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Beseitigungsanspruch von Pflanzsteinen auf Zuwegung zum Grundstück

Gericht bestätigt Notwegerecht gegen Pflanzsteinbarrikade

Das Landgericht Lübeck hat in seinem Urteil vom 18.08.2023, Az.: 3 O 309/22, entschieden, dass die Beklagte die von ihr auf dem Wirtschaftsweg angebrachten Pflanzsteine entfernen muss, um dem Kläger den Zugang zu seinem Grundstück zu gewährleisten. Der Kläger, Eigentümer einer Gartenparzelle ohne direkte Straßenanbindung, machte sein Notwegerecht geltend. Die Kosten des Rechtsstreits, mit Ausnahme der Kosten für die teilweise Klagerücknahme, trägt die Beklagte. Das Urteil betont das Recht des Klägers auf eine ungehinderte Nutzung seines Notwegerechts und weist der Beklagten die Rolle der Störerin zu.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 O 309/22 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Beklagte muss die Pflanzsteine entfernen, die den Zugang zum Grundstück des Klägers versperren.
  2. Bestätigung des Notwegerechts des Klägers aufgrund der Lage seines Grundstücks ohne direkte Straßenanbindung.
  3. Kosten des Rechtsstreits werden größtenteils der Beklagten auferlegt.
  4. Vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils gegen Sicherheitsleistung.
  5. Kläger ist Eigentümer der betroffenen Gartenparzelle.
  6. Urteil stärkt das Eigentumsrecht und betont die Unzulässigkeit der Beeinträchtigung durch die Beklagte.
  7. Historische Wegerechte und die geringste Belastung für Nachbarn waren entscheidend.
  8. Die Beklagte wird als Handlungsstörerin gemäß § 1004 Abs. 1 BGB identifiziert.

Pflanzsteine auf dem Notweg – Hindernis für Grundstückseigentümer

Pflanzsteine
(Symbolfoto: Goskova Tatiana /Shutterstock.com)

Ein Eigentümer hat das Recht, sein Grundstück ungehindert zu erreichen. Wenn ihm dies durch Hindernisse auf dem Weg verwehrt wird, kann er die Beseitigung dieser verlangen. So auch im Fall von Pflanzsteinen, die den Zugang zu einem Grundstück blockieren. Der Anspruch auf Beseitigung von Pflanzsteinen auf einer Zuwegung ergibt sich aus dem Notwegerecht, das im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert ist.

Wird das Notwegerecht beeinträchtigt, kann der Eigentümer vom Störer, in der Regel dem Verursacher der Hindernisse, die Beseitigung verlangen.

Wie eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Lübeck zeigt, ist der Anspruch auf Beseitigung von Pflanzsteinen auf einer Zuwegung gut begründet und kann gerichtlich durchgesetzt werden.

Wenn Sie sich in einer ähnlichen Situation befinden, in der Pflanzsteine den Zugang zu Ihrem Grundstück blockieren, zögern Sie nicht und fordern Sie noch heute unsere unverbindliche Ersteinschätzung an.

Im Zentrum des Rechtsstreits am Landgericht Lübeck stand der Beseitigungsanspruch von Pflanzsteinen, die den Zugang zu einem Grundstück blockierten. Das Gericht verurteilte die Beklagte zur Entfernung dieser Hindernisse, markierend einen signifikanten Punkt in Sachen Notwegerecht und Eigentumsbeeinträchtigung.

Streit um den Zugangsweg eskaliert

Die Auseinandersetzung begann, als die Beklagte, eine Grundstückseigentümerin, Pflanzsteine auf einem Wirtschaftsweg platzierte, der das einzige Zugangsmittel für den Kläger zu seiner Gartenparzelledarstellte. Dieser Wirtschaftsweg, historisch ein Verbindungspfad durch eine Siedlung, war für den Kläger essentiell, um seine in einem Hinterlandquartier gelegene, von anderen Grundstücken umgebene Parzelle zu erreichen. Die Beklagte verschloss den Weg im Juni 2022 vollständig mit den Steinen, was den Kläger dazu veranlasste, gerichtliche Hilfe zu suchen.

