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Bruchteilsgemeinschaft als parteifähiger Zusammenschluss

Streit um Bruchteilsgemeinschaft: Klage abgewiesen

In einem komplexen Rechtsstreit hat das Kammergericht Berlin (KG Berlin) die Berufung eines Klägers gegen ein Urteil des Landgerichts Berlin abgewiesen. Der Fall betraf die Frage, ob eine Bruchteilsgemeinschaft als parteifähiger Zusammenschluss anzusehen ist und somit klageberechtigt ist. Der Kläger berief sich auf eine notarielle Urkunde, welche seiner Meinung nach die Konstituierung einer solchen Gemeinschaft belege.

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Kammergericht Berlin widerspricht Kläger

Das Kammergericht stellte in seinem Beschluss vom 22.12.2021 (Az: 20 U 60/21) klar, dass eine Bruchteilsgemeinschaft gemäß § 741 BGB nicht als parteifähiger Zusammenschluss gilt. Die Auffassung des Klägers widerspricht der bestehenden Rechtsprechung und Literatur. Ausnahmen sind lediglich für besonders geregelte Arten der Bruchteilseigentümerschaft vorgesehen, wie beispielsweise bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft.

BGH-Entscheidung als Grundlage

Die Entscheidung des Kammergerichts beruht unter anderem auf einer grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 02. Juni 2005 (Az: V ZB 32/05). In dieser Entscheidung wurde dargelegt, warum eine Wohnungseigentümergemeinschaft mehr ist als eine reine Bruchteilsgemeinschaft und deshalb im Gegensatz zu dieser teilrechtsfähig ist. Die von dem Klägervertreter eingereichten notariellen Unterlagen führten nicht zur Konstituierung einer rechtsfähigen Gemeinschaft.

Fazit: Klage unzulässig

Aufgrund der dargelegten Rechtsprechung kam das Kammergericht Berlin zu dem Schluss, dass das Landgericht zutreffend die Klage als unzulässig abgewiesen hat. Die Berufung des Klägers hatte offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, und es wurde keine mündliche Verhandlung über die Berufung für notwendig erachtet.


Das vorliegende Urteil


KG Berlin – Az.: 20 U 60/21 – Beschluss vom 22.12.2021

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 29.04.2021, Az. 13 O 213/18, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einem Monat nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

Die hier eingelegte Berufung sowie die Berufungsbegründung belegen, dass das Landgericht zutreffend die Klage als unzulässig abgewiesen hat. Der Klägervertreter hat in Kenntnis des erstinstanzlichen Urteils und in Kenntnis der zutreffenden Ausführungen des 14. Zivilsenates des Kammergerichts zur Rechtslage bei einer Bruchteilsgemeinschaft in seinem Urteil vom 10.3.2020 zum Aktenzeichen 14 U 70/19 im Rubrum der hiesigen Berufung (Blatt 4 Bd. 2) bewusst für die Beklagtenseite „Die B… aX G… d… G… C… vertreten durch die Hausverwaltung …“ angegeben. In seiner Berufungsbegründung begehrt er eine Verurteilung der Beklagten und führt aus, dass er aufgrund der notariellen Urkunde vom 9.10.2013 davon ausgehe, dass sich die Gemeinschaft konstituiert habe. Ferner führt er auf Seite 4 der Berufungsbegründung (Blatt 13 Bd. 2) aus, dass der 14. Zivilsenat nach seiner Auffassung zwanglos unterstellt habe, dass aufgrund der vorgelegten Gründungsdokumente ein parteifähiger Zusammenschluss der Bruchteilseigentümer entstanden sei.

Damit steht fest, dass hier die Berufung mit der Begründung betrieben wird, dass die Beklagte die Bruchteilsgemeinschaft „als parteifähiger Zusammenschluss“ sei.

1.

Diese Auffassung widerspricht allerdings eindeutig der bestehenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung. Insofern wurden bereits in den beiden genannten Entscheidungen entsprechende Fundstellen zitiert. Ausnahmen gibt es nur bei besonders geregelten Arten der Bruchteilseigentümerschaft, insbesondere der Konstellation der Wohnungseigentümergemeinschaft. Insofern wird seitens des Senates noch ergänzend auf die grundlegende Entscheidung des BGH, Beschluss vom 02. Juni 2005 – V ZB 32/05 –, BGHZ 163, 154-180 verwiesen. In dieser Entscheidung wurde äußerst umfassend herausgearbeitet, warum eine WEG mehr ist als eine reine Bruchteilsgemeinschaft und deshalb im Gegensatz zu dieser teilrechtsfähig ist.

Anders als der Klägervertreter meint, führen die hier eingereichten notariellen Unterlagen nicht zu einer Konstituierung einer rechtsfähigen Gemeinschaft und hat auch der 14. Zivilsenat in seiner Entscheidung nichts dergleichen ausgeführt. Die Bruchteilsgemeinschaft nach § 741 BGB betrifft per se – wie es auch im Urteil zum Aktenzeichen 14 U 70/19 auf Seite 8 unten ausgeführt wird – die ideell geteilte Innehabung eines einzelnen Rechts durch mehrere Rechtsträger (vgl. Staudinger/von Proff (2021) Vorbemerkungen zu §§ 741–758, Rn. 10). Bei der Bruchteilseigentümergemeinschaft ist das geteilte Recht das Eigentum etwa an einem Grundstück (vgl. auch §§ 1008ff. BGB). Folgerichtig hat der 14. Zivilsenat in der zitierten Entscheidung als Beklagte nicht eine Bruchteilsgemeinschaft angesehen, sondern alle Bruchteilseigentümer. Dies ergibt sich zum einen bereits eindeutig aus den Formulierungen auf Seite 8 der Gründe (“… dahin verstanden werden, dass als Beklagte die einzelnen Bruchteilseigentümer in Anspruch genommen werden“). Zum anderen ergibt sich dies daraus, dass augenscheinlich der Seitenzahlen, die nicht eingereichten Seiten 2-5 im Rubrum die Auflistung der einzelnen Bruchteilseigentümer enthielten und auch folgerichtig im Tenor und den Gründen stets von den Beklagten in der Mehrzahl gesprochen wurde.

