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Eigenbesitz – Aufgebotsverfahren zweier gemeinschaftlicher Grundstückseigenbesitzer

Gemeinschaftlicher Eigenbesitz: Aufgebotsverfahren nur mit gemeinsamem Antrag möglich

Das Urteil des OLG Frankfurt im Fall des Aufgebotsverfahrens betont, dass bei einem Grundstück mit mehreren Miteigentümern, die alle ausgeschlossen werden sollen, eine gemeinsame Antragstellung für das Verfahren notwendig ist. Im vorliegenden Fall wurde der Antrag auf Aufgebotsverfahren von der Antragstellerin allein gestellt, was letztlich zur Zurückweisung der Beschwerde führte, da eine gemeinschaftliche Antragstellung und Glaubhaftmachung fehlte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 20 W 74/16  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Zurückweisung der Beschwerde: Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens.
  2. Eigentumsverhältnisse: Das betroffene Grundstück ist im Grundbuch mit zwei Eigentümern eingetragen und unterliegt besonderen Nutzungsregelungen.
  3. Aufgebotsverfahren: Ziel war es, die Eigentümer auszuschließen, da die Antragstellerin das Grundstück seit langem nutzte und pflegte.
  4. Antragsberechtigung: Mehrere Miteigentümer müssen das Aufgebotsverfahren gemeinsam beantragen.
  5. Nachweis der Eigentumsverhältnisse: Die Antragstellerin konnte die Eigentumsverhältnisse und Erbfolge nicht ausreichend klären.
  6. Anforderungen an das Aufgebotsverfahren: Nach § 927 Abs. 1 BGB und verwandten Vorschriften sind hohe Anforderungen an den Nachweis gestellt.
  7. Gemeinschaftlicher Eigenbesitz: Der Antragsteller muss glaubhaft machen, dass das Grundstück seit 30 Jahren im Eigenbesitz ist.
  8. Rechtliche Konsequenzen: Aufgrund der nicht gemeinschaftlichen Antragstellung und fehlenden Glaubhaftmachung wurde die Beschwerde zurückgewiesen.

In der Welt des Immobilienrechts spielen Eigentumsfragen und die damit verbundenen Verfahren eine zentrale Rolle. Besonders interessant wird es, wenn es um den Eigenbesitz und das Aufgebotsverfahren bei Grundstücken mit mehreren Eigentümern geht. Dieses spezifische Rechtsthema, das sich mit den komplexen Beziehungen und rechtlichen Herausforderungen zwischen Miteigentümern eines Grundstücks befasst, steht im Fokus des aktuellen Falles vor dem OLG Frankfurt.

Dabei geht es um die Frage, unter welchen Bedingungen ein Grundstückseigentümer durch ein gerichtliches Aufgebotsverfahren von seinem Recht ausgeschlossen werden kann, insbesondere wenn das Grundstück über einen langen Zeitraum von anderen Personen im Eigenbesitz gehalten wurde. Die Klärung solcher Fälle erfordert nicht nur ein tiefes Verständnis für das Eigentumsrecht, sondern auch für die spezifischen Verfahrensregeln, die bei der Durchsetzung von Eigentumsansprüchen zum Tragen kommen.

Der Weg zum Eigentum: Eigenbesitz und Aufgebotsverfahren

Im Zentrum des Falles steht ein Aufgebotsverfahren, das von der Antragstellerin initiiert wurde, um die Eigentumsrechte an einem Grundstück zu erlangen, das sie seit Jahren im Eigenbesitz hält. Das Grundstück, welches im Grundbuch von 1982 als Bestandteil verzeichnet ist, wird von zwei Eigentümern, A und B, beansprucht. Die Antragstellerin behauptet, das Grundstück, eine Zufahrt zu ihrem Haus, seit 1979 genutzt, gepflegt und erhalten zu haben. Diese Nutzung beansprucht sie auch für die Vorbesitzerin des Grundstücks, was die lange Dauer ihres Besitzanspruchs unterstreicht. Trotz intensiver Bemühungen konnte sie jedoch die Erben der eingetragenen Eigentümer nicht ausfindig machen, was zur Einleitung des Aufgebotsverfahrens führte.