Rechtliches Dilemma um Notwegerecht und Eigentumsbeeinträchtigung

Der Kern des rechtlichen Problems lag im Notwegerecht des Klägers, das ihm durch die Aktionen der Beklagten verwehrt wurde. Der Kläger argumentierte, dass die Blockade seines Zugangs eine erhebliche Beeinträchtigung seines Eigentums darstellte und berief sich auf § 917 BGB, der das Notwegerecht regelt. Dieses Recht gewährt Eigentümern von Grundstücken ohne direkten Zugang zu öffentlichen Wegen die Nutzung angrenzender Grundstücke, um eine Verbindung herzustellen.

Gerichtsentscheidung stärkt Notwegerecht

Das Landgericht Lübeck gab dem Kläger recht und ordnete die Entfernung der Pflanzsteine an. In seiner Entscheidung stützte sich das Gericht auf die klare Rechtslage, wonach die Handlungen der Beklagten eine unzulässige Beeinträchtigung des Eigentums des Klägers darstellten. Die Entscheidung unterstrich, dass das Notwegerecht ein fundamentales Prinzip ist, das den Zugang zu Grundstücken sichert, insbesondere wenn diese keine direkte Anbindung an öffentliche Wege haben.

Analyse der Gerichtslogik und Rechtsprinzipien

Die Urteilsbegründung verdeutlichte, dass die Bewertung des Notwegerechts eng mit den örtlichen Gegebenheiten und der historischen Nutzung der Wege verknüpft ist. Die Gerichtsentscheidung reflektierte eine gründliche Analyse der Sachlage, einschließlich der Bedeutung des Weges für den Kläger und der Belastung, die die Beklagte durch die Gewährung des Zugangs erfahren würde. Zudem wurde das Schikaneverbot nach § 226 BGB als relevant erachtet, welches missbräuchliche Rechtsausübungen verbietet.

Das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 18. August 2023 festigt die Rechte von Grundstückseigentümern im Hinblick auf das Notwegerecht und betont die Unzulässigkeit von Handlungen, die dieses Recht beeinträchtigen. Es veranschaulicht die Notwendigkeit, bei der Ausübung des Eigentumsrechts die Rechte anderer zu respektieren und fördert ein harmonisches Zusammenleben innerhalb der Gemeinschaft.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Wie wird das Notwegerecht definiert?

Das Notwegerecht ist im deutschen Recht eine Regelung, die es dem Eigentümer eines Grundstücks ohne direkte Anbindung an eine öffentliche Straße ermöglicht, unter bestimmten Voraussetzungen einen Weg über das Nachbargrundstück zu nutzen, um diese Anbindung herzustellen. Dieses Recht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den §§ 917 und 918 geregelt.

Nach § 917 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks, dem die notwendige Verbindung zu einem öffentlichen Weg fehlt, von seinem Nachbarn verlangen, die Benutzung seines Grundstücks zur Herstellung dieser Verbindung zu dulden. Die Benutzung muss so lange geduldet werden, bis der Mangel behoben ist. Als Ausgleich ist eine Entschädigung in Form einer Notwegrente zu zahlen.

Die Voraussetzungen für das Notwegerecht sind streng. Es muss ein tatsächlicher oder rechtlicher Mangel an einer Verbindung zu einer öffentlichen Straße vorliegen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der vorhandene Zugang zu schmal ist oder vorübergehend nicht genutzt werden kann, etwa wegen Bauarbeiten oder Überschwemmungen. Ein Anspruch auf das Notwegerecht besteht nicht, wenn der Eigentümer selbst den Zugang zu seinem Grundstück willkürlich beseitigt hat, beispielsweise durch Zubauen oder Verkauf des zugangsbietenden Grundstücksteils.

Die Richtung und der Umfang des Notweges werden durch die gegebenen Möglichkeiten bestimmt und können im Zweifel gerichtlich festgelegt werden. Das Notwegerecht endet, sobald eine alternative Anbindung an die öffentliche Straße hergestellt ist.

Das Notwegerecht stellt eine Beschränkung des Eigentums dar und wird daher nur unter sorgfältiger Prüfung der Einzelfälle und unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit gewährt. Es darf den Nachbarn nicht mehr als notwendig in der eigenen Nutzung seines Grundstücks einschränken.

