AG Eilenburg, Az.: 11 C 299/19, Urteil vom 02.10.2019
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 400 € abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.200 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin buchte für sich und ihren Ehemann bei der t-GmbH eine 2-wöchige Reise nach Vietnam. Planmäßiger Abflug des von der Beklagten durchgeführten Fluges … 161 von Leipzig nach Frankfurt war am 18.02.2019 um 10:35 Uhr. In Frankfurt sollte es nach kurzem Aufenthalt und Umsteigen mit einer anderen Maschine nach Hanoi weitergehen.
Mit Schreiben vom 29.01.2019 bestätigte der Reiseveranstalter der Klägerin die gebuchten Reiseleistungen und stellte ihr zudem zwei sog. E-Ticket-Belege aus. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diese Dokumente, vorgelegt mit der Klageschrift als Anlagen K1 – K3, verwiesen und nachfolgend Bezug genommen.
Eine Beförderung der Klägerin und ihres Ehemanns von Leipzig nach Frankfurt mit dem Flug …161 erfolgte nicht.
Die Klägerin wandte sich an ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten, welche die Beklagte aufforderten, als Ausgleich 2 x 600 € zu zahlen. Dies lehnte die Beklagte ab. Die Forderung verfolgt die Klägerin mit der vorliegenden Klage weiter.
Die Klägerin trägt vor, sie und ihr Ehemann hätten sich am Abflugtag gegen 08:00 Uhr am Flughafen Leipzig am Check-In-Schalter der Beklagten eingefunden. Dort sei ihnen der Einstieg in die Maschine verweigert worden mit der Begründung, sie seien nicht gebucht und die Maschine sei voll. Mit den beiden E-Ticket-Belegen sei bestätigt, dass sie und ihr Ehemann gebuchte Passagiere des Fluges …161 gewesen seien.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.200 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14.03.2019 zu zahlen und die Klägerin von Forderungen ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten in Höhe von 201,70 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, es seien noch so viele Plätze in der Maschine frei gewesen, dass man Passagiere von der Warteliste mitgenommen habe; anschließend sei immer noch ein Platz frei geblieben.
Das Gericht hat mit Zustimmung der Parteien und Beschluss vom 25.07.2019 angeordnet, dass von einer mündlichen Verhandlung abgesehen und die Entscheidung im schriftlichen Verfahren getroffen wird.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Klägerin steht weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach Art. 4 Abs. 3, Art. 7 Abs. 1 EGV 261/04 (EU-Fluggastrechteverordnung) gegenüber der Beklagten zu.
Die Verordnung findet vorliegend keine Anwendung.
Es fehlt an der dafür erforderlichen Bedingung nach Art. 3 Abs. 2 a) EGV 261/04.
Es kann nicht mit der erforderlichen Gewissheit angenommen werden, dass die Klägerin und ihr Ehemann am Morgen des 18.02.2019 über eine bestätigte Buchung für den Flug …161 verfügten.
Die Beklagte hat die Buchung jedenfalls nicht bestätigt. Die beiden von der Klägerin zum Beweis vorgelegten sog. E-Ticket-Belege stammen ersichtlich nicht von der Beklagten, sondern wurden vom Reiseveranstalter, der t -GmbH, ausgestellt. Gegenteiliges behauptet die Klägerin nicht.
Die mit diesen beiden Belegen erklärte Buchungsbestätigung wäre der Beklagten folglich nur dann zuzurechnen, wenn der Reiseveranstalter bei Ausstellung als Stellvertreter oder Erfüllungsgehilfe der Beklagten gehandelt hat. Jedoch gibt auch dafür das Vorbringen der Klägerin nichts her.