Rechtliche Herausforderungen im Aufgebotsverfahren

Das Aufgebotsverfahren, ein komplexer Rechtsakt, zielt darauf ab, die eingetragenen Eigentümer eines Grundstücks auszuschließen, wenn es über einen langen Zeitraum von anderen Personen im Eigenbesitz gehalten wurde. Im konkreten Fall hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts jedoch das Aufgebotsverfahren zurückgewiesen. Der Grund: Es mangelte an der gemeinsamen Antragstellung aller Miteigenbesitzer, was eine essenzielle Voraussetzung für das Verfahren ist. Die Antragstellerin allein konnte nicht die erforderlichen Nachweise für einen ausschließlichen Eigenbesitz über den erforderlichen Zeitraum erbringen. Besonders bemerkenswert ist hierbei, dass der weitere Beteiligte im Verfahren, ein Nachbar, ebenfalls Ansprüche auf Nutzung der Fläche erhob, was die Situation weiter verkomplizierte.

OLG Frankfurt: Entscheidung und Begründung

Das OLG Frankfurt, als Beschwerdegericht, bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz. Die Richter wiesen darauf hin, dass nach § 927 Abs. 1 BGB und weiteren relevanten Vorschriften die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens spezifische Bedingungen erfordert. Die wichtigste davon: der Nachweis, dass das Grundstück seit mindestens 30 Jahren im Eigenbesitz ist. Dies konnte die Antragstellerin nicht glaubhaft machen. Ferner betonte das Gericht, dass für den Ausschluss von Miteigentümern ein gemeinschaftlicher Antrag notwendig ist. Da im vorliegenden Fall der weitere Beteiligte nicht als Mit-Antragsteller auftrat, sondern lediglich seine Zustimmung zum Antrag der Antragstellerin gab, wurde die Beschwerde zurückgewiesen.

Konsequenzen und Lehren aus dem Urteil

Dieser Fall unterstreicht die Bedeutung der genauen Einhaltung rechtlicher Vorschriften bei Aufgebotsverfahren. Das Gericht hat klar gestellt, dass die Anforderungen an den Nachweis des Eigenbesitzes hoch sind und eine lückenlose Dokumentation erfordern. Zudem zeigt der Fall, wie essenziell eine kooperative Haltung aller beteiligten Parteien ist, besonders wenn es um die Ausschließung von Miteigentümern geht. Für Rechtssuchende liefert das Urteil wichtige Einsichten darüber, wie Aufgebotsverfahren zu führen sind, und betont die Notwendigkeit einer genauen Kenntnis und Anwendung des Grundstücks- und Eigentumsrechts.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was versteht man unter Eigenbesitz im Kontext des Grundstücksrechts?

Eigenbesitz im Kontext des Grundstücksrechts bezieht sich auf eine Person, die eine Sache als ihr gehörend besitzt und die Sache wie ein Eigentümer beherrschen will. Dies ist im § 872 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) festgelegt. Ein Eigenbesitzer kann auch jemand sein, der eine Sache gestohlen hat oder ein Finder, der die gefundene Sache behalten will.

Die Rechte und Pflichten eines Eigenbesitzers sind nicht so umfassend wie die eines Eigentümers. Der Eigentümer hat das Recht, mit seiner Sache nach Belieben zu verfahren und andere von jeder Einwirkung auszuschließen, solange er damit andere Menschen nicht verletzt oder ihr Eigentum beschädigt. Der Eigenbesitzer hingegen darf die Sache nur in dem Rahmen nutzen, wie es der Eigentümer ihm vorgibt.

Der Unterschied zwischen Eigenbesitz und Eigentum liegt in der rechtlichen Herrschaft über eine Sache. Während der Eigentümer die rechtliche Herrschaft über eine Sache hat, stellt der Eigenbesitz nur die tatsächliche Herrschaft über die Sache dar. Ein Beispiel dafür wäre, wenn Sie Ihre Wohnung vermieten. Obwohl der Mieter die tatsächliche Kontrolle über die Wohnung hat (Eigenbesitz), bleibt die Wohnung Ihr Eigentum.

Es sollte auch beachtet werden, dass der Verlust des Eigenbesitzes eintritt, wenn der Besitz als solcher verloren geht oder der Eigenbesitz in Fremdbesitz übergeht.

Wie funktioniert ein Aufgebotsverfahren und wann wird es angewendet?

