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Hotelstornierung – Wirksamkeit einer Stornopauschale von 100 % des Zimmerpreises

LG Rostock, Az.: 3 O 232/13 (1)

Urteil vom 17.01.2014

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Beherbergungsverträgen gegenüber Verbrauchern wörtlich oder inhaltsgleich nachstehende Klauseln zu verwenden und /oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge auf diese Klauseln zu berufen:

a) „Eine Erhöhung durch das Kurhotel ist nur zulässig, wenn zwischen Vertragsschluss und Beginn des Aufenthaltes ein Zeitraum von mehr als 3 Monaten liegt.“;

b) „Im Falle einer Stornierung der Reservierung gelten folgende Kostensätze auf den Logis-Preis:

Am Anreisetag: 100 %;

c) „In folgenden Fällen kann das Kurhotel vor Antritt des Ferienaufenthaltes vom Vertrag zurücktreten oder nach Antritt des Aufenthaltes den Vertrag kündigen:

Bei Nichteinhalten der Zahlungsbedingungen: Wenn der Kunde entgegen Ziffer 12.2.1 dieser Mietbedingungen seinen Zahlungsverpflichtungen nicht innerhalb von 4 Wochen nachkommt, erlischt jeglicher Anspruch auf Reservierung.“;

d) „Unabhängig von den Paragraphen 701 ff. BGB haftet das Kurhotel nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der gesetzlichen Vertreter des Kurhotels oder dessen leitenden Angestellten. Eine etwaige Haftung des Kurhotels ist abgesehen von Paragraphen 701 ff. BGB – betragsgemäß auf die Höhe des vereinbarten Mietpreises beschränkt.“;

e) „Die Verjährungsfrist beträgt für alle Ansprüche des Kunden sechs Monate mit dem Tag der Beendigung des Vertrages. Diese Haftungsbeschränkungen gelten zugunsten des Kurhotels auch bei Verletzung von Verpflichtungen bei der Vertragsanbahnung; positiver Vertragsverletzung und unerlaubter Handlungen.“;

f) „Gerichtsstand ist Stralsund.“;

g) „Anstelle der ungültigen Bestimmungen gilt eine ihr möglichst nahekommende gültige Bestimmung.“;

h) „Abweichende Vereinbarungen und Nebenabreden müssen schriftlich festgelegt werden.“

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 219,35 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 13.03.2013 zu zahlen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung des Klägers in Höhe von 5.000,00 Euro vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Hotelstornierung – Wirksamkeit einer Stornopauschale von 100 % des Zimmerpreises
Symbolfoto: REDPIXEL.PL/bigstock

Der Kläger ist der … e. V. und als Verband zur Förderung gewerblicher Interessen nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG und § 3 Abs. 1 Ziff. 2 UKlaG klagebefugt.

Die Beklagte betreibt im Ostseebad … eine Hotelapartmentanlage, die sie unter anderem im Internet bewirbt. Sie verwendete für Buchungen Allgemeine Geschäftsbedingungen, die am 07. Januar unter anderem die im Urteilstenor zu 1. ausgewiesenen Bestimmungen enthielten. Für den vollständigen Wortlaut der streitgegenständlichen AGB der Beklagten zum Zeitpunkt 07. Januar 2013 wird auf Anlage K 1 (Bl. 10 Rs bis Bl. 12 Rs der Akten ) verwiesen.

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die antragsgegenständlichen AGB der Beklagten gegen die Bestimmungen des BGB betreffend Allgemeine Geschäftsbedingungen verstoßen und mahnte die Beklagte deshalb mit Schreiben vom 10. Januar 2013 ab, verbunden mit der Aufforderung, eine dem Abmahnschreiben beigefügte strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.

Die Beklagte teilte mit Anwaltsschriftsatz vom 23.Januar 2013 mit, dass die beanstandeten Regelungen in Ziffern 12.4.1, 12.5., 13.1., 17. und 18. geändert worden seien und nicht mehr verwendet würden, was unstreitig ist. Die Bestimmungen unter 12.8.2. und 13.1. der AGB seien rechtmäßig. Deshalb sei die der Abmahnung beigefügte Unterlassungserklärung „so nicht zu unterzeichnen“ (Anlage K 3, Bl. 18 d.A. ). Auch nach weiterer Korrespondenz lehnte die Beklagte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab.