Keinesfalls rechtfertigen diese sog. E-Ticket-Belege den Schluss, dass tatsächlich ein Flugschein (Ticket), sei es nun elektronisch oder in Papierform, für die Klägerin und ihren Ehemann von der Beklagten für den Flug …161 ausgestellt wurde. Das folgt aus § 416 ZPO, wonach sich die Beweiskraft einer Privaturkunde darin erschöpft, dass die in der Urkunde enthaltene Erklärung vom Aussteller, hier dem Reiseveranstalter, abgegeben wurde. Sie beweist indes nicht, dass das Erklärte auch tatsächlich geschehen ist, also dass die über den Reiseveranstalter erbetene Reservierung der Beklagten tatsächlich zugegangen ist und dass sie von ihr akzeptiert wurde.
Auch aus dem vorgelegten Bestätigungsschreiben vom 29.01.2019 (K1) folgt das nicht.
Die bloße Buchungsbestätigung eines Reiseveranstalters genügt im Sinne von Art. 3 Abs. 2 a) EGV 261/04 hingegen nicht. Soweit dies in der Rechtsprechung teilweise vertreten wird (etwa: AG Hamburg, 12.07.2018, 22a C 296/17), schließt sich das erkennende Gericht dem nicht an. Begründet wird die zitierte Rechtsauffassung mit der in Art. 2 g) EGV 261/04 enthaltenen Legaldefinition, wonach für eine Buchung wahlweise ein Flugschein oder sonstiger Beleg sowohl des ausführenden Luftfahrtunternehmens als auch des Reiseunternehmens genüge. Das ist für sich genommen zutreffend. Verkannt wird jedoch, dass Art. 2 g) EGV 261/04 nur allgemein von einer „Buchung“ spricht. Hingegen fordert Art. 3 Abs. 2 a) EGV/04 nach seinem eindeutigen Wortlaut mehr, nämlich nicht nur eine Buchung, sondern eine bestätigte Buchung. Und eben diese kann im Ergebnis nur vom ausführenden Luftfahrtunternehmen erteilt werden und nicht von irgendeinem Dritten. Anderes folgt auch nicht aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung (hier: BGH, 17.03.2015, X ZR 34/14; NJW 2015, 2181), auf welche das Amtsgericht Hamburg in seiner zitierten Entscheidung verweist. Dort heißt es nur, dass auch ein vom Reiseveranstalter ausgestellter Beleg eine bestätigte Buchung i. S. v. Art. 3 Abs. 2 a) EGV 261/2004 sein kann (BGH, a.a.O., Rn. 21 ff).
Da die Klägerin ansonsten für das Vorliegen einer bestätigten Buchung keinen Beweis angetreten hat, ist sie beweisfällig geblieben. Das geht zu ihren Lasten.
Für eine Umkehr der Beweislast besteht kein Bedürfnis. Denn nur weil die Klägerin zu Unrecht auf das Vorliegen einer bestätigten Buchung vertraut hat, haben sich die Beweisschwierigkeiten nicht zu ihrem Nachteil verändert.
Fazit: Eine Buchungsbestätigung (vom Reiseveranstalter) ist noch keineswegs eine bestätigte Buchung im Sinne von Art. 3 Abs. 2 a) EGV 261/04.
Etwaige Schadensersatzansprüche der Klägerin nach §§ 280, 281 BGB oder Art. 19 des Montrealer Übereinkommens sind ebenfalls nicht gegeben. Denn auch dafür sind die Voraussetzungen nicht dargetan bzw. bewiesen. Zum einen hat die Klägerin aus den vorgenannten Gründen nicht den Nachweis erbracht, dass zwischen ihr und der Beklagten ein Schuldverhältnis in Gestalt eines Luftbeförderungsvertrages wirksam zustande gekommen ist. Zum anderen hat die Klägerin nicht vorgetragen, ob und gegebenenfalls welcher konkrete Schaden ihr und ihrem Ehemann durch die Nichtbeförderung entstanden ist.
Kosten: § 91 Abs. 1 ZPO
Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708Nr. 11, 711 ZPO
Streitwert: §§ 3- 9 ZPO; §§ 39, 45,48 und 63 GKG