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Festsetzung von Ordnungsgeld bei Nichterscheinen zum Gerichtstermin

Ordnungsgeld-Festlegung bei Nichtanwesenheit bei Gerichtsverhandlungen: Ein Fall von fehlender Präsenz trotz Kenntnis der Ladung

Der Sachverhalt betrifft die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den Geschäftsführer eines Unternehmens, der trotz Kenntnis einer gerichtlichen Ladung zu einem Termin nicht erschienen ist. Der Termin war im Kontext eines Kündigungsschutzstreits anberaumt worden, in dem strittige Fragen zur Mitarbeiteranzahl und zur Existenz eines gemeinsamen Betriebes mit einer anderen juristischen Person erörtert werden sollten.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 2 Ta 73/20 >>>

Ladung des Geschäftsführers und dessen Ausbleiben

Am 29. Oktober 2019 sollte ein Gütetermin stattfinden, zu dem der Geschäftsführer explizit geladen wurde, wie aus einer Zustellungsurkunde vom 5. Oktober 2019 hervorgeht. Trotzdem erschien der Geschäftsführer nicht zu diesem Termin. Es gab keine Hinweise darauf, dass der Geschäftsführer die Ladung nicht kannte oder dass der Brief mit der Belehrung ihm nicht zugestellt wurde. Um die Beweiskraft des Aktenvermerks zu erschüttern, wäre eine strafbewehrte Glaubhaftmachung erforderlich gewesen.

Folgen der Nichterscheinung und Festsetzung des Ordnungsgeldes

Die Festlegung des Ordnungsgeldes wurde nicht dadurch behindert, dass das beklagte Unternehmen statt des Geschäftsführers einen gemäß § 141 Abs. 3 ZPO informierten Prozessvertreter zum Termin entsandt hatte. Für die Verhängung des Ordnungsgeldes war es nicht erforderlich, dass eine vollständige Aufklärung des Sachverhalts im Termin möglich gewesen wäre. Es genügte, dass eine nachteilige Auswirkung des Nichterscheinens auf den Prozessverlauf nicht ausgeschlossen werden konnte.

Reduktion des Ordnungsgeldes aufgrund mangelnder Begründung

Das Ordnungsgeld wurde jedoch auf ein Fünftel des Maximalbetrages von 1.000 Euro herabgesetzt. Der Grund dafür war, dass die arbeitsgerichtliche Entscheidung keine Ausführungen dazu enthielt, wie das Ermessen ausgeübt wurde. Bei der Neufestsetzung wurde insbesondere berücksichtigt, dass es im vorliegenden Verfahren die erste Missachtung der Anordnung des persönlichen Erscheinens war und eine vollständige Aufklärung des Sachverhalts voraussichtlich nicht möglich gewesen wäre.

Abschließende Betrachtung

In diesem speziellen Fall ist zu erkennen, wie ernst Gerichte die Anforderung an das persönliche Erscheinen zu einem Gerichtstermin nehmen. Der Fall unterstreicht die Bedeutung der Anwesenheit der Parteien in Gerichtsverhandlungen, vor allem wenn es um komplexe Fragen wie die Existenz eines gemeinsamen Betriebs oder die Anzahl der Beschäftigten geht. Zwar wurde das Ordnungsgeld aufgrund bestimmter Umstände reduziert, dennoch wurde ein deutliches Zeichen gesetzt, dass das Fernbleiben von geladenen Personen bei Gerichtsterminen ernste Konsequenzen haben kann.

Landesarbeitsgericht Köln – Az.: 2 Ta 73/20 – Beschluss vom 15.07.2020

Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Ordnungsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 05.02.2020 Az. 12 Ca 6291/19 auf 200,00 EUR herabgesetzt. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.


Das vorliegende Urteil

Gründe

I.  Die Parteien der Hauptsache streiten darum, ob ihr Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung der Beklagten beendet wurde. Der Beschwerdeführer ist Geschäftsführer der Beklagten. Im Rahmen des Kündigungsschutzrechtsstreits ist zwischen den Parteien die Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter und die Frage streitig, ob die Beklagte gemeinsam mit einer anderen Rechtspersönlichkeit einen sogenannten gemeinsamen Betrieb führt.

