Landesarbeitsgericht Köln
Az: 4 Sa 1257/09
Urteil vom 14.05.2010
1) Ein Missbrauch von Zugriffsrechten durch einen EDV-Administrator kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen.
2) Es ist regelmäßig nicht Aufgabe eines Revisors, die gesetzlichen Vertreter des Arbeitgebers zu kontrollieren.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.06.2009 – 16 Ca 10306/08 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
Die weiterhin streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung und davon abhängige Vergütungsansprüche.
Der 1969 geborene, verheiratete Kläger war seit dem 01.07.2001 aufgrund Arbeitsvertrages vom 30.04./06.05.2001 (Bl. 720 ff. d. A.) als Angestellter bei der beklagten Bank beschäftigt. Die Beklagte beschäftigte zum Zeitpunkt der Kündigung 13 Arbeitnehmer.
Seit 2003 hatte der Kläger verschiedene Aufgaben: Neben der EDV-Organisation einschließlich der Administration bankinterner Netzwerke oblagen ihm unter anderem die Revision des gesamten Bankgeschäfts einschließlich der Kreditrevision und der Datenschutz. Der Kläger unterzeichnete am 16.07.2004 eine „Vereinbarung zur besonderen Verschwiegenheit für Administratoren“ (Bl. 115 d. A.). Grundlagen seiner Tätigkeit als Revisor waren die Stellenbeschreibung (Anlage K 2, Bl. 68 ff. d. A.), die vom Vorstand erlassene „Richtlinie für die interne Revision“ (Anlage K 5 Bl. 70 ff. d. A.) und die ebenfalls vom Vorstand erlassenen Rahmenbedingungen zur Tätigkeit der internen Revision (Bl. 122 ff. d. A.).
Am 23.10.2008 druckte der Kläger unter Benutzung seiner Administratorenrechte Anhänge zu einer an das Vorstandsmitglied Frau …. gerichteten E-Mail aus. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger, als das weitere Vorstandsmitglied Herr … in das Büro des Klägers kam, diese ausgedruckten Seiten bewusst so hinlegte, dass Herr … ein Einblick in die Unterlagen verwehrt wurde. Nach Vortrag des Klägers wurden die Seiten mit der leeren Seite nach oben dem Druckerfach entnommen und so hingelegt.
Daraufhin veranlasste der Vorstand der Beklagten das Rechenzentrum, dem die Beklagte angeschlossen ist, mit der Prüfung, von welchem Nutzer des bankinternen Netzwerkes wann wie oft auf die Datenbanken des Vorstands zugegriffen worden war.
Das Rechenzentrum überprüfte darauf den vorausgegangenen Zeitraum von zwei Wochen. Nach Vortrag der Beklagten wurden dabei zahlreiche – in der Tabelle (Bl. 22 d. A.) aufgelistete – Zugriffe des Klägers auf Datenbestände des Vorstands festgestellt. Der Kläger hat dazu erklärt, er könne sich nicht daran erinnern, dass er an den genannten Tagen die entsprechenden Zugriffe vorgenommen habe und müsse dies daher mit Nichtwissen bestreiten.
Der Kläger antwortete indes auf ein Schreiben der Beklagten vom 29.10.2008, mit dem er zur Stellungnahme zu dem Vorgang am 23.10.2008 und zu weiteren Zugriffen auf E-Mails des Vorstands aufgefordert worden war (Bl. 29 d. A.), mit Schreiben vom selben Tage (Bl. 30 f. d. A.), dass es korrekt sei, dass er „einige Mails aus den Vorstandspostkästen“ geöffnet habe. Dieses Geld auch für die Mail vom 23.10.2008. Weiter heißt es:
„In diesem konkreten Fall tat ich dies, weil ich das zeitgleich stattfindende Telefonat zwischen beiden Vorständen mitbekam und persönlich der Meinung war, dass man auch bei uns mittlerweile alle Anhänge öffnen kann. Aus dem Mithören des Telefonats heraus wusste ich definitiv nichts über die Brisanz der Anhänge und des Inhalts. Ich wollte unterstützend tätig sein, aber leider konnte ich den Nachweis nicht liefern. Wenn Herr …. nicht während des Ausdrucks der Anhänge in mein Büro gekommen wäre und er mich dabei aufforderte, die ausgedruckten und noch im Druck befindlichen Unterlagen auszuhändigen, hätte ich diese komplett ausgedruckten Unterlagen selbstverständlich sofort an Frau K persönlich weitergeleitet. Intention meiner Handlung war hier, dass ich aufgrund meiner IT-Kenntnisse, hätte helfen können.
