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Einzelhandel – sittenwidriger Lohn

ArbG Leipzig

Az: 2 Ca 2788/09

Urteil vom 11.03.2010


1. Die Beklagte wird verurteilt, Restvergütung für die Zeit vom 20.11.2008 bis 13.05.2009 in Höhe von 1.801,25 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.06.2009 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird festgesetzt auf 1.923,60 €.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.

5. Die Berufung wird, soweit sie nicht bereits ohnehin nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft ist, nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über restliche Arbeitsvergütung.

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 20.11.2008 bis zum 13.05.2009 mit einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden auf der Grundlage des zwischen den Parteien am 20.11.2008 abgeschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrages beschäftigt. Die Parteien haben eine Bruttomonatsvergütung von 780,00 € vereinbart. Die Beklagte betreibt bundesweit derzeit 57 Einzelhandelsfilialen, in denen Wäsche, Nachtwäsche und Dessous von hochwertigen Markenherstellern, wie Triumph, Passionata, Schiesser, Chantelle, Bruno Banani und vieles mehr angeboten werden. Die Klägerin ist gelernte Fachverkäuferin für Textilien, Schuh- und Lederwaren. Seit September 1989 ist sie mit Unterbrechungen von 1999 bis 2001 und 2004 bis 2006 wegen Elternzeit als Fachverkäuferin beschäftigt. Die Klägerin war während der betrieblichen Öffnungszeiten von donnerstags bis samstags von jeweils 10:00 Uhr bis 20:00 Uhr als Alleinverkäuferin im Werksverkauf der Beklagten tätig. Hierbei hat sie insbesondere Arbeiten, wie Warenannahme, Warenpräsentation, Warenumlagerung, Kundenberatung, Kassierung, Abrechnung, Umtausch und Reklamationen, Preisnachlässe bei Mängeln, Bankeinzahlungen und Abgabe der Umsatzzahlen in anderen Filialen erbracht. Darüber hinaus ist sie in Einzelfällen in anderen Filialen eingesetzt gewesen. Hinsichtlich der geleisteten Arbeitsstunden hat die Beklagte Lohnzettel für den Beschäftigungszeitraum vorgelegt, in denen 720,50 Arbeitsstunden ausgewiesen werden. Im Einzelnen erbrachte die Klägerin mindestens folgende Leistungen:

im November 2008 53 Stunden

im Dezember 2008 110 Stunden

im Januar 2009 153,5 Stunden

im Februar 2009 110 Stunden

im März 2009 116,5 Stunden

im April 2009 142,5 Stunden und

im Mai 2009 35 Stunden

Die der Klägerin dafür gezahlte Stundenarbeitsvergütung hat ca. 6,00 € betragen.

Der im Freistaat Sachsen geltende Tarifvertrag über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für die Beschäftigten im Einzel- und Versandhandel vom 01. Mai 2007 sieht in der Gehaltsgruppe K 2 ab dem 01.05.2008 nach dem 7. Berufsjahr eine Bruttovergütung von 2.036,00 € vor. Auszugsweise heißt es hier:

„C. 3 Gehaltstabellen

Das monatliche Mindestentgelt für Unternehmen mit mehr als 25 Beschäftigten beträgt für die aktuelle wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden (ab 01.01.1999) in den Gehaltsgruppe K 1 bis K 5 brutto:

K 2

Nach dem 7. Berufsjahr … 2036″

Weiter heißt es im Tarifvertrag:

„K 2

Tätigkeitsmerkmale:

Beispiele:

– Verkäufer/-innen,

– Alleinverkäufer/-innen in Zweiggeschäften (2 A e, Ziffer 1 ist zu beachten)

…“

Die Klägerin ist der Ansicht, für die von ihr geleisteten 769,44 Stunden über den vereinbarten Vergütungsanspruch hinaus (780,00 € brutto monatlich, dies entspricht 6,00 € brutto/Arbeitsstunde) einen weiteren Vergütungsanspruch von 2,50 €/Arbeitsstunde zu haben. Der im Freistaat Sachsen geltende Tarifvertrag sehe für Verkäuferinnen/Fachverkäuferinnen bei einer 38 Stundenwoche eine Bruttovergütung von 2.036,00 € und damit je Stunde von 12,34 € vor. Gemessen daran sei die Vereinbarung über die Arbeitsvergütung sittenwidrig. Es handele sich hierbei um Lohnwucher.

