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Fahrzeugkaufvertrag – unwirksamer Gewährleistungsausschluss

LG Bielefeld – Az.: 1 O 243/17 – Urteil vom 01.02.2019

I.   Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 13.062,65 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.05.2017, Zug um Zug gegen Rücknahme des PKW Jaguar S-Type 2.7 d, Fahrgestellnr. XXX, zu zahlen.

II.   Es wird festgestellt, dass der Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs Jaguar S-Type 2.7 d, Fahrgestellnr. XXX, in Verzug ist.

III.   Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten i. H. v. 1.029,35 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.09.2017 zu zahlen.

IV.   Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

V.   Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Rückabwicklung eines Kaufvertrages nebst Aufwendungs- und Schadensersatz.

Unter dem 02.12.2016 erwarb der Kläger beim Beklagten das streitgegenständliche Fahrzeug zum Preis von 12.700,00 EUR und zu einem Km-Stand von 109.474 km. Zur Erstellung des Kaufvertrages wurde ein Formular für Unternehmerkäufe verwendet, wonach „der Käufer in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit […] unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung für Sach- und Rechtsmängel […]“ das Fahrzeug bestellte. Unter „Garantie“ hieß es: „Der Käufer erwirbt zusätzlich eine Garantie der Gesellschaft: 1 Jahr Garantie S. vermittelt“. Das Fahrzeug war zuvor mit einem Km-Stand von 99.800 km beworben worden. Im Rahmen des Erwerbs wurde vereinbart, dass an dem Fahrzeug noch einige – im Einzelnen streitige – Arbeiten durchgeführt werden sollten. Am 16.12.2016 holte der Kläger das Fahrzeug ab. Zugleich wurde ihm ein Ersatz-Checkheft übergeben, dessen einzige Eintragung mit Datum vom 18.05.2016 einen km-Stand von 109.516 km aufwies.

Mit Datum vom 16.12.2016 unterzeichnete der Kläger eine vom Zeugen D. vorgelegte „Zusatzvereinbarung“, wonach er erkläre, den Kauf „wie bereits in der verbindlichen Bestellung vereinbart, in Ausübung seiner selbständigen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit als …. vorzunehmen.“ Weiter hieß es darin: „In dem Zusammenhang wurde auch eine Reduzierung des Kaufpreises in Höhe von: … vereinbart.“

Am 23.12.2016 war im Kühlsystem des Fahrzeugs ein Rohr undicht. Nach Absprache mit dem Zeugen D. wurde dies vom KfZ-Meisterbetrieb T. behoben, wofür dieser dem Kläger 163,86 EUR in Rechnung stellte.

Mit E-Mail vom 29.01.2017 informierte der Kläger den Zeugen D. darüber, dass die Parksensoren hinten unbrauchbar seien, der Fensterheber an der Fahrerseite rubbele, wenn das Fenster hoch fahre oder die Scheibe nach unten gehe, anstatt zu schließen. Ferner seien an der Heckscheibe diverse Heizdrähte defekt und es befinde sich weiterhin Wasser im Kofferraum. Den linken Rückscheinwerfer bekomme das Autohaus des Beklagten wieder zurück, da er tiefe Kratzer habe und an einer Ecke Glas abgebrochen sei. Es wäre schön, wenn man sich einigen könne, da er, der Kläger, nicht ewig mit zwei unterschiedlichen Rückleuchten durch die Gegend fahren wolle.

Am 03.02.2017 trat eine Undichtigkeit am Katalysator auf, mit der Folge, dass Abgase in den Innenraum gelangten. Auch dies wurde nach Rücksprache mit dem Zeugen D. vom Betrieb T. repariert. Die Reparaturkosten beliefen sich auf 749,70 EUR, wovon der Beklagte 690,12 EUR zahlte (Differenz: 59,58 EUR).

Am 05.04.2017 stellte der Kläger das streitbefangene Fahrzeug abermals in der Werkstatt T. vor. Hierauf informierte der Kläger den Zeugen D. darüber, dass ein Motorschaden vorliege. Seitdem steht das Fahrzeug in der Werkstatt T..