Zur Ihrer generellen Frage der Einsichtnahme von Vorstandmails:
Ich tue dies immer aus rein dienstlichen Erwägungen. Ich sehe es als meine Aufgabe als Innenrevisor an – zum Wohle der Bank – auch das Geschäftsverhalten des Vorstandes objektiv zu beobachten. Die Postkästen sind gemäß Arbeitsanweisung nicht für private Post erlaubt und somit glaube ich nicht falsch gehandelt zu haben, da zu vermuten ist, dass in sämtlichen Notes-Postkästen nur dienstliche Mails verwendet werden. Ich habe diese Einsichtnahme definitiv nicht zum Nachteil der Bank durchgeführt. Genauso wie ich als Innenrevisor sämtliche anderen Bereiche und Abteilungen der Bank – neben den normalen Revisionsprüfungen – generell zu beobachten habe und eventuell dort existierende Probleme oder Missstände ansprechen muss, glaube ich, dass dies auch gleichermaßen für den Vorstand gilt.“
Am 14.11.2008 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung (Bl. 32 d. A.), in der es heißt:
„Sie haben damit als Administrator gegen die Vereinbarung zur besonderen Verschwiegenheit für Administratoren (siehe die Erklärung vom 16.07.2004) verstoßen. Der Zugang zu den Anwendungen und Datenbeständen ist Ihnen als Administrator nur aus dienstlichen Notwendigkeiten gestattet. Diese gegenüber anderen Mitarbeitern erweiterten Nutzungsrechte beziehen sich ausschließlich auf die Verwaltung des Systems und nicht auf die Kontrolle des Inhalts. Aus diesem Grund sind Anmeldungen mit Administrationsrechten nur für Veränderungen (Administrationen) an oder in den verschiedenen Systemen vorzunehmen. Für die tägliche Arbeit ist eine normale Useranmeldung zu nutzen. Unsere Rechenzentrale hat genau diese Vorgehensweise für die angeschlossenen Banken entwickelt, um auch sicher zu stellen, dass kein größerer Schaden für eine Bank entsteht, wenn sich ein Administrator versehentlich nicht abmeldet.
Ihr Verhalten ist nicht durch Ihre Aufgabe „interne Revision“ gerechtfertigt, wie Sie offenbar in Ihrer Stellungnahme vom 29.10.2008 andeuten wollen. Dass dies eine Schutzbehauptung ist, wird dadurch verdeutlicht, dass Sie beim Betreten Ihres Büros durch das Vorstandsmitglied … den ausgedruckten Text sofort gewendet haben, um dadurch den Einblick in das, was Sie ausgedruckt hatten, zu verhindern. Aus der Ihnen vorliegenden Stellenbeschreibung und den sonstigen Anweisungen zur „internen Revision“ ist Ihnen bekannt, dass diese ausschließlich ein Überwachungsinstrument des Vorstands ist. Dem mit dieser Aufgabe Betrauten steht es nicht zu, den Vorstand zu kontrollieren. Die Arbeit des Vorstands überprüft ausschließlich der Aufsichtsrat und der mit der Pflichtprüfung beauftragte Wirtschaftsprüfer. Ihre Verstöße gegen die Ihnen übertragenen Aufgaben als Administrator sind ein so schwerwiegender Vertrauensmissbrauch, dass wir im Wiederholungsfalle das Arbeitsverhältnis mit Ihnen sofort beenden werden.“
Am selben Tage erteilte die Beklagte dem Kläger eine weitere Abmahnung wegen unerlaubter Privattelefonate während der Arbeitszeit (Bl. 34 d. A.), wobei der Kläger zu den Telefonaten behauptet, er habe sie ausschließlich im geschäftlichen Interesse geführt.
Am 17.11.2008 nahm der Kläger unter Nutzung seiner Administratorenrechte wiederum Einsicht in Datenbestände des Vorstands. Nach Vorbringen des Klägers nahm er dabei Einsicht in den elektronischen Kalender des Vorstandsmitglieds Frau ….. Zwei Kollegen hätten ihn gefragt, ob er wisse, ob Frau … im Hause sei.
Nach Vortrag der Beklagten wurde am 26.11.2008 wiederum vom Computer des Klägers unter Nutzung von Administratorenrechten auf Datenbestände des Vorstands zugegriffen. Der Kläger hat dazu zunächst (Bl. 62 d. A.) vorgetragen, hier sei zu sagen, dass an jenem Tag ein Gespräch im Büro des Herrn H gemeinsam mit Frau K stattgefunden habe. Er, der Kläger sei kurzfristig in das Büro des Herrn H zitiert worden, weshalb er sich an seinen PC nicht habe abmelden können. Das Gespräch habe um 15:58 Uhr begonnen und um 16:16 Uhr geendet. Die Beklagte hat hierauf erwidert, der Kläger räume ein, dass er das Administratorenprogramm geöffnet gehabt habe. Der Zugriff über dieses Programm durch „S B /RB J “ auf die Datei sei am 26.11.2008 16:08:16 erfolgt, wozu die Beklagte auf Ausdrucke des Zugriffs verweist (Bl. 172 d. A.), der Kläger sei aber nur gegen 16 Uhr für kurze Zeit im Büro des Vorstandsmitglieds gewesen. Der Kläger gebe aber auch einen Grund nicht dafür an, dass er das Administratorenprogramm vor 15:58 Uhr geöffnet gehabt und geöffnet gelassen habe. Daraufhin erwiderte der Kläger, es sei richtig, dass er am 26.11.2008 das Programm geöffnet gehabt habe und geöffnet gelassen habe, als er in das Büro des Herrn H gerufen worden sei. Ob hierüber ein Zugriff auf eine Datei am 26.11.2008 um 16:08 Uhr und 16 Sekunden erfolgt sei, müsse mit Nichtwissen bestritten werden. Er erkläre sich das jedenfalls nur so, dass dann ein Dritter unberechtigt hierüber Zugriff genommen habe.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 28.11.2008 (Bl. 15 d. A.), dem Kläger am selben Tag zugegangen, mit sozialer Auslauffrist zum 31.12.2008, hilfsweise zum 31.03.2009, und stellte dem Kläger sofort frei.
