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Besorgnis der Befangenheit bei abweichender Rechtsauffassung?

 

AG Bad Neustadt – Az.: 1 C 355/20 – Beschluss vom 02.11.2021

Das Ablehnungsgesuch des Beklagten vom 30.09.2021 betreffend die Richterin am Amtsgericht W.wird für unbegründet erklärt.

Das Wichtigste in Kürze


Die Besorgnis der Befangenheit eines Richters kann nicht allein aufgrund einer abweichenden Rechtsauffassung begründet werden.

  • Das Amtsgericht Bad Neustadt hat in einem Beschluss vom 02.11.2021 das Ablehnungsgesuch des Beklagten vom 30.09.2021 gegen eine Richterin des Amtsgerichts W. als unbegründet erklärt.
  • Die Richterin hatte am 27.09.2021 ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten erlassen.
  • Der Beklagte lehnte die Richterin wegen der Besorgnis der Befangenheit ab und erhob Widerspruch gegen das Versäumnisurteil. Er argumentierte, dass das Urteil rechtswidrig und willkürlich sei.
  • Die Richterin gab am 06.10.2021 eine ausführliche dienstliche Stellungnahme ab, in der sie ihre Entscheidung begründete.
  • Das Gesuch des Beklagten war formell korrekt, aber inhaltlich unbegründet. Ein Richter kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen.
  • Die Tatsache, dass die Richterin eine andere Rechtsauffassung als der Beklagte hatte, rechtfertigt keine Ablehnung wegen Befangenheit.
  • Die Gerichte sind dazu aufgerufen, sich mit unterschiedlichen Rechtsmeinungen auseinanderzusetzen und zu entscheiden. Gegen Entscheidungen können die vorgesehenen Rechtsmittel eingelegt werden.
  • Eine für eine Partei nachteilige Entscheidung allein kann nicht als Befangenheit interpretiert werden.

Gründe

I.

Befangenheit bei anderer Rechtsauffassung
(Symbolfoto: everything possible /Shutterstock.com)

Die nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständige Richterin am Amtsgericht W. erließ am 27.09.2021 gegen den Beklagten unter „P. H., Inhaber V. G. H.“ ein Versäumnisurteil. Mit Schreiben vom 30.09.2021 lehnte der Beklagte Richterin W. wegen seiner Besorgnis der Befangenheit ab und erhob (u.a.) „Widerspruch“ gegen das ergangene Versäumnisurteil. Im Wesentlichen führt er dazu aus, dass das Versäumnisurteil rechtswidrig und willkürlich sei. Er sei unter „P. H.“ nicht wirksam zu laden gewesen. Die abgelehnte Richterin am Amtsgericht W. hat unter dem 06.10.2021 eine ausführliche dienstliche Stellungnahme abgegeben. Auf diese wird verwiesen. V. G. H. und „P. H.“ hält seinen Ablehnungsantrag aufrecht. Zur Begründung wird auf sein Schreiben vom 25.10.2021 verwiesen.

II.

Das Gesuch ist zwar gemäß § 44 ZPO formgerecht angebracht. Es ist jedoch unbegründet. Nach § 42 Abs. 1 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, was voraussetzt, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Nach einhelliger Auffassung braucht der Richter objektiv nicht befangen zu sein; es genügen Gründe, die vom Standpunkt einer noch vernünftigen Partei solchen Schluss nahelegen.

Solche Gründe liegen hier aber nicht vor. Die Tatsache, dass die abgelehnte Richterin eine andere Rechtsauffassung als der Beklagte vertrat, rechtfertigt keine Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit. In ihrer ausführlichen Stellungnahme hat die Richterin ausführlich dargelegt, weshalb die Ladung des Beklagten unter dem Firmennamen „P. H.“ wirksam erfolgte, § 17 Abs. 2 HGB. Der Beklagte ist schlicht anderer Auffassung.

Die Gerichte sind aber gerade dazu aufgerufen, sich mit unterschiedlichen Rechtsmeinungen auseinanderzusetzen und zu entscheiden. Gegen die ergehenden Entscheidungen sind dann die nach der Prozessordnung vorgesehenen Rechtsbehelfe und Rechtsmittel gegeben. Aus einer für eine Partei nachteiligen Entscheidung als solcher kann, soweit sie sachlich begründet ist wie hier, keine Besorgnis der Befangenheit abgeleitet werden. Dies ist nicht Sinn und Zweck des Ablehnungsrechts.

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Besorgnis der Befangenheit – kurz erklärt


Die „Besorgnis der Befangenheit“ bezieht sich auf die Sorge, dass ein Richter oder ein anderes Gerichtsmitglied nicht unparteiisch in einem bestimmten Fall agieren könnte. Ein Richter kann wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Dies ist in verschiedenen Gesetzen, wie den §§ 24 Abs. 2 StPO und 41 ff ZPO, festgelegt. Es genügt, wenn objektive Gründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass ein Richter befangen sein könnte. Das bedeutet, dass nicht tatsächlich eine Befangenheit vorliegen muss, sondern bereits die begründete Besorgnis darüber ausreicht, um einen Richter von einem Verfahren auszuschließen.


§ Relevante Rechtsbereiche für dieses Urteil sind u.a.:


  1. Zivilprozessordnung (ZPO): Die Zivilprozessordnung regelt das Verfahren vor den Zivilgerichten. In diesem Fall bezieht sich die ZPO insbesondere auf die Ablehnung eines Richters wegen Befangenheit (§ 42 ZPO) und die formgerechte Anbringung eines solchen Gesuchs (§ 44 ZPO). Die Regelungen geben vor, unter welchen Umständen ein Richter abgelehnt werden kann und wie ein solches Gesuch zu stellen ist.
  2. Handelsgesetzbuch (HGB): Das Handelsgesetzbuch regelt das Handelsrecht. Hier ist insbesondere § 17 Abs. 2 HGB relevant, der sich auf die Ladung eines Beklagten unter einem Firmennamen bezieht. Dieser Paragraph ist in diesem Fall relevant, da es um die Frage geht, ob die Ladung des Beklagten unter dem Firmennamen „P. H.“ wirksam war.
  3. Befangenheit von Richtern: Dies ist zwar kein eigenständiges Rechtsgebiet, aber ein wichtiger Grundsatz im deutschen Rechtssystem. Ein Richter darf nicht befangen sein und muss unparteiisch urteilen. In diesem Fall wurde die Befangenheit der Richterin in Frage gestellt, weil sie eine andere Rechtsauffassung als der Beklagte hatte. Es wird jedoch klargestellt, dass eine abweichende Rechtsauffassung allein nicht ausreicht, um die Befangenheit eines Richters zu begründen.

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