Zum Gütetermin vom 29.10.2019 war der Beschwerdeführer durch Zustellungsurkunde vom 05.10.2019 geladen. Er erschien zu diesem Termin nicht. Die Beklagte wurde von Rechtsanwalt v d L vertreten. Im Gütetermin wurde der Beschwerdeführer zum Kammertermin am 06.02.2020 durch verkündeten Beschluss geladen. Die Anordnung erfolgte zum Zwecke der Sachaufklärung und gegebenenfalls zur Parteivernehmung. Da dieser Beschluss die nach § 141 ZPO erforderliche Belehrung über die Möglichkeit der Verhängung des Ordnungsgeldes nicht enthielt, erfolgte eine weitere Ladung des Beschwerdeführers zum Termin mit Brief auf dem Ladungsvordruck term517, welcher die erforderliche Belehrung enthält. Der Brief geriet nicht in Rücklauf. Der Beschwerdeführer erschien zum Termin am 06.02.2020 nicht. Das Gericht verhängte im Termin ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 EUR.

Der Ordnungsgeldbeschluss wurde ohne Rechtsmittelbelehrung am 20.02.2020 beim Beschwerdeführer zugestellt. Die sofortige Beschwerde ging am 11.03.2020 ein.

Die Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers tragen vor, die Ladung habe den Geschäftsführer nicht erreicht. Er habe aber auch im Termin nicht zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen können.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

II.  Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie war auch fristgerecht, da der Ordnungsgeldbeschluss keine Rechtsmittelbelehrung enthielt.

Im Ergebnis ist die sofortige Beschwerde lediglich wegen der Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes begründet.

Die Verhängung des Ordnungsgeldes war gemäß § 141 ZPO zulässig. Der Beschwerdeführer war bereits zum Termin vom 06.02.2020 ordnungsgemäß geladen worden. Er hätte, wenn er dieser Ladung Folge geleistet hätte, den verkündeten Beschluss unmittelbar wahrnehmen können. Allerdings enthielt dieser Beschluss noch nicht die Belehrung über die Folgen des Ausbleibens. Letzteres ist Voraussetzung zur Festsetzung des Ordnungsgeldes nach § 141 ZPO.

Aus dem Akteninhalt ergibt sich jedoch, dass am 07.11.2019 die persönliche Ladung des Beschwerdeführers mit Formblatt und Belehrung erfolgt ist. Ein Rücklauf dieser zulässigerweise durch einfachen Brief erfolgten Ladung ist nicht zur Akte gelangt. Der Beschwerdeführer hat nicht durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht, dass ihn die Ladung nicht erreicht hat. Da die am gleichen Tag ebenfalls abgesandte persönliche Ladung des Klägers unproblematisch zugegangen ist, und auch nichts dafür vorgetragen ist, dass der Beschwerdeführer das Protokoll vom 29.10.2019 nicht durch seine Prozessbevollmächtigten erhalten hat, liegen auch keinerlei Indizien dafür vor, dass der Beschwerdeführer die Ladung nicht kannte und der Brief mit der Belehrung nicht zugegangen ist. Es hätte somit einer strafbewehrten Glaubhaftmachung bedurft, um die Beweiskraft des Aktenvermerks zu erschüttern.

