AG München – Az.: 173 C 21023/12 – Urteil vom 27.12.2012
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.05.2012 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 109,00 € festgesetzt.
Gründe
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Aus dem vorgelegten Fahrpreisnacherhebungsbeleg und der Anlage B 1 ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts, dass die Beklagte bei der Kontrolle einen auf Grundlage der Bahncard 50 gelösten Fahrschein sowie eine abgelaufene vorläufige Bahncard 50 mit sich führte. Bei „Fahrgast ohne Fahrschein“ erfolgte die Eintragung „—„, bei „Grund der Beanstandung“ „Geltungsdauer abgela“, bei „Fahrausweisart“ „BC/Familienkarte“. Auch der Fahrpreis für die Weiterfahrt von 55 EUR steht damit im Einklang, denn er beträgt genau die Hälfte des vollen Preises, mithin den Aufpreis auf einen mit einer Bahncard 50 gelösten Fahrschein.
Weiterhin ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus den Anlagen B 1 bis B 3, dass die Beklagte am 20.1.2012 eine Bahncard 50 mit Gültigkeit für ein Jahr erwarb.
Gemäß § 12 Abs. 1 b) EVO ist der Reisende zur Zahlung eines erhöhten Fahrpreises verpflichtet, wenn er sich einen gültigen Fahrausweis beschafft hat, ihn jedoch bei einer Prüfung der Fahrausweise nicht vorzeigen kann. Gemäß § 12 Abs. 2 EVO beträgt der erhöhte Fahrpreis das Doppelte des gewöhnlichen Fahrpreises für die vom Reisenden zurückgelegte Strecke. Gemäß § 12 Abs. 3 EVO ermäßigt sich jedoch der erhöhte Fahrpreis auf 7 Euro, wenn der Reisende innerhalb einer Woche ab dem Feststellungstag bei einem Bahnhof der befördernden Eisenbahn nachweist, daß er im Zeitpunkt der Feststellung Inhaber eines gültigen Fahrausweises war.
Danach ist grundsätzlich der erhöhte Fahrpreis bereits dann geschuldet, wenn ein Fahrausweis vorhanden war, jedoch nicht vorgelegt wird. Für den Fall eines Nachweises des Besitzes eines Fahrausweises sieht § 12 Abs. 3 EVO eine Reduktion des erhöhten Fahrpreises vor. Diese Norm ist zwar von ihrem Wortlaut nicht einschlägig, doch aufgrund Sinn und Zweck erweiternd so auszulegen, dass auch für den Fall einer erworbenen Bahncard, die lediglich noch nicht übersandt worden ist, nur ein Betrag von 7 EUR geschuldet ist. Die Fristbestimmung von 1 Woche ist insoweit nicht von Relevanz, denn die Einhaltung der Frist liegt insoweit nicht in der Sphäre des Kunden. Schließlich verstieße es jedenfalls gegen Treu und Glauben wenn es die Klägerin bei tatsächlicher Berechtigung der Beklagten zur Bezahlung des hälftigen Fahrpreises durch die erst spätere Übersendung der Bahncard 50 erreichen könnte, dass die Beklagte für eine durchgeführte Fahrt den vollen Fahrpreis zahlen muss. Zahlen muss die Beklagte jedoch (allein) die als Verwaltungsgebühr anzusehenden 7 EUR. Dies ist auch kein Verstoß gegen Treu und Glauben, denn es wäre ihre Obliegenheit gewesen, sich um die rechtzeitige Zusendung der Bahncard 50 frühzeitig zu kümmern.
Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB, wobei ein Zugang der Mahnung erst am 29.5.2012, somit Zinsbeginn am 30.5.2012 anzunehmen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Beklagte hat nahezu vollständig obsiegt.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3 ZPO, 63 Abs. 2 GKG.