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Darlehensvertrag mit Restschuldversicherung – Wirksamkeit

Landgericht Oldenburg

Az: 4 O 1049/07

Urteil vom 05.06.2008


In dem Rechtsstreit hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 24.04.2008 für R e c h t erkannt:

Es wird festgestellt, dass die Kläger verpflichtet sind, an die Beklagte den sich aus dem Kreditvertrag vom 09.06.2006 ergebenden Darlehensnettobetrag (= Darlehensnettobeträge aus den Verträgen vom 18.11.2003 und 19.12.2005 zzgl. der mit Vertrag vom 09.06.2006 zusätzlich aufgenommenen Nettodarlehenssumme) zu zahlen, abzüglich der von den Klägern auf die Kreditverträge vom 18.11.2003 und 19.12.2005 sowie vom 09.06.2006 gezahlten Beträge.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von abgeschlossenen Darlehensverträgen.

Die Kläger sind Eheleute, die mit der Beklagten diverse Darlehensverträge geschlossen haben. Jeweils zugleich wurde auch der Abschluss einer sog. „Restschuldversicherung“ bei der … vereinbart. Auf den entsprechenden Versicherungsverträgen findet sich jeweils zu Beginn der Hinweis, dass die … „Partner der …“ sei.

So schloss die Klägerin zu 1.) am 08.04.1997, am 06.11.1997, am 15.06.2000 und am 15.03.2001 entsprechende Verträge ab. Der letzte genannte Vertrag diente der Umschuldung der bis dahin entstandenen Verbindlichkeiten. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die in Kopie überreichten Verträge (Anlagen K 1 bis K 4 und KE 1 bis KE 4) Bezug genommen.

Am 18.11.2003 vereinbarten die Klägerin zu 1.) und die Beklagte die bestehende Restverbindlichkeit aus dem Vertrag vom 15.03.2001 durch einen neuen Vertrag abzulösen und ferner der Klägerin einen neuen Kredit einzuräumen. Neben der Nettokreditsumme von 12.096,75 EUR trat ein Versicherungsbeitrag von 574,90 EUR, der neben den sonstigen Kosten auch durch den Kredit finanziert wurde. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Anlagen K 5 und KE 5 Bezug genommen.

Am 19.12.2005 schlossen der Kläger zu 2.) und die Beklagte einen Kreditvertrag samt „Restschuldversicherung“ über eine Nettokreditsumme von 6.600,00 EUR und einen Versicherungsbeitrag von 654,00 EUR sowie weiterer Kosten. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Anlagen K 6 und KE 6 Bezug genommen.

Am 09.06.2006 vereinbarten die Kläger zu 1.) und zu 2.) einerseits und die Beklagte andererseits zur Umschuldung u.a. der noch bestehenden Verbindlichkeiten aus den Verträgen vom 18.11.2003 und 19.12.2005 ein neues Darlehen über den Nettobetrag von 38.632,50 EUR zzgl. eines Versicherungsbeitrages von 9.882,50 EUR sowie weiterer Kosten. Als Gesamtbetrag ergab sich ein Betrag von 73.203,73 EUR bei einer Laufzeit von 83 Monaten. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Anlagen K 7 und KE 7 Bezug genommen.

Die Kläger leisteten auf die jeweiligen Kreditverträge in der Vergangenheit diverse Zahlungen. Mit jeweils anwaltlichen Schreiben vom 15.10.2007 widerriefen die Kläger ihre auf den jeweiligen Abschluss der Kredit- und Versicherungsverträge gerichteten Willenserklärungen (Anlagen K 40 und K 41).

Die Kläger sind im wesentlichen der Ansicht, die in den jeweiligen Kreditverträgen angegebenen effektiven Jahreszinssätze seien unrichtig angegeben worden, weil die Kosten der Restschuldversicherungen mit hätten einfließen müssen. Hierzu behaupten sie, die Mitarbeiter der Beklagten, die auch jeweils – unstreitig – den Abschluss der Versicherungsverträge vermittelten, hätten eine solche Versicherung zur Bedingung für die Gewährung eines Kredites gemacht.

