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Dachlawinen – Fahrzeugbeschädigung und Teilkaskoversicherung

AG Halle (Saale)

Az: 93 C 3643/10

Urteil vom 23.06.2011


1.) Die Klage wird abgewiesen.

2.) Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung, auch zu einem Teilbetrag, durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

und beschlossen:

Der Streitwert wird für die Zeit bis 6. April 2011 auf 2.940,04 € und für die Zeit ab 7. April 2011 auf 1.971,94 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht einen Anspruch aus einer Kfz-Teilkaskoversicherung geltend.

Der Kläger ist (Mit)Eigentümer des PKW Kia, amtliches Kennzeichen SK-T 722. Für dieses Fahrzeug unterhält der Kläger bei der Beklagten eine Kfz-Teilkaskoversicherung. Nach den in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) 550/15 der Beklagten waren gemäß § 12 Abs. 1 I. Lawinenschäden in der Teilkaskoversicherung nicht versichert. Wegen der Einzelheiten wird auf die AKB der Beklagten Bl. 28 – 35 d. A. verwiesen. In den späteren Fassungen der AKB der Beklagten ab den AKB 550/17 sind in der Teilkaskoversicherung auch Schäden durch Schneelawinen versichert.

Am 18. Januar 2010 wurde das Fahrzeug des Klägers, amtliches Kennzeichen SK-T 722, auf dem Innenhof des Betriebsgeländes der ………in der ………. durch eine Dachlawine, welche vom Gebäude der …………abging, beschädigt.

Der Kläger behauptet, der Sachen an dem Fahrzeug betrage 2.840,08 € (netto ohne Mehrwertsteuer). Wegen der Einzelheiten wird auf das Parteigutachten des Sachverständigenbüros „………….“ Bl. 8 – 11 d. A. verwiesen. Der Kläger ist der Ansicht, dass die AKB der Beklagten ab 550/17 durch Vertragsanpassung in den Vertrag einbezogen worden seien. Er ist der Ansicht, dass unter den Begriff „Schneelawinen“ auch Dachlawinen fallen.

Die vorliegende Klage ist am 8. Oktober 2010 bei Gericht eingegangen und der Beklagten am 27. Dezember 2010 zugestellt worden. Der Kläger hat in der Klage angekündigt zu beantragen, dass die Beklagte verurteilt, an den Kläger 2.940,04 € nebst Zinsen und vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 169,99 € zu bezahlen.

Auf Grund eines Vergleichs vor dem Arbeitsgericht Halle vom 17. November 2010 (Az. 7 Ca 2988/10) erhielt die Ehefrau des Klägers, Frau………, von ihrem Arbeitgeber, der……….., einen Betrag von 1.500,00 € für die streitgegenständliche Beschädigung des PKW Kia, amtliches Kennzeichen ………

Der Kläger erklärt den Rechtsstreit in Höhe der gezahlten 1.500,00 € für erledigt und beantragt nunmehr,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.440,04 € nebst 5 % Punkten Zinsen seit dem 24. Februar 2010 zu zahlen.

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 169,99 € nebst 5 % Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte widerspricht der Erledigungserklärung und beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass zum einen Schäden durch Schneelawinen vorliegend nicht vom vereinbarten Versicherungsumfang erfasst sind und dass zum anderen Dachlawinen nicht unter den Begriff „Schneelawinen“ im Sinne der AKB ab 550/17 der Beklagten fallen. Auch bestreitet die Beklagte die Schadenshöhe.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Erledigungserklärung des Klägers ist, da die Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers widersprochen hat, auszulegen als Antrag auf Feststellung, dass der Rechtsstreit insoweit erledigt ist.

Die Klage ist unbegründet, und zwar sowohl hinsichtlich des Zahlungsantrages als auch hinsichtlich des Feststellungsantrages.

Es ist schon nicht erkennbar, dass AKB der Beklagten in einer Fassung, die auch die Mitversicherung von Schneelawinen vorsehen, überhaupt zwischen den Parteien vereinbart sind. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, wie derartige AKB der Beklagten in den Vertrag einbezogen worden sein sollen, nachdem unstreitig zunächst AKB vereinbart waren, nach denen Schneelawinen gerade nicht versichert waren. Eine „automatische Anpassung“ der AKB erfolgt nicht. So etwas war zwischen den Parteien nicht vereinbart. Es ist auch nicht erkennbar, wie eine derartige „automatische Anpassung“ sonst hätte vorgenommen werden sollen.

Ein vom Kläger behaupteter Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen „Nichtanwendung der aktuellsten Versicherungsbedingungen“ besteht nicht. Es ist nicht zu erkennen, woraus sich ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten ergeben soll, dass immer die jeweils aktuellsten AKB einbezogen werden sollen. Dem Kläger hätte es freigestanden, sich laufend, beispielsweise im Internet, über die aktuellen AKB der Beklagten zu unterrichten und dann um eine Vertragsanpassung zu bitten.