Dagegen wendet der Kläger sich mit seiner am 12.12.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Kündigungsschutzklage.
Der Kläger meint, er sei in seiner Funktion als Innenrevisor sogar verpflichtet gewesen, entsprechende Prüfungen der E-Mails des Vorstands vorzunehmen. Er habe nur deshalb auch die technische Möglichkeit gehabt, die Zugriffe als Innenrevisor durchzuführen, da ihm zugleich die Administratorenposition übertragen worden sei. Wäre er – so der Kläger – nicht zugleich Administrator gewesen, so hätte er den Administrator zur Hilfe rufen und ihn anweisen müssen, die Zugriffe technisch für ihn, den Kläger, zu ermöglichen.
Der Kläger meint auch, die Kündigung verstoße gegen den Ultima-Ratio-Grundsatz. Statt zu kündigen habe die Beklagte ihm bloß die Stellung als Innenrevisor entziehen müssen – notfalls mittels Änderungskündigung. Dann hätte er sich auch nicht mehr befugt gesehen und weitere Zugriffe trotz seiner technischen Möglichkeit unterlassen. Wenn die Beklagte das Vertrauen in den Kläger als Administrator verloren habe, so hätte sie ihm eben diese Funktion entziehen können. Auf beiden Wegen hätte sie das vermeintliche Zugriffsproblem lösen können. Auch bei Entziehung dieser Teilfunktionen wäre noch genügend Arbeit – gegebenenfalls auf einer Teilzeitstelle – vorhanden gewesen. Dazu verweist der Kläger darauf, dass er schon bei seiner Einstellung als Berater vorgesehen gewesen sei.
Darüber hinaus begehrt der Kläger in Entfernung der beiden Abmahnungen vom 14.11.2008 aus der Personalakte.
Mit seinen Zahlungsanträgen verlangt der Kläger das Gehalt für Januar bis März 2009 (Klageantrag zu 3), eine Gratifikation für das Jahr 2008 (Klageantrag zu 4) und einen Zuschuss zur Altersversorgung für die Monate Januar bis April 2009 (Antrag zu 6).
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zu der Beklagten nicht durch die Kündigung vom 28.11.2008 aufgelöst worden ist;
2. die Beklagte zu verurteilen, für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu Ziff. 1 ihn zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen bis zur rechtkräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag zu Ziff. 1. als Bankangestellten mit der Position des Geldwäschebeauftragten, des Datenschutzbeauftragten, des Innenrevisors, des Administrators und des Beraters für elektronische Bankdienstleistungen weiter zu beschäftigen;
3. für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu Ziff. 1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.405,19 € brutto abzgl. erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 4.043, 70 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 600, — € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
5. die Beklagte zu verurteilen, die beiden Abmahnungen vom 14.11.2008 zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen;
6. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 1.453,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Zu der Frage eines freien Arbeitsplatzes hat die Beklagte vorgetragen, es sei keiner frei gewesen. Zudem hätten auch die übrigen Aufgaben des Klägers das Vertrauen des Vorstandes in seine Loyalität unabdingbar vorausgesetzt. Der Kläger habe sich aber, wie die Korrespondenz mit ihm zeige, als unbelehrbar erwiesen.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 16.06.2009 die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat dagegen am 04.11.2009 Berufung eingelegt und diese am 29.12.2009 begründet. Wegen des Inhalts der Berufungsbegründung im Einzelnen wird auf Blatt 225 – 229 d. A. Bezug genommen. Bezug genommen wird auch auf den weiteren Schriftsatz des Klägers in der Berufungsinstanz vom 09.03.2010 (Bl. 237 ff. d. A.).
Der Kläger beantragt:
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zu der Beklagten nicht durch die Kündigung vom 28.11.2008 aufgelöst worden ist.
2. Die Beklagte wird verurteilt, für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu Ziffer 1.) den Kläger zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag zu Ziffer 1.) als Bankangestellter mit der Position des Geldwäschebeauftragten, des Datenschutzbeauftragten, des Innenrevisors, des Administrators und des Beraters für elektronische Bankdienstleistungen weiter zu beschäftigen.
3. Für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu Ziffer 1.) wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 11.405,19 € brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 4.043,17 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 600,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
5. Die Beklagte wird verurteilt, die beiden Abmahnungen vom 14.11.2008 zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen.
6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.453,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte meint, die Berufung des Klägers sei bereits nicht in zulässiger Weise begründet worden. Wegen des Vorbringens der Beklagten in der Berufungsinstanz im Einzelnen wird auf Bl. 234 ff. und Bl. 268 f. d. A. Bezug genommen.
Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätzen Bezug genommen, die Gegenstand der Verhandlung waren.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
A. Die Berufung des Klägers war zulässig.
Das erstinstanzliche Urteil wurde am 16.06.2009 verkündet. Es wurde, wie sich aus der Akte ergibt, erst am 26.02.2010 abgesetzt (Bl. 193 a d. A.). Zugestellt wurde das Urteil dem Prozessbevollmächtigten des Klägers erst am 17.03.2010 (Bl. 209 d. A.). Mit Verfügung vom 26.02.2010 (Bl. 193 a d. A.) verfügte der erstinstanzliche Vorsitzende zugleich „Wiedervorlage mit Reinschrift“. Das heißt, dass das Urteil jedenfalls nicht vor dem 26.02.2010 unterschrieben zur Geschäftsstelle gelangt ist.