Vor dem Hintergrund der tariflichen Vergütung sei es angemessen, der Klägerin eine Stundenvergütung in Höhe von 8,50 € zu zahlen, da sie als Alleinverkäuferin die Zweigstelle der Beklagten hätte selbstständig unterhalten müssen. Im Hinblick auf ihre Qualifikation und die zu verrichtenden Tätigkeiten sei bei Beachtung der tariflichen Bezugsgröße eine Stundenvergütung von 8,50 € und damit bei Ableistung von 769,44 Wochenstunden eine Differenzvergütung in Höhe von 1.923,60 € zu zahlen.

Die Klägerin hat danach beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Restvergütung für die Zeit vom 20.11.2008 bis 13.05.2009 in Höhe von 1.923,60 € brutto, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die geltend gemachte Vergütung. Die Klägerin habe einfache, schematische Arbeiten ausgeführt, die keiner besonderen Qualifikation bedürften. Die Klägerin sei danach in die Vergütungsgruppe K 1 einzustufen. Der Einzelhandelstarifvertrag sehe hier entgegen des Vortrages der Klägerin eine Bruttovergütung von monatlich 1.397,00 € vor. Zudem stelle der Tarifvertrag nicht auf die Berufsjahre, sondern auf die Zeit der Tätigkeit für das Unternehmen ab. Daraus resultiere ein Tariflohn von 8,66 €.

Die Beklagte sei zudem der Auffassung, dass im Falle der Klägerin der Tariflohn ohnehin nicht der verkehrsüblichen Vergütung im Wirtschaftsgebiet entspräche. Das allgemeine Lohnniveau im Einzel- und Versandhandel, insbesondere für die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit bzw. die von der Beklagten vertriebenen Produkte in Sachsen sei niedrig. Im Einzelhandel bzw. im Tätigkeitsfeld der Beklagten seien jedenfalls Stundenlöhne in Höhe von 6,00 € durchaus üblich. Die Gewinnmargen seien hier niedrig und erlaubten daher nicht die Zahlung von Tariflöhnen. Dies sei in größeren Unternehmen, wie z. B. Karstadt oder Kaufhof anders zu bewerten. Der Beklagten sei auch kein Lohnwucher vorzuwerfen. Hier fehle es an der subjektiven Voraussetzung. Lohnwucher hätte vorausgesetzt, dass der „Wucherer“ die beim anderen Teil bestehende Schwächesituation (Zwangslage, Unerfahrenheit, mangelndes Urteilsvermögen, erhebliche Willensschwäche) ausbeute, also sich in Kenntnis vom Missverhältnis der beiderseitigen Leistung bewusst zu nutze mache.

Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall gewesen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

1. Die Klägerin hat Anspruch auf rückständige Arbeitsvergütung in Höhe von 1.801,25 € brutto nebst entsprechender Verzugszinsen.

a) Die zwischen den Parteien vereinbarte Arbeitsvergütung von 6,00 € brutto Stundenvergütung ist sittenwidrig und damit nichtig. Die Beklagte schuldet daher nach den § 611 Abs. 1 i.V.m. § 612 Abs. 2 BGB und § 138 BGB die übliche Vergütung.

aa) Nach § 138 Abs. 2 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, durch das sich jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit oder des Mangels an Urteilsvermögen eines anderen für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen. Die Regelung gilt auch für das auffällige Missverhältnis zwischen dem Wert der Arbeitsleistung und der Lohnhöhe in einem Arbeitsverhältnis. Ein wucherähnliches Geschäft liegt nach § 138 Abs. 1 BGB vor, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen und weitere sittenwidrige Umstände, z. B. eine verwerfliche Gesinnung des durch den Vertrag objektiv Begünstigten hinzutreten (vgl. m.w.N. BAG, Urteil v. 22.04.2009 – 5 AZR 436/08 DB 2009, 1599 – 1601, NZA 2009, 837 – 840). Verstößt die Entgeltabrede gegen § 138 BGB, schuldet der Arbeitgeber gemäß § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung.

Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung liegt vor, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal 2/3 eines in der betreffenden Branche oder Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohnes erreicht. Das auffällige Missverhältnis bestimmt sich nach dem objektiven Wert der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist nicht der sogenannte Aneignungswert für den Unternehmer maßgebend. Ausgangspunkt der Wertbestimmung sind in der Regel die Tariflöhne des jeweiligen Wirtschaftzweiges. Sie drücken den objektiven Wert der Arbeitsleistung aus, wenn sie in dem betreffenden Wirtschaftsgebiet üblicherweise gezahlt werden. Entspricht der Tariflohn dagegen nicht der verkehrsüblichen Vergütung, sondern liegt dieser unterhalb des Tariflohnes, ist von dem allgemeinen Lohnniveau im Wirtschaftsgebiet auszugehen (a.a.O., m.w.N.).