Was besagt § 1004 Abs. 1 BGB im Kontext von Eigentumsbeeinträchtigungen?

§ 1004 Abs. 1 BGB regelt den Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch bei Eigentumsbeeinträchtigungen, die nicht durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes erfolgen. Der Paragraph besteht aus zwei Sätzen, wobei der erste Satz den Beseitigungsanspruch und der zweite Satz den Unterlassungsanspruch betrifft.

Beseitigungsanspruch

Der Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt voraus, dass das Eigentum des Anspruchstellers in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt wird. Eine zentrale Voraussetzung für diesen Anspruch ist das Eigentum des Anspruchstellers. Die Beeinträchtigung muss einen bestimmten Zustand im Herrschaftsbereich des Eigentümers ohne dessen Zustimmung darstellen und kann auch die Nutzungsmöglichkeit des Eigentums beeinträchtigen. Der Anspruch auf Beseitigung besteht unabhängig davon, ob die Beeinträchtigung zu einem Schaden führt oder nicht und setzt kein Verschulden voraus.

Unterlassungsanspruch

Der Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB ermöglicht es dem Eigentümer, eine drohende Beeinträchtigung durch einen Unterlassungsanspruch zu verhindern. Für den Unterlassungsanspruch ist eine Wiederholungsgefahr weiterer Beeinträchtigungen erforderlich. Eine einmalige Störung indiziert grundsätzlich, dass weitere Beeinträchtigungen zu erwarten sind.

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Störer

Für beide Ansprüche ist der sogenannte Störer verantwortlich, der in Handlungs- und Zustandsstörer unterschieden wird. Handlungsstörer ist, wer durch sein Verhalten die Beeinträchtigung verursacht. Zustandsstörer ist der Eigentümer oder Besitzer von Sachen, von denen die Beeinträchtigung ausgeht.

Duldungspflichten

Die Ansprüche auf Beseitigung bzw. Unterlassen bestehen nicht, wenn der Eigentümer zur Duldung der Beeinträchtigung verpflichtet ist. Duldungspflichten können sich aus dem Gesetz, aus öffentlich-rechtlichen Regelungen oder aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis ergeben.§ 1004 Abs. 1 BGB schützt Eigentümer vor Beeinträchtigungen ihres Eigentums, die nicht die Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes betreffen, indem er ihnen Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche gegen den Störer gewährt. Die Ansprüche setzen kein Verschulden voraus und bestehen nicht, wenn eine Duldungspflicht des Eigentümers vorliegt.


Das vorliegende Urteil

LG Lübeck – Az.: 3 O 309/22 – Urteil vom 18.08.2023

1. Die Beklagte wird verurteilt, die Pflanzsteine von dem Wirtschaftsweg auf dem von ihr genutzten Grundstück Flurstück…., Flur 4, Gemarkung ……zu entfernen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten für die teilweise Klagerücknahme zu tragen. Letztere sind vom Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.332,60 € vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 6.666,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Beseitigung einer von der Beklagten errichteten Barriere aus Pflanzsteinen auf einem Weg auf einem von ihr genutzten Grundstück vor dem Hintergrund eines vom Kläger behaupteten Notwegerechts.

Der Kläger ist Eigentümer einer Gartenparzelle, belegen auf dem Flurstück……, Flur 4, Gemarkung……. Das Grundstück befindet sich in einem Hinterlandquartier zwischen der …..Straße, der ……Straße, der …..und der …..in …… Bei der Gartenparzelle handelt es sich um ein Inselgrundstück ohne eigene Zuwegung. Es ist zusammen mit der Gartenparzelle lediglich über fremde Grundstücke begehbar. Für die örtlichen Begebenheiten wird auf Blatt 6 d. A verwiesen.