Die Festsetzung des Ordnungsgeldes scheitert auch nicht daran, dass die Beklagte anstelle des Beschwerdeführers einen nach § 141 Abs. 3 ZPO informierten Prozessvertreter zum Termin entsandt hat. Der Prozessvertreter der Beklagten war am Terminstag nicht in der Lage, zu der Namensliste der bei der Beklagten beschäftigten Mitarbeiter aus dem Schriftsatz vom 23.01.2020 Stellung zu nehmen. Diese Namensliste hätte ohne weiteres mit dem Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Beklagten abgearbeitet werden können und so wenigstens einzelne Beschäftigungsverhältnisse geklärt werden können. Es ist dabei für die Verhängung des Ordnungsgeldes nicht erforderlich, dass eine vollständige Aufklärung des Sachverhalts im Termin möglich ist, sondern lediglich, dass eine nachteilige Auswirkung des Fehlens auf dem Prozessverlauf nicht ausgeschlossen werden kann. Unabhängig von der Frage, ob zu den Voraussetzungen des Gemeinschaftsbetriebes ausreichend vorgetragen wurde, hätte jedenfalls eine teilweise Aufklärung zu den im Kündigungszeitpunkt regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern der Beklagten erfolgen können.

Das Ordnungsgeld wurde auf ein Fünftel des Maximalbetrages von 1.000,00 EUR herabgesetzt, da die arbeitsgerichtliche Entscheidung keinerlei Ausführungen dazu enthält, in welcher Weise das Ermessen ausgeübt wurde. Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt bei der Neufestsetzung insbesondere, dass es sich im vorliegenden Verfahren um die erste Missachtung der Anordnung des persönlichen Erscheinens handelte und eine vollständige Aufklärung des Sachverhalts voraussichtlich nicht möglich gewesen wäre, sodass lediglich eine teilweise Verschlankung des Prozessstoffes durch Befragen des Beschwerdeführers verpasst wurde. In diesem Fall erscheint es angemessen, nicht bereits mit dem halben möglichen Höchstbetrag des Ordnungsgeldes zu operieren, sondern diesen auf ein Fünftel des Höchstbetrages festzusetzen. Bei weiterer Missachtung der Anordnungen des Gerichts mag später eine weitere, höhere Festsetzung erfolgen.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant

1. ArbeitsrechtDas im Text diskutierte Hauptproblem dreht sich um das Arbeitsrecht, insbesondere um den Kündigungsschutz. Die Debatte über die Anzahl der Mitarbeiter und ob die beklagte Firma zusammen mit einer anderen juristischen Person einen sogenannten „gemeinsamen Betrieb“ führt, ist ein wichtiger Teil dieses Themas. Das Kündigungsschutzrecht, das sich aus dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) und anderen arbeitsrechtlichen Normen ergibt, zielt darauf ab, Arbeitnehmer vor ungerechtfertigten oder willkürlichen Kündigungen zu schützen.

2. Zivilprozessrecht: Die Hauptnorm, die hier zur Anwendung kommt, ist § 141 der Zivilprozessordnung (ZPO). Dieser Paragraph regelt die persönliche Anwesenheitspflicht der Parteien bei Gerichtsverhandlungen. In dem besprochenen Fall hat der Beschwerdeführer trotz entsprechender Ladung den Gerichtstermin versäumt, was zu der Entscheidung des Gerichts führte, ein Ordnungsgeld zu verhängen. Wichtig ist dabei die ordnungsgemäße Belehrung über die Folgen des Ausbleibens, die nach dem § 141 ZPO erforderlich ist und im vorliegenden Fall zuerst fehlte, dann aber ordnungsgemäß nachgeholt wurde.

3. Ordnungswidrigkeitenrecht: Die Festsetzung des Ordnungsgeldes fällt unter das Ordnungswidrigkeitenrecht. Hier ist das Ordnungsgeld ein Mittel, um die Befolgung gerichtlicher Anordnungen durchzusetzen. Es ist in der ZPO und im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) geregelt. Im diskutierten Fall wurde das Ordnungsgeld verhängt, weil der Beschwerdeführer nicht zum Gerichtstermin erschienen ist, obwohl er dazu geladen wurde.

4. Beweisrecht: Ein weiterer relevanter Bereich des Rechts ist das Beweisrecht, welches ebenfalls in der ZPO geregelt ist. Es ist in diesem Kontext relevant, da der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen konnte, dass er die Ladung nicht erhalten hat. Es wäre die Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen, die Beweiskraft des Aktenvermerks durch eine eidesstattliche Versicherung zu erschüttern, was er jedoch nicht gemacht hat.

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