Im weiteren Verlauf beauftragte der Kläger seinen vormaligen, während des Rechtsstreits verstorbenen, Prozessbevollmächtigten, wofür 1.029,35 EUR anfielen. Am 19.04.2017 forderte dieser den Beklagten auf, bis zum 26.04.2017 das Fahrzeug gegen Rückerstattung des Kaufpreises, abzgl. einer Nutzungsentschädigung, zurückzunehmen bzw. vorsorglich, das Fahrzeug ordnungsgemäß nachzubessern. Unter dem 04.05.2017 bot der Beklagte an, entweder das Fahrzeug zum Zwecke der Nachbesserung dorthin zu verbringen oder den Kaufvertrag zu wandeln, das Fahrzeug zurückzunehmen, „abzüglich der gefahrenen Kilometer, Alterswertverlust (Jahreswechsel, weiteren Vorbesitzer)“. Für beide Vorgehensweisen sei es notwendig, dass das Fahrzeug motortechnisch einwandfrei laufe. Da der Kläger ja die Motorgarantie über die S. Versicherung abgedeckt habe, müsse er eine eventuelle Motor-Reparatur gemeinsam mit der S. Versicherung umsetzen und abschließen. Da man nicht wisse, welches Malheur in der Werkstatt passiert sei, könne man nicht aus der Ferne mitreden. Nach dieser erfolgten Reparatur solle der Kläger ihn wissen lassen, ob er die Kulanzleistung i. F. e. Nachbesserung oder Wandlung annehmen wolle.

Mit Schreiben vom 15.05.2017 erklärte der vormalige Prozessbevollmächtigte des Klägers den Rücktritt vom Kaufvertrag unter ausdrücklichem Angebot des Fahrzeugs und Aufforderung zur Kostentragung i. H. v. 13.778,32 EUR bis zum 22.05.2017 auf. Unter dem 22.05.2017 wies der Beklagte auf sein Schreiben vom 04.05.2017 hin. Unter dem 23.05.2017 setzte der vormalige Klägervertreter eine Frist bis zum 26.05.2017. Unter dem 26.05.2017 erklärte der Beklagte, es sei „an einem älteren Gebrauchtwagen leider ein Mangel aufgetreten“. Man schlage vor, dass das Fahrzeug beim Kläger abgeholt werde und das Fahrzeug in Abstimmung mit der Garantiefirma repariert werde. Alternativ schlage man vor, das Fahrzeug zurückzunehmen, Zug um Zug gegen Erstattung des Kaufpreises abzgl. Nutzungsentschädigung. Die angedachten Betriebskosten würden aber nicht übernommen, da diese nur der Nutzung des Klägers dienlich gewesen seien. Für diesen Vorschlag benötige man die Vollmacht von der Versicherung, um vor der Wandlung alles in Stand zu setzen. Den Eigenanteil des Klägers trage die Beklagtenseite. Unter dem 06.06.2017 bot der Klägervertreter an, gegen Zahlung von 12.558,32 EUR sowie der entstandenen Anwaltskosten das Fahrzeug zurückzugeben und setzte eine Frist bis zum 13.06.2017. Am 12.06.2017 erklärte der Beklagte, das klägerische Angebot abzulehnen. Eine Fahrzeugrücknahme sei nur unter den klaren und fairen Vorgaben möglich. Der Kaufpreis abzgl. Nutzungsgebühr werde erstattet (insg. 12.334,88 EUR). Wie von Anfang an erbeten, erhalte der Beklagte eine Komplettabtretung und Schadensmeldung von den Leistungen der S.-Garantie Versicherung über die angedeuteten Reparaturen, damit er die Möglichkeit habe, das Fahrzeug, wie einst übergeben, in einen fahrtüchtigen Zustand zu versetzen. Der Klägervertreter verwies unter dem 19.06.2017 auf sein Schreiben vom 06.06.2017 und setzte eine Frist bis zum 23.06.2017 . Am 27.06.2017 erklärten die mittlerweile beauftragten Beklagtenvertreter, bzgl. einer möglichen Abtretung der Ansprüche gegen die Garantieversicherung müsse noch abgeklärt werden, ob eine einfache Bevollmächtigung genüge. Der Klägervertreter solle mitteilen, wann und wo das Fahrzeug zwecks Überprüfung zur Verfügung gestellt werden könne. Möglicherweise bestehe auch die Möglichkeit einer einvernehmlichen Rückabwicklung. Erforderlich sei, dass das Fahrzeug von Beklagtenseite in Augenschein genommen werden könne; man erwarte gerne Vorschläge hierzu. Mit Schreiben vom 28.06.2017 setzte der Klägervertreter eine letzte Frist bis zum 05.07.2017.