Dieses wiederum bedeutet, dass es als ein Urteil ohne Gründe anzusehen ist (vgl. z. B. BAG 13.09.1995 – 2 AZR 855/94; 06.03.2003 – 2 AZR 596/02). Wenn ein Urteil als solches ohne Gründe anzusehen ist, kann auch eine Auseinandersetzung mit den Gründen folgerichtig nicht verlangt werden. Es reicht deshalb aus, wenn mit der Berufungsbegründung nur die hypothetisch angenommenen Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils angegriffen werden (BAG 13.09.1995 – 2 AZR 855/94; 16.06.2004 – 5 AZR 529/03; 06.03.2003 – 2 AZR 956/02).
Dieses hat der Kläger innerhalb der bis zum 16.01.2010 laufenden Berufungsbegründungsfrist getan. In seinem am 29.12.2009 eingegangenen Schriftsatz vom 18.12.2009 (Bl. 220 ff. d. A.) nimmt er zu den hypothetischen Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts, so wie er sie aus der mündlichen Verhandlung erschließen konnte, Stellung. Unter anderem rügte er, dass das Gericht in der Kammerverhandlung überhaupt nicht auf das Argument eingegangen sei, dass dem Kläger die Stellung als Systemadministrator oder als Innenrevisor habe entzogen werden können, bevor als letztes Mittel die Kündigung ausgesprochen werde. Allein dies reicht nach den hier zugrunde zu legenden Maßstäben als ausreichender Angriff auf die Entscheidung zum Kündigungsschutzantrag aus.
Dementsprechend reicht auch die Begründung zum Weiterbeschäftigungsantrag aus, für die er sich darauf beruft, dass das Gericht zu Unrecht die Kündigung als wirksam angesehen habe. Ebenso ausreichend ist die Begründung für die Zahlungsanträge für das Gehalt von Januar bis März 2009, dass diese vom Ausgang des Kündigungsschutzantrages abhängig gewesen sein.
Als hypothetischer Angriff reicht auch die Begründung zu dem Anspruch auf 600,00 € Sonderzahlung aus, wobei der Kläger vermutet, dass das Arbeitsgericht diesen Antrag wegen des Erfüllungseinwandes der Beklagten abgewiesen habe und die Erfüllung bestreitet.
Ebenso ist die Berufung zulässig hinsichtlich des Entfernungsanspruches für die zwei Abmahnungen. Da das Gericht den Anspruch nur deshalb abgewiesen hat, weil die Kündigungsschutzklage keinen Erfolg hatte, reicht der Angriff gegen die Abweisung der Kündigungsschutzklage aus, um die Berufung insoweit ausreichend zu begründen.
Schließlich ist auch dass zum Antrag zu 6. (Direktversicherung/Pensionsversicherung) Gesagte ausreichend, weil der Kläger davon ausgeht, dass dieser Anspruch wegen der Abweisung der Kündigungsschutzklage abgewiesen wurde.
Dahinstehen kann damit, ob zur Berufungsbegründung allein ausreicht, dass der Kläger eingangs des Begründungsschriftsatzes vorträgt, es müsse festgestellt werden, „dass das Arbeitsgericht Köln bislang weder auf unseren Schriftsatz vom 07.10.2009 geantwortet hat noch dass hier die entsprechenden Urteilsgründe vorliegen“. Nach den Maßstäben des BAG Urteils vom 16.04.2004 (5 AZR 229/03 – dort Rn. 42) könnten Zweifel bestehen, ob ein solcher Satz ausreicht. Zwar kann der Berufungsführer auch nur rügen, das Urteil als solches ohne Gründe anzusehen (BAG a. a. O.), nicht ausreichend aber ist ein lediglich erläuternder Hinweis darauf, dass das Urteil bislang noch nicht vorliege. Ob das in diesem Zusammenhang ausgedrückte „Bedauern“ als „Rüge“ ausreicht, kann nach dem oben Gesagten indes dahin stehen.
B. Die Berufung hatte jedoch in der Sache keinen Erfolg:
I. Hinsichtlich des Kündigungsschutzantrages gilt Folgendes:
1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die Prüfung, ob ein gegebener Lebenssachverhalt einen wichtigen Grund in diesem Sinne darstellt, vollzieht sich zweistufig: Zunächst ist zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles als wichtiger Grund an sich geeignet ist. Ist dies der Fall, bedarf es sodann der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (vgl. z. B. BAG 26.11.2009 – 2 AZR 272/08 -).