Ein Aufgebotsverfahren ist eine öffentliche gerichtliche Aufforderung zur Anmeldung von Ansprüchen oder Rechten, die in bestimmten Fällen durchgeführt wird, um die Rechtslage zugunsten des Antragstellers zu klären. Es dient dazu, unbekannte Berechtigte auszuschließen oder Urkunden, wie zum Beispiel Grundschuldbriefe oder Hypothekenbriefe, für kraftlos zu erklären, wenn sie verloren gegangen sind. Zuständig für das Aufgebotsverfahren ist das Amtsgericht.

Ein Aufgebotsverfahren wird auf Antrag eingeleitet. Ist der Antrag zulässig, erlässt das Gericht das Aufgebot, das unter anderem im Bundesanzeiger öffentlich bekannt gemacht wird. Wenn innerhalb der Aufgebotsfrist niemand Ansprüche anmeldet, ergeht ein Ausschließungsbeschluss, in dem der im Aufgebot angedrohte Rechtsnachteil ausgesprochen wird. Gegen den Ausschließungsbeschluss kann derjenige, der von dem Ausschließungsbeschluss in seinen Rechten betroffen ist, in der Regel binnen eines Monats nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses Beschwerde einlegen.

Ein Aufgebotsverfahren kann beispielsweise durchgeführt werden, wenn ein Grundschuld- oder Hypothekenbrief verloren geht oder wenn ein Erbe die Erbschaft nicht überblickt und befürchtet, dass es viele Schulden gibt. In solchen Fällen dient das Aufgebotsverfahren dazu, Klarheit über den Umfang der Verbindlichkeiten zu schaffen und die Haftung des Erben auf den Nachlass zu beschränken.


Das vorliegende Urteil

OLG Frankfurt – Az.: 20 W 74/16 – Beschluss vom 15.12.2016

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Beschwerdewert: 13.910,– EURO.

Gründe

I.

Als Eigentümer des eingangs bezeichneten Grundstückes, das im dort angegebenen Grundbuchblatt im Jahre 1982 als Bestand umgeschrieben wurde, sind noch eingetragen:

a) A

b) B,

Stadt1.

In Abt. II Nr. 1 dieses Grundbuchblattes ist eingetragen: Jeder Eigentümer darf das Grundstück zu keinem Teil in einer Weise benutzen, welche die Mitbenutzung des Miteigentümers zeitweise oder dauernd ausschließt, insbesondere darf keiner der Eigentümer Gegenstände auf der Parzelle lagern oder dieselbe teilweise bebauen. Eingetragen am 3. August 1888 in Art. 511. Umgeschrieben am 9. November 1982.

Das von dem Antrag betroffene Grundstück grenzt unmittelbar sowohl an das im Eigentum der Antragstellerin stehende Wohnhausgrundstück Flur …, Flurstück … (Straße1) als auch an das ebenfalls bebaute Grundstück Flur …, Flurstück … (Straße2) des Nachbarn und weiteren Beteiligten. Wegen der Lage der Grundstücke im Einzelnen wird Bezug genommen auf den Lageplan (Bl. 19 d. A.).

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Die Antragstellerin beantragte am 7. November 2011 zu Protokoll des Rechtspflegers des Amtsgerichts Gelnhausen die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens zur Ausschließung der Eigentümer des eingangs bezeichneten Grundstückes. Zur Begründung gab sie an, das Grundstück sei eine Zufahrt vor ihrem Haus, in welchem sie seit 1979 lebe und die schon immer von ihr genutzt, gepflegt und erhalten worden sei. Auch die Vorbesitzerin, welche ca. 1935 in diesem Haus geboren worden sei, habe das Grundstück bereits genutzt und habe angegeben, es gebe niemanden, der sich seit dieser Zeit für diese Fläche interessiert habe. Die Eigentümer seien nicht bekannt und hätten auch bei der Gemeinde Stadt1 – ebenso wie eventuelle Erben – nicht ermittelt werden können.

Nach Anhörung der Nachbarn meldete sich im Verfahren der weitere Beteiligte und machte geltend, das betroffene Grundstück werde von ihm im gleichen Umfang wie von der Antragstellerin als Verkehrsfläche genutzt, zumal man in seinen Hof und zu seinen Wirtschaftsgebäuden ausschließlich über diese Parzelle gelangen könne. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 17. Januar 2012 (Bl. 16 ff d. A.) Bezug genommen.

Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts wies mit Verfügung vom 1. Oktober 2012 (Bl. 36 f d. A.) darauf hin, dass wohl davon auszugehen sei, dass mehrere Miteigenbesitzer den Antrag auf Durchführung des Aufgebotsverfahrens gemeinsam stellen müssten, so dass fraglich sei, ob der weitere Beteiligte oder die Antragstellerin allein antragsberechtigt seien.

In der Folgezeit wurde seitens der Antragstellerin versucht, die Erben der noch eingetragenen Eigentümer zu ermitteln, wobei das Amtsgericht die von ihr übermittelten Unterlagen jeweils nicht als ausreichend ansah.

Mit Beschluss vom 13. Januar 2016 wies die Rechtspflegerin des Amtsgerichts den Antrag auf Durchführung des Aufgebotsverfahrens sowie des Erlasses eines Ausschließungsbeschlusses zurück und führte zur Begründung aus, dass trotz mehrfacher Erinnerung die Beanstandungen aus ihren dort näher aufgeführten Zwischenverfügungen nicht behoben und die darin geforderten Belege nicht eingereicht worden seien. Es fehle deshalb an den Voraussetzungen für ein Aufgebotsverfahren.

Gegen den ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 18. Januar 2016 zugestellten Beschluss legte die Antragstellerin mit am 11. Februar 2016 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten Beschwerde ein und verwies insbesondere auf die zwischenzeitlich von ihr vorgelegte Sterbeurkunde des B, verstorben am … 1924, dessen Erben nicht ermittelbar seien.

Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts hat der Beschwerde mit Beschluss vom 2. März 2016, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, nicht abgeholfen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, im vorliegenden Fall sei durch die bisher eingereichten Unterlagen nicht nachgewiesen, dass intensive und zugleich erfolglos gebliebene Ermittlungen hinsichtlich der Rechtsnachfolger der eingetragenen Miteigentümer angestellt worden seien und somit nicht zu hundertprozentiger Sicherheit nachgewiesen werden konnte, dass Rechtsnachfolger tatsächlich nicht bekannt und nicht feststellbar seien.

Die Senatsvorsitzende hat mit Verfügung vom 28. September 2016, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, die Beteiligten auf die Notwendigkeit eines gemeinsamen Antrages zur Durchführung des Aufgebotsverfahrens und einer gemeinsamen oder jedenfalls inhaltlich übereinstimmenden Glaubhaftmachung bezüglich des gemeinschaftlichen Eigenbesitzes hingewiesen.

Derartige Unterlagen sind trotz mehrfacher Fristverlängerung nicht eingereicht worden.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin, über welche nach der hier erfolgten Nichtabhilfeentscheidung der Rechtspflegerin der Senat als Beschwerdegericht zu entscheiden hat, ist gemäß §§ 58, 59, 63 FamFG zulässig.

In der Sache führt die Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg, da die Voraussetzungen zur Durchführung eines Aufgebotsverfahrens nach §§ 927 Abs. 1 BGB, 442 bis 444 FamFG durch die Antragstellerin allein nicht vorliegen.

Nach § 927 Abs. 1 BGB kann der Eigentümer eines Grundstückes im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Recht ausgeschlossen werden, wenn das Grundstück seit 30 Jahren im Eigenbesitz eines anderen ist. Dabei wird die Besitzzeit in gleicher Weise berechnet wie die Frist für die Ersitzung einer beweglichen Sache. Antragsberechtigt für das Verfahren zum Ausschluss des Eigentümers ist gemäß §§ 443, 444 FamFG, wer glaubhaft macht, dass er das betroffene Grundstück seit der in § 927 BGB bestimmten Zeit von 30 Jahren in Eigenbesitz hat.

Vorliegend bezieht sich der Antrag auf ein Aufgebotsverfahren gemäß § 927 Abs. 1 Satz 3 BGB, da 2 Personen als Eigentümer im Grundbuch eingetragen sind, wobei wohl von Miteigentum auszugehen ist. Antragsvoraussetzung ist hierbei, dass der oder die auszuschließenden Eigentümer gestorben oder verschollen sind und eine Eintragung in das Grundbuch, die der Zustimmung des oder der Eigentümer bedurfte, seit 30 Jahren nicht erfolgt ist.

