LG Frankenthal, Az.: 8 O 47/11, Urteil vom 26.04.2012
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger, Inhaber eines Betonpumpendienstes, macht gegenüber den Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem Unfallereignis vom 11.05.2009 geltend, bei dem das im Eigentum des Klägers stehende Betonpumpenfahrzeug mit dem amtl. Kennzeichen NW-… durch den im Eigentum des Beklagten zu 1) stehenden, bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Betonmischer mit dem amtl. Kennzeichen DÜW-… beschädigt wurde.
Am Abend des 11.05.2009 stellte der Beklagte zu 1) seinen Betonmischer in der von der Firma … angemieteten Lagerhalle auf dem Grundstück Straße in Ort ab. Unmittelbar danach – um 18:50 Uhr – stellte auch der Fahrer des Betonpumpenfahrzeugs des Klägers, der Zeuge 1, dieses in der Halle ab. Zu diesem Zeitpunkt saß der Beklagte zu 1) noch in seinem Fahrzeug. Weitere Fahrzeuge befanden sich nicht in der Halle.
Kurz nachdem der Beklagte zu 1) sein Fahrzeug und die Halle verlassen hatte, verließ auch der Zeuge 1, nachdem er das Tor der Halle von innen verriegelt hatte, die Halle durch den Seitenausgang.
In der Folge geriet das Fahrzeug des Beklagten zu 1) in Brand. Auf Grund der Hitzeentwicklung entstand auch erheblicher Sachschaden an dem Betonpumpenfahrzeug des Klägers.
Um 19.26 Uhr nahm ein Anwohner starke Rauchentwicklung ausgehend von der Halle, in der sich die beiden Fahrzeuge befanden, wahr und alarmierte die Feuerwehr. Diese fand die Halle bei ihrem Eintreffen verschlossen vor.
Der Kläger ließ die Reparatur seines Betonpumpenfahrzeugs zwischenzeitlich durchführen und rechnete diese mit seiner Kaskoversicherung ab, wobei er einen Selbstbeteiligungsbetrag in Höhe von 500,00 € zu zahlen hatte. Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger einen Schaden in Höhe von insgesamt 17.418,48 € geltend, den er wie folgt beziffert:
Selbstbeteiligungsbetrag Kaskoversicherung 500,00 €
Nebenkostenpauschale 25,00 €
Lohnfortzahlungskosten 2.685,27 €
Umsatzausfall 13.905,81 €
Fahrtkosten 302,40 €
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 31.08.2009 forderte der Kläger die Schadensbegleichung gegenüber den Beklagten bis 14.09.2009.
Der Kläger trägt vor, der Beklagte zu 1) habe seinen Betonmischer um 18.40 Uhr in der Halle abgestellt. Beim Verlassen der Halle habe der Zeuge 1 die Metalltür an der Seite der Halle abgeschlossen.
In Folge des schädigenden Ereignisses sei ihm ein Schaden in Höhe von 17.418,48 € entstanden. Neben dem unstreitigen Selbstbeteiligungsbeitrag der Kaskoversicherung in Höhe von 500,00 € und der Nebenkostenpauschale von 25,00 € seien Lohnfortzahlungskosten für den Zeugen 1 in Höhe von 2.685,27 € zu erstatten, da die Betonpumpe, die von dem Zeugen 1 gefahren werde, in der Zeit vom 12.05. – 02.06.2009 schadensbedingt nicht eingesetzt werden konnte. Bezüglich der Berechnung der Höhe der Lohnfortzahlungskosten wird auf die Ausführungen des Klägers in der Klageschrift (Bl. 4 ff. d.A.) Bezug genommen.
Weiter sei ihm auf Grund des unfallbedingten Umsatzausfalls ein entgangener Gewinn in Höhe von 13.905,81 € zu erstatten. Auch bezüglich dieser Berechnung wird auf die Ausführungen des Klägers in der Klageschrift (Bl. 5 ff. d.A.) Bezug genommen.
Darüber hinaus seien Fahrtkosten in Höhe von 302,40 € für die Verbringung des beschädigten Betonpumpenfahrzeugs zur Firma … in …, die mit der Reparatur des Fahrzeugs beauftragt wurde, entstanden. Bezüglich der unstreitig angefallenen 1.800 km sei ein Betrag von 80 et pro Kilometer zu erstatten.
Der Kläger beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 17.418,48 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 14.09.2009 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 832,10 € zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten tragen vor, der Beklagte zu 1) habe bereits um 18.30 Uhr den Betonmischer in der Halle abgestellt.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Sachverständiger, das dieser zudem mündlich erläuterte. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Gutachten vom 12,10.2011 sowie das Protokoll der Sitzung vom 15.03.2012. Weiter wurde Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen 1 und Zeuge 2. Diesbezüglich wird auf das Protokoll der Sitzung vom 26.01.2012 (Bl. 300 ff. d.A.) Bezug genommen. Weiter wurde die staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakte – Az.: 5092 UJs 40722/09 – beigezogen und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, hat in der Sache allerdings keinen Erfolg.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten als Gesamtschuldnern gemäß §§ 7 StVG, 823 BGB, 115 WG nicht zu.