Auf dem von der Beklagten genutzten Grundstück, dem Flurstück…, Flur 4, Gemarkung……., verläuft von nordöstlicher Richtung aus ein Wirtschaftsweg zum klägerischen Grundstück, für dessen Einzelheiten auf die Anlagen K1 und K2 auf Bl. 6 und 7 d. A. sowie auf die Anlage B1 im Anlagenheft der Beklagten verwiesen wird. Der besagte Wirtschaftsweg beginnt an der Südgrenze des Grundstücks zum Flurstück 33/98, belegen in der ……..straße 58 und 60 zum von der Beklagten genutzten und ihren Eltern gehörenden Grundstück zum Flurstück ….. belegen in der …..Straße …. Von dort aus verläuft der Weg in südwestlicher Richtung auf dem von der Beklagten genutzten Grundstück parallel zu dessen nordwestlicher Grenze, bis er auf das streitgegenständliche Grundstück des Klägers trifft. Für örtlichen Begebenheiten im einzelnen wird auf die Anlage B1 im Anlagenheft der Beklagten verwiesen. Bei dem Wirtschaftsweg handelte es sich früher um einen Weg, der durch die gesamte Siedlung verlief und die ……Straße mit der …..verband, mithin über die heutige Gartenparzelle des Klägers, die Parzelle 799/33 und die weiteren südwestlich angrenzenden Grundstücke führte. Der Weg nahm seinen Ausgang auf dem heutigen, von der Beklagten genutzten Grundstück.

Den Wirtschaftsweg nutzte der Kläger in den vergangenen Jahren, um auf sein streitgegenständliches Grundstück zu gelangen. Im Juni 2022 versperrte die Beklagte die Zuwegung zum Grundstück des Klägers mit Pflanzsteinen über die gesamte Breite bis hin zu den die Zuwegung begrenzenden Zäunen. Für Einzelheiten wird auf Bl. 12 bis 14 d. A. verwiesen.

Im Nordwesten begrenzen die Flurstücke 33/36 und 33/38 der Flur 4 das streitgegenständliche Grundstück des Klägers. Um hierüber sein Grundstück von dem von ihm bewohnten Grundstück auf dem Flurstück 33/24, also der …….aus kommend, zu begehen, müsste er zunächst den auf den Grundstücken …….6, 8, 10 usw. gelegenen und parallel zur ……Straße verlaufenden Weg südlich der dortigen Wohngebäude beschreiten, um anschließend über das Grundstück der …….traße 14 oder 18, Flurstücke 33/36 bzw. 33/38, sein Grundstück zu betreten. Für Einzelheiten wird auf die Anlagen K1 auf Blatt 6 der Akte sowie B1 im Anlagenheft der Beklagten verwiesen.

Die Zuwegung zum Grundstück des Klägers von der …..aus in südwestlicher Richtung ist versperrt durch eine Transformatorenstation sowie Hecken mit vorgelagerten Zäunen. Für Einzelheiten wird auf die Anlagen K9 und K10 auf Bl. 71 und 72 d. A. verwiesen.

In südwestlicher Richtung grenzen an das klägerische Grundstück die Flurstücke 801/33 und 798/33, also die Grundstücke ……4 und 6. Für Einzelheiten wird auf die Anlagen B1 und B2 im Anlagenheft der Beklagten verwiesen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 20. Juli 2022 forderte der Kläger die Beklagte erfolglos zur Beseitigung der Pflanzsteine auf.

Der Kläger behauptet, Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks, belegen auf dem Flurstück 800/33, Flur 4, Gemarkung……., zu sein.

Er ist der Ansicht, für ihn bestehe ein Notwegerecht zur Nutzung des Weges parallel zum von der Beklagten genutzten Grundstück. Dessen Nutzung sei durch die von der Beklagten errichteten Barriere aus Pflanzesteinen gestört. Er beruft sich für das Notwegerecht unter anderem auf die Anlage K 11 auf Blatt 120-121 d. A., dort auf § 8 der Vertragsergänzung vom 6. Juni 1933. Der unter § 8 lit. c genannte Weg auf einer Breite von 2 m meine den hier streitgegenständlichen, parallel zur nordwestlichen Grundstücksgrenze verlaufender Weg auf dem von der Beklagten genutzten Grundstück. Für Einzelheiten wird auf Blatt 128 d. A. verwiesen. Aus § 8 der Vertragsergänzung ergebe sich, dass die seinerzeitigen Grundstückseigentümer jedenfalls schuldrechtlich verpflichtet waren, sich gegenseitig Durchgang zu gewähren.