2. Im vorliegenden Fall hat der Kläger seine Pflichten als Computer-Administrator mehrfach grob verletzt, ist sodann abgemahnt worden, und hat sie erneut grob verletzt.
a) In der Rechtsprechung wird – soweit ersichtlich – einheitlich davon ausgegangen, dass der Missbrauch von Zugangsrechten durch Systemadministratoren regelmäßig eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt (vgl. LAG München 08.07.2009 – 11 Sa 54/09 -; Arbeitsgericht Aachen 16.08.2005 – 7 Ca 5514/04 -; OVG Nordrhein-Westfalen 13.10.2006 – 1 A 4365/05. PVB). Auch das Bundesarbeitsgericht hat in der Entscheidung vom 25.11.1981 (7 AZR 463/79), in der es nur über eine ordentliche Kündigung zu urteilen hatte, ausgeführt, dass der Missbrauch einer EDV-Anlage durch einen Arbeitnehmer einen verhaltensbedingten Grund für eine ordentliche Kündigung darstellt, ohne dass es eine Abmahnung bedarf (in diesem Fall ging es nicht um einen Administrator).
Der Administrator hat – dass es zwischen den Parteien auch unstreitig (Vortrag der Beklagten Bl. 20 d. A.; vom Kläger nicht bestritten) bei technischen Erfordernissen alle Konfigurationen (Einstellung von Hard- und Software) vorzunehmen. Er kann löschen und Löschungen wiederherstellen sowie Datenbanken warten. Er hat deshalb die technische Möglichkeit, auf alle Datenbestände zuzugreifen. Er ist somit technisch auch in der Lage, auf ein– und ausgehende elektronische Post (E-Mails) zuzugreifen. Er darf diese Möglichkeiten aber nur im Rahmen seiner Aufgaben, das heißt bei Aufgaben, die der Funktion des Computersystems dienen, nutzen, nicht jedoch außerhalb dieser Aufgaben, um Inhalte fremder Datenbestände einzusehen oder zu nutzen.
b) Der Kläger hat nicht nur am 23.10.2008 ohne vorherige Genehmigung einen Anhang zu einer an das Vorstandsmitglied K gerichteten E-Mail unter Nutzung seiner Administratorenrechte ausgedruckt, sondern in seiner Stellungnahme vom 29.10.2010 (Bl. 30 f. d. A.) eingeräumt, auch schon zuvor „einige mails“ aus den Vorstandspostkästen geöffnet zu haben.
Ihm ist daraufhin unter dem 14.11.2008 die oben zitierte Abmahnung erteilt worden, die ihm in aller Deutlichkeit vorführte, dass darin ein schwerer Vertrauensmissbrauch gesehen werde und dass im Wiederholungsfall das Arbeitsverhältnis sofort beendet werde.
Für die Warnfunktion der Abmahnung ist es unerheblich, ob – was der Kläger bestreitet – der Zusatz richtig ist, dass er beim Betreten seines Büros durch das Vorstandsmitglied H den ausgedruckten Text sofort gewendet habe, um dadurch den Einblick in das, was er ausgedruckt habe, zu verhindern. Denn auch dann, wenn Teile der Vorwürfe unzutreffend sind, behält hinsichtlich der zutreffenden Vorwürfe die Abmahnung ihre Warnfunktion (BAG 19.02.2009 – 2 AZR 603/07 -).
Dabei ist zusätzlich darauf hinzuweisen, dass nach Auffassung der Kammer, die ersichtlich auch in der übrigen Rechtsprechung geteilt wird (s.o.), es zu einer Kündigung dieser Abmahnung gar nicht bedurft hätte. Die Beklagte hätte statt einer Abmahnung den Vorfall vom 23.10.2009 und insbesondere das Einräumen des Klägers, dass er bereits mehrfach elektronische Post des Vorstands geöffnet habe, zum Anlass einer außerordentlichen Kündigung nehmen können.
Mahnte die Beklagte den Kläger gleichwohl ab, und verdeutlichte sie ihm dabei, dass bereits ein schwerer Vertrauensmissbrauch vorliege und dass das Arbeitsverhältnis im Wiederholungsfalle „sofort“ beendet werde, so war der Kläger mehr als ausreichend gewarnt, dass jeder weitere Missbrauch des Administratorenrechts das Vertrauensverhältnis endgültig zerstören werde und zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen werde.
Gleichwohl missbrauchte der Kläger schon am 17.11.2010 seine Administratorenrechte erneut. Er griff erneut unter Nutzung seines Administratorenzugangs auf Datenbestände des Vorstands zu. Auch dann, wenn man die Behauptung des Klägers als richtig unterstellt, dass er auf den Kalender des Vorstandsmitglieds Frau K zugegriffen habe, weil zwei Mitarbeiter die Frage gestellt hätten, ob Frau K im Hause sei, so entlastet das den Kläger nicht. Der Kalender eines Vorstandsmitglieds kann ebenso sensible Informationen enthalten, wie eine E-Mail. Dem Kläger war durch die Abmahnung zweifelsfrei verdeutlicht worden, dass jeder Zugriff unter Nutzung der Administratorenrechte, der nicht mit der Verwaltung des Systems, insbesondere mit Veränderungen an und in den verschiedenen Systemen zusammenhing, unzulässig sei und als schwerer Vertrauensmissbrauch gewertet werde.
War die Beklagte nach dem Vorhergegangenem bereits berechtigt, zum Mittel der außerordentlichen Kündigung ohne Abmahnung zugreifen, so reichte nach der Abmahnung dieser eine Fall, um das Vertrauen des Vorstands in den Kläger endgültig zu zerstören und eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.
Es kann dementsprechend dahinstehen, ob, von wem und aus welchem Grunde am 26.11. erneut vom Computer des Klägers auf Datenbestände des Vorstandes zugegriffen wurde.