Hilfsweise berufen sie sich auf den von ihnen erklärten Widerruf sämtlicher Willenserklärungen, die zum Abschluss der Verträge führten. Da es sich um verbundene Geschäfte handele und eine ausreichende Widerrufsbelehrung fehle, sei der Widerruf auch nicht verfristet.

Die Kläger beantragen,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.550,31 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Kläger lediglich verpflichtet sind, an die Beklagte auf den Darlehensvertrag vom 09.06.2006 noch (Stichtag 19.04.2007) 74 Monatsraten a‘ 416,63 € zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Kläger lediglich verpflichtet sind, den noch offenen Darlehensnettobetrag zu zahlen,

4. hilfsweise festzustellen, dass die Kläger lediglich verpflichtet sind, zum Stichtag 31.08.2007 an die Beklagte auf den Darlehensvertrag vom 09.06.2006 noch 70 Monatsraten a‘ 683,40 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Ansicht, es handele sich bei den Kredit- und Restschuldversicherungsverträgen nicht um verbundene Geschäfte; im übrigen seien die Widerrufsbelehrungen ausreichend.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 27.09.2007 sowie durch Vernehmung des weiteren Zeugen … . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 24.04.2008 Bezug genommen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist im zuerkannten Umfang auch begründet.

Der klägerische Antrag zu 3.) war im Wege der Auslegung dahingehend zu konkretisieren, dass die Kläger festgestellt haben wollen, nur noch die nach Abzug der Zahlungen verbleibende Gesamtnettodarlehenshöhe ohne Zinsen zu schulden.

1. Die Kläger haben einen so verstandenen Feststellungsanspruch.
2.
Die Verträge vom 18.11.2003, 19.12.2005 und 09.06.2006 sind nach §§ 355, 357, 346 ff BGB rückabzuwickeln; dies hat zur Folge, dass die Kläger lediglich die Nettokreditbeträge zu erstatten haben.

Die Kläger haben durch ihre Erklärungen vom 15.10.2007 die Kreditverträge – sowie die dazugehörigen Versicherungsverträge – vom 18.11.2003, 19.12.2005 und 09.06.2006 wirksam widerrufen. Die Erklärungen erfolgten trotz des zwischenzeitlichen Zeitablaufs insbesondere rechtzeitig. Denn das Widerrufsrecht ist nicht nach § 355 Abs. 3 S. 1 BGB erloschen, sondern bestand nach § 355 Abs. 3 S. 3 BGB weiterhin. Die Verträge enthalten keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung im Sinne von § 355 Abs. 2 BGB.

Die Kläger hätten darüber informiert werden müssen, dass sie im Falle des Widerrufs des Kreditvertrages oder des Versicherungsvertrages nicht an den anderen Vertrag gebunden sein würden. Das hätte vorliegend erfolgen müssen, da es sich bei den Kreditverträgen und den jeweils zugleich abgeschlossenen Versicherungsverträgen, deren Prämien durch die Kreditverträge mitfinanziert wurden, um verbundene Verträge im Sinne von § 358 BGB handelt.

Ob solche Fallgestaltungen verbundene Geschäfte darstellen ist bislang nicht höchstrichterlich entschieden. Soweit ersichtlich hat das OLG Rostock (NJW-RR 2005, 755) dies in einem PKH-Beschwerdeverfahren bejaht und das OLG Hamm (Beschluss vom 19.12.2007, Az.: 31 W 38/07, bei juris) ebenfalls im Rahmen eines PKH-Verfahrens die Frage als zumindest zweifelhafte Rechtsfrage eingeordnet, die im PKH-Verfahren nicht von vornherein zum Nachteil einer Partei entschieden werden dürfe.