Das Fahrzeug weist einen km-Stand von 114.690 km auf.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger vom Beklagten die Zahlung von insg. 13.062,65 EUR. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus dem Kaufpreis i. H. v. 12.700,00 EUR, einem Anteil an der KfZ-Steuer von 209,00 EUR, einem Anteil an der Kfz-Versicherung von 361,78 EUR, Zulassungskosten i. H. v. 48,00 EUR, Abmeldekosten i. H. v. 10,00 EUR, dem Differenzbetrag der Rechnung T. vom 03.02.2017 i. H. v. 59,58 EUR sowie der Rechnung T. vom 23.12.2016 i. H. v. 163,86 EUR, abzgl. einer Nutzungsentschädigung i. H. v. 489,57 EUR. Die Klage ist dem Beklagten am 05.09.2017 zugestellt worden.

Der Kläger behauptet, den Zeugen D. im Verkaufsgespräch darauf hingewiesen zu haben, dass er bei der Gemeinde Steinhagen beschäftigt sei. Am 05.04.2017 habe der Motor laut geklappert. Während der Vorstellung in der Werkstatt T. seien der Zahnriemen gerissen und der Motor abgestorben. Die Werkstatt sei von einem kapitalen Motorschaden ausgegangen. Als er den Zeugen D. informiert habe, habe dieser auf die Versicherung hingewiesen, aber die Frage, wer denn die anderen 50 % trage, zurückgewiesen.

Der Kläger behauptet weiter, im Laufe der letzten Wochen der Nutzung sei die Klimaanlage defekt gewesen, die Parksensoren hinten seien defekt oder falsch eingestellt und der Fensterheber an der Fahrerseite rubbele während des Hochfahrens oder die Scheibe gehe nach unten statt nach oben. An der Heckscheibe seien diverse Heizdrähte defekt und der rechte Rückscheinwerfer sei statt aus klarem Glas dunkel getönt.

Wegen des Abweichens des km-Standes im Serviceheft (Datum: 18.05.2016, eingetragen: 109.516 km) vom km-Stand im Kaufvertrag (Datum: 02.12.2016, eingetragen: 109.474 km) erklärt der Kläger die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung.

Der Kläger beantragt,

1.   den Beklagten zu verurteilen, Zug-um-Zug gegen Rücknahme des PKW Jaguar S-Type 2.7 d, Fahrgestellnummer XXX an ihn 13.062,65 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz der EZB seit dem 23.05.2017 zu zahlen;

2.   festzustellen, dass der Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs  Jaguar S-Type 2.7 d mit der amtlichen Fahrgestellnummer XXX im Verzug ist;

3.   den Beklagten weiter zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Anwaltskosten i. H. v. 1.029,35 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,  die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, vor Übergabe des Fahrzeugs sei dieses vom örtlichen Jaguar-Händler überprüft worden. Auch sei eine Inspektion durchgeführt worden. Er habe mit dem Kläger eine Abgeltungsvereinbarung für alle etwaigen gegenwärtigen und zukünftigen Mängelansprüche getroffen.

Der Beklagte meint, bei den geltend gemachten anteiligen Kosten für die KfZ-Steuer, KfZ-Versicherung, Zulassung und Abmeldung handele es sich um Sowieso-Kosten.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen D. und U. in der öffentlichen Sitzung am 01.02.2019. Wegen der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 169- 179 d. A.) Bezug genommen. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Dem Kläger stehen die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche zu.

I.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises i. H. v. 12.700,00 EUR abzgl. Nutzungsentschädigung, Zug um Zug gegen Rückgabe des PKW Jaguar S-Type 2.7 d, Fahrgestellnummer XXX, aus §§ 437 Nr. 2, 433 Abs. 2, 434 Abs. 1 S. 1, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB.