Im übrigen sind auch nach den aktuellen AKB der Beklagten ab 550/17 Schäden durch Dachlawinen in der Teilkaskoversicherung nicht versichert. Unter einer Lawine versteht man laut Wikipedia große Massen von Schnee oder Eis, die sich von Berghängen ablösen und zum Tal gleiten oder stürzen. (http://de.wikipedia.org/wiki/Lawine). Als Dachlawinen werden laut Wikipedia von Hausdächern herabstürzende Schneemassen bezeichnet. (http://de.wikipedia.org/wiki/Dachlawine). Da in den Versicherungsbedingungen nicht von Dachlawinen die Rede ist, obwohl diese im allgemeinen Sprachgebrauch keine normalen Lawinen sind, sind Schäden durch Dachlawinen vom Versicherungsumfang nicht gedeckt. Im allgemeinen Sprachgebrauch sind Dachlawinen keine Schneelawinen. Dies gilt umso mehr, als in den AKB der Beklagten – unabhängig von der Frage, ob sie in dieser Fassung überhaupt in den Vertrag einbezogen sind – die Schneelawinen gleichzeitig mit Sturm, Hagel, Blitzschlag und Überschwemmung, also elementaren Naturereignissen, genannt sind. Daher liegt auch keine Unklarheit im Sinne des § 305c Abs. 2 BGB vor, weil die Auslegung des Begriffs „Schneelawine“ insoweit eindeutig ist und keinen Raum für Zweifel lässt.

Der Antrag auf Feststellung der Erledigung ist allein deshalb schon abzuweisen, weil das nach Ansicht des Klägers erledigende Ereignis bereits am 17. November 2010 und damit vor Eintritt der Rechtshängigkeit am 27. Dezember 2010 eingetreten ist. Darauf kommt es aber nicht an, weil auch dann, wenn das erledigende Ereignis nach Eintritt der Rechtshängigkeit eingetreten wäre, nach dem gesagten trotzdem der Rechtsstreit insoweit nicht erledigt wäre. Denn aus dem zuvor Gesagten ergibt sich, dass die Klage bereits bei ihrer Erhebung in vollem Umfang unbegründet war.

Da die Klage in der Hauptsache unbegründet ist, kann der Kläger auch keine vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 169,99 € verlangen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert besteht hinsichtlich der Erledigungserklärung im Kosteninteresse des Klägers (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2005, Az. XII ZR 295/02, zitiert nach juris), also dem, was der Kläger mehr zahlen muss, weil er den vollen Betrag eingeklagt hat, im Vergleich zu dem, was er hätte zahlen müssen, wenn er von Anfang an nur den Restbetrag nach Abzug des für erledigt erklärten Teilbetrages eingeklagt hätte. Dies berechnet sich wie folgt:

I. Kosten bei Klage aus Streitwert 2.940,04 €:

Gerichtskosten:

3 Gebühren à 89 € (Nr. 1210 Anlage 1 GKG):

267,00 €

Anwaltskosten des Klägers: 586,17 €

1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG): 245,70 €

1,2-Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG): 226,80 €

Pauschale (Nr. 7002 VV RVG): 20,00 €

Zwischensumme: 492,50 €

19 % Mehrwertsteuer (Nr. 7008 VV RVG): 93,67 €

Endsumme: 586,17 €

Anwaltskosten der Beklagten: 492,17 €

1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG): 245,70 €

1,2-Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG): 226,80 €

Pauschale (Nr. 7002 VV RVG): 20,00 €

Endsumme: 492,50 €

Kosten insgesamt: 1.345,67 €

II. Kosten bei Klage aus Streitwert 1.440,04 €

Gerichtskosten: 3 Gebühren à 89 € (Nr. 1210 Anlage 1 GKG): 195,00 €

Anwaltskosten des Klägers: 336,27 €

1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG): 136,50 €

1,2-Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG): 126,00 €

Pauschale (Nr. 7002 VV RVG): 20,00 €

Zwischensumme: 282,50 €

19 % Mehrwertsteuer (Nr. 7008 VV RVG): 53,77 €

Endsumme: 336,27 €

Anwaltskosten der Beklagten: 282,50 €

1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG): 136,50 €

1,2-Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG): 126,00 €

Pauschale (Nr. 7002 VV RVG): 20,00 €

Endsumme: 282,50 €

Kosten insgesamt: 813,77 €

Differenz der Kosten bei Klage aus 2.940,04 € zu Kosten bei Klage aus 1.440,04 €, also 1.345,67 € – 813,77 € = 531,90 €. Dies ist das Feststellungsinteresse des Klägers, der Streitwert ab Erledigungserklärung beträgt somit 1.440,04 € + 531,90 € = 1.971,94 €.

 

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