Das Missverhältnis ist auffällig, wenn es einem Kundigen, ggf. nach Aufklärung des Sachverhalts ohne Weiteres ins Auge springt. Hierfür hat das Bundesarbeitsgericht in der zitierten Entscheidung nunmehr eine Grenze von 2/3 gezogen, unterhalb derer mangels besonderer Umstände des Falls Lohnwucher anzunehmen ist. Wird der übliche Lohn in einem derartigen Ausmaß unterschritten, liegt eine ganz erhebliche, ohne Weiteres ins Auge fallende und regelmäßig nicht mehr hinnehmbare Abweichung vor, für die es einer spezifischen Rechtfertigung bedarf. Die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt können auch nicht mehr den Gegebenheiten bei Ratenkreditgeschäften gleichgesetzt werden, bei denen eine größere Abweichung noch toleriert werden konnte. Die Grenzziehung bei einer Überschreitung des Tariflohnes um mehr als 1/3 berücksichtigt bereits, dass Tarifverträge vielfach Zusatzleistungen vorsehen. Zu vergleichen ist demnach die regelmäßig gezahlte Vergütung mit dem regelmäßigen Tariflohn. Tarifliche Zulagen und Zuschläge für besondere Arbeiten und Arbeitszeiten oder aus bestimmten Anlässen sind ebenso wenig einzubeziehen wie unregelmäßige Zusatzleistungen eines Arbeitgebers im streitigen Arbeitsverhältnis.

Dabei können besondere Einzelumstände die Beurteilung der sittenwidrigen Ausbeutung ebenso wie die Bestimmung des Wertes der Arbeitsleistung beeinflussen. Die klagende Partei trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die vereinbarte Vergütung sittenwidrig ist. Sie genügt ihrer Darlegungslast regelmäßig damit, dass sie sich auf die einschlägige Vergütung stützt und vorbringt, ihre Arbeitsvergütung unterschreite diese um den maßgeblichen Richtwert. Der Arbeitgeber kann sich dann nicht auf den Vortrag beschränken, die von ihm gezahlte Vergütung sei angemessen und daher nicht sittenwidrig. Er hat vielmehr substantiiert zu begründen, weshalb im Einzelfall ein von den genannten Grundsätzen abweichender Maßstab gelten soll. Gemessen daran lag die Vergütung der Klägerin im Streitzeitraum unterhalb von 2/3 des maßgeblichen Tariflohns. Besondere Umstände für eine Verschiebung der Grenze zugunsten des Beklagten sind nicht ersichtlich.

bb) Unter Anwendung der Darlegungs- und Beweislastregeln ist mit der Klägerin davon auszugehen, dass die tariflich geltende Vergütung eine Referenzvergütung darstellt und die der Klägerin gezahlte Arbeitsvergütung somit weniger als die Hälfte dieser – konkret 48,27 % – betragen hat. Bei einem derartigen Missverhältnis zwischen gezahlter und tariflich festgelegter Vergütung sind nach Überzeugung der Kammer weitere Feststellungen zu der „sonst“ üblichen Vergütung im Wirtschaftsgebiet entbehrlich. Jedenfalls wäre es nach der oben dargestellten Darlegungs- und Beweislast erforderlich gewesen vorzutragen, weswegen die selbst nach Ansicht der Beklagten im Einzelhandel regional gezahlte tarifliche Vergütung nicht der üblichen Vergütung im Wirtschaftsgebiet entspricht. Die Tarifvertragsparteien des Einzel- und Versandhandels haben den Wert der Arbeitsleistungen in Sachsen bemessen und je nach Qualifikation eine tätigkeits- und eingruppierungsbezogene Vergütung vereinbart. Weicht der Arbeitgeber wie im konkreten Fall um mehr als 50 % von der Tarifvergütung ab, kann ein schlüssiger Vortrag auch dahingehend erwartet werden, weshalb eine solche eklatante Unterschreitung der Tarifvergütung erfolgt. Würde die nach Ansicht der Beklagten im Wirtschaftsgebiet übliche Vergütung tatsächlich ohne weiteren Vortrag der Beklagten mit 6,00 € angenommen, hätte die Klägerin, ausgehend von der in Bezug genommenen Rechtsprechung, keine Möglichkeit, eine Vergütungsvereinbarung in Höhe von nur 4,00 € brutto/Stunde zu beanstanden. Eine solche Vereinbarung würde zunächst aber dann rein rechnerisch der „2/3-Lösung“ der im Wirtschaftsgebiet „üblichen“ Vergütung entsprechen. Dieses Ergebnis ist unter Berücksichtigung der zitierten Rechtsprechung nicht mehr hinnehmbar. Die gezahlte Vergütung könnte dann beanstandungsfrei, folgt man konsequent dem Vortrag der Beklagten, bei weniger als 1/3 der tariflichen Vergütung liegen. Verkürzt man diese Ansicht, so wie es die Beklagte darstellt, auf die Einhaltung lediglich der „2/3-Lösung“ ohne konkrete Anhaltspunkte für die übliche Vergütung im Wirtschaftsgebiet vorzutragen, liefe dies auf eine willkürliche und vom Arbeitgeber einseitig vorgenommene Bemessung des Wertes der Arbeitskraft hinaus.

Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und der Umsatz des Betriebes sind insoweit unerheblich (vgl. a.a.O.). Der Wert der Arbeitskraft wird hieran nicht bemessen.

b) Darüber hinaus erfüllt die Vergütungsabrede zwischen den Parteien den Tatbestand des Lohnwuchers. Lohnwucher setzt voraus, dass der „Wucherer“ die beim anderen Teil bestehende Schwächesituation (Zwangslage, Unerfahrenheit, mangelndes Urteilsvermögen, erhebliche Willensschwäche) ausbeutet, also sich in Kenntnis vom Missverhältnis der beiderseitigen Leistungen bewusst zu nutze macht (a.a.O., Rz. 26). Auch das wucherähnliche Rechtsgeschäft setzt in subjektiver Hinsicht voraus, dass der begünstigte Vertragsteil Kenntnis vom Missverhältnis der beiderseitigen Leistungen hat. Seine verwerfliche Gesinnung ist nicht nur dann zu bejahen, wenn er als der wirtschaftlich oder intellektuell Überlegene die schwächere Lage des anderen Teils bewusst zu seinem Vorteil ausnutzt, sondern auch dann, wenn er sich leichtfertig der Einsicht verschließt, dass sich der andere nur wegen seiner schwächeren Lage oder unter dem Zwang der Verhältnisse auf den ungünstigen Vertrag einlässt. Ein besonders auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung spricht ohne Weiteres für eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten. Im Übrigen muss sich dieser auch dann, wenn das bestehende Missverhältnis bereits einen hinreichend sicheren Schluss auf den subjektiven Tatbestand zulässt, nach der allgemeinen Lebenserfahrung zumindest leichtfertig der Erkenntnis verschlossen haben, es liege ein Im Arbeitsverhältnis wird regelmäßig davon ausgegangen werden können, dass die einschlägigen Tariflöhne den Arbeitgebern bekannt sind; denn sie sind für die Arbeitgeber einerseits von hohem Interesse, andererseits für sie ohne besondere Schwierigkeit zu beschaffen. Dabei ist der Marktwert der Arbeitsleistung jedenfalls erkennbar, wenn sich ein Schluss auf die Üblichkeit des Tariflohns im Wirtschaftsgebiet aufdrängt. Ob dies der Fall ist, hängt von den besonderen Umständen ab. Hierzu hat die Beklagte nichts vorgetragen. Vielmehr ist eher anzunehmen, dass sie das auffällige Missverhältnis zwischen vereinbarter Vergütung und Tarifvergütung kannte oder zumindestens hätte erkennen müssen. Die Beklagte wirbt bei ihrer Präsentation auf der Homepage in Internet ausdrücklich mit ausgebildeten Fachpersonal. Dies war auch Einstellungsvoraussetzung der Klägerin. Darüber hinaus hat die Beklagte der Klägerin vielfältige Aufgaben übertragen, die regelmäßig nur von geschulten Personal erbracht werden. Dazu zählen insbesondere die Auspreisung oder Rabattierung der Waren und die Abwicklung des für die Filiale anfallenden Zahlungsverkehrs einschließlich der buchhalterischen Abwicklung.