Ein verbundenes Geschäft liegt danach vor, wenn rechtlich selbständige Verträge in solch einem engen Zusammenhang stehen, dass diese sich jeweils als Teilstück einer rechtlichen oder wenigstens wirtschaftlich-tatsächlichen Einheit darstellen und sich ergänzen. Das ist der Fall, wenn einerseits der Kredit (auch) zu dem Zweck gewährt wird, die sonstige Vergütung – hier die Versicherungsprämie – zu begleichen und andererseits aus Sicht des Verbrauchers der Kreditgeber und der Verkäufer oder ein sonstiger Dienstleistender (hier das Versicherungsunternehmen) eng miteinander zusammenwirken, wobei es genügt, dass ein gemeinsamer Bezug zwischen den Verträgen besteht (OLG Rostock, aaO.).

So liegt der Fall hier. Die für die jeweiligen Versicherungsverträge geschuldeten Prämien wurden über die Kredite mitfinanziert. Die enge Zusammenarbeit zwischen der Beklagten und der … Lebensversicherung AG ist allein schon dadurch zum Ausdruck gebracht worden, dass auf den Versicherungsverträgen darauf hingewiesen wird, dass man „Partner“ der Beklagten sei. Im übrigen sind die Versicherungsverträge auch von Mitarbeitern der Beklagten vermittelt worden.

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Die gleiche Rechtsfolge ergibt sich im übrigen auch aus dem Widerruf der Kläger vom 15.10.2007 gegenüber dem Versicherungsunternehmen. Auch diese Erklärungen sind nach den obigen Ausführungen wirksam erfolgt. Zu den Versicherungsverträgen kommt noch hinzu, dass die Belehrungen auch formal zu beanstanden sind. So ist lediglich eine Postfachadresse als Empfänger der Widerrufserklärungen genannt. Dies genügt den zu beachtenden Anforderungen nach § 14 BGB-Info nicht (vgl. auch Palandt-Grüneberg, 66.A., § 355 BGB Rz. 14 m.w.N.).

Demgegenüber greifen die übrigen Widerrufserklärungen hinsichtlich der sonstigen Verträge nicht. Insoweit sind die Höchstfristen der entsprechend anwendbaren Vorschriften (§ 7 VerbKrG; § 355 Abs. 3 BGB in der bis zum 31.10.2002 geltenden Fassung) von einem Jahr bzw. sechs Monaten verstrichen (siehe hierzu auch OLG Hamm, aaO.).

2. Die Kläger haben keinen Zahlungsanspruch [(Antrag zu 1.)] auf Erstattung von Überzahlungsbeträgen im Zusammenhang mit der Behauptung, die Beklagte habe den Abschluss einer „Restschuldversicherung“ zur Bedingung für die Kreditgewährung gemacht.

Insoweit haben die Kläger zur Überzeugung des Gericht nicht den ihn obliegenden Nachweis für die Richtigkeit ihrer Behauptung geführt. Zwar hat die Klägerin zu 1.) das Zustandekommen der von ihr abgeschlossenen Verträge lebhaft und ausführlich geschildert. Der Kläger zu 2.) hat indes berichtet, die Frage des Abschlusses einer „Restschuldversicherung“ sei bei Abschluss des Vertrages vom 09.06.2006 nicht erörtert worden. Die Zeugin … als Mitarbeiterin der Bank hat glaubhaft angegeben, eine solche Bedingung habe sie am 09.06.2006 zu keiner Zeit gestellt. Auch der Zeuge… hat eine solche Bedingung glaubhaft in Abrede gestellt.

Anhaltspunkte dafür, dass diese Angaben unzutreffend sein sollten, liegen nicht vor. Allein der Umstand, dass die Zeugen Mitarbeiter der Bank sind oder sich im Vorruhestand befinden, lässt nicht den Schluss zu, dies Zeugen würden aus eigenem Interesse unrichtige Angaben tätigen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Insoweit ist das Teilunterliegen der Kläger mit dem Antrag zu 1.) und zu 2.) als verhältnismäßig gering zu beurteilen, welches auch keine oder nur geringfügig höheren Kosten verursacht hat.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Streitwert: insgesamt bis zu 35.000,00 EUR [= Zahlungsantrag zu 1.) 2.550,31 EUR + Antrag zu 2.) 5.548,50 EUR (Kapitaldifferenz)+ 23.203,28 EUR (Zinsdifferenz)+ Antrag zu 3.) (Feststellung abzgl. Abschlag)].

 

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