Die letztgenannte 30jährige Frist ohne entsprechende Grundbucheintragung ist im vorliegenden Falle ausweislich des vorgelegten Grundbuchauszuges betreffend Blatt 1701 und des vom Staatsarchiv beigezogenen Art. 511 jedenfalls gewahrt. Bezüglich des eingetragenen Eigentümers B dürfte durch die vorgelegte Sterbeurkunde nachgewiesen sein, dass dieser bereits am … 1924 verstorben ist. Bezüglich des weiteren eingetragenen Eigentümers A spricht sehr viel dafür, dass es sich hierbei um den am … 1960 in Stadt2 verstorbenen Landwirt A handelt, welcher ausweislich der der Akte beigefügten Loseblattsammlung (Bl. 16) nach dem dort befindlichen Erbschein vom 30. November 1961 von seiner Ehefrau A1 geb. A aus Stadt1, Straße1, beerbt wurde. Diese A1 ist ausweislich des in dieser Loseblattsammlung ebenfalls in Abschrift vorhandenen Erbscheins des Amtsgerichts Gelnhausen vom 19. August 2013 (Az. …) zu je 1/2-Anteil beerbt worden von C, geb. A und D, geb. A. Bei der erstgenannten Erbin handelt es sich offensichtlich um die von der Antragstellerin mehrfach erwähnte Vorbesitzerin C geb. A, von welcher sie ihr eigenes Hausgrundstück erworben hat. Angesichts dieser Gesamtumstände spricht alles dafür, dass im vorliegenden Falle von dem Tod beider noch eingetragener Miteigentümer ausgegangen werden kann.

Soweit die Rechtspflegerin in ihrem Nichtabhilfebeschluss wohl die Forderung aufstellen will, für die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens müsse nachgewiesen werden, dass so intensive und zugleich erfolglos gebliebene Ermittlungen hinsichtlich der Rechtsnachfolger der eingetragenen Eigentümer angestellt wurden, dass mit hundertprozentiger Sicherheit nachgewiesen werden kann, dass Rechtsnachfolger tatsächlich nicht bekannt und nicht feststellbar sind, werden hiermit zu hohe Anforderungen gestellt, die mit § 927 Abs. 1 BGB nicht vereinbar sind. Abgesehen davon, dass es bezüglich der Antragsvoraussetzungen nach § 444 FamFG nur einer Glaubhaftmachung und nicht eines vollständigen Nachweises bedarf, wird nach § 927 Abs. 1 Satz 3 BGB gerade nicht die Glaubhaftmachung gefordert, dass etwaige Erben des eingetragenen Eigentümers unbekannt oder nicht feststellbar sind (vgl. Heinemann, Das neue Aufgebotsverfahren nach dem FamFG, NotBZ 2009, 300/304; OLG Thüringen, Beschluss vom 27. Mai 2013 – 9 W 197/13 – dok. bei juris; Staudinger/Pfeiffer/Diehn, a.a.O., § 927 Rn. 11; Kanzleiter, MüKo BGB, 6. Aufl., § 927, Rn. 4 jeweils m. w. N.). Zu berücksichtigen wird in diesem Zusammenhang insbesondere das Schreiben der Frau C geb. A vom 8. November 2015 (Bl. 70 d. A.) sein, aus welchem sich ergibt, dass auch diese von ungeklärten Erbverhältnissen ausgeht und trotz Kenntnis von der Beantragung des Aufgebotsverfahrens keine Ansprüche an dem Grundstück erhebt. Im Übrigen wäre es dem Amtsgericht unbenommen, Personen, die aus seiner Sicht als Rechtnachfolger des oder der noch eingetragenen Eigentümer in Betracht kommen können, durch Übersendung des Antrages auf das Verfahren hinzuweisen. Dies bedarf im vorliegenden Falle jedoch keiner abschließenden Vertiefung, da es jedenfalls an einer anderen Voraussetzung für die Durchführung des Aufgebotsverfahrens fehlt.