Der Kläger beantragt, wie erkannt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Für die weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsätze verweisen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Kläger kann die Beklagte nach §§ 1,3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG auf Unterlassung der Verwendung der antragsgegenständlichen AGB in Anspruch nehmen.

Sowohl die mittlerweile nicht mehr verwendeten AGB als auch die von der Beklagten weiterhin verwendeten AGB verstoßen gegen die Bestimmungen des BGB betreffend die Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Ziffer 12.4.1 regelte die Möglichkeit einer nachträglichen Preiserhöhung. Die nach § 309 Nr. 1 BGB vorgesehene Frist von vier Monaten zwischen Vertragsschluss und Leistungserbringung wurde unzulässig auf drei Monate verkürzt.

In Ziffer 12.5. wurde für den Fall der Stornierung am Anreisetag eine Pauschale von 100 % festgelegt. Eine solche Stornopauschale ist überhöht, weil sie ersparte Aufwendungen nicht berücksichtigt. Die Beklagte hat nicht bestritten, dass – so die Argumentation des Klägers – die ersparten Aufwendungen im Hotelbereich bei einer Übernachtung mit/ohne Frühstück regelmäßig 10 % des Logis-Preises betrügen. Diese Regelung verstößt deshalb gegen § 309 Nr. 5a BGB.

In Ziffer 13.1. war eine Haftungsbeschränkung enthalten, die aufgrund iher pauschalen Formulierung auch Körperschäden erfasste. Sie verstößt gegen § 309 Nr. 7 a BGB.

In Ziffer 17. war als Gerichtsstand Stralsund angegeben. Diese Bestimmung verstößt gegen § 307 BGB in Verbindung mit § 38 ZPO, weil sie auch für private Letztverbraucher geltend sollte.

Die unter Ziffer 18. enthaltene salvatorische Klausel war intransparent, weil aus ihr für einen Verbraucher nicht ersichtlich wurde, welche Regelung an die Stelle einer unwirksamer Klausel treten sollte. Die AGB-Bestimmung verstößt gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Das in Ziffer 18. Satz 3 der AGB geregelte Schriftformerfordernis für Nebenabreden verletzt den Vorrang der individuellen Vertragsabreden nach § 305b BGB und benachteiligt einen Verbraucher in unangemessener Weise, weshalb diese Bestimmung nach § 307 BGB unwirksam ist.

Auch die von der Beklagten weiter verwendeten Klauseln sind unwirksam.

Die in Ziffer 13.2. geregelte Verjährungsfrist von sechs Monaten für alle Ansprüche des Kunden verstößt gegen § 309 Nr. 7 BGB. Nach § 309 Nr. 7 a und b BGB kann in AGB die Verschuldenshaftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit nicht, für sonstige Schäden nur für den Fall einfacher Fahrlässigkeit ausgeschlossen oder begrenzt werden. Eine Begrenzung der Haftung in diesem Sinne ist auch die zeitliche Begrenzung der Durchsetzbarkeit entsprechender Schadensersatzansprüche durch Abkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist (BGB, Urteil vom 26.02.2009, Xa ZR 141/07, Rn. 17, Fundstelle Juris).

Die Bestimmung in Ziffer 12.8.2. ist nicht klar und verständlich und verstößt deshalb gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Bestimmung verweist auf die Regelung in Ziffer 12.2.1.. Nach dieser Bestimmung wird mit Abschluss des Vertrages eine Anzahlung in Höhe von 20 % des Logis-Preises, mindestens jedoch 100,00 Euro pro Buchung fällig, womit die Reservierung fest für den Kunden gebunden werde. Diese Regelung geht scheinbar davon aus, dass mit Leistung der Anzahlung der Vertrag geschlossen ist („mit Abschluss des Vertrages“). In Ziffer 12.8.2. heißt es, dass der Anspruch aus der Reservierung erlösche, wenn der Kunde der Zahlungsverpflichtung nach Ziffer 12.2.1. nicht entspreche.