3. Die Einsichtnahme des Klägers in E-Mails des Vorstands, das Ausdrucken der E-Mails und E-Mail-Anhänge von Frau K und der Einblick in den Kalender von Frau K waren auch nicht durch die Funktion des Klägers als Innenrevisor gerechtfertigt. Dieses aus mehreren Gründen:
a) Die Funktion des Klägers als Innenrevisor gab ihm nicht das Recht, aus freien Stücken und ohne Abstimmung mit dem Vorstand unter Nutzung seiner Administratorenrechte Datenbestände des Vorstands, insbesondere E-Mails und den Vorstandskalender einzusehen.
Der Kläger meint, er sei als Innenrevisor sogar verpflichtet gewesen, entsprechende Prüfungen auch der E-Mails des Vorstandes vorzunehmen, er habe sich bei seinen Zugriffen „stets auf seine Position als Innenrevisor berufen“, er habe die technische Möglichkeit, die Zugriffe als Innenrevisor durchzuführen, da ihm zugleich die Administratorenposition übertragen worden sei; wäre er – so die Argumentation des Klägers weiter – nicht zugleich Administrator gewesen, so hätte er den Administrator anweisen müssen, die Zugriffe technisch für ihn, dem Kläger zu ermöglichen (Bl. 46 d. A.). Der Kläger meint, er sei befugt gewesen, die Tätigkeit des Vorstands zu überwachen und auf Unregelmäßigkeiten zu überprüfen (Bl. 58 d. A.). Das Direktionsrecht des Vorstandes – so der Kläger in der Berufungsbegründung (Bl. 222 d. A.) – erschöpfe sich darin, den Kläger anzuweisen, zusätzliche Prüfungen durchzuführen. Ansonsten sei der Kläger weisungsunabhängig und sein Prüfungsrecht dürfe demgemäß auch nicht eingeschränkt werden. Der Vorstand könne sein Prüfungsrecht nur erweitern.
Diese Argumentation ist unrichtig:
Es ist schon in sich abwegig, dass ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber zum Revisor bestellt wird und seine Aufgabe darin sieht, den Arbeitgeber selbst oder bei einer juristischen Person die Organe zu überprüfen, durch die der Arbeitgeber handelt. Bereits das Arbeitsgericht hat es zu Recht als eine Selbstverständlichkeit angesehen, dass Revisorenfunktionen nicht beinhalten, den Arbeitgeber oder seine Organe auszuspähen.
Das Ganze ist jedoch eindeutig in den für die Tätigkeit des Klägers als Revisor geltenden Unterlagen regelt, nämlich in der Stellenbeschreibung (Bl. 68 f. d. A.), in der Richtlinie (Bl. 70 ff. d. A.) und in den Rahmenbedingungen (Bl. 122 ff. d. A.), die zum Zeitpunkt der Taten des Klägers nach unstreitigem Vorbringen beider Parteien galten:
aa) Was zunächst die Weisungsrechte des Vorstands anbelangt, so weist bereits die Stellenbeschreibung (Bl. 68 d. A.) aus, dass der Vorstand dem Kläger „übergeordnet“ ist. Auch die Richtlinie regelt (Bl. 70 d. A.): „Die interne Revision empfängt Weisungen ausschließlich und unmittelbar vom Vorstand und ist nur ihm für ihre Tätigkeit verantwortlich.“ Dass die Aufgabe des Revisors nicht auch die ist, den Vorstand zu kontrollieren, ergibt sich daraus, dass nach gesetzlicher Regelung der Aufsichtsrat den Vorstand zu überwachen hat und in der Richtlinie ausdrücklich geregelt ist, dass der Aufsichtsrat kein Weisungsrecht gegenüber der internen Revision hat und die interne Revision dem Aufsichtsrat nur „im Einvernehmen mit dem Vorstand“ behilflich sein kann. Aus den Rahmenbedingungen (Bl. 164 d. A.) ergibt sich des Weiteren, dass der Vorstand die Tätigkeit der internen Revision „definiert“ – und zwar als „Teil seiner (d. h. des Vorstands) Überwachungsaufgabe der ihm durch § 34 GenG übertragenen Pflicht“. Daraus ergibt sich eindeutig, dass es nicht Aufgabe der Revision ist, dem Vorstand zu überwachen, sondern dass diese dem Vorstand bei seiner Überwachungsaufgabe zu helfen hat. Ferner ergibt sich aus den Rahmenbedingungen, dass die interne Revision ihre Tätigkeit „in unmittelbarem Auftrag des Vorstandes“ wahrnimmt (Bl. 137 d. A.) und als Stabstelle „dem Vorstandsmitglied Herrn H unterstellt“ ist.