Die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens nach § 927 Abs. 1 Satz 3 BGB setzt voraus, dass der Antragsteller glaubhaft macht, das Grundstück seit 30 Jahren im Eigenbesitz zu haben, §§ 927 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. § 444 FamFG. Eigenbesitzer ist nach der gesetzlichen Definition des § 872 BGB derjenige, der eine Sache als ihm gehörend besitzt. Zwar ist in Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannt, dass das Aufgebotsverfahren gemäß § 927 BGB nicht nur bezüglich des Alleineigentums, sondern auch in Bezug auf Miteigentum nach Bruchteilen anwendbar ist (vgl. Erman/Lorenz, BGB, 13. Aufl., § 927 Rn. 2; Palandt/Bassenge, BGB, 75. Aufl., § 927 Nr. 1; Staudinger/Pfeiffer/Diehn, a.a.O., § 927 Rn. 4 jeweils m. w. N.). Dies bezieht sich jedoch zunächst auf die Fallgestaltung, dass nur einer von mehreren Miteigentümern entweder durch einen anderen Miteigentümer oder durch einen Dritten ausgeschlossen werden soll. Besteht gemeinschaftlicher Eigenbesitz und sollen sämtliche eingetragenen Eigentümer bzw. ihre Rechtsnachfolger ausgeschlossen werden, so kann auch das Aufgebotsverfahren nur gemeinschaftlich beantragt werden.

Vorliegend hat die Antragstellerin in ihrem zu Protokoll des Rechtspflegers des Amtsgerichts gestellten Antrag die Sachlage zunächst so geschildert und glaubhaft gemacht, als sei das betroffene Grundstück über die erforderliche 30-Jahres-Frist hinaus nur von ihr selbst genutzt, gepflegt und erhalten worden. Nachdem der weitere Beteiligte im Verfahren jedoch geltend gemacht hat, die streitbefangene Parzelle in gleichem Umfang wie die Antragstellerin auch als Verkehrsfläche zu seinem eigenen Hausgrundstück Straße2 zu benutzen und diese auch zur Erhaltung der Durchfahrtsmöglichkeit zu pflegen, wurde dies durch die Antragstellerin letztlich mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 9. November 2012 (Bl. 40/41 d. A.) auch eingeräumt. Nur eine derartige gemeinschaftliche Nutzung dürfte auch den Tatsachen entsprechen, wie sowohl der in der Akte befindliche Lageplan (Bl. 19 d. A.) als auch der Umstand belegen, dass gerade auch das in Abt. II Nr. 1 bereits im Jahre 1888 eingetragene Recht nur von einer gemeinschaftlichen Benutzung ausgeht, wobei das ausdrücklich aufgenommene Verbot der Lagerung von Gegenständen und der auch nur teilweisen Bebauung einen deutlichen Hinweis darauf liefert, dass schon damals mit der Eintragung dieses Rechtes die gemeinsame Benutzung des Grundstückes als Zufahrt für die beiden jetzt im Eigentum der Antragstellerin und des weiteren Beteiligten stehenden angrenzenden Nachbargrundstücke bewilligt und eingetragen wurde. Ein alleiniger Eigenbesitz der Antragstellerin für die zurückliegenden 30 Jahre ist somit nicht glaubhaft gemacht, vielmehr ist nach der bisherigen Aktenlage aufgrund der geschilderten Umstände von einem gemeinsamen Eigenbesitz der Antragstellerin und des weiteren Beteiligten auszugehen. Bei dieser Sachlage kommt – wie bereits in der Hinweisverfügung vom 28. September 2016 ausgeführt wurde – die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens allein durch die Antragstellerin nicht in Betracht. Dies ergibt sich aus der systematischen Ausgestaltung der Regelung des § 927 BGB. § 927 BGB sieht zur Aneignung eines im langjährigen Eigenbesitz stehenden Grundstückes ein zweistufiges Verfahren vor. Zunächst muss gemäß § 927 Abs. 1 BGB durch ein gerichtliches Aufgebotsverfahren, welches mit einem Ausschließungsbeschluss endet, der bisherige Eigentümer von seinem Recht ausgeschlossen werden, wodurch das Grundstück herrenlos wird. Durch den Ausschließungsbeschluss erlangt der Antragsteller gemäß § 927 Abs. 2 BGB nicht sogleich selbst das Eigentum an dem Grundstück, sondern vielmehr nur gemäß § 927 Abs. 2 BGB ein Aneignungsrecht. Das Eigentum erlangt der Antragsteller erst dadurch, dass er bei dem Grundbuchamt einen Eintragungsantrag stellt, mit welchem er seinen Aneignungswillen dokumentiert und sodann als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wird (vgl. hierzu Heinemann, a.a.O., NotBZ 2009 S. 304; Staudinger/Pfeiffer/Diehn, a.a.O., § 927 Rn. 2, 15 ff und 22 ff, Grziwotz, Nomos-Kommentar BGB – Sachenrecht, 3. Aufl., § 927 Rn. 1, 7, 10, 11). Nach § 927 Abs. 2 BGB kann das Aneignungsrecht nur durch denjenigen ausgeübt werden, der den Ausschließungsbeschluss erwirkt hat, also nur durch den Antragsteller des Aufgebotsverfahrens. Besteht somit ein gemeinschaftlicher Eigenbesitz im Sinne des § 872 BGB und soll durch Ausschluss sämtlicher Miteigentümer letztlich das vollständige Eigentum an dem betroffenen Grundstück erlangt werden, so setzt dies eine gemeinschaftliche Antragstellung derjenigen Personen, die sich auf einen gemeinschaftlichen Eigenbesitz im Sinne des § 927 Abs. 1 BGB berufen, voraus (so wohl auch LG Köln MittRhNotK 1985, 215).