Dadurch, dass der Klägervertreter in Kenntnis dieser eindeutigen Ausführungen des Kammergerichts und der entsprechenden eindeutigen Hinweise des Landgerichts darauf beharrte, dass die Beklagte die Bruchteilsgemeinschaft sei, war es dem erstinstanzlichen Gericht, wie es zutreffend ausführte, verwehrt, weiterreichende Auslegungen vorzunehmen. Denn insofern war eine andere Auslegung dahingehend, dass die einzelnen Bruchteilseigentümer Beklagte sein sollen – anders als in dem Verfahren, das der 14. Zivilsenat zu entscheiden hatte – nicht mehr möglich.

2.

Soweit der Klägervertreter argumentiert, dass sich aus den eingereichten Unterlagen ergeben würde, dass gegebenenfalls von einer rechtsfähigen Person durch eine konstituierende Urkunde auszugehen sei, kann ihm auch darin nicht gefolgt werden. Zwar wäre es dem entscheidenden Gericht durchaus möglich bei entsprechend eindeutigem Vortrag und entsprechend eindeutigen Unterlagen auch abweichend von der Rechtsformbezeichnung im Rubrum eine andere Rechtsform, etwa eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, anzunehmen (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 20. Juni 2013 – VII ZR 71/11 –, Rn. 14, juris). Dies scheidet hier aber bereits deshalb aus, da die Auslegung der eingereichten notariellen Urkunden K4 und K10 nach dem objektiven Empfängerhorizont ergibt, dass es den Beteiligten gerade darauf ankam, keine Gesellschaft zu begründen. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist eine rechtsfähige Zweckförderungsgemeinschaft, die in der Regel ein Gesellschaftsvermögen innehat. Die Bruchteilsgemeinschaft betrifft die geteilte Innehabung eines einzelnen Rechts durch mehrere Rechtsträger. Beide Strukturen können sich zwar überlagern, aber niemals vermengen (vgl. MüKoBGB/Karsten Schmidt, 8. Aufl. 2020, BGB § 741 Rn. 4). Weder ist die Bruchteilsgemeinschaft ein mitgliedschaftsrechtliches Rechtsverhältnis noch die Gesamthand eine modifizierte Bruchteilsgemeinschaft (vgl. Staudinger/von Proff (2021) Vorbemerkungen zu §§ 741–758, Rn. 10). Die mit der Anlage K10 eingereichte Gemeinschaftsordnung wurde von einem Notar als Bezugsurkunde beurkundet, sodass davon auszugehen ist, dass der Notar nach § 17 Abs. 1 BeurkG den entsprechenden tatsächlichen Willen der teilenden Eigentümerin der G… C… S.a.r.l. erkundet und dann beurkundet hat. Danach zeigt sich, dass als Vorbemerkung aufgenommen wurde, dass das Eigentum an dem streitgegenständlichen Gartengrundstück in Bruchteilen veräußert wird und die Berechnung der Bruchteile nach den Anteilen der Wohnflächen der anliegenden Wohnungseinheiten erfolgen soll (Seite 4 Anlage K10). Entsprechend soll die Eintragung im Grundbuch erfolgen. Die dann aufgeführte Gemeinschaftsordnung soll die Rechte und Pflichten dieser Bruchteilseigentümer regeln. Dies entspricht den für die Bruchteilsgemeinschaft gesetzlich eingeräumten Möglichkeiten nach § 745f. BGB bzw. für die Bruchteilseigentümergemeinschaft auch nach § 1010 BGB. An keiner Stelle finden sich in den Dokumenten Formulierungen, die den Schluss zuließen, dass tatsächlich die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gewollt gewesen sei. Dies erscheint aus Sicht der Bruchteilseigentümer auch plausibel, da diese als Gesellschafter einer entsprechenden GbR in der Regel nach § 128 HGB analog voll für die Verbindlichkeiten haften würden, während sie als einzelner Bruchteilseigentümer gemäß § 748 BGB nur verpflichtet sind, die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstandes bzw. die Kosten der Erhaltung, Verwaltung und gemeinschaftlichen Benutzung nach dem Verhältnis ihres Anteils zu tragen.

Schließlich ist gerade bei Grundeigentum zu berücksichtigen, dass ein weiteres führendes Indiz die Art der Eintragung in das Grundbuch nach § 47 GBO ist. Danach sind bei einem Recht, dass mehreren Personen gemeinschaftlich eingetragen werden soll, entweder die Anteile der Berechtigten in Bruchteilen oder das für die Gemeinschaft maßgebende Rechtsverhältnis anzugeben. Dabei wird in Abs. 2 festgelegt, dass wenn das Recht für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingetragen werden soll, diese samt Angabe ihrer Gesellschafter eingetragen wird. Von der Klägerseite wird nicht behauptet, dass hier das Eigentum an dem streitgegenständlichen Grundstück auf eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingetragen worden sei. Nach den eingereichten Unterlagen erscheint dies auch fernliegend.

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