Nochmal heißt es in den Rahmenbedingungen klar: „Die interne Revision nimmt daher nur Aufgaben wahr, die ihr resultierend aus der Überwachungsaufgabe des Vorstandes von diesem übertragen wurden.“
Der Revisor untersteht mithin eindeutig uneingeschränkt Weisungsrecht des Vorstandes und hat keine Aufgabe wahrzunehmen, die ihr nicht vom Vorstand übertragen ist.
bb) Dem entspricht es, dass die Revision nur im Rahmen eines vom Vorstand in Kraft gesetzten Prüfungsplanes tätig werden darf und sonst nur bei Sonderprüfungen in Abstimmung mit dem Vorstand:
„Grundlage für die Prüfungstätigkeit ist ein von der internen Revision aufgestellter, sämtliche Prüfungsgebiete umfassender Prüfungsplan, der vom Vorstand in Kraft gesetzt wird.“ (Richtlinie Bl. 71 d. A.). Der Prüfungsplan ist rechtszeitig zu erstellen und „dem Gesamtvorstand zur Genehmigung vorzulegen“ (Bl. 131 d. A.). Auch aus der Stellenbeschreibung (Bl. 68 d. A.) ergibt sich, dass ein Prüfungsplan aufzustellen ist und dem Vorstand zur Entscheidung vorzulegen ist. „Änderungen des Prüfungsplanes bedürfen einer besonderen Anweisung des Vorstandes“ (Richtlinie Bl. 71 d. A.). Sofern der Prüfungsplan nicht eingehalten werden kann, ist hierüber ebenfalls der Vorstand frühzeitig zu unterrichten (Bl. 71 d. A.).
Bei Sonderprüfungen (Bl. 135 d. A.) ist „im Einzelfall (…) in Abstimmung mit dem für die Revision zuständigen Vorstandsmitglied, Herrn H , zu entscheiden, welche Maßnahmen ergriffen werden, um der Bedeutung der Sonderprüfung einerseits und der Einhaltung des Prüfungsplanes andererseits gerecht zu werden.“
Daraus ergibt sich, dass sich die gesamte Tätigkeit der Revision in enger Abstimmung mit dem Vorstand zu vollziehen hat und insbesondere zuvor in einem vom Vorstand in jeder Fassung zu genehmigenden Prüfungsplan geregelt sein muss.
cc) Zu Unrecht beruft sich der Kläger auf die Vorschrift der vom Vorstand in Kraft gesetzten „Rahmenbedingungen“, die die Überschrift trägt „schwerwiegende Feststellungen gegen Mitglieder des Vorstands“. Dort heißt es: „Trifft die interne Revision im Rahmen ihrer Prüfungshandlungen schwerwiegende Feststellungen gegenüber einem Vorstandsmitglied, so hat die interne Revision dem Gesamtvorstand innerhalb eines Arbeitstages unverzüglich zu berichten (…).“
Hierin ist offensichtlich keine Zuständigkeit für eine gezielte Prüfung des Vorstandes ohne Wissen des zuständigen Vorstandsmitglieds geregelt. Vielmehr ist nur der – nicht auszuschließende – Fall geregelt, dass von der Revision „im Rahmen ihrer Prüfungshandlungen“, das heißt in dem zuvor dargestellten, durch den Prüfungsplan abgesteckten Rahmen und gegebenfalls bei mit dem Vorstand abgestimmten Sonderprüfungen schwerwiegende Feststellungen gegenüber einem Vorstandsmitglied getroffen werden. Keineswegs ist hier ein Recht der Revision geregelt, außerhalb des vom Vorstand genehmigten Prüfungsplanes und außerhalb der von mit diesem abgestimmten Sonderprüfungen aus eigener Initiative und ohne Information des zuständigen Vorstandmitglieds gezielt eines der beiden Vorstandsmitglieder auszuforschen. Es wird viel mehr geregelt, dass bei Feststellungen gegen Vorstandsmitglieder, die im Rahmen der vorabgestimmten Prüfungshandlungen gemacht werden, unverzüglich, nämlich noch innerhalb eines Arbeitstages, der Gesamtvorstand informiert werden muss.
b) Selbst wenn es Aufgabe der Revision gewesen wäre, ihre Kontrollen auch auf den Vorstand zu erstrecken, so hätte der Kläger dazu nicht seine Administratorenrechte benutzen dürfen. Zu Unrecht beruft der Kläger sich darauf, dass in der Richtlinie geregelt ist: „Sie (die Revision) ist daher berechtigt, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte sowie Einblicke in alle Arbeitsvorgänge, Geschäftsvorfälle und Unterlagen der Bank zu verlangen“ und dass in den Rahmenbedingungen geregelt ist: „Der internen Revision sind daher unverzüglich alle benötigten Informationen zu erteilen, alle notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen und Einblick in alle Betriebs- und Geschäftsabläufe zu gewähren.“ (Bl. 137 d. A.).
Die Revision kann hiernach die Erteilung von Auskünften verlangen, diese sind ihr „zu erteilen“, „zur Verfügung zu stellen“ und „zu gewähren“.
Eindeutig nicht ist dort geregelt, dass der Revisor unter Ausnutzung seiner Administratorenrechte heimlich und ohne vorherige Information des für die eingesehenen Daten Berechtigten in diese Einsicht nehmen darf.
c) Ebenso ist die Argumentation des Klägers unrichtig, dass er als Innenrevisor auch den Administrator hätte anweisen können, entsprechende Einsicht zu nehmen. Denn in den Richtlinien (Bl. 70 d. A.) ist klar geregelt: „Die interne Revision ist eine Stabstelle und hat anderen Stellen gegenüber kein eigenes Weisungsrecht.“
d) Selbst dann aber, wenn der Kläger als Revisor grundsätzlich berechtigt gewesen wäre, den Vorstand zu kontrollieren, so entschuldigt das nicht seine konkreten Handlungen. Denn der kündigungsauslösende Fall, die Einsichtnahme in den Kalender des Vorstandsmitglieds Frau K hat offensichtlich nichts mit der Revision zu tun, auch nach der Behauptung des Klägers nicht. Der insoweit, weil Motivation und Anlass allein in seiner Sphäre liegen, darlegungspflichtige Kläger hat auch nichts dazu vorgetragen, aus welchem Anlass er zuvor „einige Male“ E-Mails des Vorstands geöffnet habe. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass dieses Öffnen in irgendetwas mit Revisorentätigkeiten zu tun hatte.