Der Kläger ist wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Der Gewährleistungsausschluss ist unwirksam und greift nicht.

1.

Der in dem Kaufvertrag vereinbarte Gewährleistungsausschluss ist unwirksam. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Kläger nicht als „Unternehmer“ aufgetreten ist. Der Zeuge D. hat in seiner Einvernahme ausgesagt, dass der Kläger sich ihm gegenüber als Doktor vorgestellt hat. Weder der Kläger noch der Beklagte haben dies im Rechtsstreit jemals vorgetragen. Der Zeuge D. hat an seiner Aussage aber festgehalten und auf Nachfrage ausgeführt, dass er i. F. d. Vorstellung der erkennenden – promovierten – Richterin im Autohaus des Beklagten auch die Dezernentin als gewerblich Handelnde einordnen würde. Insofern hält ihm das Gericht zu Gute, dass er die Rechtslage offensichtlich völlig falsch einschätzt. Als Vertreter des Beklagten muss sich Letzterer das Handeln des Zeugen D. gem. § 278 BGB zurechnen lassen. Das Gericht glaubt dem Zeugen auch, dass er sich an das Geschehen so erinnert, wie er es wiedergegeben hat, allerdings ist es nicht davon überzeugt, dass sich das Geschehen tatsächlich so zugetragen hat. Denn weder in dem Kaufvertrags- noch in dem Zusatzformular findet sich ein Hinweis auf einen etwaigen Doktortitel des Klägers und/oder bspw. eine mögliche Tätigkeit als Arzt.

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Die Zeugin U. hat demgegenüber angegeben, dass der Kläger sich als Beamter im öffentlichen Dienst vorgestellt habe. Hierauf sei der Zeuge D. eingegangen und habe erklärt, dann kenne er den Kläger ja schon ein wenig und wisse, dass dieser ein verlässliches Fahrzeug benötige. Die Aussage der Zeugin war in sich schlüssig und frei von Widersprüchen. Sie konnte ihre Angaben zusammenhängend erläutern und auf Nachfrage hin weitere Angaben machen. Allein die Tatsache, dass die Zeugin die Lebensgefährtin des Klägers ist, rechtfertigt für sich genommen auch nicht die Annahme, dass die Zeugin ein überschießendes Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits hat. Ihre Aussage hat vielmehr den Eindruck des Gerichts bestätigt, dass der Zeuge D. i. R. d. Verkaufsgespräch nicht zwischen einem Beamten, einem Doktor und einem gewerblich Tätigen zu unterscheiden vermochte.

2.

Soweit der Beklagte sich darauf berufen hat, dass sich der Kläger entgegen halten lassen müsse, dass er ausweislich des Kaufvertrages als gewerblich Tätiger aufgetreten sei, kann dem nicht gefolgt werden. So ist demjenigen, der als Käufer dem Verkäufer einen gewerblichen Verwendungszweck der Kaufsache vortäuscht, bspw. um einen günstigeren Kaufpreis zu erzielen, die Berufung auf die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf verwehrt (vgl. BGH, Urt. v. 22.12.2004, Az. VIII ZR 91/04, in: NJW 2005, 1045 ff.). Vorliegend kann aber nicht von einem „Vortäuschen“ ausgegangen, sondern muss vielmehr angenommen werden, dass der Zeuge D. die Rechtslage falsch eingeschätzt hat. Im Übrigen ist auch gar keine Reduktion des Kaufpreises erfolgt, wie sich aus dem Parteivortrag und den eingereichten Dokumenten ergibt.

3.

Die Gewährleistung ist auch nicht auf Grund der vom Beklagten behaupteten Zahlung eines Abschlages ausgeschlossen. Auf Nachfrage des Gerichts im Termin am 31.07.2018 hat der Beklagtenvertreter keine Angaben dazu machen können, welcher Betrag denn geflossen sein soll. Soweit man annimmt, dass die 690,12 EUR gemeint sein sollen, vermag das Gericht einen schlüssigen Vortrag bzgl. einer etwaigen Abrede, dass mit der Überweisung des Betrages sämtliche mögliche Mängel abgegolten sein sollten und der Kläger mit dieser Vorgehensweise einverstanden war, nicht zu erkennen. Im Übrigen hat auch der Zeuge D. zu dieser Behauptung keine Angaben machen können.

