steuerliche Vorteile, eine Rolle spielen, welche beim Zweitverkauf keine Bedeutung haben.

Selbst wenn man eine objektive Sittenwidrigkeit bejahen würde, würde darüber hinaus die subjektive Komponente fehlen. Eine verwerfliche Gesinnung kann angesichts der durch den Gutachterausschuss festgestellten Quadratmeterpreise (Anlage B 2) nicht bejaht werden. Die Beklagte braucht nicht klüger und rücksichtsvoller zu sein als andere Marktteilnehmer (vgl. BGH, Entscheidung vom 02.07.2004, Az.: V ZR 213/03). Sofern die Klägerseite behauptet, dass die Beklagte gewusst habe, dass 87 Prozent der Immobilien in C., die als Denkmalschutz- und Sanierungsobjekte zu Steuerersparniszwecken erstellt und vertrieben wurden, von ihr selbst hergestellt wurden, ist oben bereits dargelegt worden, dass es sich insofern um eine unzulässige Ausforschung handelt, soweit es um die Behauptung der Marktbeteiligung von 87 % geht. Soweit es um die subjektive Komponente der Kenntnis der Beklagten geht, hat der Kläger bereits kein Beweismittel angeboten. Sofern Sachverständigengutachten angeboten wird, ist festzustellen, dass ein Sachverständiger keine Auskunft über die Kenntnisse und damit inneren Vorgänge der Beklagten geben kann. Das gleiche gilt hinsichtlich des Angebotes eines Gutachtens des Gutachterausschusses der Stadt C.

b) Unabhängig davon dass für einen Verstoß gegen die Pflichten des § 17 Abs. 2a Satz 2 BeurkG kein zulässiger Beweis angeboten wurde, führt ein Verstoß gegen diese Vorschriften auch nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages (vgl. Eylmann/Vaasen, BeurkG, 2. Aufl., § 17 Rn 39 d).

4) Da ein Anspruch gegen die Beklagte zu 1) nicht gegeben ist, liegt auch keine Haftung der Beklagten zu 2) als Komplementärin vor.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO. Der Streitwert wurde nach § 48 GKG i.V.m. § 3 ZPO festgesetzt, wobei der Antrag 1) mit 24.118,52 EUR berücksichtigt wurde, der Antrag 2) 155.800,00 EUR und der Antrag 4) mit 1.000,00 EUR. Der Antrag 3) wurde wegen wirtschaftlicher Identität mit dem Antrag 2) nicht berücksichtigt. Der Antrag 4) war nach § 4 ZPO nicht zu berücksichtigen.

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