2. Die Beklagte schuldet danach der Klägerin die übliche Vergütung nach § 611 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 612 Abs. 2 und 138 BGB. Die Vergütung der Klägerin bemisst sich, jedenfalls als Bezugsgröße, nach der Vergütungsgruppe K 2, 7. Berufsjahr des Tarifvertrages über die Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütung für die Beschäftigten im Einzel- und Versandhandel im Freistaat Sachsen vom 01.07.2007. Entscheidend kommt es, und insoweit ist der Klägerin zuzustimmen, zunächst darauf an, ob die Klägerin im Falle der Tarifbindung der Arbeitsvertragsparteien, die vorliegend zu verneinen ist, einen Anspruch auf die Referenzvergütung nach dem Einzelhandelstarifvertrag im Freistaat Sachsen hätte.

Die Klägerin ist nach ihrem und nunmehr auch unstreitigen Vortrag ausgebildete Fachverkäuferin und war insoweit mit kurzzeitigen Unterbrechungen seit 1989 als solche auch tätig. Nach den Eingruppierungsmerkmalen des Tarifvertrages über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für die Beschäftigten im Einzel- und Versandhandel im Freistaat Sachsen vom 01.07.2007 werden Arbeitnehmer nach der Vergütungsgruppe K 2 vergütet, wenn sie mit Tätigkeiten für die in der Regel eine abgeschlossene zwei- oder dreijährige Ausbildung im Beruf erforderlich ist, beschäftigt werden. Dies gilt insbesondere nach den Beispielen für die Tätigkeit als Verkäufer/innen.

Nach diesen tariflichen Merkmalen wäre die Klägerin im Falle der Anwendbarkeit des Tarifvertrages in diese Gruppe einzugruppieren. Nach der in Bezug genommenen Gehaltstabelle hätte die Klägerin nach dem 7. Berufsjahr in der Vergütungsgruppe K 2 ab dem 01.08.2008 einen Bruttovergütungsanspruch bei 38 Wochenstunden von 2.036,00 €. Dies entspricht einer Stundenvergütung von 12,34 €. Das tarifliche Entgelt stellt dabei auf Berufsjahre ab. Dabei ist ohne Bedeutung, welche Beschäftigungszeiten die Klägerin bei der beklagten Partei zurückgelegt hat. Der Tarifvertrag sieht eine solche Regelung nicht vor, sondern stellt auf die „Berufsjahre“ ab. Die Klägerin ist in ihrem Ausbildungsberuf wenigstens für diese im Tarifvertrag genannte Mindestfrist beschäftigt worden. Allein in ihrer Beschäftigungszeit bei … GmbH … hat sie ca. 10 Jahre und als Verkäuferin bei … GmbH in … weitere 7 Jahre als Beschäftigungszeit zurückgelegt.

Ob die Klägerin vor diesem Hintergrund damit einen Vergütungsanspruch von 12,34 €/Stunde hätte verlangen können, kann dahinstehen, da sie im vorliegenden Rechtsstreit eine Bruttostundenvergütung in Höhe von 8,50 € geltend gemacht hat. Diese scheint unter Berücksichtigung der dargestellten Grundsätze auch der Höhe nach gerechtfertigt, da diese wenig über 2/3 der Tarifvergütung liegt. Der Wert der Arbeitsleistung der Klägerin ist mit 8,50 € sachgerecht bemessen.

Allerdings hat die Klägerin lediglich einen Differenzvergütungsanspruch für 720,5 Stunden. Der darüber hinaus geltend gemachte Anspruch ist nicht begründet. Die von der Klägerin behaupteten, in den einzelnen Monaten abgeleisteten Stunden sind nach dem qualifizierten Bestreiten der Beklagten nicht weiter substantiiert worden. Die Kammer hat sich bei ihrer Entscheidung auf die Stundenabrechnungen der Beklagten gestützt. Diesen Abrechnungen ist die Klägerin nicht im Einzelnen entgegen getreten. Die Klägerin hätte damit im Einzelnen darstellen müssen, an welchen Tagen sie konkret welche Arbeitsleistungen erbracht hat. Eine monatliche Aufstellung der abgeleisteten Stunden reicht hierzu nicht aus. Somit verbleibt eine Vergütungsdifferenz von 2,50 € je Stunde für 720,5 Stunden und damit in Höhe von 1.801,25 €. Der darüber hinausgehende Betrag war abzuweisen.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die beklagte Partei entsprechend der §§ 91, 92 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG allein zu tragen, da die Zuvielforderung der klagenden Partei verhältnismäßig gering war und keine höheren Kosten veranlasst hat.

III.

Der Wert des Streitgegenstandes ergibt sich vorliegend aus der geltend gemachten Vergütung.

IV.

Eine Berufungszulassung war nach § 64 Abs. 3 ArbGG nicht veranlasst, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorgelegen haben.

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