4. Auch im Rahmen der Interessenabwägung gelangt die Kammer dazu, dass die außerordentliche Kündigung berechtigt war: Der Kläger hat durch das Öffnen der E-Mails in schwerer Weise das Vertrauen des Vorstandes missbraucht. Der Vorstand musste ihn als illoyalen Mitarbeiter ansehen, der das in ihn als Administrator und als Revisor gesetzte Vertrauen dazu missbrauchte, den Vorstand selbst auszuspähen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass beim Vorstand viele vertrauliche Daten zusammengefasst sind, so Daten aus dem Personalbereich, aus dem Kundenbereich und aus dem Interbankenbereich.
Besonders schwerwiegend ist indes, dass der Kläger durch die Abmahnung eindeutig gewarnt war und kurz Zeit später erneut seine Administratorenrechte missbrauchte. Er erwies sich daher als unbelehrbar, so dass der Vorstand jederzeit mit einer erneuten Missbrauch rechnen musste. Aus diesem Grunde war es dem Vorstand auch unter prognostischen Gesichtspunkten nicht zuzumuten, auch noch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist mit dem Kläger zu arbeiten.
5. Aus diesem Grunde kam auch kein anderes Mittel als eine fristlose Kündigung in Betracht. Der Vorstand gewährte dem Kläger zwar eine Auslauffrist, stellte ihn aber sofort frei.
Auch auf einen anderen Arbeitsplatz brauchte der Vorstand den Kläger unter dem Gesichtspunkt der Ultima Ratio der Kündigung nicht umzusetzen. Da der Kläger in einer Vertrauensposition das Vertrauen in grober Weise missbraucht hatte und sich als illoyal und unbelehrbar erwiesen hatte, musste der Vorstand auch in jeder anderen Tätigkeit damit rechnen, dass der Kläger in ihn gesetztes Vertrauen missbrauchen würde und sich illoyal erweisen würde.
6. Mit der am 28.11.2008 zugegangenen Kündigung hat die Beklagte auch die zweiwöchige Frist des § 626 Abs. 2 BGB nach dem Vorfall vom 17.11.2008 gewahrt.
7. Die Kündigung verstößt schließlich auch nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 4 f. Abs. 3 S. 3 BDSG. Es fehlt an jedem Zusammenhang zwischen der Kündigung und der Tätigkeit des Klägers als Datenschutzbeauftragten.
B. Dem Kläger steht auch kein Weiterbeschäftigungsanspruch zu, da das Arbeitsverhältnis auf dem Grund der Kündigung mit dem 31.12.2008 beendet wurde.
C. Das Gleiche gilt für die Ansprüche auf Entgelt aus Annahmeverzug für die Monate Januar bis März 2009. Das Arbeitsverhältnis ist aufgrund der Kündigung zum 31.12.2008 beendet worden.
D. Zu Recht auch hat das Arbeitsgericht entschieden, dass der Kläger gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung einer Gratifikation von 600,00 € für das Jahr 2008 hat.
Die Beklagte hat eine entsprechende Zahlung an andere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen als freiwillige übertarifliche Leistung erbracht. In dem der Zahlung zugrunde liegenden Rundschreiben vom 15.11.2008 (Bl.114 d. A.) ist als Voraussetzung der Zahlung die Tätigkeit über den 31.12.2008 hinaus genannt. Der Kläger war nicht über den 31.12.2008 hinaus tätig. Zu Recht hat das Arbeitsgericht entschieden, dass der Kläger auch keinen Anspruch nach dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hat. Die Differenzierung nach dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses einerseits und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist nicht sachwidrig oder willkürlich. Der Arbeitgeber darf bei einer freiwilligen Leistung danach differenzieren, ob das Arbeitsverhältnis noch ungekündigt besteht (vgl. BAG 08.03.1995 AP Nr. 184 zu § 611 BGB Gratifikation).
E. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte. Ist das Arbeitsverhältnis beendet, so besteht dieser Anspruch grundsätzlich nicht mehr (BAG 14.09.1994 NZA 1995, 220 ff.). Davon gibt es nur Ausnahmen, wenn – so im öffentlichen Dienst, wo bei einer Bewerbung grundsätzlich die Personalakten aus der früheren Beschäftigung angefordert werden – objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Abmahnung dem Arbeitsverhältnis noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaden kann. Derartige Anhaltspunkte hat der Kläger nicht dargelegt.
F. Unbegründet ist auch der Anspruch auf Weiterzahlung der Arbeitgeberbeiträge zur Direktversicherung und zur Pensionsversicherung, die der Kläger mit dem Klageantrag zu 7. für die Monate Januar bis April 2009 verfolgt. Denn das Arbeitsverhältnis ist zum 31.12.2008 wirksam beendet worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.