Nachdem der Kläger ursprünglich beantragt hat, 1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Nutzung des Wirtschaftsweges an der nordwestlichen Grenze ihres Grundstücks, Flurstück 33/100, Flur 4, Gemarkung ……als Zuwegung zu dem Grundstück des Klägers, Flurstück 800/33, Flur 4, Gemarkung ……durch den Kläger zu dulden und 2. Die Beklagte zu verurteilen, die Pflanzsteine von dem Wirtschaftsweg auf ihrem Grundstück Flurstück 33/100, Flur 4, Gemarkung….., zu entfernen,

Beantragt er nach teilweiser Klagerücknahme bezüglich des ursprünglichen Antrags zu 1) mit Schriftsatz vom 3. Januar 2023 (Blatt 47 d. A.) nunmehr, die Beklagte zu verurteilen, die Pflanzsteine von dem Wirtschaftsweg auf ihrem Grundstück Flurstück 33/100, Flur 4, Gemarkung ……zu entfernen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte rügt die sachliche Zuständigkeit des Gerichts vor dem Hintergrund der teilweisen Klagerücknahme des Klägers. Weiterhin rügt sie die Aktivlegitimation des Klägers.

Sie behauptet, der Kläger nutze das Grundstück um dort Alkohol zu konsumieren. In der Vergangenheit sei er einmal alkoholbedingt in dem streitgegenständlichen Weg auf dem von ihr genutzten Grundstück in den Gartenzaun gefallen.

Auf kürzestem Wege könne der Kläger sein Grundstück über die ….oder über die ….Straße erreichen. Für den Weg, der parallel zur …..Straße verläuft, habe der Kläger ein Wegerecht. Für die Nutzung der Zuwegung auf dem von der Beklagten genutzten Grundstück müsse der Kläger unberechtigterweise das Flurstück 33/98 überqueren. Ohne weiteres sei das klägerische Grundstück auch über die Grundstücke …..4 oder …..6 zu betreten. Möglicherweise sei hierfür ein neues Gartentor in den Zaun zu bauen. Darüber hinaus werde der Kläger durch die Pflanzsteine nicht beeinträchtigt. Einen Rasenmäher oder eine Schubkarre, sofern diese leer ist, könne man ohne weiteres über die Pflanzensteine hinüberheben.

Letztendlich habe sich der Kläger selbst durch den Erwerb des Grundstücks ein Inselgrundstück geschaffen und sein Notwegerecht verloren. Am leichtesten sei das klägerische Grundstück für den Kläger zu begehen von der ……aus über das Flurstück 33/132. Er müsse sich hierfür lediglich mit dem Eigentümer des Hauses ……49 einigen.

Entscheidungsgründe

Eine Auslegung entsprechend §§ 133, 157 BGB ergibt, dass der Kläger die Beseitigung der Pflanzsteine auf dem von ihr genutzten Grundstück Flurstück 33/100, Flur 4, Gemarkung……, beantragt.

Die zulässige Klage ist begründet:

A. Im Rahmen der Zulässigkeit ist das Gericht nach Verweisung des Rechtsstreits kraft Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Schwarzenbek vom 7. Dezember 2022 (Blatt 40 f. d. A.) zuständig, § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO. Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich hierbei aus § 1 ZPO in Verbindung mit §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG. Mit Beschluss vom 26. Oktober 2022, gegen den kein Rechtsbehelf eingelegt worden ist, bestimmte das Amtsgericht Schwarzenbek den Streitwert auf 6.666 €. Entgegen der Auffassung der Beklagten, führt eine Reduzierung dieses Streitwertes aufgrund einer teilweisen Klagerücknahme auf einen Betrag unterhalb der für §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG maßgeblichen Grenze von 5.000 € nicht zur Unzuständigkeit des Gerichts, § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO (vgl. auch BeckOK ZPO/Bacher, § 261 Rn. 21).

B. Die Klage ist darüber hinaus auch begründet:

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Beseitigung der Pflanzsteine, die den parallel zu dem von ihr genutzten Grundstück verlaufenden Weg zum klägerischen Grundstück versperren, aus § 1004 Abs. 1 BGB.

I. Danach kann der Eigentümer, dessen Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes in seinem Eigentum beeinträchtigt wird, vom Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger wird als Eigentümer des Grundstücks auf dem Flurstück 800/33, Flur 4, Gemarkung …..durch die von der Beklagten als Störerin auf die Zuwegung verbrachten Pflanzensteine in seinem zum Eigentum seines Grundstücks gehörende Notwegerecht beeinträchtigt.

1. Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks auf dem Flurstück 800/33, Flur 4, Gemarkung……. Nach Vorlage des Grundbuchauszugs für die Gemeinde Geesthacht Blatt 2383, Anlage K8 auf Blatt 64 ff. d. A., insbesondere Blatt 70 d. A., ist das pauschale Bestreiten der Eigentümerstellung des Klägers durch die Beklagte unzulässig, § 138 Abs. 2 ZPO.

2. Vom Eigentum dieses streitgegenständlichen Grundstücks mit umfasst ist ein zugunsten des Klägers bestehendes Notwegerecht im Sinne des § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB am an der Nordgrenze des von der Beklagten genutzten Grundstücks verlaufenden Wegs, das mithin dem Schutz des § 1004 BGB unterliegt (BGH NJW-RR 2017, 210 (213); OLG Koblenz NJW-RR 1992, 724 (725); MüKo BGB/Brückner, 8. Aufl. 2020, § 917 Rn. 39; BeckOK BGB/Fritzsche, 66. Edition Stand: 01.02.2023, § 917 Rn. 34).

Nach § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks von den Nachbarn die Nutzung ihres Grundstückes verlangen, sofern dem Grundstück die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege fehlt. So verhält es sich vorliegend. Dem klägerischen Grundstück fehlt es als Inselgrundstück dauerhaft an einer Verbindung mit einem öffentlichen, d. h. mit einem ausdrücklich dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Weg. Hierzu wird auf Blatt 8 d. A. sowie auf die Anlage B1 im Anlagenheft der Beklagten verwiesen.

Das Notwegerecht auf dem von der Beklagten genutzten Grundstück besteht auch in Anschauung mehrerer, für eine Zuwegung in Betracht kommender Grundstücke. In solchen Konstellationen ist zunächst § 918 Abs. 2 BGB zu prüfen und – sofern dieser abzulehnen ist – eine Auswahl unter den verschiedenen Grundstücken zu treffen. Auf Letzteres kommt es hier an, weil die Veräußerung eines Grundstücksteils durch den Kläger im Sinne des § 918 Abs. 2 BGB – entgegen der Auffassung der Beklagten – erkennbar nicht in Betracht kommt. Der Kläger hat das Grundstück in seiner heutigen Form als Inselgrundstück erworben. Im Rahmen der Auswahl sind insbesondere die historisch gewachsenen lokalen Begebenheiten und die Frage zu beachten, für welchen Nachbarn die geringste Belastung mit einem Notwegerecht einhergeht (MüKo BGB/Brückner, 9. Auflage 2023, § 917 Rn. 33 f.). Bei den historisch gewachsenen Begebenheiten werden insbesondere die früheren Wegeverhältnisse berücksichtigt, wobei auch Gesichtspunkte der Effektivität des Notwegs zu berücksichtigen sind. Die Frage der möglichst geringsten Belastung ist unter den Gesichtspunkten der örtlichen Beschaffenheit und der konkreten Benutzungsart zu beurteilen. So kommt ein brachliegendes Grundstück gegenüber einem wirtschaftlich genutzten Grundstück eher für ein Notwegerecht in Betracht. Die geringste Belastung geht häufig mit dem kürzesten Weg einher.