Im vorliegenden Fall fehlt es an einem derartigen gemeinsamen Antrag und einer entsprechenden Glaubhaftmachung der Antragstellerin und des weiteren Beteiligten. Der Antrag auf Durchführung des Aufgebotsverfahrens wurde durch die Antragstellerin alleine gestellt. Der weitere Beteiligte hat diesem Aufgebotsantrag der Antragstellerin lediglich mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 11. Februar 2013 (Bl. 45 d. A.) zugestimmt und später mit weiterem Schriftsatz vom 23. Oktober 2014 (Bl. 55 d. A.) ausdrücklich klargestellt, dass er selbst nicht Antragsteller des vorliegenden Verfahrens sei. Eine derartige Duldung oder Zustimmung ist jedoch im Hinblick auf die eindeutige gesetzliche Regelung des § 927 Abs. 2 BGB nicht ausreichend. Da auch nach entsprechendem gerichtlichem Hinweis eine gemeinschaftliche Antragstellung und Glaubhaftmachung nicht erfolgt ist, war die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.

Abschließend weist der Senat noch darauf hin, dass sich das Aufgebotsverfahren nach §§ 927 BGB, 442 ff FamFG auf die Ausschließung des Eigentümers eines Grundstückes bezieht. Nach der Rechtsprechung ist unter einem Grundstück im Rechtssinn ein räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der auf einem besonderen Grundbuchblatt allein oder auf einem gemeinschaftlichen Grundbuchblatt unter einen besonderen Nummer im Verzeichnis der Grundstücke gebucht ist (vgl. OLG München Rpfleger 2009, 673 ; OLG Celle FGPrax 2010, 224 [OLG Celle 14.04.2010 – 4 W 43/10]; Demharter, GBO, 30. Aufl., § 2 Rn. 15 m.w.N.). Insoweit bestehen im vorliegenden Fall zusätzlich Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrages auch unter dem Gesichtspunkt, dass der Antrag beschränkt war auf das Flurstück …/1 so dass das ebenfalls unter der Grundstücksnummer 2 gebuchte Flurstück …/22 mit einer Größe von nur 4 qm von dem Antrag nicht umfasst war. Dies bedarf im vorliegenden Beschwerdeverfahren wegen der bereits aus der fehlenden gemeinsamen Antragstellung folgenden Zurückweisung der Beschwerde keiner Vertiefung, sollte jedoch im Falle einer späteren gemeinsamen Antragstellung beachtet werden.

Die Kosten des erfolglosen Beschwerdeverfahrens hat nach der gesetzlichen Regelung der §§ 22, 25 GNotKG die Antragstellerin zu tragen, was im Beschluss im Hinblick auf die Verfahrensbeteiligung des weiteren Beteiligten lediglich klarstellend aufgenommen wurde.

Die Anordnung einer Erstattung außergerichtlicher Kosten war aus Billigkeitsgründen nicht veranlasst, § 81 FamFG.

Den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens hat der Senat in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Amtsgerichts auf 13.910,– EUR unter Heranziehung der Grundstücksgröße und des vom Amtsgericht ermittelten Bodenrichtwertes festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind (§ 70 FamFG). Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.

Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht gegeben (Keidel/ Meyer-Holz, FamFG, 18. Aufl., § 70 Rn. 41).

 

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