1. Ein Anspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten zu 1) gemäß § 7 Abs. 1 StVG besteht nicht, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass der Schaden des Klägers „beim Betrieb“ des Fahrzeugs des Beklagten zu 1) entstanden ist.
Hierbei handelt es sich um eine Anspruchsvoraussetzung, für die nach den allgemeinen Grundsätzen der Geschädigte, hier der Kläger, die Beweislast trägt (vgl. Burmann-Heß, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl., 2012, StVG, § 7 Rn. 28). Diesen Beweis hat der Kläger nicht zu erbringen vermocht.
Das Haftungsmerkmal „bei dem Betrieb“ ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Vorschrift weit auszulegen. Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG umfasst alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe, wobei es genügt, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden ist (vgl. BGH NJW-RR 2008, 764). Ob dies der Fall ist, muss mittels einer am Schutzzweck der Haftungsnorm orientierten wertenden Betrachtung beurteilt werden (vgl. BGHZ 15, 84). An einem auch im Rahmen der Gefährdungshaftung erforderlichen Zurechnungszusammenhang fehlt es, wenn die Schädigung nicht mehr eine spezifische Auswirkung derjenigen Gefahr ist, für die die Haftungsvorschrift den Verkehr schadlos halten will (vgl. BGHZ, a.a.O.).
Für eine Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Kausalzusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht (vgl. BGHZ 58, 162). Erforderlich ist, dass die Fahrweise oder der Betrieb des Fahrzeugs zu dem Entstehen des Unfalls beigetragen haben.
Zudem ist erforderlich, dass ein Zusammenhang mit der Bestimmung des Kraftfahrzeugs als eine der Fortbewegung und dem Transport dienenden Maschine (§ 1 Abs. 2 StVG) besteht. Eine Haftung gemäß § 7 Abs. 1 StVG entfällt daher, wenn die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Kraftfahrzeugs keine Rolle mehr spielt (BGH VersR 2005, 566).
Ausweislich der überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 12.10.2011, denen sich das Gericht anschließt, kann allein auf Grund der Sachverständigenauswertung die Brandursache nicht sicher festgestellt werden. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass sowohl eine elektrotechnische als auch eine thermische Brandursache, aber auch eine Brandverursachung durch menschliches Tun oder Unterlassen das Schadensbild, weiches an dem Betonmischfahrzeug durch das Schadensfeuer entstanden ist, verursacht haben könnte. Auf Grund des ausgeprägten Zerstörungsgrades war ihm eine zweifelsfreie Aussage über die Brandausbruchstelle nicht möglich. Eine solche könnte sich sowohl im Innenbereich der Fahrgastzeile als auch im Motorbereich des Fahrzeugs befunden haben.
Zwar schließt das Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Einvernahme der Zeugen eine Brandverursachung durch menschliches Tun oder Unterlassen (vgl. unten a)) aus, dennoch scheint eine elektrotechnische Brandverursachung (vgl. unten b)), welche nicht im Zusammenhang mit der Bestimmung des Fahrzeugs als eine der Fortbewegung und dem Transport dienenden Maschine, sondern auf dessen Funktion als Arbeitsmaschine zurückzuführen ist, auch nach Anhörung des Sachverständigen möglich, so dass eine Verursachung „bei dem Betrieb“ nicht zur Überzeugung des Gerichts feststeht.
a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass neben dem unstreitig von innen verriegelten Schiebetor auch die seitliche Metalltür durch den Zeugen 1 abgeschlossen worden war, so dass bei vernünftiger Betrachtung unter Berücksichtigung allgemeiner Lebenserfahrung nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Brandursache auf menschliches Tun oder Unterlassen zurückzuführen ist, da keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass jemand die Halle nach dem Abstellen der Fahrzeuge betreten hat. Auch ist nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass der Beklagte zu 1) durch sein Verhalten im Fahrzeug in irgendeiner Weise zur Entstehung des Brandes beigetragen hat. Der Zeuge 1 hat glaubhaft und nachvollziehbar ausgeführt, dass er die seitliche Metalltür beim Verlassen der Halle abgeschlossen hat. Weiter führte er aus, dass er sich auch noch daran erinnern könne, dass die Feuerwehr die Seitentür aufflexen wollte, da sie verschlossen gewesen war. Der Zeuge Zeuge 2 musste zwar einräumen, nicht selbst gesehen zu haben, wie der Zeuge 1 die Seitentür abgeschlossen hat, konnte allerdings bestätigen, dass die Tür geschlossen war, als er – als Letzter – das Gelände verlassen hat.