Eingedenk dieser Kriterien ist dem Kläger das begehrte Notwegerecht über das von der Beklagten genutzte Grundstück zuzugestehen. Ungeachtet der uneinheitlichen Auslegung der Parteien bezüglich der klägerseits eingebrachten Anlage K11 auf Blatt 120 ff. d. A., legt diese jedenfalls das Bestehen mehrerer vorgesehener Wegerechte zwischen den Anwohnern des Betroffenen Wohngebietes nahe. Entscheidend ist für das einschlägige Notwegerecht, dass es sich – unstreitig, vgl. den Vortrag der Beklagten auf Blatt 56 d. A. – bei dem an der Nordgrenze des von der Beklagten genutzten Grundstücks verlaufenden Weg früher um einen Weg handelte, der durch die gesamte Siedlung verlief und die ……Straße mit der Querstraße verband, mithin über die heutige Gartenparzelle des Klägers, die Parzelle 799/33 und die weiteren südwestlich angrenzenden Grundstücke führte und seinen Ausgang beim von der Beklagten genutzten Grundstück nahm. Von mehreren früher in Betracht kommenden wegen zum heutigen Grundstück des Klägers, ist der über das von der Beklagten genutzte Grundstück verlaufende, der einzig verbliebene. Von Seiten der …..Straße aus (nordwestlich) begrenzen das klägerische Grundstück die anliegenden Hausgrundstücke ohne als solchen erkennbaren Weg. Gleiches gilt für die südöstliche Richtung hin zur ……In südwestlicher Richtung hin zur ……versperren eine Transformatorenstation sowie Hecken mit vorgelagerten Zäunen – vgl. Blatt 71 und 72 d. A. den Zugang. Für die Beklagte als berechtigte Nutzerin und die Eigentümer des Grundstücks zum Flurstück 33/100 ergibt sich überdies die geringste Belastung im Vergleich mit den übrigen Nachbarn. Dies zeigt sich allem voran daran, dass hier bereits ein durch einen Zaun abgegrenzter Weg besteht. Über die übrigen Grundstücke müsste ein solcher erst geschaffen werden. Weiterhin ist dem Kläger Recht zu geben, wenn er vorträgt, für einen Zugang über eines der Grundstücke der …..Straße 16 oder 18 müsse er zuvor, von dem von ihm bewohnten Grundstück in der …..Straße 4 aus kommend, 5-6 weitere Grundstücke passieren, um sodann das betroffene Grundstück der gesamten Länge nach zu begehen. Von der Zustimmung aller betroffenen Eigentümer kann der Kläger nicht ausgehen. Sofern die Beklagte weiter vorträgt, das Überqueren all der genannten Grundstücke sei ein geringerer Eingriff als über das Flurstück 33/98 den begehrten zu Weg zu erreichen, so überzeugt dies nicht. Zum einen handelt es sich bei diesem Grundstück um nur ein, mit einem Mehrfamilienhaus bebautes, Grundstück. Zum anderen ist dem Kläger auch hier die Benutzung zu gestatten, um zu seinem Fahrzeugstellplatz auf dem Flurstück 741/33 zu gelangen. Schließlich verfängt der Beklagtenvortrag, ein Zugang über die …..Straße sei vorzuziehen, weil einige der Gärten im Vergleich zum von der Beklagten genutzten Garten ungenutzt seien, nicht. Denn jedenfalls der vom Kläger als Zuwegung bisher genutzte Teil des von der Beklagten genutzten Grundstücks, wird ebenso bisher nicht als Garten zur Erholung oder wirtschaftlich genutzt, sondern dient lediglich als Weg. Er ist vom Grundstück im Übrigen abgetrennt durch einen hierauf errichteten Zaun.

3. Durch die von der Beklagten aufgestellten Pflanzsteine wird der Kläger an seinem Notwegerecht beeinträchtigt. Ein Notwegerecht berechtigt zur ordnungsgemäßen Benutzung des Grundstücks. Dies richtet sich nach Lage, Größe und Wirtschaftsart desselben (Schulze, BGB/Ansgar, 11. Auflage 2021, § 917 Rn. 4). Jedenfalls gedeckt hiervon ist auch das Begehen des Notwegs mit einer Schubkarre zur Gartenbewirtschaftung, auch wenn diese beladen ist. Der Beklagte muss sich nicht darauf verweisen lassen, mit oder ohne zusätzlichem Gerät über die Pflanzsteine hinüber zu klettern. Dies gilt auch eingedenk des auf das Notwegerecht anwendbaren Schikaneverbots des § 226 BGB.

4. Durch das Errichten der Barriere mit Pflanzsteinen ist die Beklagte Handlungsstörerin im Sinne des § 1004 Absatz ein Satz 1 BGB.

5. Der Kläger ist nicht seinerseits zur Duldung der Beeinträchtigung verpflichtet, weil § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB dem Eigentümer des Verbindungsgrundstücks insoweit die Ausschließungsbefugnis des § 903 BGB nimmt (MüKo BGB/Brückner, 9. Auflage 2023, § 917 Rn. 46).

II. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 1 ZPO.

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