4.

Das streitgegenständliche Fahrzeug ist auch mangelhaft i. S. d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB. Soweit der Beklagte bestritten hat, dass unter dem 05.04.2017 ein (weiterer) Schaden am Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs aufgetreten sei, läuft dies der gesamten vorgerichtlichen Korrespondenz zuwider und auch dem – dem Beklagten zuzurechnenden – Wissen des Zeugen D.. Dieser konnte sich auf Vorhalt an die Schadensanzeige des Klägers erinnern und erklärte auch, dass dies direkt der Garantie gemeldet worden sei; warum, weshalb und wieso, wisse er aber nicht. Die oben zitierten vorgerichtlichen Schreiben des Beklagten zeigen auch, dass der Beklagte i. E. sehr wohl von einer Schadensproblematik ausging; er wollte nur nichts mit deren Beseitigung zu tun haben. Insofern greift auch die Vermutung des § 477 BGB, dass der Mangel schon bei Fahrzeugübergabe vorlag. Der Beklagte hat sich auch nicht entlasten können, denn der Zeuge D. hatte keine eigenen Erkenntnisse über etwaige Untersuchungen des Fahrzeugs vor Übergabe an den Kläger und konnte auch nicht etwaige Erkenntnisse von Dritten mitteilen. Der Mangel ist gem. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB auch erheblich.

Das Fahrzeug ist auch noch aus einem anderen Grund mangelhaft: Der Km-Stand ist ganz offensichtlich nicht korrekt, denn es wurde mit einem niedrigeren Km-Stand an den Kläger verkauft, als es ihn zuvor hatte. Der Km-Stand im Serviceheft (Datum: 18.05.2016, eingetragen: 109.516 km) weicht nach oben hin (!) vom km-Stand im Kaufvertrag (Datum: 02.12.2016, eingetragen: 109.474 km) ab. Diese Abweichung ist erheblich i. S. d. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB, denn erstens läuft ein Tachostand i. d. R. nicht rückwärts und zweitens hat der Beklagte diese Abweichung nicht schlüssig erklären können. Die Besonderheit besteht darin, dass das Fahrzeug etwa sieben Monate nach dem eingetragenen Service plötzlich weniger Km gelaufen haben soll, als vorher. Damit liegt jedenfalls ein Sachmangel nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB vor, wonach das Fahrzeug eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art eben gerade nicht üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache auch nicht erwarten muss. Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Kläger sich i. R. d. Fahrzeugkaufs den Km-Stand angesehen haben mag. Das Ersatz-Checkheft ist dem Kläger erst nach Abschluss des Kaufvertrages übergeben worden, so dass er die Abweichung auch erst nach Vertragsabschluss überhaupt wahrnehmen konnte.

Die diesbezüglich hilfsweise erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung kann aus den vorstehenden Gründen i. E. dahin stehen.

5.

Fahrzeugkaufvertrag – unwirksamer Gewährleistungsausschluss
(Symbolfoto: Von worradirek/Shutterstock.com)

Der Kläger setzte dem Beklagten durch das Schreiben vom 19.04.2017 erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung i. S. d. § 323 Abs. 1 BGB. Der Beklagte hat die Nachbesserung verweigert, so dass der Kläger den Rücktritt erklären konnte. Mit Schreiben vom 04.05.2017, mithin nach der vom Kläger gesetzten Frist zur Nachbesserung, teilte der Beklagte mit, dass das Fahrzeug nachgebessert werden würde, wenn der Kläger gemeinsam mit der S.-Versicherung eine Motorreparatur umsetzen und abschließen würde. Nach dieser erfolgten Reparatur sei eine Nachbesserung möglich. Das Schreiben kann man nicht anders auffassen, als dass der Beklagte erwartete, dass das Fahrzeug zunächst – auf (Kosten-)Risiko des Klägers – repariert würde. Dies ist unzulässig, denn es läuft dem Grundsatz der Nachbesserung zuwider, nach dem Aufwendungen für die Nacherfüllung vom Verkäufer gem. § 439 Abs. 2 BGB zu tragen sind (vgl. Palandt-Weidenkaff, 78. Aufl. 2019, § 437 BGB, Rdn. 15 f.). Der Verkäufer muss seine eigenen Dienste im Verhältnis zum Käufer kostenlos durchführen und seine Aufwendungen ggfs. selbst bei Dritten begleichen (vgl. Palandt-Weidenkaff, 78. Aufl. 2019, § 439 BGB, Rdn. 9 f.). Wenn der Beklagte die Nachbesserung von einer vorherigen Reparaturvornahme mit Kostenbeteiligung des Klägers abhängig macht, so ist dies als Nacherfüllungsverweigerung aufzufassen, die zum Rücktritt berechtigt. Denn hierdurch wird versucht, im Nachhinein andere Bedingungen als vereinbart durchzusetzen, was einer Erfüllungsverweigerung gleichsteht (vgl. Ernst, in: MünchKomm BGB, 8. Aufl. 2019, § 323 BGB, Rdn. 103).