Anhaltspunkte für ein Eindringen Dritter bestehen somit nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass auch die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen Brandstiftung mangels Tatverdachts eingestellt wurden, schließt das Gericht eine Brandverursachung durch menschliches Tun oder Unterlassen aus.
b) Möglich bleibt nach den Sachverständigenfeststellungen somit weiterhin sowohl eine thermische Brandursache, welche nach den Ausführungen des Sachverständigen unzweifelhaft im Zusammenhang mit dem Betrieb des Kraftfahrzeugs stünde, als auch eine elektrotechnische Brandursache, welche hingegen nicht ursächlich auf den Betrieb des Fahrzeugs des Beklagten zu 1) zurückzuführen ist. Insofern ist es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch möglich, dass die Brandursache ausschließlich auf den Einsatz des Betonmischers als Arbeitsmaschine zurückzuführen ist mit der Folge, dass ein Zusammenhang mit der Bestimmung des Fahrzeugs als ein der Fortbewegung und dem Transport dienenden Maschine nicht besteht, die tatbestandliche Voraussetzung des § 7 Abs. 1 StVG “ bei dem Betrieb“ mithin nicht gegeben ist.
Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen kann es in einem Fehlerfall wie beispielsweise beim Vorliegen von Vorschädigungen an Isolierungen, durch Überlastung, durch Wärmestau bei Staubablagerungen, durch Masseschlüsse, durch Störlichtbögen oder fehlerhafte elektrische Anschlüsse und Verbindungen in den elektrischen Betriebsmitteln zu Temperaturen kommen, die in der Folge die Ursache für das Schadensfeuer setzen können. Hierbei ist zwischen ständig stromführenden nicht durch Sicherungseinrichtungen abgesicherten, nur bei eingeschalteter Zündung stromführenden nicht durch Sicherungseinrichtungen abgesicherten, ständig stromführenden jedoch über Sicherungseinrichtungen verfügenden und bei eingeschalter Zündung stromführenden und über Sicherungseinrichtungen verfügenden Bereichen zu unterscheiden, wobei es in allen Bereichen im Fehlerfall zu Zündtemperaturen kommen kann, die eine effektive Zündquelle für im Fahrzeug vorhandene brennbare Stoffe darstellen. Diese sind ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen im Rahmen seiner Anhörung unabhängig von einer etwaigen Wärmeentwicklung beim Betrieb des Fahrzeugs. Vielmehr können diese elektrotechnischen Brandursachen auch im Stillstand des Fahrzeugs auftreten. Lediglich für die abgesicherten Bereiche, die im Falle des Stillstandes spannungsfrei sind, konnte der Sachverständige eine Brandentstehung ausschließen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen kann es allerdings auch bei reinen Arbeitsmaschinen zur Entstehung eines Brandes in ständig stromführenden Bereichen, wie etwa der Zuleitung vom Spannungsnetz an den Motor kommen. Diese Bereiche sind, auch wenn die reine Arbeitsmaschine ausgeschaltet, aber noch an das Stromnetz angeschlossen ist, stromführend und können im Falle etwaiger Vorbeschädigungen zur Entstehung eines Brandes führen.
Es ist somit nicht auszuschließen, dass die Brandursache unabhängig von der Funktion und dem Einsatz des Fahrzeugs des Beklagten zu 1) als Transport- und Fortbewegungsmittel allein auf die für die Funktion als Arbeitsmaschine vorhandene Elektroinstallation zurückzuführen ist und der Brand somit in gleicher Weise bei einer reinen Arbeitsmaschine hätte entstehen können, ein Kausalzusammenhang zu einem Betriebsvorgang mithin nicht besteht.
Bezüglich der vom Sachverständigen als Vorschädigung insbesondere hervorgehobenen Beschädigung von Isolierungen, etwa durch mechanische Einflüsse beim Betrieb des Fahrzeugs, ist weiter zu berücksichtigen, dass der Sachverständige ebenso einen unsachgemäßen Umgang mit der Arbeitsmaschine selbst oder den Eintritt von Feuchtigkeit als elektrotechnische Brandursache in Erwägung gezogen hat. Im Übrigen ist, wenn die Ursache des Brandes in einer Vorschädigungen von Isolierungen durch Erschütterungen, etwa beim Betrieb des Fahrzeugs, zu sehen wäre zu berücksichtigen, dass es sich hierbei um einen langfristigen Verschleißprozess handelt, so dass eine entsprechende Beschädigung nicht unzweifelhaft mit einem bestimmten Betriebsvorgang, insbesondere der letzten Fahrt des Betonmischers des Beklagten zu 1), in Verbindung gebracht werden kann (vgl. OLG Düsseldorf, MDR 2011,157).
Ein Anspruch gegen den Beklagten zu 1) gemäß § 7 StVG besteht somit nicht.
2. Anhaltspunkte für eine verschuldensabhängige Haftung des Beklagten zu 1) gemäß § 823 BGB sind nicht ersichtlich.
3. Mangels Ansprüche gegen den Beklagten zu 1) stehen dem Kläger auch keine Ansprüche gemäß § 150 WG gegenüber der Beklagten zu 2) zu.
4. Nebenansprüche bestehen mangels Vorliegens eines Hauptanspruchs nicht.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
B E S C H L U S S :
Der Streitwert wird in der Gebührenstufe bis 19.000,00 € festgesetzt.