Ein Verwender kann aufgrund der Abschlussfreiheit den Vertragsschluss von einer Anzahlung abhängig machen; eine Inhaltskontrolle findet insoweit nicht statt. Wenn die Anzahlung aufgrund des Vertrages zu leisten ist, ist die Klausel dagegen nur im Rahmen des § 307 BGB wirksam (Grüneberg in Palandt, BGB 72. Auflage 2013, § 307 BGB Rn. 59). Die streitige Klausel unterliegt demnach der AGB-Kontrolle, denn der Vertragsschluss ist nicht von einer Anzahlung abhängig gemacht worden, sondern nach der Formulierung in Ziffer 12.2.1. geht der Abschluss des Vertrages voraus, denn erst mit Abschluss des Vertrages wird die Anzahlung fällig. Die Regelung in Ziffer 12.8.2 sieht vor, dass bei Nichtzahlung jeglicher Anspruch auf die Reservierung erlösche, der Vertrag also aufgelöst sei. Nach dem Einleitungssatz in Ziffer 12.8. kann die Beklagte in den dort genannten Fällen vor Antritt des Ferienaufenthaltes vom Vertrag zurücktreten oder nach Antritt des Aufenthaltes den Vertrag kündigen. Vorausgesetzt wird also die Abgabe einer Gestaltungserklärung, nämlich einer Rücktrittserklärung oder einer Kündigungserklärung. Dies steht im Widerspruch zu einer Formulierung in Ziffer 12.8.2., die eine auflösende Bedingung nahe legt. Nach Ziffer 12.8. ist die Alternative der Kündigung noch nach Antritt des Aufenthaltes möglich. Das ist insgesamt unklar und unangemessen geregelt, zumal nach dem gesetzlichen Leitbild des § 323 Abs. 1 BGB der Rücktritt im Falle des Leistungsverzuges eine vorherige erfolglose Mahnung erfordert.

Auf die Regelung des § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB kann sich die Beklagte nicht berufen. Diese Regelung setzt voraus, dass im Vertrag selbst dem Schuldner eine Leistungsfrist gesetzt ist und der Gläubiger im Vertrag selbst den Fortbestand seines Leistungsinteresses an die Rechtzeitigkeit der Leistung gebunden hat. Die Einhaltung der Leistungszeit muss nach dem Parteiwillen derart wesentlich sein, dass mit der zeitgerechten Leistung das Geschäft stehen und fallen soll. Auf einen solchen Willen können Klauseln wie „fix“, „genau“, „präzis“, „prompt“, „spätestens“ in Verbindung mit einer bestimmten Leistungszeit hindeuten (Grüneberg, aaO, § 323 BGB Rn. 20). Dass derartige Bestimmungen im Vertrag mit den Kunden der Beklagten Verwendung finden würden, hat diese nicht dargetan. Es benachteiligt den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, wenn eine den Fortbestand des Vertrages derart gravierende Bestimmung wie die streitige in Allgemeinen Geschäftsbedingungen untergebracht wird.

Da aus den aufgezeigten Gründen die bisher verwendeten und auch die weiterhin von der Beklagten verwendeten Klauseln unwirksam sind, hat die Beklagte die weitere Verwendung zu unterlassen. Die vergangenheitliche Verwendung der unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen begründet eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr. Die Widerlegung dieser Vermutung obliegt dem Unterlassungsschuldner und gelingt im Allgemeinen nur dadurch, dass dieser eine bedingungslose und unwiderrufliche Unterlassungsverpflichtungserklärung unter Übernahme einer angemessenen Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung abgibt. Da es Aufgabe des Unterlassungsschuldners ist, die vermutete Wiederholungsgefahr durch die Abgabe einer Unterwerfungserklärung in Wegfall zu bringen, kann er sich nicht darauf berufen, dass eine vorbereitete Unterlassungserklärung nicht seinen Vorstellungen entspreche. Es war an der Beklagten, soweit sie die Abmahnung des Klägers für berechtigt hielt, eine entsprechende Unterwerfung zu erklären.

Die Wiederholungsgefahr ist auch nicht in Ansehung der nicht mehr verwendeten AGB-Bestimmungen in Wegfall geraten. Die Beendigung der Verwendung von unwirksamen AGB-Bestimmungen und die Erklärung, sie in Zukunft nicht wieder verwenden zu wollen, genügt allein nicht, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Die Beklagte könnte jederzeit die alten AGB-Bestimmungen wieder in Verwendung nehmen. Nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung gäbe sie zu erkennen, dass es ihr ernst damit ist, das beanstandete Verhalten zukünftig zu unterlassen.

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Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten nach §§ 5 UKlaG, 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Der geltend gemachte Betrag von 219,35 Euro erscheint angemessen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

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