6.

Der Abzug der Nutzungsentschädigung ist von dem Kläger korrekt ermittelt worden; insb. wurde von ihm eine Gesamtlaufleistung von 250.000 km angesetzt, wovon das Gericht regelmäßig ausgeht.

7.

Der Beklagte befindet sich seit dem 23.05.2017 im Annahmeverzug gem. § 293 BGB. Der Verzinsungsanspruch folgt aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

II.

Der Kläger hat gegen den Beklagten auch einen Anspruch auf Aufwendungsersatz gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 281 Abs. 1, 284 BGB i. H. d. anteiligen Kfz- Steuer i. H. v. 209,00 EUR, der anteiligen Kfz- Versicherung i. H. v. 361,78 EUR, den Zulassungskosten i. H. v. 48,00 EUR der Abmeldekosten i. H. v. 10,00 EUR, sowie den Rechnungen der Werkstatt T. vom 03.02.2017 i. H. v. 59,58 EUR und vom 23.12.2016 i. H. v. 163,86 EUR.

Der Beklagte hat die Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zu vertreten; eine Entlastung ist nicht erfolgt. Der Kläger hat gem. § 284 BGB Aufwendungen getätigt. Aufwendungen sind freiwillige Vermögensopfer (vgl. Palandt-Grüneberg, 78. Aufl. 2019, § 284 BGB, Rdn. 5). Vorliegend hat der Kläger Aufwendungen bezüglich der Kfz-Steuer, der Kfz-Versicherung, Kosten für Reparaturen, der Zulassung und der Abmeldung des Fahrzeugs im Vertrauen auf den Erhalt eines mangelhaften Fahrzeugs. Diese Aufwendungen sind für den Kläger im Hinblick auf die Rückabwicklung des Vertrages nutzlos geworden. Wäre der Vertrag hingegen ordnungsgemäß durchgeführt worden, hätten sie ihren Zweck erreicht. Soweit die Beklagte einwendet, dass es sich um sog. Sowieso-Kosten handelt, kann dem nicht gefolgt werden. Der Aufwendungsersatzanspruch nach § 284 BGB dient dazu, Kosten, die im Vertrauen auf den Erhalt des Leistungsgegenstandes verauslagt werden, aufzufangen. Hierzu gehören auch Kosten, die im Zusammenhang mit einem Fahrzeugerwerb stehen, bspw. Zulassungskosten (vgl. BGH, Urt. v. 20.07.2005, Az. VIII ZR 275/04, in: NJW 2005, 2848 ff.).

Die Forderung ist ab dem 23.05.2017 gem. §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB zu verzinsen.

III.

Nach den o. g. Ausführungen ist auch der Antrag zu 2. auf Feststellung des Annahmeverzugs begründet. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich aus § 756 Abs. 1 ZPO.

IV.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten i. H. v. 1.029,35 EUR aus §§ 280 Abs. 1, 437 Nr. 3, 433 Abs. 2, 434 Abs. 1 S. 1 BGB. Der Verzinsungsanspruch folgt aus §§ 291 i. V. m. 288 Abs. 1 S. 2 BGB.

V.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.

VI.

Der Streitwert wird auf 13.062,65 EUR festgesetzt.

 

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